Profilbild von Azyria_Sun

Azyria_Sun

Lesejury Star
offline

Azyria_Sun ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Azyria_Sun über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.03.2022

Es ist ein bisschen wie heimkommen

Sturm über der Tuchvilla
0

Worum geht’s?
Augsburg 1935: Die NSDAP und mit ihr Hitler kommen an die Macht. Die Rassegesetze werden erlassen und verschärft. Marie, die jüdische Eltern hat, gilt damit automatisch als Jüdin und hat ...

Worum geht’s?
Augsburg 1935: Die NSDAP und mit ihr Hitler kommen an die Macht. Die Rassegesetze werden erlassen und verschärft. Marie, die jüdische Eltern hat, gilt damit automatisch als Jüdin und hat mit ersten Angriffen auf ihr Atelier zu kämpfen. Auch die Tuchfabrik gerät in eine finanzielle Notlage. Es bleibt Marie nichts anderes übrig, als dem wachsenden Druck der Regierung nachzugeben und Paul und die Tuchvilla zu verlassen.

Meine Meinung:
Mit „Sturm über der Tuchvilla“ schreibt Anne Jacobs den 6. Teil ihrer Familiensaga und ich muss sagen, auch dieser Band hat mich wieder begeistert. Die Autorin schreibt so unglaublich lebendig und es macht einfach nur Spaß, diesen historisch angelehnten Roman zu lesen.

Die Familie Melzer, ihre Angestellten und auch ihre Verwandten sind mir wirklich sehr ans Herz gewachsen. Auch hier dürfen wir sie wieder begleiten. Fanny, die Köchin, die immer Älter wird, Humbert ist immer noch mit dabei. Christian und Liesl bekommen ihr erstes Kind und auch Kittys Schwägerin Tilly bekommt ein Kind. Die Frau, die damals Medizin studiert hat und in diesem Buch endlich ihr Glück findet. In Augsburg geht es wirklich hoch her und ich mag den Trubel, sei es in der Tuchvilla, in der Tuchfabrik, in der Henny inzwischen als Pauls rechte Hand mitarbeiten darf, oder in der Wohnung in der Frauentorstraße – es ist einfach herrlich, Zeit mit den Charakteren zu verbringen und ihre Entwicklung mitzuerleben. Und auch die Zeit mit Marie und Leo in New York – hier hätte ich zu gerne noch mehr gelesen. Über Leos Studium an der Uni und das Leben dort allgemein. Ich hoffe, hierzu erfahren wir im nächsten Buch noch mehr!

Überhaupt ist die Vorkriegszeit spannend dargestellt. Die Autorin zeigt neben der Geschichte um die Melzers auf, wie die KPD versucht hat, Widerstand gegen das neue Regime auszuüben. Wie gegen Widerständler und Spione und die sog. nicht regierungstreuen Bürger vorgegangen wird. Und sie zeigt die ersten Schritte in Richtung Rassengesetzte und Hetzjagd gegen die Juden auf. Alles genauso interessant wie erschreckend. Wir erleben auch, wie Paul gezwungen ist, Parteimitglied zu werden, um überleben zu können. Den Zwang, der damals herrschte, die Beobachtung, selbst durch die eigenen Nachbarn. Eine krasse Zeit, die dennoch auch immer noch – was Anne Jacobs an der Jugend zeigt – fortschrittlicher wurde und lebendig und bunt war. Trotz der Dicke des Buches hatte ich es ohne Unterbrechung an etwas über einem Tag gelesen. Ich war wieder so gefesselt und mitgerissen, dass ich es einfach nicht aus der Hand legen konnte und ich fiebere schon jetzt dem nächsten Teil entgegen!

Fazit:
Mit „Sturm über der Tuchvilla“ setzt Anne Jacobs im bereits sechsten Teil ihre Familiensaga fort. Und obwohl alle Teile umfangreich sind, so tut dies der Serie doch keinen Abbruch. Sie ist spannend und mitreißend wie eh und je und es war so schön, all die liebgewonnenen Charaktere wiederzusehen. Diesmal vor dem historischen Hintergrund der Rassengesetzt, der ersten Schritte gegen die Juden und gegen die Parteigegner. Aber auch vor dem Hintergrund der erstarkten Selbstständigkeit der Frauen, und einer Gesellschaft, die langsam auch nichteheliche Kinder anerkennt und Frauen, die sich langsam ihren Platz in den Männerberufen erkämpfen.

