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Veröffentlicht am 29.06.2023

Ein Polit-Journalist auf den Spuren einer Wahrsager-Prognose

Fliegen ohne Flügel
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Jahrzehntelang jettete der Asien-Korrespondent des Spiegel-Magazins hektisch von einem Ort zum anderen: Flughafen, Taxi, Hotel, Taxi, Flughafen etc. Und dann sagte ihm ein alter Chinese in Hongkong fürs ...

Jahrzehntelang jettete der Asien-Korrespondent des Spiegel-Magazins hektisch von einem Ort zum anderen: Flughafen, Taxi, Hotel, Taxi, Flughafen etc. Und dann sagte ihm ein alter Chinese in Hongkong fürs kommende Jahr einen Flugzeugabsturz voraus. Terzani entschied sich, 12 Monate lang nur noch per Bahn und Schiff zu reisen. Und er besuchte an jedem Ort die Wahrsager. Herausgekommen ist ein faszinierendes Buch, das mich in vielem an meine Begegnungen mit Berufskollegen in den letzten zwei Jahrzehnten erinnert, beispielsweise an die alte Zigeunerin Tante Helga in Magdeburg zu DDR-Zeiten.

Auch Terzani langweilt sich bei den Funktionären irgendwelcher Astrologen-Verbände, die es natürlich auch in Bangkok und Singapur gibt. Ihn interessieren die wahren Künstler der Prognose, der Weissagerei, der Sternendeutungskunst. Er lässt sich nicht spitzfindigen Berechnungstechniken oder psychologischen Allerweltsgeschwätz blenden. Er sucht den Menschen hinter der Glaskugel. Wie lebt man mit der Gabe des zweiten Gesichts. Sind Wahrsager im Privaten glückliche Menschen?

"Fliegen ohne Flügel" ist eine großartige Inspiration für all jene Astrologen, die jenseits von verbandsgeprüfter Verbeamtung und Horoskop auf Krankenschein noch wirkliche Ziel haben, deren geistiger Horizont noch bis zu den wirklichen Sternen reicht.


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Veröffentlicht am 29.06.2023

zeitlos aktuell

Falsche Propheten
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Neuauflage, übersetzt u.a. von meiner Tante Susanne Hoppmann-Löwenthal, die nach dem Krieg in den USA auswanderte. Der bedeutende jüdische Literatursoziologe analysiert die Mechanismen von Demagogen, die ...

Neuauflage, übersetzt u.a. von meiner Tante Susanne Hoppmann-Löwenthal, die nach dem Krieg in den USA auswanderte. Der bedeutende jüdische Literatursoziologe analysiert die Mechanismen von Demagogen, die damals wie heute mit Fake News rassistische Hetze betreiben - hochaktuell!

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Veröffentlicht am 29.06.2023

verzeihen können ...

... trotzdem Ja zum Leben sagen
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Trotz Empfehlung zögerte ich, diese Buch zu lesen. Der Titel "Trotzdem Ja zum Leben sagen" stieß mich ab. War dies vielleicht doch nur eines jener billigen, nichtssagenden Psychoratgeber?

Der ursprüngliche ...

Trotz Empfehlung zögerte ich, diese Buch zu lesen. Der Titel "Trotzdem Ja zum Leben sagen" stieß mich ab. War dies vielleicht doch nur eines jener billigen, nichtssagenden Psychoratgeber?

Der ursprüngliche Titel "Ein Psycholog erlebt das KZ" bzw. die englische Ausgabe "Man's Search for Meaning" hätten einen seriöseren Eindruck auf mich gemacht. Und dann noch dieses lange Vorwort, in dem der Autor von einem glühenden Verehrer umständlichst gelobt wird, mit allen seinen Titel und Ämtern, wie es sich für standes- und titelbewusste Österreicher gehört.

Dann der eigentlich Text, von Viktor Frankl direkt nach dem Zweiten Weltkrieg verfasst: Eine recht lockere, erstaunlich uneitle Schilderung seiner Zeit in Konzentrationslager, in der er zwar all jene Grausamkeiten erwähnt, die man aus anderen Berichten bereits kenne, die er jedoch frei von jenem Pathos schildert, von dem besagtes Vorwort geradezu überquoll.

Frankl schildert mentale Überlebenstechniken, die auch heutzutage gut gebrauchen kann, wenn man, beispielsweise in Zweierbeziehungen oder am Arbeitsplatz, mit Mobbing und Sadismus konfrontiert wird. Und: Er setzt ein überzeugendes Plädoyer für die Kunst, für die Schöpferkraft und für die Verantwortung gegenüber anderen Menschen, was einem helfen kann, in schier ausweglosen 'Situationen trotzdem Ja zum Leben zusagen.

"Man's Search for Meaning" wäre, ins Deutsche mit als "Des Menschen Sinnsuche" sicherlich besser gepasst. Denn es braucht kein "Trotzdem", um Ja zum Leben zu sagen. Das Leben ist ein Geschenk, was man sich gerade in schwierigsten Situationen bewusst machen sollte.

