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Veröffentlicht am 30.07.2022

Kommen, Gehen, Sterben, Leben

Für diesen Sommer
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Vom Cover her würde ich meinen, ich habe hier einen leichten beschwingten Roman in der Hand. Eine sanfte Sommerlektüre für mal so zwischendurch, wenn mir die Wärme der Sonne nicht viel Lust zum Denken ...

Vom Cover her würde ich meinen, ich habe hier einen leichten beschwingten Roman in der Hand. Eine sanfte Sommerlektüre für mal so zwischendurch, wenn mir die Wärme der Sonne nicht viel Lust zum Denken macht.
Tja, aber hinter dem Cover steckt eine tiefer greifende Geschichte mit vielen, nicht leichten, Themen und Charakteren.

Es wird die Geschichte der Familie Roth erzählt. Vater Heinrich, Mutter Johanne und die beiden Töchter Monika und Franziska. Heinrich ist mittlerweile 84 Jahre und eine fortschreitende Erkrankung der Nerven erschwert ihm den Alltag immer mehr. Eigentlich kümmert sich nach dem Tod von Johanne Monika um ihren Vater, der noch immer in dem Haus lebt, in dem auch die Mädchen aufgewachsen sind. Dann braucht Monika selbst eine Auszeit und so steht Franziska vor dem Haus und neben ihrem Vater.

Den Schreibstil von Gisa Klönne zu beurteilen, fällt mir nicht sehr leicht. Denn zum einen schreibt sie sehr lebendig, so dass ich vor allem die Hauptprotagonisten Franziska und Heinrich direkt neben mir sitzen gehabt habe. Teilweise durchwebt auch ein Faden von Poesie ohne Kitsch die Erzählung, was mir gut gefällt.
Gestört haben mich allerdings die manchmal doch heftigen Zeitsprünge. Da hätte ich eine etwas andere Einteilung der Kapitel besser gefunden, vielleicht mit Jahreszahlen oder zumindest Hinweisen auf die Zeit. So hatte ich im Lesen doch den einen oder anderen Ruckler.


Die Autorin greift eine Vielzahl von Themen auf. Politik, in der globalen Welt, aber auch innerhalb einer Familie, Ängste, Krankheiten, Zumutungen, Krieg, Tod, Trauer, Verdrängungen und einiges mehr. Das wird erstaunlicherweise aber nicht zu viel, hat mich aber zum Nachdenken gebracht und auch zum Reflektieren der eigenen familiären Geschichte.

Sehr gern vergebe ich diesem Buch vier Sterne und eine Leseempfehlung für jeden, der einen Roman mit viel authentischem Lebensgefühl schätzt.

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Veröffentlicht am 30.07.2022

Wenn die Lebensreise endet

Die sieben Schalen des Zorns
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Das Buch hat ein schlichtes, aber absolut passendes Cover. Mir gefällt es sehr.

Kurz nachdem ich das Buch bekommen hatte, gab es in meiner Familie einen Todesfall, weshalb ich teilweise nur langsam in ...

Das Buch hat ein schlichtes, aber absolut passendes Cover. Mir gefällt es sehr.

Kurz nachdem ich das Buch bekommen hatte, gab es in meiner Familie einen Todesfall, weshalb ich teilweise nur langsam in dem Buch voran gekommen bin. Das lag allerdings einzig und allein an den Themen: Leben, Sterbehilfe, Tod.

In dem bewegenden Roman gibt es vier Protagonisten. Da ist der fünfzigjährige Allgemeinmediziner Dr. Max Keller, die demente und schwer kranke Tante Maria und ihre Tochter Agnes sowie den Staatsanwalt Jonas.
Während Max mir durchaus sympatisch erscheint, eckt die sehr von Hass erfüllte Agnes bei mir eher an.

Die Geschichte wird in zwei Strängen erzählt, zum einen befinden wir uns in der Gegenwart um das Jahr 2021 und zum anderen in der Vergangenheit der handelnden Personen. Ich finde es als Orientierungshilfe ausgesprochen angenehm, dass der jeweilige Ort und die Zeit vor den Kapiteln angegeben werden.

Das Buch ist relativ sachlich geschrieben, was daran liegen mag, dass der Autor nicht nur Schriftsteller sondern auch Rechtsanwalt ist. So findet auch ein längerer Abschnitt im Gericht statt.
Trotz dieser Sachlichkeit entwickelt sich aber ein Sog, der mich schnell in das Geschehen hinein gezogen hat.