5 Sterne für diesen genialen Pageturner und ich kann es nicht erwarten, den nächsten Teil in Händen zu halten!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.03.2022

Französisch, literarisch und erfrischend unerwartet

Eine verdächtig wahre Geschichte
0



Worum geht’s?
In dem Verlag, in dem Violaine Lepage als Cheflektorin tätig ist, wird ein Manuskript abgegeben. Ein literarisches Meisterwerk, dessen Autor jedoch nur ein Name und eine E-Mail-Adresse ...



Worum geht’s?
In dem Verlag, in dem Violaine Lepage als Cheflektorin tätig ist, wird ein Manuskript abgegeben. Ein literarisches Meisterwerk, dessen Autor jedoch nur ein Name und eine E-Mail-Adresse ist. Das Buch wird für einen Preis nominiert und Violaine versucht, den oder die AutorIn des Buches zu finden. Als dann plötzlich die im Buch geschilderten Morde Realität werden, ist auch die Polizei auf der Suche nach dem Verfasser des Buches.

Meine Meinung:
Mit „Eine verdächtig wahre Geschichte“ (Hoffmann und Campe, Atlantik, Februar 2022) schreibt Antoine Laurain ein Roman, der literarisch niveauvoll beginnt, im Verlauf immer mehr an Spannung zunimmt und in einem Kriminalroman endet. Ein Buch, das mich sowohl von seinem Sprachstil als auch von seinem Inhalt positiv überrascht und begeistert hat. Ich fand Titel und Cover interessant und den Klappentext spannend, aber diesen Inhalt hätte ich dann doch nicht erwartet. Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen, das war wirklich hohe Literatur. Die Wortwahl, die Satzzusammenstellung – außergewöhnlich und intensiv.

Die Geschichte selbst beginnt mit dem Unfall der Cheflektorin Violaine Lepage. Sie liegt im Koma und als sie erwacht, muss sie feststellen, dass Teile ihrer Erinnerung fehlen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, wohin die Geschichte führen würde, aber selbst hier hatte der Autor mich schon gefesselt! Die Charaktere haben mir richtig gut gefallen. Vor allem Charles, Violaines früherer Chef und Freund. Und seinen Tick, erfundene Nummern längst verstorbener Autoren in sein Handy zu speichern und bei Gelegenheit anzurufen – das fand ich sehr amüsant. Auch, dass Violaine die Geister verstorbener Autoren sieht, hat hier nicht gestört.

Nach und nach nahm die Geschichte dann immer mehr Fahrt auf und was als schriftgewaltiger Roman begann nahm an Spannung immer mehr zu. Immer tiefer sind wir durch das Manuskript und zusammen mit den Ermittlern in Violaines Vergangenheit getaucht und haben immer wieder Erinnerungsblitze von ihr miterlebt. Es war erschreckend, zu lesen, was sie in ihrer Vergangenheit erleben musste. Von Fabienne zu lesen, von Marie. Ganz am Anfang hatte ich mal so ein Gefühl, dass Violaine mehr mit dem Manuskript zu tun haben könnte, als geschrieben und tatsächlich wurde diese Ahnung nicht enttäuscht, aber dennoch auf eine ganz andere Weise erfüllt. Dieses Buch hat wirklich Freude gemacht, zu lesen. Die liebevoll gewählten Worte, die plötzliche und unerwartete Wendung und die Spannung, die bis zum Schluss immer mehr anstieg – ein Buch, das anders war, als erwartet, mich aber sehr positiv überrascht hat!

Fazit:
Mit „Eine verdächtig wahre Geschichte“ erzählt Antoine Laurin die Geschichte von Violaine Lepage. Eine Geschichte, die als liebevoller Roman beginnt und als spannender Krimi endet. Ein Buch, in dem die Charaktere empathisch sind, sehr französisch und ein Buch, das eine wundervolle Schriftsprache hat. Der Autor führt uns gekonnt immer tiefer in Violaines Vergangenheit und mit dem Manuskript der Zuckerblumen stehen wir plötzlich in einem Kriminalfall, den man anfangs nicht vorhersehen konnte und der am Ende eine steil ansteigende Spannungskurve hat, die ich einerseits vorausgesehen habe, aber die dann doch anders war, als erwartet.

5 Sterne für dieses unerwartete, unterhaltsame und einfach nur schön zu lesende Buch!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.03.2022

Agatha Christie, eine starke Frau voller Überraschungen

Mrs Agatha Christie
0

Worum geht’s?
Im Dezember 1926 wird Agatha Christie für elf Tage vermisst. An einem für Selbstmorde berüchtigten See wird ihr Auto aufgefunden. Ihre Tasche und ihr Pelzmantel sind noch drin, von ihr selbst ...

