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Veröffentlicht am 17.01.2021

Was wäre, wenn 5 Rocker Dein Haus besiedeln?

7 Tage sturmfrei
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Das Buch:
Ich habe das Buch bei einer Verlosung von Lovelybooks gewonnen, wofür ich mich herzlich bedanke. Eine Freundin hat bereits einige Bücher der Autorin gelesen und war total begeistert von deren ...

Das Buch:
Ich habe das Buch bei einer Verlosung von Lovelybooks gewonnen, wofür ich mich herzlich bedanke. Eine Freundin hat bereits einige Bücher der Autorin gelesen und war total begeistert von deren Art zu erzählen. Entsprechend hoch war meine Erwartung an das Buch - und ich wurde nicht enttäuscht.

Worum geht’s?
Die 11jährige Charlie und die fast 18jährigen Zwillinge Tom und Mira haben eine Woche lang das Haus der Eltern ganz für sich allein, weil diese anlässlich ihres Hochzeitstages allein in den Urlaub fahren. Auch wenn die 3 nicht allzuviel zu verbinden scheint, so haben sie aus unterschiedlichen Gründen Geldnot und das wiederum verbindet in jedem Fall. Durch einen Beitrag in der Zeitung ist schnell die Idee geboren, wie sie schnell zu Geld kommen könnten. Fraglich ist allerdings, wie ihre Eltern das finden würden, wenn sie es denn wüssten...

Charaktere:
Charlie ist ein pfiffiges Mädchen, dem das Leben schon übel mitgespielt hat. Sie hasst nichts mehr, als wenn Leute sie komisch ansehen und behandeln, als könnte sie nicht alles tun, was ihr gefällt. Darüber hinaus ist sie ziemlich genervt von ihren beiden pubertierenden Geschwistern - den Zwillingen Mira und Tom.
Charlie ist eine sehr authentische Figur, der man so ziemlich alles abnimmt, was sie erzählt. Ihre Ideen könnten auch in der Realität von einer 11jährigen kommen, denke ich, und das macht die Geschichte noch spannender. Ich mochte sie sehr und das von Anfang an. Trotz des Altersunterschiedes hat sie sich gegen die beiden Großen super behauptet. Gerade das ist wohl der Punkt, warum die Leser der Zielgruppe ab 10 Jahre sich mit ihr gut identifizieren werden.

Mira und Tom stecken (noch) in ihrer Pubertät. Während Mira gern mal den Bestimmer raushängen lassen will und dabei Zitat S. 12 “raunzt und schnauzt [..] wie ein schlecht gelauntes Wildschwein”, verkriecht sich Tom lieber in seinem Zimmer. Beim Lesen habe ich mehr als einmal gegrinst, weil ich in den beschriebenen Verhaltensweisen viel wiederfand, was wir wohl alle schon erlebt haben - der eine mehr, der andere weniger intensiv. Und eben dieses Verhalten macht auch diese beiden Charaktere glaubwürdig und durchaus sympathisch.

Die 5 Bandmitglieder der HOWIE LITTLE SISTERS sind eingefleischte Rocker. Im Laufe der Geschichte lernt man sie - ganz entgegen jedes vorauseilenden Klischees - als herzensgute Menschen kennen, die helfen und vor allem auf die 3 Kinder mit anderen Augen als deren Eltern schauen. Sie haben nicht die elterlichen Sorgen, sondern nehmen alle 3 genauso wie sie sind.

Besonders hat mir in diesem Zusammenhang gefallen, dass ausgerechnet Hoagie - eines der Bandmitglieder - es war, der Charlie erklärt hat, dass sie immer eine Wahl hat und diese nur zu treffen braucht. Das macht Mut, glaube ich, und ich denke, in einem Buch, in dem sich die Kinder mit der Hauptfigur identifizieren können, ist eine solche Aussage besonders gut aufgehoben.

Schreibstil:
Ich habe ihn genossen - herrlich leicht und witzig. Es gibt spritzige Dialoge und zahllose wirklich gut beobachtete Situationen. Es wird nie langweilig, stets passiert etwas und es geht Schlag auf Schlag. Eben genauso wie es im Leben auch ist. Die temporeiche Erzählweise lässt die Seiten dahin fliegen.

