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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.07.2017

Informativ

By a Lady
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Im Jahr 2017 jährt sich der Todestag von Jane Austen zum 200. Mal. Die beiden deutschen Autorinnen Rebecca Ehrenwirth und Nina Lieke haben diesen Tag zum Anlass genommen, eine neue Biografie über die großartige ...

Im Jahr 2017 jährt sich der Todestag von Jane Austen zum 200. Mal. Die beiden deutschen Autorinnen Rebecca Ehrenwirth und Nina Lieke haben diesen Tag zum Anlass genommen, eine neue Biografie über die großartige britische Autorin zu verfassen. Sie nähern sich dem Leben Jane Austens chronologisch. Dabei nutzen sie auch die Gelegenheit, auf die Rezeption zur Zeit der Entstehung der obersten Romane einzugehen. Gleichzeitig werden alle ihre Bücher zusammengefasst, sodass auch jemand, der noch keinen einzigen Jane Austen Roman gelesen hat, versteht, worum es geht.
Andererseits verraten die beiden tatsächlich jeweils die komplette Handlung, sodass man, wenn man noch keinen Jane Austen Roman gelesen hat, dabei aber Wert darauf legt, sie wirklich zu entdecken, lieber erst die Romane lesen sollte.
Für alle diejenigen, die irgendwann einmal Austen gelesen haben, sind diese kurzen Zusammenfassungen jedoch sehr hilfreich, um sich wieder an das gelesene zu erinnern.
Schwierig ist es, tatsächliche Belege für Geschehnisse oder Absichten im Leben oder im Werk den Ostens zu finden, da vieles im Laufe der Jahrhunderte vernichtet wurde.
Besonders wertvoll wird das Buch durch die zahlreichen Abbildungen, die die beiden Autorinnen aufgetrieben haben. Wichtig ist auch, dass großer Wert darauf gelegt wird, die Lebensbedingungen, den sozialen und kulturellen Einfluss und die Beschränktheit der Möglichkeit, sich über anderes zu informieren, mit großer Betonung darzustellen und bei Fragen der Interpretation immer zu berücksichtigen.
Schon von außen macht das Buch einen sehr hochwertigen Eindruck. Das Titelbild passt zur Epoche. Schreibstil und Struktur sorgen dafür, dass sich das Buch gut und flüssig lesen lässt.
Zusätzlich gibt es noch Abschnitte, in denen auf die Adaption von Jane Austenstoffen in der Zeit von damals bis heute eingegangen wird. So wird noch einmal deutlich, wie aktuell die Texte noch heute sind. So wird das Buch beinahe zu einer Hommage an Jane Austen, benennt aber zugleich auch die möglichen Kritikpunkte und diskutiert sie ausgiebig.
Neues findet man eher nicht. Dafür ist das Buch umfassend und berichtet so weit wie möglich vollständig.
Eine Leseempfehlung, für alle, die sich eingehender mit der Person Jane Austen und ihren Werken beschäftigen wollen.

Veröffentlicht am 25.06.2017

Gegen Mobbing

Nelly & Pepe
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In Nellys Klasse kommt nach den Sommerferien ein Neuer, Pepe heißt er und er verhält sich komisch. Offenbar hat er keine Angst vor Moritz, vor dem sonst alle Angst haben. Außerdem kriecht er in den Pausen ...

In Nellys Klasse kommt nach den Sommerferien ein Neuer, Pepe heißt er und er verhält sich komisch. Offenbar hat er keine Angst vor Moritz, vor dem sonst alle Angst haben. Außerdem kriecht er in den Pausen im Gebüsch herum und sammelt Insekten.