Worum geht’s?
Im Dezember 1926 wird Agatha Christie für elf Tage vermisst. An einem für Selbstmorde berüchtigten See wird ihr Auto aufgefunden. Ihre Tasche und ihr Pelzmantel sind noch drin, von ihr selbst keine Spur. Ganz England macht sich auf die Suche nach der Autorin, die dann plötzlich genauso mysteriös wiederauftaucht, wie sie verschwand. Was geschah in diesen elf Tagen?

Meine Meinung:
Mit „Mrs Agatha Christie“ schreibt Marie Benedict den dritten Teil Ihrer Romanreihe über starke Frauen der Weltgeschichte. Es ist der erste Band, den ich von der Serie bzw. der Autorin lese, aber ich war sofort gefesselt. Die Autorin wechselt zwischen der Ich-Perspektive von Agatha Christie in der Vergangenheit zu der Erzählung aus dritter Sicht in der Gegenwart im Jahr 1926 und führt zum Ende des Buches beide Erzählstränge gekonnt zusammen. Dabei lesen wir nicht nur über Agatha Christie, sondern auch allgemein über das Leben der Frauen in den 1920er Jahren in England.

Im in der Vergangenheit spielenden Teil lesen wir, wie Agathe Christie zum Schreiben gekommen ist. Lernen sie kennen und lesen über ihre Zeit als Krankenschwester und Apothekerhelferin, die sie letztendlich bei ihren Krimis inspiriert hat. Agatha wächst in einer turbulenten Zeit auf, geprägt vom Krieg, vom Verlust ihres Vaters und dem ständigen Wettstreit mit ihrer Schwester. Wir erleben, wie sie Archie, ihren späteren Ehemann kennen und lieben lernt und wie sie sich an ihre ersten Romane setzt. Wie sie alles für Ihren Mann und ihre Ehe tut und sogar ihr eigenes Kind hintenanstellt. Und in dem Teil, der in der Gegenwart spielt, versuchen wir, ihrem Verschwinden auf die Spur zu kommen. 11 Tage! Was ist passiert? Wo war sie?

Hier merkt man auch, wie geschickt es der Autorin gelingt, fiktionale mit biografischen Details zu mixen. Durch diesen Mix entsteht ein Bild, das total real wirkt. Die Grenzen verfließen so unbemerkt, dass man wirklich annehmen könnte, die Vermutungen der Autorin treffen die Realität! Genauso könnte ich mir vorstellen, hätte Agatha gehandelt. Was als fiktiv-biografischer Roman beginnt, steigt in der Spannung und bringt am Ende einen Plan, ein Spiel zum Vorschein, das verzwickt und undurchsichtig ist und perfekt zu Agatha Christies und ihren Krimis passt. Und auch wenn wir sicher nie herausfinden werden, was wirklich passiert ist, so fände ich diesen Ansatz doch mit am besten, weil er zeigt, wie gewieft die Agatha ist, wie sie schafft, sich selbst treu zu bleiben und wieder zu sich zu finden, indem sie ihr wahres Leben in einen Krimi verwandelt. Das Buch hat mich hineinversetzt in das England der 1920er Jahre und hat beim Lesen einfach Spaß gemacht. Vor dieser möglichen Option des Verschwindens könnte ich vor Agatha Christie nur den Hut ziehen, das wäre ein Kriminalfall par excellence!

Fazit:
Mit dem dritten Teil ihrer Romanserie über die starken Frauen der Weltgeschichte widmet sich Marie Benedict „Mrs Agatha Christie“. Teils biografisch, teils fiktional erzählt sie vom Leben und Werden der Kriminalautorin und insbesondere von den 11 Tagen, die diese im Jahr 1926 verschwunden war. Bis heute sind dieses Verschwinden und ihr Wiederauftauchen mysteriös und geheimnisumwittert. War es ein PR-Gag? War es eine psychische Ausnahmesituation? Ich muss ganz ehrlich sagen, die Version, die uns die Autorin erzählt ist voller gewiefter Spannung, ein Kriminalfall, in dem Agatha selbst die Hauptrolle spielt – eine Version, die mir von allen Möglichkeiten am besten gefällt.

5 Sterne für dieses Buch, das mich perfekt unterhalten hat!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.03.2022

Noch spannender als der 1. Teil und ein erschreckend realer Hintergrund

Der dreizehnte Mann
0



Worum geht’s?
Die Journalistin Anja Liebig kommt mit Timo Krampe in Rocco Eberhards Anwaltskanzlei, um mit seiner Hilfe den verschollenen Pflegebruder von Krampe zu finden. Rocco, der auf Strafverteidigungen ...