Die Geschichte ist fortlaufend, aber dennoch in Episoden eingeteilt. Wann immer Mutter und Vater wieder etwas finden, das auf die vergangenen Tage hinweist, steht die Frage im Raum “Was um alles in der Welt ist denn das?” Darauf folgt Charlies Erzählung, wie es wirklich wahr und bringt so die Geschichte der sturmfreien Tage voran und danach kommt die Geschichte für das Elternteil. Dabei sind sowohl Charlie als auch die Zwillinge äußerst kreativ - sehr zur Belustigung des Lesers.
Am Anfang mag es verwirrend sein, aber bald schon hat man den Bogen raus, warum mehrere Kapitel mit der gleichen Überschrift überschrieben sind. Mir hat diese Einteilung gut gefallen - insbesondere im Hinblick darauf, dass man ein Buch ja auch unterbrechen muss, wenn man es nicht in einem Rutsch liest. Das gelingt an diesen Stellen sehr gut.

Tauglichkeit für die Zielgruppe:
Die Wortwahl ist für meine Begriffe den Altersgruppen 11 und 18 der Protagonisten sehr gut angepasst. Der junge Leser wird keine Schwierigkeiten haben, den Text zu verstehen. Ganz im Gegenteil - es gibt nichts zu erklären, denke ich. Auch der Umfang des Buches ist aus meiner Sicht gut für die Altersgruppe zu bewältigen. Durch die lustige Story lassen sich vielleicht auch Lesemuffel mitziehen.

Darüber hinaus hat mir sehr gefallen, dass die Autorin niemals den Zeigefinger hebt, wenn sie etwas erklärt, sondern vielmehr die Situationen und ihre Figuren sprechen lässt. Es ist manchmal eine sehr emotionale Sache - gerade zum Ende des Buches hin - aber es bringt den Leser vielleicht auch zum Nachdenken.

Illustrationen und Cover:
Die Illustrationen sind liebevoll und passend zur Geschichte. Es sind nicht all zu viele vorhanden, aber dennoch ausreichend um der Geschichte ein Gesicht zu verleihen. Kennt man die Geschichte, kann man sagen, das Cover trifft es im Kern! Es passt wirklich ausgesprochen gut zu der Geschichte. Vermutlich wird der geneigte Leser schon erwarten, dass die Geschichte nicht gänzlich ohne Chaos auskommt - eben genau wie das Cover!

Fazit:
Eine liebevolle Geschichte über Chaos aus dem Gutes entsteht, die Bewahrung eines wirklich großen Geheimnisses und den Umstand, dass es am Ende eben doch besser ist, die Wahrheit zu sagen. Großartig! 5 von 5 Sternen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
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  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.01.2021

Und der Weihnachtsmann kann doch jeden Wunsch erfüllen!

Tage voller Weihnachtszauber
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Das Buch:
Ich kenne Anja Marschall als Autorin historischer Kriminalromane. Mit diesem Buch zeigt sie ihre besinnliche und vor allem sehr humorvolle Art. Mehr als einmal musste ich lachen, während ich ...

Das Buch:
Ich kenne Anja Marschall als Autorin historischer Kriminalromane. Mit diesem Buch zeigt sie ihre besinnliche und vor allem sehr humorvolle Art. Mehr als einmal musste ich lachen, während ich diese Geschichte gelesen habe. Vom Titel sollte sich der geneigte Leser keineswegs abschrecken lassen. Er klingt vielleicht ein bisschen kitschig - die Geschichte ist es nicht!

Worum geht’s?
Manni - ein alternder Rocker, im Grunde obdachlos und bekennender Weihnachtshasser - wird kurz vor Weihnachten von Henriette - ihrerseits Leiterin eines Kinderheims - als neuer Aushilfsweihnachtsmann entdeckt. Erstaunlich eigentlich, denn sie erwischt ihn beim Klauen. Seine Aufgabe ist nichts einfacheres als am Heiligen Abend für die Kinder ihres Kinderheims ein fröhliches Hohoho zu verbreiten und die Weihnachtsgeschichte zu erzählen. Bevor es aber dazu kommt, hat Manni noch eine Mission...

Charaktere:
Manni war mir von Anfang an total sympathisch. Seine grummelige Art und jegliche Ablehnung des ganzen Weihnachtsrummels fand ich toll. In seinem alten Wohnwagen brüllen AC/DC aus den Lautsprechern statt besinnliche Weihnachtsmusik. Und trotzdem merkt man von Anfang an, dass es mit dieser Figur mehr auf sich hat und dass in dieser rauhen Hülle weit mehr steckt als ein alter, grummeliger Mann. Es macht ausgesprochen viel Spaß zu erleben, wie er sich während seiner Mission verändert, wie Weihnachten doch Einzug in sein Herz hält. Er hat tolle Ideen und ist ein Macher. Diese Eigenschaften sind auch dringend notwendig um den Menschen um ihn herum, die er schnell in sein Herz schließt, fröhliche Weihnachten zu bescheren.

