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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.01.2020

Nur ein Entwurf

Eine fast perfekte Welt
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Milena Agus‘ gerade einmal 200 Seiten starker Roman lässt den Leser ziemlich ratlos zurück. Einerseits bietet er kurze, prägnante Szenen, die die rauhe, archetypische Lebenswelt Sardiniens wuchtig und ...

Milena Agus‘ gerade einmal 200 Seiten starker Roman lässt den Leser ziemlich ratlos zurück. Einerseits bietet er kurze, prägnante Szenen, die die rauhe, archetypische Lebenswelt Sardiniens wuchtig und eindringlich vor Augen stellen. Die lapidare Schilderung des Selbstmordes von Esters Sohn ist hierfür ein treffendes Beispiel. Andererseits bietet der geringe Umfang nicht den nötigen Raum, Figuren wirklich psychologisch schlüssig zu entwickeln. Die zahlreichen Charaktere bleiben skizzenhaft, sind häufig nur Sprachrohr für die unterschiedlichsten Standpunkte der Autorin. Gerade zum Schluss hin verkommt der Text zu einer probaten Stichwortsammlung von allerlei dem Zeitgeist geschuldeten Einstellungen und Meinungen. Sprachlich wirkt der Roman unfertig, kaum über einen ersten Entwurf hinausgelangend. Alles in allem ein eher enttäuschendes Leseerlebnis, zumal die italienische Literatur ansonsten viele Beispiele packender Gestaltungskraft bereithält.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.12.2019

Unser täglich Brot ...

Brot backen
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Deutschland, Brotland! Das ist gängige Überzeugung. Eines besseren wird belehrt, wer Brot tatsächlich als Grundnahrungsmittel betrachtet. Entweder ein Vermögen für zugegeben schmackhaftes Bäckerbrot ausgeben, ...

Deutschland, Brotland! Das ist gängige Überzeugung. Eines besseren wird belehrt, wer Brot tatsächlich als Grundnahrungsmittel betrachtet. Entweder ein Vermögen für zugegeben schmackhaftes Bäckerbrot ausgeben, oder beim Discounter mit Pappmaché abgespeist werden. Selber backen ist das Geheimrezept gegen den Frust, und dieses Büchlein der perfekte Weg, vom Einsteiger zum Eigenbrötler zu werden. Erstes großes Plus: der Neuling wird nicht gleich erschlagen mit der ganzen Vielfalt der Möglichkeiten. Die drei angebotenen Kategorien sind genug, den täglichen Speiseplan abwechslungsreich zu gestalten: Hefebrote sind vergleichsweise einfach zubereitet, das Backen mit Sauerteig stellt im Vergleich dazu bereits eine kleine Herausforderung dar, und Brötchen und süße Brote vermögen dem Leben Glanzlichter aufzusetzen. Prima Idee: die informativen Buchklappen! Grundregeln für die Teigherstellung, sinnvolles, keinesfalls überkandideltes Handwerkszeug, ein Überblick über unterschiedliche Mehlsorten, verschiedene Geschmackskombinationen - ein Handgriff, und ohne wildes Blättern stehen die Basisinformationen zur Verfügung. Sehr pfiffig die Verlinkung von Gutenberg-Galaxie und Netztechnologie: auch die junge Generation wird verführt, dieser alten Kulturtechnik des Brotbackens einen Platz im Alltagsleben einzuräumen.

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Veröffentlicht am 15.12.2019

Tolle Knolle

Kartoffeln kreativ
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Kartoffeln, ein großartiges Grundnahrungsmittel - deutscher geht‘s wirklich nicht! Dass diese tolle Knolle sehr häufig ein Schattendasein auf unserem Speiseplan spielt, ist vollkommen ungerechtfertigt, ...