Markus Thiele spricht das schwierige, komlexe und aktuelle Thema des selbstbestimmten Sterbens absolut gelungen an. Er hinterfragt die in Deutschland derzeit geltenden Gesetze und bringt den Leser bzw. die Leserin dazu, sich eine eigene Meinung bilden zu können.

Mich haben die "Sieben Schalen des Zorns" zum einen spannend unterhalten, zum anderen aber auch sehr nachdenklich gemacht.

Gerne empfehle ich mit allen fünf Sternen dieses Buch jedem Menschen, der sich Gedanken um sein eigenes Ableben macht.

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Veröffentlicht am 30.07.2022

Wenn über Wesentliches nicht geredet wird

Was ich nie gesagt habe
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Ich war sehr überrascht, dass es ein weiteres Buch von Susanne Abel über die Kölner Familie Monderath gibt. Wenn es auch durchaus logisch ist, denn wurde in "Stay away from Gretchen" Greta und damit die ...

Ich war sehr überrascht, dass es ein weiteres Buch von Susanne Abel über die Kölner Familie Monderath gibt. Wenn es auch durchaus logisch ist, denn wurde in "Stay away from Gretchen" Greta und damit die Mutter von Tom vorgestellt, geht es nun um seinen Vater Konrad, genannt Conny.
So war ich wirklich gespannt auf "Was ich nie gesagt habe", denn Gretas Geschichte war für mich ein Lesehighlight in 2021.

Das Cover knüpft eine starke Verbindung zwischen den beiden Werken und auch der Untertitel "Gretchens Schicksals Familie" weist darauf hin.

Die Autorin schreibt auch hier in zwei Handlungssträngen, der eine beginnt mit Tom im Jahr 2016 und der andere befasst sich mit der Geschichte von Conny ab Mai 1933. Sie nehmen beide ungefähr den gleichen Umfang ein und ich finde diese Vorgehensweise hier absolut perfekt. In beide Stränge werden historische Ereignisse eingeflochten, was gelungen und gutrecherchiert wirkt.
In der Erzählung um Conny sind das beispielsweise die Reproduktionsmedizin und die Lebensborn-Heime des nationalsozialistischen Systems. In der näheren Gegenwart unter anderem der Absturz einer Boing 747 auf der Pazifikinsel Guam oder der Unfall von Lady Di.

Der Schreibstil von Susanne Abel ist ruhig, die Personen wirken lebendig und man sie sich bildlich vorstellen. War mir im ersten Buch Tom eher als eingebildeter Schnösel herüber gekommen, hat er sich zu seinem Vorteil verändert und nun weiß ich auch, warum die Figur der Jenny erschaffen wurde, die mir eim ersten Teil fast ein wenig überflüssig vorkam.

Die Geschichte von Toms Vater hat mich beeindruckt, die um Tom selbst war auf jeden Fall interessant. Sein Halbbruder Henk van Dongen ist ein netter Charakter, der der Handlung auch ein wenig Humor verpasst.

Man kann das Buch auch ohne Kenntnisse des ersten lesen, wird aber sicher dann neugierig auf Gretchens Erlebnisse werden. Und wenn ich so darüber nachdenke, werde ich wohl auch noch mal ihre Geschichte lesen, weil dann einiges sicher noch runder wird.

Ich vergebe 5 Sterne und empfehle diesen Roman allen, die gerne gut geschriebene, akribisch recherchierte Bücher mögen, die eine fiktive Handlung in historische Gegebenheiten einbinden.

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Veröffentlicht am 30.07.2022

Drahtseilakt

Die Ewigkeit ist ein guter Ort
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Das Cover ist für mich schon ein Hingucker. Eine junge Frau bei einem Drahtseilakt vor dem Himmel. Ja, und in gewisser Weise passt dieses Bild auch zur Geschichte, mehr noch als der Titel "Die Ewigkeit ...

Das Cover ist für mich schon ein Hingucker. Eine junge Frau bei einem Drahtseilakt vor dem Himmel. Ja, und in gewisser Weise passt dieses Bild auch zur Geschichte, mehr noch als der Titel "Die Ewigkeit ist ein guter Ort".