Henriette Jonas habe ich als fürsorgliche Heimleiterin wahrgenommen. Obwohl sie es mit den Kindern, insbesondere den 4 Sandkastenmachos, nicht immer leicht hat, wird sehr deutlich, dass sie stets hinter ihnen steht und ihnen ihr trauriges Schicksal - ohne Eltern aufwachsen zu müssen - so schön wie möglich gestalten will. Sie hat Erfahrung und ein sehr, sehr großes Herz. Nur durch diese Eigenschaften erkennt sie mehr in Manni als viele andere Menschen.

Es ist absolut rührend wie sowohl Henriette als auch Manni dem jeweils anderen weder eingestehen wollen, dass sie sich gut leiden können, noch dass sie die Situation eigentlich ganz schön finden. Daraus entspinnt ein hübsches zwischenmenschliches Spiel, das dem Leser das Herz erwärmen muss.

Nach knapp 5 Jahren wird die kleine Lena ins Kinderheim zurück gebracht. Diese Szene hat mich tieftraurig gestimmt, denn es sieht anfänglich wirklich nicht gut für sie aus. Der Autorin gelingt es aber bereits am Anfang die kleine Kröte, wie Manni sie nennt, ins Herz des Lesers zu schreiben. Man kann sie sich sehr genau vorstellen, wie sie mit ihrer Püppi im Arm die Fragen eines Kindes stellt und dabei auch den grummeligen Manni keineswegs kalt lässt. Und als sie ihm - in seiner Funktion als Aushilfsweihnachtsmann - auch noch ihren größten Weihnachtswunsch verrät, hat sie Manni in der Tasche. Lena hat die Fähigkeit wirklich jeden noch so harten Brocken zu erweichen. Sie ist zuckersüß und einfach liebenswert.

Der viel zu schüchterne Erzieher Lukas ist verliebt und traut sich nicht, seine Angebetete anzusprechen. Auch hier tut Manni alles, um den beiden endlich auf die Sprünge zu helfen - mit Erfolg. Eigentlich mag ich Liebesgeschichten eher nicht so sehr, aber das Zusammenspiel zwischen Lukas und Carla war total authentisch und überhaupt nicht kitschig. Es kann schließlich nicht jeder ein Macho sein und seine Liebe im Sturm erobern. Mir gefiel es sehr, wie diese beiden sich so ganz langsam angenähert haben und feststellten, dass der andere perfekt ist. Und dabei ging es so überhaupt nicht um Äußerlichkeiten, sondern wirklich um die innere Größe der beiden Charaktere.

Schreibstil:
Die Autorin hat hier einen Pageturner geschrieben. Die Geschichte liest sich so weg und ist damit einfach geeignet für das schmuddelige Wetter, kurz vor der Weihnachtszeit. Mit wenigen, aber sehr treffenden Details fängt sie die Stimmung ein, die wir uns wohl alle wünschen, wenn es auf Weihnachten zu geht.
Andererseits vergisst sie jedoch auch nicht die Hektik, die wohl ebenso dazu gehört. Immerhin hat Henriette das Problem, dass ihr eigentlicher Weihnachtsmann in diesem Jahr seinen Job nicht machen kann.

Die Geschichte ist einfach zu lesen. Es gibt keine Längen, keine Langeweile. Es gibt Spannung und ganz viele Emotionen. Und mehr als einmal habe ich mir vorgestellt, dass diese Geschichte durchaus tauglich wäre in der Weihnachtszeit über den Bildschirm zu flimmern - für die ganze Familie.

Mir hat am besten gefallen, dass Anja Marschall die Geschichte mit einem Augenzwinkern geschrieben hat. Es geht nicht darum, dass alles tatsächlich möglich sein muss, vielmehr geht es um den Zauber der Weihnacht und um den Glauben an die Familie und die Menschlichkeit. Sie schafft es auch, dass sich der Leser die frage stellt, was ist passiert und was war nur ein Traum.
Am Ende des Buches lässt sie dann auch ausgerechnet Manni in kurzen Worten erklären, was Weihnachten wirklich ist. Da musste ich mir dann doch schon ein Tränchen wegdrücken. Anja Marschall schreibt nicht nur für den Kopf sondern ganz besonders fürs Herz.

Die Stadt, in der diese Geschichte spielt, hat übrigens keinen Namen. Aber an so mancher Stelle hatte ich den Verdacht, dass ihre Heimatstadt Hamburg Pate stand; jedenfalls fühlte es sich für mich so an. Mir gefiel das, denn Hamburg im Winter kann eine wundervoll romantische Kulisse sein, denke ich.