Nelly beobachtet ihn heimlich. Einerseits bewundert sie ihn für seinen souveränen Umgang mit dem Klassenschreck Moritz, andererseits ist er ihr nicht ganz geheuer.
Moritz merkt recht bald, dass er bei Pepe auf die bisherige Art nicht weiterkommt. So beginnt er, Nelly und ihre Freundin Susa unter Druck zu setzen, was eigentlich ziemlich unnötig ist, da sie sich sowieso nicht so sehr für Pepe interessieren.
Susa fürchtet sich vor Krabbeltieren. Als eines Tages lauter Insekten in ihrer Schultasche herumkrabbeln, steht für sie ohne jeden Zweifel fest, dass Pepe die da hinein getan hat.
Nelly ist sich nicht so sicher und stellt Pepe zur Rede, zumindest versucht sie es. Doch das Gespräch misslingt.
Die Situation eskaliert. Susa und Nelly streiten sich, und mit Pepe versteht Nelly sich auch nicht so richtig.
Jedes Kapitel dieses Buches beginnt mit dem Wochentag als Schmuckbuchstaben, jeder Leseabschnitt beginnt mit dem Kopf des Kindes, das jeweils die Erzählperspektive bestimmt. Das erleichtert es einerseits den Lesenden, sich zurechtzufinden. Gleichzeitig ermöglicht es der Autorin aber auch, die jeweiligen Gedanken der beteiligten Kinder in kurzen Abschnitten hintereinander zu setzen, so dass die Leserinnen und Leser sofort erkennen können, warum die Gespräche falsch laufen, wer da was anderes hört als gemeint ist und wie die eigenen Hintergründe beeinflussen, was man aufnimmt, wie man Sätze versteht, die andere sagen. Gerade bei Nelly und Pepe, aber auch gegenüber Susa spielen die Dinge, die nicht gesagt werden, eine große Rolle bei dem Dilemma, in das die drei geraten.
Doch die drei Kinder wählen immer wieder den Weg der Kontaktaufnahme. Sie ziehen keine Dritten mit in ihren Streit, alle drei wollen eigentlich eine einvernehmliche Lösung. Das gelingt ihnen am Ende auch, wobei jeder eine recht große Portion Mut aufbringen muss.
Das Hauptthema des Buches ist Mobbing. Dabei fällt positiv auf, dass auch dem Mobber eine Stimme verliehen wird, seine Beweggründe dargestellt werden.
Insgesamt setzt sich das Buch auf vielen Ebenen mit den „Gelingensbedingungen“ von Mobbing auseinander und stellt (unaufdringlich) die richtigen Fragen: Wer kann dazu beitragen, dass Mobbing aufhört? Was trage ich selbst dazu bei? Warum tut eigentlich keiner was? Warum schauen alle weg? Usw.
Eine Bereicherung sind auch die Illustrationen von Katharina Netolitzky. Detailliert und humorvoll stellt sie einzelne Szenen aus dem Roman in Schwarz-Weiß-Illustrationen dar.
Sprachlich ist die Autorin nah an den Kindern der Zielgruppe an, ohne ins Umgangssprachliche zu verfallen.
Schön auch, dass weder Eltern noch Lehrer durchgehend „Klappspaten“ sind, obwohl sie keine große Rolle spielen. Die Kinder sind so stark, dass sie mit wenig Unterstützung – aber viel Vertrauen im Hintergrund – selbst eine Lösung finden.
Allein Pepe fehlt die Unterstützung, die er sich wünscht. Dadurch sind auch die Familienkonstellationen im Hintergrund durchaus unterschiedlich und können Anregung für Gespräche bieten.
Das Buch eignet sich hervorragend als Klassenlektüre, da es klar gegliedert ist. Die unterschiedlichen Perspektiven keine Schwierigkeit darstellen, weil die Zeichnungen der Kinder klar darauf hinweisen. Inhaltlich bietet es zahlreiche Diskussionsansätze. Allerdings muss man wohl darauf achten, ob Schülerinnen oder Schüler bereits selbst schlechte Erfahrungen mit Mobbing gemacht haben und ihre eigenen Erinnerungen durch die Lektüre wieder aufgerührt werden.

Veröffentlicht am 16.06.2017

Niedlich

Die Abenteuer des Hauselfen Carlito
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Der Hauself Carlito merkt immer, dass etwas in seiner Umgebung nicht stimmt, dass vielleicht sogar ihm oder seinen Freunden Gefahr droht, wenn seine Ohrenspitzen jucken.
Er wohnt in einem Hausschuh im ...

Der Hauself Carlito merkt immer, dass etwas in seiner Umgebung nicht stimmt, dass vielleicht sogar ihm oder seinen Freunden Gefahr droht, wenn seine Ohrenspitzen jucken.
Er wohnt in einem Hausschuh im Kellerregal einer Familie mit zwei Kindern. Das Einfamilienhaus steht in einem großen Garten. Zur Familie gehört auch noch ein Meerschweinchen.
Als Carlito eines Morgens erwacht, hört er seltsame Geräusche und ist sofort alarmiert. Irgendjemand treibt sich unerlaubt in der Küche seiner Familie herum. Dagegen muss er etwas unternehmen.
Damit beginnt das Abenteuer. Carlito stürzt in den Garten, um sich mit seinem Freund zu beraten, doch zuerst müssen sie noch jemanden retten.
Sprachlich ist die Geschichte gut an die Zielgruppe (Kinder ab 4 Jahren und Erstleser) angepasst. Die Sätze sind relativ kurz. Es gibt zahlreiche Dialoge.
Der Text ist in großer Schrift gedruckt und flattert rechts aus, sodass sich die Kinder gut orientieren können.
Die farbigen Illustrationen zeigen die Geschehnisse oder schaffen eine gemütliche Gartenatmosphäre.
Die Geschichte selbst ist spannend, jagt aber niemandem Angst ein. Die Autorin erzählt humorvoll, mit einem Augenzwinkern und vermittelt en passant ein wenig Wissen über die Tiere in Haus und Garten.

Veröffentlicht am 16.06.2017

Besonders

Salon Salami
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Hani versucht, eine Bank zu überfallen - warum weiß niemand so genau. Nur sie allein, und das erzählt sie uns erst nach und nach.
Hanis Vater betreibt einen Friseursalon und hat wenig Zeit für seine Tochter ...

