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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.11.2024

Warum Karl V.?

Reise nach Laredo
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In Reise nach Laredo greift Arno Geiger auf Karl V. als historische Figur zurück und verknüpft die letzten Tage des Kaisers mit einer introspektiven „Reise“ in seine Vergangenheit und innere Zerrissenheit. ...

In Reise nach Laredo greift Arno Geiger auf Karl V. als historische Figur zurück und verknüpft die letzten Tage des Kaisers mit einer introspektiven „Reise“ in seine Vergangenheit und innere Zerrissenheit. Doch der neue Roman scheint nicht das erwartete Niveau zu erreichen, das viele Leserinnen nach Werken wie Unter der Drachenwand oder Der alte König in seinem Exil an Geigers Schreibstil und Erzählkunst schätzen.
Einer der Punkte, an denen sich die Leserschaft scheidet, ist Geigers Hang zur Innerlichkeit und zum eher elegischen Ton. Die Handlung – Karls letzte Reise, begleitet von einem unehelichen Sohn und einer kleinen Gruppe von Fremden – bleibt bewusst vage und fragmentiert. Dabei setzt Geiger nicht auf eine herkömmliche Geschichtsvermittlung, sondern auf eine Reise, die weitgehend nur im Delirium Karls stattfindet und weniger über seine reale Person vermittelt als über seine Zweifel und Erinnerungen. Diese introspektive Ausrichtung wird nicht von allen als ausreichend tragfähig empfunden; die Erzählung mag sprachlich überzeugen, doch inhaltlich wirkt sie bisweilen zäh und bedeutungsschwanger ohne große Erkenntnisse zu bieten. Viele philosophische Fragen bleiben unzureichend beleuchtet, und manche finden die Grundprämisse – dass Karl gerade am Lebensende auf elementare Fragen wie Liebe und Freiheit Antworten finden sollte – schwer nachvollziehbar und ein wenig weltfremd.
Auch die Spannungsführung in der eigentlichen Reisegeschichte kann sich nicht recht entfalten. Episoden, wie der längere Aufenthalt in einem Wirtshaus oder die Begegnung mit Räubern, kommen ohne den erzählerischen Bogen aus, der Geigers frühere Romane so stark machte. Statt eine stringente Geschichte über Karls Lebenserkenntnisse zu erzählen, lässt Geiger einzelne Figuren auftreten, die der Leserschaft kaum ans Herz wachsen. Die Beziehung zwischen Karl und seinem Sohn Geronimo bleibt oberflächlich und wird nicht weiterentwickelt – zumal grundlegende Informationen zur historischen Figur Karls nur beiläufig vorkommen und für weniger geschichtskundige Leser
innen eher Fragen aufwerfen.
Für Geigers treue Leser*innen ist dieser Roman möglicherweise ein zäher Ritt durch eine wenig aufschlussreiche Meditation über das Sterben. Wer auf poetische und atmosphärische Passagen Wert legt, wird sie hier durchaus finden, aber die Erwartung, dass Reise nach Laredo existenzielle Fragen in epischer Form behandelt, bleibt wohl unerfüllt. So bewegt sich der Roman im Spannungsfeld zwischen ästhetischem Erlebnis und erzählerischer Dürftigkeit, was ein uneingeschränktes Lesevergnügen erschwert.
Insgesamt ist Reise nach Laredo ein ambitioniertes, aber schwer zugängliches Werk, das sich für jene eignet, die Geigers tiefgehenden Stil schätzen, dabei aber auf klassische Spannung oder eine dynamische Handlung verzichten können.

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Veröffentlicht am 07.11.2024

Glückliche Frauen?

Die Blüten der Träume
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Mit ihrem Roman Die Blüten von Triest entführt Charlotty Lyne ihre Leserinnen in die Welt des frühen 20. Jahrhunderts, wo die gesellschaftlichen Zwänge und Klassenunterschiede das Leben der Figuren maßgeblich ...