Den Anfang des Buches fand ich humorvoll, und auch nachvollziehbar. Als norddeutsche Seele hat man es nicht unbedingt so mit dem Karneval und empfindet manches dann etwas befremdlich. So wie es der Protagonistin Elke in Köln ergeht, so erging es mir, als ich in Mainz diese fünfte Jahreszeit erleben durfte.
Auch den Ansatz der "Gottdemenz", den die junge Theologin erfährt, ist zunächst einmal ein guter Ausgangspunkt. Elkes direkter Draht, ihre innere Verbindung zu Gott ist plötzlich gekappt und sie hat die Möglichkeit das auch als Chance zu sehen. Wo steht sie? Als Theologin beziehungsweise Seelsorgerin, als Tochter eines Pastors und seiner Frau, als Frau, aber auch als Mensch, der ein schweres Erlebnis der Vergangenheit verdrängt.

Der Schreibstil von Tamar Noort überzeugt mich sehr. Sie formuliert ausgesprochen lebhaft und mit vielen philosophischen Gedanken, wie zum Beispiel auf Seite 41 " Ich war wie ein Brummkreisel, so ein altes Blechding, das sich ausschließlich um sich selbst dreht und dabei niemals von der Stelle kommt."

Die Geschichte wird aus der Sicht der Elke in "Ich-Form" geschrieben. Und das ist vielleicht für mich genau der große Fehler. Ich konnte mich mit dieser in jeder Hinsicht sehr bequemen, egozentrischen, nölenden, sich dahin treibenden Frau so gar nichts anfangen.

In unserem Sprachgebrauch bedeutet die von mir eingangs zitierte Redewendung von einem Drahtseilakt, ein gefährliches oder schwieriges Unterfangen durch zu führen, bei dem der Agierende die Balance zwischen zwei Gegensätzen behalten muss.
Elke kommt in diese Lage, als sie zwischen ihrem Freund Jan und dem Artisten Lukas eine Balance halten müsste.

Am besten gefallen hat mir eigentlich das Papageienweibchen Gertrude, mit großer Klappe und dem Herz am rechten Fleck. Und dann Eva, eine Bekannte aus Elkes Jugendzeit.

Aufgrund dessen, dass ich mit der Protagonistin überhaupt nicht warm geworden bin und ihre Handlungsweise zum ganz großen Teil nicht nachvollziehen konnte, kann ich trotz der wirklich tollen Sprache dem Buch lediglich drei Sterne geben.

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Veröffentlicht am 30.07.2022

Eierlikör - das trinken jetzt alle

Findelmädchen
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Das Cover verrät einiges vom Inhalt des Buches. Die Geschichte spielt in Köln und erzählt von zwei Mädchen.
So ist es dann auch. Das eine Mädchen ist Helga, die zusammen mit ihrem Bruder Jürgen, endlich ...

Das Cover verrät einiges vom Inhalt des Buches. Die Geschichte spielt in Köln und erzählt von zwei Mädchen.
So ist es dann auch. Das eine Mädchen ist Helga, die zusammen mit ihrem Bruder Jürgen, endlich wieder bei dem aus russischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrten Vater in Köln leben kann. Das kleine Mädchen ist Bärbel, ein Besatzerkind. Helga lernt Bärbel während eines Praktikums in einem Waisenhaus kennen.

Das Buch beginnt im Dezember 1954 in Frankreich. Lilly Bernstein schreibt so lebendig und packend, dass ich sofort ins Geschehen hinein gezogen worden bin. Ehrlich gesagt fiel es mir richtig schwer, das Lesen für die normalen Dinge des Alltags weg zu legen.

Die handelnden Personen werden sorgfältig und präzise beschrieben, so habe ich sie direkt vor mir gesehen. Besonders mochte ich die ehrliche Helga, die so sympatisch ist. Abstoßend dagegen war Tante Meta, mit ihrem schroffen Charakter.

Auch die Nachkriegszeit, das Leben als "Besatzerkind", die frauenfeindliche Lage und der Beginn des Wirtschaftswunder wurden gekonnt beschrieben. Hier hat die Autorin gut recherchiert und wohl auch aus Erzählungen ihrer Mutter schöpfen können.

In die gegenwärtige Geschichte von Helga und ihrem Bruder fließen auch immer mal wieder Tagebucheinträge von deren Mutter ein, die verschwunden ist. Das gibt dem Roman viel Spannung. Zudem warten auf die Leserschaft einige Überraschungen und unvorhersehbare Wendungen. So ist das Buch absolut kurzweilig und unterhaltend.

Sehr gern vergebe ich alle fünf Sterne und empfehle das Buch jedem, der emotionale und gut eruierte Unterhaltung schätzt.

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