Trotz aller Romantik und Feinfühligkeit kommt die Spannung aber keineswegs zu kurz. Die Autorin spannt immer wieder Bögen, die einfach Spaß machen. Und auch, wenn ich etwa zur Hälfte des Buches meinen Verdacht in Bezug auf Lenas Weihnachtswunsch bestätigt sah, ist es herrlich zu lesen, wie sich alle Handlungsstränge am Ende auflösen und zu einem großen Happy End führen. Toll!

Fazit:
Eine Geschichte mit und fürs Herz und mit einer riesigen Portion Humor erzählt. Auch wer Weihnachten vielleicht nicht so richtig mag, wird an dieser Geschichte seine Freude haben - Weihnachtsliebhaber auf jeden Fall. Es soll ja doch Weihnachtswunder geben… 5 von 5 Sternen.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.12.2020

Nichts für schwache Nerven

Im Lautlosen
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Das Buch:
Es handelt sich hier um den ersten Band aus der Reihe Leise Helden, obwohl das Buch zeitlich betrachtet nach “Die verstummte Liebe” - dem 3. Band der Reihe - angesiedelt ist. In dieser Geschichte ...

Das Buch:
Es handelt sich hier um den ersten Band aus der Reihe Leise Helden, obwohl das Buch zeitlich betrachtet nach “Die verstummte Liebe” - dem 3. Band der Reihe - angesiedelt ist. In dieser Geschichte widmet sich die Autorin einem der grausamsten Verbrechen des 2. Weltkrieges - der (Kinder-) Euthanasie - und zeigt auf, dass es Menschen gab, die ohne Aufhebens und oftmals ohne Rücksicht auf Konsequenzen im Stillen halfen.

Worum geht’s?
Richard und Paula lernen sich bei einer Vorlesung in der Universität kennen und es dauert nicht lange, bis sie sich zueinander hingezogen fühlen. Beide streben an Psychiater zu werden - er, weil schreckliche Behandlungen seinen Bruder das Leben kosteten, sie, weil bereits ihr Vater Psychiater ist. Während Richard nach dem Studium tatsächlich eine Stelle als Psychiater bekommt, arbeitet Paula im Kinderkrankenhaus. Bereits vor dem 2. Weltkrieg werden Stimmen laut, dass sogenannte Irre und Behinderte kein lebenswertes Leben hätten und man ihnen den Gnadentod gewähren sollte. Während des Krieges verschärft sich diese Situation und als Richard erfährt, dass seine ehemaligen Patienten umgebracht wurden, nachdem er die Meldebögen ordnungsgemäß ausfüllte, erstellt er fortan falsche Gutachten um weitere Menschen vor der grausamen Euthansie zu bewahren. Leider geht das nicht lange gut…

Charaktere:
In diesem Roman stehen Richard und Paula im Mittelpunkt. Von Anfang an sind sie Sympathieträger. Während sie sich vor dem Krieg gegen die üblichen Anfeindungen wegen Herkunft und Geschlecht behaupten müssen, wird es nach der Machtergreifung der Nazis zusehends gefährlicher eine menschenfreundliche Einstellung zu haben. Besonders schlimm wird es für die beiden, als ihr Sohn Georg taub zur Welt kommt und somit ebenfalls zum Ziel des verbrecherischen Systems wird. Der Leser leidet, hofft und bangt mit der Familie. Als Richard mit seinen falschen Gutachten auffliegt, kann er zwar mithilfe seines besten Freundes Fritz das Schlimmste vermeiden, an die Front wird er dennoch eingezogen. Und nun ist es an Paula die Familie - und ganz besonders Georg - zu beschützen. Melanie Metzenthin zeigt am Beispiel dieser Familie beeindruckend, wie grausam dieser Krieg wirklich war, was es bedeutete in den Bombennächten von Hamburg alles zu verlieren, sich Verbrechern in Arztkitteln gegenüber zu sehen, hilflos zu sein, weil man kaum Rechte hatte und wie wichtig es war, eine gute Familie und Freunde zu haben, auf die man sich verlassen kann.

Einer dieser Freunde ist Fritz Ellerweg. Selbst an die Front eingezogen schafft er es, seinen besten Freund zu sich ins Nordafrikakorps zu holen und ihn damit vor einem Einsatz an der Ostfront zu bewahren. Richard und Fritz sind beste Freunde und das spürt man beim lesen sehr deutlich. Obwohl es ihnen selbst nicht gut geht in diesen furchtbaren Zeiten sind sie für den anderen da. Vor dem Krieg lernt der Leser beide Männer als humorvolle, kluge Familienmenschen kennen, denen niemand etwas schlechtes wünscht. Vielleicht ist gerade das der Grund, weshalb beide Schicksale sich so ungerecht anfühlen.