Hani versucht, eine Bank zu überfallen - warum weiß niemand so genau. Nur sie allein, und das erzählt sie uns erst nach und nach.
Hanis Vater betreibt einen Friseursalon und hat wenig Zeit für seine Tochter und seinen Sohn Moma, der noch in den Kindergarten geht. Die Mutter ist nicht da. Herr Basim unterstützt die Familie, indem er für das Essen, das Hani aus seinem Imbiss holt, kein Geld nimmt.
Im Kindergarten gibt es ziemlich viele Schwierigkeiten, doch Hanis Vater kümmert sich nicht.
Hani hilft im Friseursalon so gut sie kann. Berühmt ist sie für ihre Vorher-Nachher-Fotos, die das Schaufenster schmücken. Soweit läuft alles, bis Hani beschließt, die Sparkasse bei Karstadt überfallen zu müssen.
Hani, die Ich-Erzählerin, ist tough. Sie macht sich so ihre Gedanken über die Welt um sich herum. Vieles kann sie nicht richtig einordnen, weil sie noch zu jung ist, doch ihr Gefühl sagt ihr, wo es langgehen müsste.
Sie ist verzweifelt und hat niemandem, dem sie sich anvertrauen kann. Schließlich muss sie stark sein, für ihren Bruder Moma, für die Kindergärtnerin, die so gern glauben möchte, dass mit Momas Familie alles in Ordnung ist, für ihren Vater. Doch irgendwann kann sie nicht mehr und trifft eine folgenschwere Entscheidung, die viel in Gang bringt.
Als ich das Buch zur Rezension erhielt, war ich ziemlich enttäuscht. Ein blaues Titelbild mit comicartigen Figuren darauf. Der Titel “Salon Salami” - naja - sagt mir nichts. Da alles ziemlich italienisch wirkt, vielleicht ein Mafia-Roman? Einzig der Untertitel hat mich neugierig gemacht. Auch der Klappentext wirkte reizvoll auf mich. Was hat das mit diesem Banküberfall auf sich?
Doch kaum hatte ich die ersten Seiten gelesen, fesselte mich das Buch sehr. Ich las es quasi in einem Rutsch durch. Hani wurde so eine plastische Hauptfigur, dass ich unbedingt wissen wollte, wie es mit ihr weitergeht.
Die skurrilen Figuren erwarben im Lauf der Geschichte immer mehr Tiefe, wurden nachvollziehbarer, bis endlich die ganze Tragweite der familiären Situation deutlich wurde.
Dieses Buch lässt sich sicherlich gut in der Klasse lesen bzw. vorlesen, weil es viele Ansatzpunkte für Gespräche und Diskussionen bietet. Außerdem ist es spannend und sehr menschlich.

Veröffentlicht am 30.05.2017

Ungewöhnlich

Meine Mutter, sein Exmann und ich
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Joschkas Mutter lässt ihr Geschlecht angleichen, denn sie/er fühlt sich als Mann. Sie/er ist schon länger von ihrem Mann geschieden, der eine neue Frau und ein Kleinkind hat. Joschka und seine Zwillingsschwester ...

Joschkas Mutter lässt ihr Geschlecht angleichen, denn sie/er fühlt sich als Mann. Sie/er ist schon länger von ihrem Mann geschieden, der eine neue Frau und ein Kleinkind hat. Joschka und seine Zwillingsschwester leben bei der Mutter, die sich nun Frederik nennt, und begleiten ihre Veränderung.

Während Liska kein Problem mit der Situation hat, ist Joschka völlig überfordert. Er befürchtet, seine Freunde zu verlieren, in der Klasse „unten durch“ zu sein, wenn jemand von den Entwicklungen erfährt. Er stellt sich stur, zieht zum Vater und nimmt selbst die „böse Stiefmutter“ Petra und seinen neuen kleinen Bruder in Kauf, um nicht mit Frederik gesehen zu werden.
Joschka macht im Laufe des Buches in mehreren Lebensbereichen einschneidende Erfahrungen und wächst so langsam zu einem Jugendlichen heran, der seinen eigenen Wert besser erkennt und somit auch besser für sich selbst (und andere) einstehen kann.

Wegberg erzählt aus Joschkas Perspektive, sodass die Leserinnen und Leser ihn auf seinem Weg begleiten können und seine Überlegungen, Befürchtungen, Ideen usw., hautnah miterleben. Das erleichtert die Identifikation, das Verständnis für Joschkas Positionen, ermöglicht gleichzeitig eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Thema Transgender, ohne dass dies aufgesetzt oder nach moralischem Zeigefinger aussieht.
Insgesamt ein eher leises Buch mit starken Figuren und viel Gelegenheit zur Auseinandersetzung. Außerordentlich gut gefällt mir auch der Stil, jugendlich modern, aber keineswegs anbiedernd oder überkandidelt. Joschka wirkt sehr lebendig und das auch durch seine ganz spezielle Sicht auf die Welt.