Ein großes Verdienst des jüdischen Psychologen Frankl in seiner Rolle als Schriftsteller in diesem Buch sehe ich den Verzicht darauf, Mitleid zu heischen oder die Einzigartigkeit seines Leidens in den Vordergrund zu stellen. Gerade dadurch, dass er auf Gut-Böse-Antagonismus verzichtet und dem Leser anleitet, Licht und Schatten bei jedem Menschen zu erkennen - und allzu menschliche Entartungen letztendlich zu verzeihen - liegt m.E. die große Leistung dieses bis auf Buchtitel und Vorwort äußerst lesenswerten Buches.


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Veröffentlicht am 29.06.2023

Schwarzer Humor aus Kiew - einfach unschlagbar!

Ein Freund des Verblichenen
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Tolja ist des Lebens satt. Zu feige zum Selbstmord hat er bereits einen Killer auf sich ansetzen lassen und dafür bezahlt. Da kommt ihm Lena in die Quere, eine an sich lebenslustige Prostituierte, die ...

Tolja ist des Lebens satt. Zu feige zum Selbstmord hat er bereits einen Killer auf sich ansetzen lassen und dafür bezahlt. Da kommt ihm Lena in die Quere, eine an sich lebenslustige Prostituierte, die für kurze Zeit noch schrecklicher drauf ist als er selbst, und das Leben macht wieder Spaß. Aber wie wird man einen unbekannten Mörder los, für dessen Job man schon bezahlt hat?

Wer die slawische Mentalität liebt, ihren Mischung aus Lebenslust und Morbidität, kommt bei diesem großartigen Hörbuch voll auf seine Kosten - zumal es von Zeit zu Zeit von einer heiteren Gesangsdarbietung unterbrochen wird, die voll von jener Freude ist, wie sie bei ausgiebigen Wodka-Trinkrunden ist Osteuropa so üblich ist.

Einst lebte und arbeitet ich für einige Monate in Warschau, eine Stadt, die man man all ihrer Brutalität nur lieben oder hassen kann. Polnische Freunde waren erstaunt von meiner Begeisterung und meinten, wenn dir Warschau wirklich gefällt, dann muss du unbedingt mal nach Kiew fahren. Die Ukraine steht seitdem auf meiner Liste. Wenn dort irgendwann nicht mehr scharf geschossen wird (wollen wir es hoffen!), werde ich dorthin reisen und mich auf die Roman-Spuren des großartigen Schriftstellers Andrej Kurkow begeben.


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Veröffentlicht am 29.06.2023

Esoterik- und Politthriller der Extraklasse

Dr. Siri sieht Gespenster
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Den Briten Colin Cottelill verschlug es nach Aufenthalten in Australien und Südostasien ins post-kommunistische Laos, das in vielem jenen von den "Segnungen" des Kapitalismus von unbeleckten Regionen Osteuropas ...

Den Briten Colin Cottelill verschlug es nach Aufenthalten in Australien und Südostasien ins post-kommunistische Laos, das in vielem jenen von den "Segnungen" des Kapitalismus von unbeleckten Regionen Osteuropas abseits der so genannten Leuchtturm-Zentren ähnelt.

Er hat sich mit den Jahren derart in Land und Leute verliebt, dass es ihm, wie er in Interviews erzählt, auf seinen wenigen Besuchen in England immer fremde vorgekommen ist. Als Westdeutscher, der nach dern Wende in die ehemalige DDR rübergemacht hat. kann ich seinen Mentalitätswandel gut verstehen. Auch ich habe durch meine innerdeutsche Emigration Erfahrungen gemacht, die ich nicht mehr missen möchte. Und deshalb bleibe ich auch hier, in der östlichen Stadt Deutschlands.

Mit seinen esoterischen Thriller war es für den Autor anfangs schwer, Herausgeber zu finden. Nach langem Suchen mithilfe eines in der englischsprachigen Welt üblichen Literaturagenten (in Deutschland kaum verbreitet) fand er schließlich einen US-amerikanischen Kleinverlag.

Mit der Zeit wurde seine Dr.-Siri-Reihe derart erfolgreich, dass sie von einem deutschen Verlag übersetzt und ins Programm genommen wurde - auch dies wohl nur, weil sie in der englischsprachigen Buchwelt bereits gut lief.

Ich selbst bin als ostdeutscher Autor mit meinem Thriller "Der Astrologe - eine gänzlich unwahre Geschichte" bei deutschen Verlagen und Literaturagenten auf größtenteils Granit gestoßen, wegen angeblichen Genre-Probleme. Dabei hat der Genre-Mix Eso-Thriller im Grunde doch schon mit der Harry-Potter-Serie angefangen.

Die Dr-Siri-Reihe besticht neben ihren grandiosen Thriller-Mix aus Esoterik und Kommunismus durch prägnante Figuren-Beschreibung, wobei bei den ersten Folgen der Reihe - wie hier mit "Dr. Siri sieht Gespenster" der Plot noch recht gut konstruiert ist, stringent und übersichtlich. Je weiter es in der Reihe geht (ich habe alle Bände gelesen!), um so verstiegener werden die Handlungs-Konstruktionen. Es scheint fast, als ob Colin Cotterill mit seinem Erfolg als Autor an sich selbst zu zweifeln beginnt und meint, immer noch "einen draufsetzen" zu müssen.



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