Demgegenüber stellt die Autorin genauso authentisch ihre Antagonisten dar. So hat es Richard mit einem gewissen Dr. Krüger zu tun, der auch Richards Sohn umbringen lassen will. Durch das System des 3. Reiches unterstützt fällt es Krüger ausgesprochen leicht, einerseits Richard auffliegen zu lassen und ihm andererseits das Leben in Bezug auf Georg besonders schwer zu machen. Auch hier ist es wieder diesen leisen Helden zu verdanken, dass Georg diesem Schicksal entgehen kann. Dr. Krüger war für mich von Anfang an der Unsympath überhaupt, ein Monster. Bereits vor dem Krieg war er ein Widerling mit dem man besser nichts zu tun haben wollte.

Das Besondere an den Charakteren der Autorin ist, dass sie oftmals einen oder mehrere ganz reale, historische Paten haben. Das macht sie aus meiner Sicht besonders authentisch und die Geschichte besonders schockierend. Es fällt dem Leser nicht schwer gut und böse zu unterscheiden und selbst wenn wir die Geschichte des 2. Weltkrieges schon in- und auswendig kennen, so sind es diese ganz persönlichen Schicksale ihrer Figuren, die dem Leser die gesamte Grausamkeit dieser Zeit entgegenschleudern.

Schreibstil:
Wie immer schreibt Melanie Metzenthin überaus anschaulich und lebendig. Die Seiten fliegen einfach dahin und man taucht in die Geschichte ein. Anfangs führt sie ihre Figuren in einer schönen, vor allem ruhigen Zeit ein und beinahe schleichend beginnen sich die Schicksale vor ihnen aufzutürmen. Das faszinierende ist, dass man sich irgendwann selbst ertappt, dass man diesen schleichenden Prozess gar nicht bemerkt. Man schüttelt hier und da ungläubig den Kopf, lässt sich aber von der Geschichte weiter tragen. Wenn man aber nach ein paar Kapiteln zurück denkt, stellt man fest, dass da ja doch so einige Andeutungen waren. Es gelingt der Autorin dem Leser zu demonstrieren, wie es wohl gewesen sein muss; warum die Menschen nicht daran glaubten, dass Hitler gefährlich sein könnte.

Auch ihrem Hamburg misst die Autorin viel Aufmerksamkeit bei. Dabei bleibt sie aber dezent genug um nicht aufdringlich zu sein, ist aber detailreich genug um dem Leser die Schönheit dieser Stadt zu zeigen - und später leider auch die furchtbare Ruinenwelt. Immer wieder fängt sie mich mit den Beschreibungen des alten Hamburg ein - vor allem deshalb, weil ich weiß, dass sie sehr akribisch bei ihren Recherchen dazu ist.

Ein ebenfalls nicht unwesentlicher Punkt ist der, dass Liebesgeschichten bei Melanie Metzenthin nicht kitschig sind. Ja, die Protagonisten lieben sich, das tun sie auch innig und überwältigend, aber niemals steht Gefühlsduselei im Vordergrund. Es sind ihre Taten füreinander, die diese Liebe auszeichnen.

Historische Hintergründe:
In einem sehr interessanten und recht ausführlichen Nachwort erklärt die Autorin viele Hintergründe ganz sachlich. Es lohnt sich unbedingt auch dieses zu lesen, denn nicht zuletzt erklärt sie hier, welche historische Person für welche fiktive Figur Pate gestanden hat.

Die historischen Fakten sind recherchierbar. Man könnte nun sagen… ja, der 2. Weltkrieg wurde schon so oft thematisiert. Ja, wurde er. Aber Melanie Metzenthin tun das auf eine ganz besondere Art und Weise. Würde so Geschichtsunterricht gemacht, es blieben keine Fragen offen…

Fazit:
Ein weiterer großartiger Roman aus der Feder von Melanie Metzenthin. Nicht nur Hamburgliebhaber, denen die Geschichte dieser Stadt am Herzen liegt, sind hier richtig. Diese Geschicht bewegt! Sie kann niemanden kalt lassen. Großartig geschrieben, brillant recherchiert, aber keineswegs etwas für schwache Nerven! 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 21.12.2020

Wer ist Helen Mitchell?

Die verstummte Liebe
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Das Buch:
Mit diesem Buch legt die Autorin die Vorgeschichte zu “Im Lautlosen” und “Die Stimmlosen” vor. Ausgelöst durch Stimmen ihrer Leserschaft wagte sie das Experiment zu zeigen, warum Helen Mitchell ...

