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Veröffentlicht am 13.06.2018

Past Crimes

Die Schlingen der Schuld
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Im westaustralischen Outback wird die Leiche eines Mannes gefunden. Sein Name: Dieter Schäfer. Nationalität: deutsch. Wer könnte ein Interesse daran haben, einen in Australien lebenden Deutschen zu töten? ...

Im westaustralischen Outback wird die Leiche eines Mannes gefunden. Sein Name: Dieter Schäfer. Nationalität: deutsch. Wer könnte ein Interesse daran haben, einen in Australien lebenden Deutschen zu töten? Und warum hat sich der Mörder die Mühe gemacht, dem Toten das blutige T-Shirt auszuziehen und durch eines mit der Meistermannschaft des HSV 1979 zu ersetzen? Daniel Clement ist frisch nach Broome zurückgekehrt und muss mit einer noch nicht zusammengewachsenen Polizeitruppe dieses Verbrechen klären. Hinderlich dabei ist nicht nur sein desolates Privatleben, sondern auch ein aufziehender Zyklon und die Tatsache, dass sich das Motiv des Verbrechens irgendwo in der Vergangenheit – und auf der anderen Seite des Erdballs versteckt.

Die Stärke des Buches besteht in der bildlichen Darstellung des für uns doch ziemlich exotischen australischen Westens, in dem es furchtbar heiß ist und die Entfernungen jeder Beschreibung spotten. Um eine Leiche obduzieren zu lassen, werden per Flugzeug Strecken zurückgelegt, die der von London nach Moskau entsprechen, die Einheimischen finden Krokodile im nächsten Tümpel zwar gefährlich, aber nicht ungewöhnlich und ein Wirbelsturm der Stufe 2 ist Anlass zur Besorgnis, jedoch kein Grund, in Angstschweiß auszubrechen. Dass gleichzeitig eine Brücke zu dem uns Bekannten wie Hamburg oder der HSV geschlagen wird, verbindet Vertrautes mit Fremden. So hätte aus dem Krimi Außergewöhnliches entstehen können, und viele werden es so sehen; mir jedoch gab es zu viel des typischen Bullendramas. Einsamer Wolf, der seiner Ex hinterherweint und keine Zeit für seine kleine Tochter hat sowie auch zu viel privater Kram mit seiner Familie. Das machte einen Teil des Buches recht zäh, obwohl es zwischendurch durchaus spannende Momente beinhaltete. Was mich jedoch wirklich störte, ist die Tatsache, dass das, was sich schließlich als Lösung präsentierte, weniger ermittelt als vielmehr in Rückblenden erzählt wurde, wobei der dabei mitdenkende Leser durch fehlende Zeitangaben bewusst getäuscht wird. Ein Kunstkniff, mag sein. Aber einer, der bei mir verpufft, weil ich das Motiv nicht wirklich überzeugend finde. Trotzdem nicht uninteressant geschrieben und mich würden auch weitere Fälle von Clement und dessen Team reizen. 3,5/5 Punkten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Spannung
  • Charaktere
  • Geschichte
Veröffentlicht am 13.06.2018

Ein Dackel namens Dornröschen

Das Hotel der verzauberten Träume – Fräulein Apfels Geheimnis (Das Hotel der verzauberten Träume 1)
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Schuld ist ja ihre Mutter: Hätte sie nicht das Navi falsch programmiert, würden Joelle und ihr Bruder Lancelot nicht mitten im Nirgendwo an der Ostsee festsitzen, mit einem uralten Kasten, das sich Hotel ...

Schuld ist ja ihre Mutter: Hätte sie nicht das Navi falsch programmiert, würden Joelle und ihr Bruder Lancelot nicht mitten im Nirgendwo an der Ostsee festsitzen, mit einem uralten Kasten, das sich Hotel nennt, mit einem Dackel namens Dornröschen und einer Gans namens Agathe aufwartet. Stattdessen könnten sie in einem megamodernen Club schwimmen, tauchen, Bogenschießen und was der Adler was noch machen. Gut, der Adler weiß das nicht, der ist nämlich ausgestopft und sitzt in der Lobby des alten Hotels, aus dem sie nicht wegkommen, weil ein Marder die Autokabel durchgebissen hat. Doch dann entdecken die beiden Geschwister mit Benny nicht nur einen Spielkameraden, sondern auch ein Geheimnis - und dieses hat etwas mit den vielen Traumfängern zu tun, die überall herumhängen.

