Intelligenter Roman
Der erste Tag vom Rest meines LebensDer erste Tag vom Rest meines Lebens ist ein wirklich hochwertiger, intelligenter Roman, der sich mit den wirklich wichtigen Dingen des Lebens beschäftigt- denn mal im Ernst: warum sollte ein Mann, der ...
Der erste Tag vom Rest meines Lebens ist ein wirklich hochwertiger, intelligenter Roman, der sich mit den wirklich wichtigen Dingen des Lebens beschäftigt- denn mal im Ernst: warum sollte ein Mann, der sich im letzten Drittel seines Lebens befindet noch um den heißen Brei reden? Cessare ist unser Hauptheld, 77 Jahre alt, allein lebend- hat zwei Kinder. Er würde sich selbst als "Kretin" bezeichnen und als kompletten Versager (zumindest was die Erziehung seiner Kinder betrifft) und ist immer nur am zetern und mürrisch sein.
Ich muss gestehen: ich mochte Cessare sehr. Er nimmt kein Blatt vor dem Mund- er lebt sein Leben wie es ihm gefällt mit all seinen tragisch-komischen Seiten. Seine Sicht auf die Dinge ist mitunter sehr unangenehm und stößte auch bei mir auf Unverständnis (ich sag nur die Erzählungen, wenn es um seine tote Frau Caterine ging, die er im Verlauf der Ehe verlernt hat zu lieben). Aber gerade diese schonungslose Ehrlichkeit war das markanteste und beste an dem gesamten Roman. Cessare muss sich nicht mehr verstellen. Er ist alt, er nimmt das Leben wie es ist, wohl wissend, dass er jederzeit seinen letzten Schnapper machen kann.
Unter dem schlechten Verhältnis zu seinen Kindern scheint er doch etwas zu leiden. Seine Tochter Sveva- Anwältin und unglücklich in ihrer Ehe, kommt vom Charakter ehestens nach Cessare und gerade deswegen streiten sich die beiden immer wieder. Sein Sohn Dante, ein Künstler, ist schwul. Er traut sich nicht, es seinem Vater zu sagen, dabei weiß er das schon lange.
Andere Charaktere sind die Nachbarn von Cessare. Wichtigste Nebenfigur des Weiteren ist Emma. Diese zieht mit ihrem Mann in die gleiche Etage wie Cessare. Emma wird von ihrem Mann geschlagen und Cessare tut das was er eigentlich unbedingt vermeiden wollte: er mischt sich ein- dabei weiß er es doch eigentlich besser.
Wörtliche Rede gibt es in dem Roman zwar auch, aber die Gedankengänge von Cessare überwiegen bei weitem und vermitteln den Leser seine Sicht und seine Eigenheiten. Mitunter waren richtige Satzperlen- ja ganze Abschnitte dabei. Ich musste sehr oft inne halten und über das nachdenken was da stand. Dieser Roman ist wirklich sehr intelligent und macht einfach Spaß zu leben. Man fühlt sich danach etwas geläutert. Ich bin froh, dass ich zu diesem doch recht ungewöhnlichen Roman gegriffen habe und ein bisschen meiner Zeit Cessare gewidmet habe- es war keine vergeudete. Und auch wenn das Buch doch recht traurig endet, hinterlässt es mich mit einem: Lebensmut und dem Willen darum zu kämpfen jeden Tag aufs neue glücklich zu sein- ich weiß, Cessare hätte das gemocht :)
L E S E E M P F E H L U N G !