Das Buch:
Mit diesem Buch legt die Autorin die Vorgeschichte zu “Im Lautlosen” und “Die Stimmlosen” vor. Ausgelöst durch Stimmen ihrer Leserschaft wagte sie das Experiment zu zeigen, warum Helen Mitchell zu der Frau wurde, die sie am Ende des 2. Weltkriegs ist. Auch ohne Kenntnis der beiden anderen Bücher, die zeitlich betrachtet parallel bzw. nach diesem spielen, ist dieses Buch zu lesen. Thematisch ist das Buch in 2 Teile aufgeteilt. Die Zeit vor dem ersten Weltkrieg und jene nach dessen Ausbruch. Für mich war es die helle und die dunkle Zeit.

Worum geht’s?
Helen Mandeville soll nach dem Wunsch ihres Vaters den reichen Juristen James Mitchell heiraten, zu dem sich Helen aber überhaupt nicht hingezogen fühlt. Auf einer Europareise lernt sie in Berlin den jungen Ludwig Ellerweg kennen, der ihr Herz im Sturm erobert. Selbst noch nicht volljährig plant sie mit ihm ihre Flucht aus England nach Deutschland und setzt diese nach ihrem 21. Geburtstag in die Tat um. Glückliche Jahre folgen, ihr Sohn wird geboren, doch dann kommt der erste Weltkrieg und dieser ändert alles…

Die Charaktere:
Helen Mandeville ist bereits als Kind überaus aufgeweckt und liebenswert. Sie ist intelligent, spricht mehrere Sprachen fließend und wächst behütet auf. Einzig die Verbindung zu ihrer Mutter ist stets frostig. Catherine Mandeville hält Bildung für Töchter für völlig überflüssig und versucht Helen immer wieder in ein Korsett von Konventionen zu stecken.
Ich mochte Helen sofort, konnte herzlich über ihre schnippischen Bemerkungen lachen, wenn sie James vorführen wollte, dass sie nicht die passende Ehefrau für ihn ist. Der Autorin gelingt es bereits in den ersten Kapiteln alle Sympathien bei Helen zu bündeln, man wünscht ihr einfach, dass sie nicht diesen Mann heiraten muss, der sie so gar nicht für voll zu nehmen scheint und der mir immer wieder die Frage aufdrängte, warum er Helen überhaupt heiraten will.
Helen Mandeville flieht 21jährig allein und ohne die Möglichkeit eines Rückwegs nach Deutschland zu ihrer großen Liebe Ludwig. Es ist wirklich beeindruckend zu lesen, wozu Liebe fähig ist. Nicht nur, dass sie ihre Heimat hinter sich lässt, sie verlässt gleichzeitig auch ihren Stand und darf nicht darauf hoffen, dass sie jemals wieder zurück kann.

Nachdem Helen zu einem ungünstigen Zeitpunkt noch einmal nach England reist, muss sie einsehen, dass ein Rückweg nach Deutschland zu ihrer Familie ob der politischen Lage nicht so ohne weiteres möglich ist. Mit dem Mut einer liebenden Mutter und Ehefrau versucht sie auch auf illegalen Wegen zurückzukehren. In dieser Situation entpuppt sich James als wirklicher Freund. Einige Entscheidungen, die Helen mit ihm fällt, wird sie später aber bitterlich bereuen.

Melanie Metzenthin beschreibt an der Figur der Helen sehr eindrucksvoll, wohin es führen kann, wenn sich ein Mensch über viele Jahre mit der eigenen Schuld konfrontiert sieht. Helen versinkt in Depressionen, kann ihren zweiten Sohn nicht lieben und behandelt ihn eher ungerecht, weil sie ihm unbewusst die Schuld an ihrem Schicksal aufbürdet. Wer Helen nur als die unzufriedene alte Frau kennt, als die ihr Erstgeborener sie wiedertreffen wird, kann hier nachlesen, warum es dazu kam. Auf mich wirkt Helens Leben sehr authentisch. Ich kann mitfühlen, woher ihre Depressionen und ihre Unzufriedenheit kommen. Die Autorin schafft es sicher, dem Leser ihre Helen zu zeigen und so Verständnis für ihre Verhaltensweisen zu erzeugen.