Die Geschichte ist ganz nett. Leider war es das auch schon - nett. Hübsche Ideen, hübsch formuliert, hübsche Illustrationen. Aber, und das ist ein dickes Aber: Man merkt, dass es von jemandem geschrieben wurde, der vergessen hat, wie es ist, zehn oder zwölf Jahre alt zu sein. In diesem Alter ist man am wildesten, am abenteuerlustigsten, am neugierigsten. Schon allein daher hätte es auch bei einem Kinderbuch durchaus mehr Verwicklungen, mehr Spannung und mehr Action geben dürfen. So plätscherte alles ein bisschen dahin wie die Wellen der Ostsee - Probleme wurden gesehen, erkannt, durchdacht und im Vorübergehen gelöst. Wie soll da Spannung aufkommen? Auch Kinder mögen es, wenn sie mitfiebern können. Übrigens die Sache mit dem Adler. Da steht ein ausgestopfter Adler in der Lobby - Erklärung: Weil der Besitzer ihn zu Lebzeiten gemocht hat, ließ er ihn nach dem Tod ausstopfen. Ich hoffe ja sehr, dass dieses Buch nicht wirklich von wilden, abenteuerlustigen und neugierigen Kindern gelesen wird, denn dann wird die erste Frage lauten: Mama, wenn du stirbst, darf ich dich dann auch ausstopfen und in den Korridor stellen lassen?

Veröffentlicht am 12.06.2018

Auf den (G-)Punkt gebracht

Paula kommt
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Paula Lambert - die ich bis dato nicht kannte oder je im Fernsehen gesehen habe - ist eine Expertin für Sex. Jedenfalls hat sie auch eigene Fernsehsendungen. Da ich mir unter einer Sexpertin nichts vorstellen ...

Paula Lambert - die ich bis dato nicht kannte oder je im Fernsehen gesehen habe - ist eine Expertin für Sex. Jedenfalls hat sie auch eigene Fernsehsendungen. Da ich mir unter einer Sexpertin nichts vorstellen konnte, bin ich recht unbedarft und offen in die Lektüre gegangen und kann sagen, dass es mich positiv überrascht hat.
Erstens mal finde ich, dass die Frau sehr sympathisch rüberkommt. Ihr Schreibstil ist amüsant, locker, immer mal abschweifend, aber dann doch auf den (G-)Punkt kommend.

Gekommen ist sie anscheinend auch schon oft, und sie scheut sich auch nicht, darüber zu plaudern. Immer wieder erscheinen Fragen, denen sie sich annimmt und aus einem reichhaltigen Repertoire anscheinend eigener Erfahrungen greifen kann. Ob es dabei um Sexunfälle geht oder den schnarchigsten Sex der Welt, um seltsame Begierden oder komische Clubs - Paula kennt alles, wenn sie auch selbst zugibt, nicht alles aus eigenem Erleben. Muss ja aber auch nicht. Bei manchen beschriebenen Dingen wurde mir schon ein bisschen anders, und das meine ich nicht unbedingt im angeregten Sinne.

Für mich war es jedenfalls eine kurzweilige Lektüre, bei der ich zwar nicht unbedingt viel Neues erfahren habe, aber gelegentlich sogar lachen konnte. Leute, die weder mit ihrem Selbstbild noch mit Sex Probleme haben, werden sich beim Lesen amüsieren, denjenigen, die Sex für eine vertrocknete Topfpflanze halten, empfehle ich, Abstand von diesem Buch zu nehmen. 4,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 10.06.2018

Space Oddity

Miss Gladys und ihr Astronaut
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Miss Gladys ist noch nicht mal einundsiebzig, ihr Sohn sitzt im Knast, ihre Schwiegertochter ist tot, sie muss sich um die fünfzehn und zehn Jahre alten Enkel kümmern, ist/wird dement und ist sich dieser ...