Mit ihrem Roman Die Blüten von Triest entführt Charlotty Lyne ihre Leserinnen in die Welt des frühen 20. Jahrhunderts, wo die gesellschaftlichen Zwänge und Klassenunterschiede das Leben der Figuren maßgeblich prägen. Im Zentrum steht Viktoria Liebenfels, ein junges Mädchen aus gutem Hause, das in Wien davon träumt, durch die Heirat mit ihrem adeligen Geliebten Rudolf von Auersperg in die Aristokratie aufzusteigen. Doch Vickys Wünsche nach gesellschaftlichem Aufstieg und einem romantischen Leben geraten ins Wanken, als ihre verbotene Beziehung auffliegt und sie zum Gespött der Wiener Gesellschaft wird.
Von ihren enttäuschten Eltern fallen gelassen, flüchtet sie sich in die Hafenstadt Triest, in die vertraute Pension Hortis, wo sie in Kindertagen glückliche Sommer verbracht hat. Doch dort erwartet sie eine unerwartete Wendung: Onkel Schränkchen, der charmante, etwas skurrile Pensionswirt, macht ihr einen Heiratsantrag, der sie in ihrer Notlage überraschterweise zu einem Ja bewegt. Doch in Triest ist auch der charismatische Winzer Fabrizio Ascoli, den Vicky bei einem ihrer Besuche kennenlernte und der trotz seiner eigenen Sorgen – ein verschuldetes Weingut und familiäre Schwierigkeiten – ihre Gedanken nicht loslässt. Während Vicky in dieser turbulenten Zeit versucht, ihren Platz und ihre Unabhängigkeit zu finden, kreuzen sich ihre und Fabrizios Wege immer wieder, und die Chemie zwischen ihnen bleibt beständig.
Charlotty Lyne erzählt die Geschichte abwechslungsreich aus der Perspektive der Hauptfiguren und verleiht ihnen damit eine besondere Tiefe. Diese Erzählweise ermöglicht es, Vickys Entwicklung zu einer mutigen Frau nachzuvollziehen und zugleich die Herausforderungen der damaligen Zeit zu spüren. Besonders beeindruckend ist, wie Lyne den damaligen Umgang der Gesellschaft mit Frauen und deren eingeschränkte Selbstbestimmung einfängt. Gleichzeitig lockert die Autorin die düsteren Themen mit einer humorvollen Leichtigkeit auf, indem sie liebevoll überzeichnete Nebenfiguren und humorvolle Spitznamen wie "Onkel Schränkchen" oder Vergleiche und Anekdoten einfließen lässt, die die Atmosphäre der Pension lebendig machen.
Obwohl sich der Roman teilweise vorhersehbar entwickelt, bleibt er bis zum Ende unterhaltsam. Die Dynamik zwischen den Figuren und die geschickte Verflechtung der einzelnen Handlungsstränge sorgen für einige überraschende Momente. Leser
innen dürfen auf die Fortsetzung gespannt sein, da Die Blüten von Triest mit einem offenen Ende abschließt und einige Schicksale noch ungewiss bleiben.
Alles in allem ist Die Blüten von Triest ein unterhaltsamer und charmant erzählter Roman, der die Leserschaft zurück in eine vergangene Zeit entführt und sowohl zum Nachdenken als auch zum Schmunzeln bringt. Die gelungene Mischung aus historischer Kulisse, Romantik und humorvollen Einblicken in die Gesellschaft des 20. Jahrhunderts macht diesen Roman perfekt für entspannte Lesestunden und lässt gespannt auf den zweiten Teil warten.

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Veröffentlicht am 10.09.2024

Poetische Lichtungen

Lichtungen
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Iris Wolffs "Lichtungen" ist ein stiller, poetischer Roman, der tiefgründig und zärtlich die Geschichte einer Freundschaft erzählt, eingebettet in die politischen und gesellschaftlichen Umbrüche des Banats. ...