James Mitchell - gut aussehend und ambitioniert, aber auch ziemlich überheblich am Anfang - gelingt es über die Jahre sich selbst zu reflektieren. Es stellt sich heraus, dass er Helen wirklich liebt. Er ist der Charakter, der am wandelbarsten in der Geschichte ist. Einerseits liebevoll, andererseits hart. Das Leben mit ihm kann nur schwierig sein. Für seine Kinder ist er der Held, für Helen der Auslöser ihres Unglücks. Anfänglich konnte ich ihn so gar nicht leiden. Er ging mir mit seiner Überheblichkeit gehörig auf die Nerven, aber später hatte ich das Gefühl, dass ich ihn mögen könnte… Bis der Moment kam, in dem er Helen drohte. Damit hat er viel von der Sympathie wieder eingebüst. James ist eine Figur, die den Leser emotional durchschüttelt.

Ludwig Ellerweg ist Helens große Liebe und das von Anfang an. Seine humorvolle Art nimmt nicht nur Helen sondern auch den Leser gefangen. Man muss man ihn mögen und das ändert sich auch nicht, als er sich durch verschiedene Schicksalsschläge verändert. Mit ihm ist Helen glücklich, für ihn ist sie bereit Abstriche zu machen, zu verzichten. Umso tragischer fühlt es sich an, als Helen nicht zu ihm und ihrem Sohn zurückkehren kann. Mit dieser Figur hat Melanie Metzenthin neben Helen den absoluten Sympathieträger entworfen, dem man im Grunde immer nur Glück wünscht.

Auch alle anderen Figuren schreibt die Autorin absolut authentisch! Das Leben vor, während und zwischen den Kriegen ist alles andere als immer leicht. Durch gründliche Recherche in dieser Zeit gelingt es der Autorin ihren Figuren ein Leben einzuhauchen, das in diese Zeiten passt.

Schreibstil:
Melanie Metzenthin hat einen sehr leicht zu lesenden Schreibstil. Bereits nach den ersten Seiten taucht der Leser in die Geschichte ein. Es braucht keine Zeit des Warmwerdens, sondern es geht sofort mit der Geschichte los. In diesem Fall schreibt sie ihre Geschichte als Rückblick der alten Helen auf ihr Leben. Das war neu für mich, gefiel mir aber sehr gut!

Die Autorin projiziert ganz am Anfang des Buches einige Fragen, die den Leser bis weit in die Geschichte begleiten z.B. die Frage, wie aus Helen Mandeville Helen Mitchell wurde, deren Sohn Fritz Ellerweg heißt. Sie nimmt den Leser mit auf eine Reise und lässt ihn nicht mehr los. Darüber hinaus ist am Ende nicht alles sonnenklar - insbesondere dann, wenn man die beiden anderen Bücher nicht kennt. Melanie Metzenthin macht neugierig darauf, wie es an anderer Stelle weiterging.

Die Geschichte ist geprägt von den Handlungen der Charaktere. Es gibt keine Längen, keine umständlichen Verschnörkelungen. Es ist alles stets nachvollziehbar. Es macht Spaß sich auf Helen, Ludwig und James einzulassen, denn sie erzählen dem Leser ihre Geschichte des Lebens.

Historischer Hintergrund:
Wie in allen ihren historischen Romanen liefert die Autorin ein Nachwort, in dem sie darstellt, was reale Geschichte und was Fiktion ist. Alle Fakten sind wie stets recherchierbar und ausgesprochen gründlich zusammengetragen.

Fazit:
Melanie Metzenthin ist hier ein weiteres großartiges Werk gelungen, welches einerseits Fragen aufwerfen kann oder anderen Lesern Fragen beantwortet. Es ist wie das Puzzlestück eines großen Ganzen. Ich kann das Buch wärmstens empfehlen. 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 14.12.2020

Der Buchtitel ist Programm!

Whisky mit Mord
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Das Buch:
Eine Freundin brachte mir das Buch mit den Worten: “Hier das ist doch was für Dich, weil Du Whisky magst”. Vermutlich wäre ich sonst wohl nicht über das Buch gestolpert. Es handelt sich hierbei ...

Das Buch:
Eine Freundin brachte mir das Buch mit den Worten: “Hier das ist doch was für Dich, weil Du Whisky magst”. Vermutlich wäre ich sonst wohl nicht über das Buch gestolpert. Es handelt sich hierbei um den ersten Teil der Abigail Logan Reihe, der als Cosy Crime einsortiert werden kann.

Worum geht's?
Die Fotojournalistin Abigail Logan erbt von ihrem Onkel Ben eine Whisky-Destille in den schottischen Highlands. Abgesehen davon, dass sie von diesem Geschäft gar keine Ahnung hat, hat sie auch überhaupt keine Ambitionen dorthin zu ziehen. Was also sollte sie mit der Destille anstellen? Um aber ihren Onkel zu beerdigen und die Destille möglichst schnell zu verkaufen, reist sie dennoch in das kleine Örtchen Balfour, in dem sie alles andere als willkommen ist. Und als sei das noch nicht genug, dauert es nicht lange, bis ein Angestellter der Destille tot aus einem der Gärbottiche gezogen wird.