Kartoffeln, ein großartiges Grundnahrungsmittel - deutscher geht‘s wirklich nicht! Dass diese tolle Knolle sehr häufig ein Schattendasein auf unserem Speiseplan spielt, ist vollkommen ungerechtfertigt, wie dieses alltagstaugliche kleine Kochbuch beweist. Traditionelle Nahrungsmittel können neu und überraschend interpretiert werden, dieser GU-Titel macht es deutlich. Prima Idee: die informativen Buchklappen! Grundregeln für’s Garen der Kartoffeln, sinnvolles, keinesfalls überkandideltes Handwerkszeug, Sortenkunde, verschiedene Kombinationsmöglichkeiten - ein Handgriff, und ohne wildes Blättern stehen die Basisinformationen zur Verfügung. Sehr pfiffig die Kapiteleinteilung: Topf, Pfanne, Schüssel, Ofen - diese Kategorien liefern eine erste Orientierung und erleichtern die Entscheidung für ein Rezept erheblich. Es kommt also auf einen Versuch an, diesem Eckpfeiler unserer deutschen Küche einmal wieder eine Chance zu geben: Verschafft uns eine schmackhafte Kartoffelmahlzeit nicht ein wohliges Gefühl der Sättigung? Andere Rezepte bieten Pep und Raffinesse und bieten gegenüber den ebenfalls ins Bewusstsein gerückten Klassikern eine willkommene Abwechslung. Es ist also wirklich für jeden Geschmack etwas dabei, ohne dass Zutaten und Zubereitung unüberwindliche Hürden darstellen.

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Veröffentlicht am 15.11.2019

Polit-Thriller

Alles, was wir sind
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Doktor Schiwago, wie der Titel von Psternaks Hauptwerk in der deutschen Übersetzung lautet, ist als Buch ein Welterfolg, moderne Weltliteratur - ergreifend, spannend, ein historisches Panorama aus der ...

Doktor Schiwago, wie der Titel von Psternaks Hauptwerk in der deutschen Übersetzung lautet, ist als Buch ein Welterfolg, moderne Weltliteratur - ergreifend, spannend, ein historisches Panorama aus der Zeit der Revolution, als Film ein Klassiker der Cineasten. Der jungen Autorin Lara Prescott ist es zu danken, dass der Blick jetzt auch auf die Hintergründe der Veröffentlichung gelenkt wird. Mehrere Aspekte kommen in ihrem Debütroman zum Tragen: mehrere Liebesgeschichten sind mit dem Geschehen verwoben, am ergreifendsten die Beziehung zwischen dem Dichter Psternak und seiner langjährigen Geliebten. Daneben erhält der Leser Einblick in Willkür und Terror des Sowjet-Regimes. Millieuschilderungen aus verschiedenen Lebensbereichen diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs bereichern das Bild. Doch atemlos macht die Lektüre des Polit-Thrillers, der letztlich auch zur Verbreitung von Pasternaks Werk im Land seiner Entstehung führte. Schon der Auftakt ein Meisterstück: ein geschickt komponierter Romananfang, aufgebaut in strengem Antagonismus, in Nuancen der Verschiebung. Die beiden Schauplätze jeweils in den Hauptstädten der beiden Großmächte lokalisiert, Washington und Moskau. Die Atmosphäre in beiden Kapiteln aufgeladen durch die Ansiedelung im Geheimdienstmilieu. Zwei weibliche Personen, die nurmehr Atome der Bedeutungslosigkeit repräsentieren, austauschbare Schreibkraft die eine, Opfer des Systems die andere, die im gefürchteten Labyrinth der Lublianka verschwindet, der Willkür des Verhörs ausgeliefert. Ärgerlich nur der eher dümmlich-nichtssagende deutsche Titel - der lässt eher eine anspruchslose Schmonzette vermuten!

Veröffentlicht am 27.10.2019

Viktorianischer Schauerroman - parodiert

Die Ewigkeit in einem Glas
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Was für eine vergnügliche Melange: das schauerliche London des 19. Jahrhunderts mit Laster und Schmutz, eine gute Portion Spannung, die aus Bridies - Verzeihung, Mrs. Devines - beruflicher Tätigkeit erwächst, ...

Was für eine vergnügliche Melange: das schauerliche London des 19. Jahrhunderts mit Laster und Schmutz, eine gute Portion Spannung, die aus Bridies - Verzeihung, Mrs. Devines - beruflicher Tätigkeit erwächst, da sind die Figuren, die allesamt einem Tollhaus entsprungen scheinen, da ist dieser kräftige Hauch des Mysteriösen, Übersinnlichen, verkörpert durch das unirdische kleine Mädchen. Großartig, wie Jess Kidd den Erzählfaden immer wieder neu verwirbelt. Die Zeitsprünge erzeugen einen stringenten Spannungsbogen, der das Handlungsgefüge kontinuierlich vervollständigt. Behaglich-abstrus-pittoresk-verquere Lektürestunden erwarten den Leser. Lustvoll spielt die Autorin mit allen Versatzstücken, die uns aus dem originalen Schauerroman des Viktorianischen Zeitalters vertraut sind, und parodiert das Genre meisterlich!