Iris Wolffs "Lichtungen" ist ein stiller, poetischer Roman, der tiefgründig und zärtlich die Geschichte einer Freundschaft erzählt, eingebettet in die politischen und gesellschaftlichen Umbrüche des Banats. Die Protagonisten, Lev und Kato, sind alte Freunde, die sich nach Jahren der Trennung in Zürich wiedersehen. Von dort aus entfaltet der Roman ihre gemeinsame Vergangenheit und zeichnet gleichzeitig das Bild einer sich verändernden Welt.
Wolffs Schreibstil bleibt auch hier bemerkenswert: Zwischen Lakonie und Melancholie beschreibt sie das Innenleben der Figuren auf eine unaufdringliche, aber liebevolle Art. Dabei gelingt es ihr, die Unvollkommenheit und Zerbrechlichkeit der Menschen sensibel einzufangen. Die Sprache ist poetisch und trägt den Leser durch die vielschichtige Geschichte, ohne jemals zu laut oder aufdringlich zu sein. Gerade die leisen Töne, die zurückhaltenden Beobachtungen, machen den besonderen Charme dieses Buches aus.
Trotz der beeindruckenden Sprache und der kunstvollen Erzählstruktur konnte "Lichtungen" mich nicht ganz so sehr packen wie Wolffs vorheriger Roman "Die Unschärfe der Welt". Der Roman ist zwar klug konstruiert und die Idee, die Handlung rückwärts von der Gegenwart in die Vergangenheit zu entfalten, spannend, doch brachte diese Erzählweise für mich eine gewisse Langatmigkeit mit sich. Die Spannung, die zu Beginn aufgebaut wird, flachte im Verlauf etwas ab, und ich empfand das Buch als stellenweise zu vorhersehbar.
Trotz dieser kleinen Kritikpunkte bleibt "Lichtungen" ein Werk, das berührt und zum Nachdenken anregt. Die Charaktere sind authentisch und ihre Beziehungen feinfühlig herausgearbeitet. Besonders die Begegnungen mit den Dorfbewohnern und die subtilen Verweise auf die politischen Verhältnisse im Banat fügen der Geschichte Tiefe hinzu.
Am Ende bleibt ein Roman, der für Fans von Wolffs sprachlicher Kunst und leisen, nachdenklichen Geschichten definitiv lesenswert ist. Dennoch hätte ich mir an manchen Stellen etwas mehr Dynamik und Überraschungsmomente gewünscht. "Lichtungen" fordert Konzentration und lädt dazu ein, mehrmals gelesen zu werden, um all seine Schichten zu erfassen – eine anspruchsvolle Lektüre, die ihre Zeit braucht.
Fazit: "Lichtungen" ist ein sprachlich beeindruckender und sensibler Roman, der jedoch nicht ganz an die emotionale Tiefe und Überraschungsmomente von Wolffs vorherigem Werk heranreicht. Für Liebhaber leiser und poetischer Literatur ist es dennoch eine klare

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Veröffentlicht am 06.09.2024

Humorvoll und sumpfig

Weg vom Schuss
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Inhalt:
In „Weg vom Schuss“ von Jana DeLeon geht es um die CIA-Agentin Fortune Redding, die nach einem missglückten Einsatz in Louisiana untertauchen muss. Mit einer falschen Identität als Schönheitskönigin ...

Inhalt:
In „Weg vom Schuss“ von Jana DeLeon geht es um die CIA-Agentin Fortune Redding, die nach einem missglückten Einsatz in Louisiana untertauchen muss. Mit einer falschen Identität als Schönheitskönigin zieht sie in das kleine, verschlafene Dorf Sinful, mitten im Sumpfgebiet. Eigentlich sollte sie sich dort ruhig verhalten und sich um den Nachlass einer verstorbenen Tante kümmern. Doch als der Hund im Garten einen menschlichen Knochen ausgräbt, wird Fortune schnell in die Ermittlungen eines Mordfalls hineingezogen. Unterstützt wird sie dabei von zwei älteren Damen, die alles andere als harmlos sind. Ständig muss Fortune zudem aufpassen, dass sie ihre Tarnung nicht vor dem neugierigen Deputy verliert, der ihr immer wieder in die Quere kommt.
Beurteilung:
Jana DeLeon schafft es, mit viel Humor und spannenden Wendungen die Leser
von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln. Fortune ist eine starke und gleichzeitig charmant-chaotische Protagonistin, die in der ländlichen Idylle von Sinful auf ungeahnte Schwierigkeiten trifft. Besonders die schrulligen Dorfbewohner, allen voran die zwei älteren Damen, sind wunderbar ausgearbeitet und bringen mit ihren skurrilen Eigenarten viel Witz in die Geschichte. Der Mix aus Spannung und Humor ist gut gelungen, und die Handlung bleibt trotz der Leichtigkeit stets fesselnd. Besonders erwähnenswert sind die unerwarteten Wendungen, die die Aufklärung des Mordfalls immer wieder spannend und unvorhersehbar machen.
Empfehlung:
„Weg vom Schuss“ ist ein gelungener Einstieg in eine humorvolle Cosy-Crime-Reihe. Wer gerne Krimis liest, die mehr mit Charme und Witz als mit Blut und Brutalität punkten, wird dieses Buch lieben. Die skurrilen Dorfbewohner und die unerschrockene Fortune machen das Buch zu einer unterhaltsamen Lektüre für zwischendurch. Fans von humorvollen Krimis à la „Miss Marple“ oder „Mord ist ihr Hobby“ sollten sich dieses Buch nicht entgehen lassen.