Die Charaktere:
Abigail ist eine junge Frau, die vieles in ihrem Leben gesehen hat und harte Schicksalsschläge hinnehmen musste. In ihrem Beruf als Fotojournalistin war sie in den schlimmsten Gegenden der Welt unterwegs. Für ihre Fotos hat sie etliche Preise bekommen, aber dennoch ist sie tief drinnen ein verletzlicher Mensch geblieben, den man gern haben muss. Die Autorin webt Abis Vergangenheit geschickt in die Geschichte ein, sodass man sie im Verlauf der Geschichte immer besser kennenlernt. Mir gefiel am besten ihr Ritual mit den 3 Wörtern. Aus dem Bauch heraus beschreibt sie Menschen mit den ersten 3 Wörtern, die ihr dazu einfallen. Sie hat gelernt, dass es einen Grund hat, dass Abi bestimmte Worte zu Menschen einfallen, und die Autorin beweist dies auch immer wieder.

Nur zu Grant McEwan fehlen ihr die Worte. Bereits ganz am Anfang macht Abi sich Gedanken darüber, warum das so sein könnte. Natürlich ahnt der Leser recht schnell, woran das liegt, dennoch ist der Verlauf hin zur Verbindung der beiden spannend und nimmt durch Misstrauen und immer neue Wendungen nicht den geraden Weg. Die Geschichte von Abi und Grant ist keineswegs die klassische Liebesromanze und nimmt vor allem nur einen sehr kleinen Teil ein, selbst wenn sie immer präsent zu sein scheint.

Auch über den toten Ben erfährt der Leser so einiges, obwohl er eigentlich nur noch in der Erinnerung der Menschen existiert. Jedoch waren seine Handlungen zu Lebzeiten so nachhaltig, dass irgendwie jeder in Balfour Abi eine Geschichte zu Ben erzählen kann, was ihn wieder lebendig werden lässt.

Sämtliche Figuren erscheinen beim Lesen stets authentisch. Wer einmal in Schottland war und kleine Dörfer dort kennt, kann sich mit Sicherheit in dieses kleine Dorf hinein versetzen. Mir fiel das gar nicht schwer. Und auch die Destille ist wunderbar beschrieben, sodass man sich diese ganz leicht vorstellen kann.

Schreibstil:
Die Autorin schreibt absolut flüssig und leicht lesbar. Mir gefiel besonders die Mischung aus Whisky-Schulung und Ermittlung in einem Mordfall. Natürlich - wie bei einem Cosy üblich - sind die Ermittlungen nicht ganz so hart, wie bei einem Thriller. Dennoch bleibt die Geschichte glaubwürdig und ist nicht zu weit hergeholt. Die Autorin verliert sich nicht in unnötigen Details. Zwar beschreibt sie die Örtlichkeit recht ausführlich, streut dies aber mehr in die Handlung ein. Außerdem lernt der Leser auch die Destille quasi wie nebenbei kennen, die Arbeiten, die dort verrichtet werden, deren Abläufe und sogar wie die Verzollung funktioniert. Für mich klang das alles stimmig und passte zu den Berichten bei einer Führung durch eine Destille.

Auch die Wendung am Ende der Geschichte ist spannend. Ich jedenfalls hätte damit nicht gerechnet. Es mag sein, dass die Auflösung etwas abrupt kommt und meiner Ansicht nach hätte man mangels Hinweisen auch nicht von selbst darauf kommen können, aber gerade diese unvorhergesehene Wende macht es letztlich wieder spannend.

Die Autorin schreibt so, dass der geneigte Mitermittler die ganze Zeit miträtseln kann. Ich allerdings habe mich auch dabei erwischt, wie ich mich von den herzigen Geschichten der Dorfbewohner bisweilen habe einlullen lassen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die Schotten tatsächlich solche tollen Geschichten erzählen können und im Nachhinein habe ich mich gefragt, ob die Autorin damit genau dieses Einlullen erreichen wollte, sodass der Leser von der eigentlichen Fährte wieder abkommt. Falls das so ist, gelingt es ihr perfekt.

Fazit:
Eine leichte Unterhaltung im Whisky-Milieu, die Lust auf die Nachfolger macht. Wer einen richtig harten Krimi mit straighten Ermittlern erwartet, ist hier falsch. Einen Hang zu den schottischen Highlands ist durchaus ratsam um dieses Buch toll zu finden. Mir hat es Spaß gemacht. 4 von 5 Sternen.