Miss Gladys ist noch nicht mal einundsiebzig, ihr Sohn sitzt im Knast, ihre Schwiegertochter ist tot, sie muss sich um die fünfzehn und zehn Jahre alten Enkel kümmern, ist/wird dement und ist sich dieser Tatsache leider auch noch bewusst.
Major Tom, der eigentlich Tom Major heißt, aber in einem schrottigen Raumschiff auf dem Weg zum Mars ist, erwartet nichts mehr vom Leben, von den Menschen und von sich.
Ellie ist fünfzehn und versucht irgendwie, die Familie zusammenzuhalten, ohne dass es den Behörden auffällt. Und James, der Zehnjährige, ist ein kleines Wissenschaftsgenie, der alles ändern könnte.
Der Anruf kommt unerwartet und ist auch so nicht geplant. Doch er wirft das Leben dieser Personen durcheinander, bewertet es neu und vielleicht ist die Hoffnung am Ende nicht nur ein Wort zum Lösen eines Kreuzworträtsels, achtzehn senkrecht.

Mit diesem Buch bewege ich mich eigentlich außerhalb meines Beuteschemas, aber das völlig reuelos. Es werden so viele krasse Themen angeschnitten: Demenz, Armut, Betrug, Fehlgeburt, tödliche Unglücke, Mobbing ... und trotzdem schafft es Barnett, den Leser nicht in Depressionen versinken zu lassen, in all der Traurigkeit immer wieder Lachen und Leben zu entdecken, bei allen Geschehnissen, die herunterziehen, den Willen zum Weitermachen zu entfachen, wie ein Funke im Weltall oder ein Experiment wie It's a small fart for a man, one giant opportunity for a boy. In seiner überspitzten Absurdität zeigt dieses Buch, dass Aufgeben keine Option ist, die man überhaupt in Erwägung ziehen sollte.

Veröffentlicht am 09.06.2018

Kein schöner Tod

Der letzte Gast
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Mia ist eine Dogwalkerin, also jemand, der für andere Leute Hunde ausführt und zum Teil auch ausbildet. Eine ihrer Kundinnen ist die noch gar nicht so alte Berna, die an ALS leidet und sich für eine Sterbehilfe ...

Mia ist eine Dogwalkerin, also jemand, der für andere Leute Hunde ausführt und zum Teil auch ausbildet. Eine ihrer Kundinnen ist die noch gar nicht so alte Berna, die an ALS leidet und sich für eine Sterbehilfe in der Schweiz entschieden hat - in vier Wochen. Doch ihr Tod tritt überraschend früher ein; jemand hat die kranke Frau ermordet. Doch welches Motiv steckt dahinter? Ist es jemand aus der schrecklich unnetten Familie der netten Dame? Mia, die einiges bei Berna mitbekommen hat, erlebt immer wieder bedrohliche Situationen, die nahezu tödlich enden könnten. Anscheinend sieht sie nicht nur die Familie Bernas, sondern auch der Mörder als Bedrohung ...

Das ist mein erstes Buch von Sabine Kornbichler, und mir hat es im Prinzip gut gefallen. Mit Mia gibt es eine "Ermittlerin", die weder professionell noch psychisch kaputt ist, im Gegenteil. Sie ist tough und lässt sich nur selten verunsichern und auch die restlichen Protagonisten sind gut ausgearbeitet, der Schreibstil angenehm routiniert und flüssig. Weniger gefallen hat mir, dass sich (für mich) der Täter arg früh abzeichnete. So gut ich es finde, wenn ein Krimiautor den Leser nicht unfair behandelt und alle Infos auf den Tisch legt, so sehr hätte ich mir doch ein paar mehr falsche Spuren gewünscht. Trotzdem war der Krimi interessant entwickelt, sodass ich mir auch den ein oder anderen der Autorin vornehmen werde.