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Veröffentlicht am 05.09.2024

Cozy, clever und charmant

Morden ohne Sorgen - Der tote Gärtner im Marmorsaal
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Inhalt:
Im zweiten Band der Cozy-Crime-Reihe "Morden ohne Sorgen" stolpert der charmant tollpatschige Frederik Loebell bei einer nächtlichen Probeführung durch das Neue Palais über eine Leiche im Marmorsaal. ...

Inhalt:
Im zweiten Band der Cozy-Crime-Reihe "Morden ohne Sorgen" stolpert der charmant tollpatschige Frederik Loebell bei einer nächtlichen Probeführung durch das Neue Palais über eine Leiche im Marmorsaal. Gemeinsam mit seinen skurrilen Mitstreitern, darunter seine Jugendliebe Fleur, der stets unberechenbare Dackel Wilhelm und seine Tante Katharina, stürzt er sich in die Ermittlungen. Doch es bleibt nicht bei einem Mord – auch in der Seniorenresidenz, in der Tante Katharina lebt, gibt es einen mysteriösen Todesfall. Die Frage steht im Raum: Hängen die beiden Fälle zusammen, oder handelt es sich um reinen Zufall? Und was hat es mit dem verschwundenen Dackel Wilhelm auf sich?
Beurteilung:
Andreas K. Buchholz präsentiert mit "Morden ohne Sorgen – Der tote Gärtner im Marmorsaal" eine humorvolle und zugleich spannende Fortsetzung seiner Cozy-Crime-Reihe. Schon das Cover, auf dem Dackel Wilhelm frech in Szene gesetzt ist, spiegelt den wilden und chaotischen Charme der Geschichte perfekt wider. Das Buch überzeugt durch witzige Dialoge, liebenswerte Protagonisten und eine angenehm leichte Erzählweise. Frederik ist mit seiner charmanten Tollpatschigkeit ein Sympathieträger, der die Leserinnen und Leser schnell für sich gewinnt. Besonders gelungen ist die Figur von Wilhelm, dem Dackel, der in diesem Band eine größere Rolle spielt und die Ermittlungen auf seine ganz eigene, chaotische Weise unterstützt.
Die humorvollen, teils überspitzt dargestellten Charaktere ergänzen sich hervorragend und tragen zur Leichtigkeit und Dynamik der Geschichte bei. Besonders die amüsanten Gedankengänge von Frederik und die skurrilen Situationen, in die er sich manövriert, sorgen für einige Lacher und Unterhaltung auf höchstem Niveau. Auch wenn die Handlung zwischendurch etwas turbulent und chaotisch wirkt, löst sich alles am Ende logisch und befriedigend auf. Die Wendungen sind unvorhersehbar und halten die Spannung bis zum Schluss aufrecht.
Empfehlung:
"Morden ohne Sorgen – Der tote Gärtner im Marmorsaal" ist die perfekte Lektüre für Fans von humorvollen Krimis, die Wert auf charmante Charaktere und einen lockeren Erzählstil legen. Wer keine blutigen Morde, sondern skurrile und witzige Ermittlungen sucht, wird hier voll auf seine Kosten kommen. Besonders Liebhaber von Cosy-Crime werden an der verrückten Ermittlergruppe und den vielen lustigen Momenten ihre Freude haben. Wer den ersten Band noch nicht kennt, kann problemlos in diesen Teil einsteigen – allerdings macht es umso mehr Spaß, die Reihe von Anfang an zu verfolgen. Eine klare Leseempfehlung für alle, die auf der Suche nach unterhaltsamen und "wilden" Lesestunden sind!

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