Worum geht’s?
Die Journalistin Anja Liebig kommt mit Timo Krampe in Rocco Eberhards Anwaltskanzlei, um mit seiner Hilfe den verschollenen Pflegebruder von Krampe zu finden. Rocco, der auf Strafverteidigungen spezialisiert ist, weiß zunächst nicht, was er von dem Fall halten soll. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse und ein hochrangiger Politiker wird an den Pranger gestellt.

Meine Meinung:
„Der 13. Mann“ (Droemer Knauer, März 2022) ist der zweite Teil der Justiz-Krimi Reihe um den Anwalt Rocco Eberhard und den Rechtsmediziner Justus Jarmer aus der Feder des Autorenduos Florian Schwiecker und Michael Tsokos. Schon der erste Teil war spannend und mitreißend, aber dieses Buch toppt das erste nochmals deutlich. Es macht Spaß zu lesen, wie das Autorenduo die Ermittlungen vor dem Prozess aufbaut und den LeserInnen damit Einblicke in die Tätigkeiten von Anwälten, Staatsanwaltschaft und Privatdetektiven gibt, auch wenn in der Realität meist alles deutlich bürokratischer abläuft. Hier haben Schwiecker und Tsokos es wieder geschafft, mich mit einzubeziehen und mich als Teil des Ermittlerteams zu fühlen.

Zudem sind die Charaktere einfach einzigartig. Und bei dieser Serie fallen mir immer wieder die für mich doch ausgefallen wirkenden Namen auf. Rocco, Justus Jarmer, Claudia Spatzierer – anders und doch einprägsam. Und mit Claudia trifft Rocco in diesem Teil seine alte Jugendliebe wieder. Ich bin mir sicher, dass wir von ihr noch mehr lesen werden. Auch die Eigenschaften und Eigenarten der Protagonisten gefallen mir, z.B. Justus, der den Tick mit dem Stift hat. Ich kann sie alle lebendig vor mir sehen und mag das Team einfach. Und vielleicht dürfen wir auch Holland, den wir hier nur kurz erleben, wiedersehen. Auch er ein Charakter, der viel Potenzial hat!

Dann die Geschichte selbst. Es geht um das Granther-Experiment, das auf dem tatsächlich durchgeführten Kentler-Experiment aufbaut. Ein Experiment, bei dem bis in die frühen 2000er Jahre Kinder aus schwierigen Verhältnissen u.a. zu pädophilen Pflegevätern vermittelt wurden, um herauszufinden, ob sich dieses sog. schwierige Umfeld positiv auf die Entwicklung der Kinder auswirkt. Was dabei herausgekommen ist, kann man sich denken und will es sich nicht vorstellen. Absolut grauenhaft! Basierend auf diesem Experiment baut das Autorenduo den Fall auf und wir dürfen miterleben, wie sie nach alten Akten suchen, wie Indizien und Beweise verschwinden und wie versucht wird, alles unter den Teppich zu kehren. Ein brandaktuelles Thema, damals wie heute. Aber nicht nur mit dem Experiment haben wir es zu tun, sondern auch mit einem Mord, der so verwickelt ist und ganz anders, als es zunächst scheint. Immer tiefer ziehen uns die Ermittlungen in einen Fall, der in einem Prozess mündet, der nochmals jede Menge Überraschungen und Plottwists für uns LeserInnen bereithält und bei dem am Ende fast alle Gerechtigkeit erleben dürfen. Wieder einmal ein gut recherchierter und spannend geschriebener Pageturner, der einfach nur Lust auf den nächsten Teil macht.

Fazit:
Mit dem Justiz-Krimi „Der 13. Mann“ schickt das Autorenduo Schwiecker und Tsokos ihr Ermittlerduo Eberhard und Jarmer auf ihren zweiten Fall, der wirklich spannend ist. Ich mag die Charaktere, alle sind authentisch, eigenwillig und lebendig und man möchte einfach nur Teil des Teams sein. Dann basiert dieses Buch auf dem tatsächlich stattgefundenen Kentler-Experiment, bei dem schwierige Kinder und Jugendliche u.a. zu pädophilen Pflegevätern vermittelt wurden. Ein brisantes, aktuelles und auch schreckliches Thema das hier perfekt in den Fall um einen Mord verwoben wird, der am Ende vor Gericht nochmal richtig Fahrt aufnimmt und uns auf den letzten Seiten mit mehreren spannenden Twists überrascht.

5 Sterne von mir für diesen unterhaltsamen und mitreißenden 2. Teil, ich freue mich schon auf den nächsten Fall mit Rocco und Jarmer!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.02.2022

Eindrucksvoll und unvorhersehbar

Das verschlossene Zimmer
0

Worum geht’s?
Krakau 1939: Marie wächst nur mit ihrem Vater auf. Sie kennt ihre Mutter nicht und ihr Vater weigert sich, über sie zu sprechen. Auf der Suche nach ihr begegnet sie ihrem Jugendfreund Ben ...

Worum geht’s?
Krakau 1939: Marie wächst nur mit ihrem Vater auf. Sie kennt ihre Mutter nicht und ihr Vater weigert sich, über sie zu sprechen. Auf der Suche nach ihr begegnet sie ihrem Jugendfreund Ben wieder und die beiden verlieben sich. Obwohl der 2. Weltkrieg kurz vor dem Ausbruch steht und der jüdische Teil der Bevölkerung es immer schwerer hat, konvertiert Marie zum jüdischen Glauben, für ihre große Liebe Ben.

Meine Meinung:
„Das verschlossene Zimmer“ (Lübbe, Februar 2022) von Rachel Givney ist ein Roman, der genauso überraschend wie eindrucksvoll ist. Das Buch hat mich komplett in seinen Bann gezogen. Der Schreibstil der Autorin hat mich in das Jahr 1939 hineinversetzt. Die Menschen, die Ortschaften, die einzelnen Viertel in Krakau – ich konnte alles direkt vor mir sehen. Dann immer wieder die Rückblicke in die Zeit, als Marie noch ein Baby war; es war einfach nur unglaublich.

Auch die Protagonisten selbst waren wie vom Leben selbst geschrieben. Man denkt zunächst: Ach ja, wieder ein historischer Roman bei dem eine Frau ihre Mutter sucht, aber dann ist alles ganz anders. Marie wuchs mir direkt ins Herz, ihr Vater Dominik, der alles für sie getan hat ebenso. Und Ben, Maries große Liebe, auch er ist wundervoll. Ebenso ihr guter Freund Lolek. Und gemeinsam mit diesen Figuren dürfen wir Marie auf der Suche nach ihrer Mutter begleiten. Erleben, wie schwierig es die Frauen in den 1930er Jahren hatten. Ihr Stand in der Gesellschaft und mit welchen Ansichten sie zu kämpfen hatten. Dann die Entwicklung von Medikamenten, das Gesundheitswesen der 1930er Jahre. Wir haben einen kurzen Einblick in den 1. Weltkrieg bekommen und in die Anfänge der Zeit mit Hitler und das alles aus polnischer Sicht. Und alles war so real, als wäre man wirklich dabei! Die jüdische Hochzeit, ich konnte den bunten Trubel direkt vor mir sehen. Zusammen mit Marie gingen meine Gefühle auf und ab und ich habe mit ihr gebangt und gehofft, mit ihr geweint und mich mit ihr gefreut.

Das Buch war wirklich sehr emotional und die Wendungen zum Schluss – absolut außergewöhnlich, damit hätte ich nie gerechnet! Rachel Givney zeigt, was Mutterliebe alles bewegen kann und schafft eine atemberaubende historische Kulisse mit wundervollen Charakteren in einer Zeit des Wandels, der Entbehrungen und der Hoffnung. Ich habe das Buch verschlungen und hätte Marie und Ben gerne weiter begleitet und erfahren, wie es auch mit Helena weitergeht. Vielleicht gibt es ja eine Fortsetzung – das würde ich mir sehr wünschen!

Fazit:
Mit „Das verschlossene Zimmer“ schafft Rachel Givney eine atemberaubende historische Kulisse im Krakau der 1939er Jahre. Alle Zeichen stehen auf Krieg und wir erleben den Beginn des Rassenhasses aus der polnischen Sicht. Daneben dürfen wir Marie begleiten, die auf der Suche nach ihrer Mutter ist, bekommen mit, wie schwierig es Frauen in dieser Zeit haben, sei es im Beruf oder im Studium, und um alles baut die Autorin so geschickt und spannend die Geschichte einer Mutterliebe, wie sie emotionaler und unerwarteter nicht sein könnte.

5 Sterne für diese wirklich außergewöhnliche Geschichte von der ich hoffe, dass es eine Fortsetzung geben wird!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere