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Veröffentlicht am 19.05.2022

So viel Gefühl. Wunderbar!

Where the Clouds Move Faster
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Effie lacht immer, hat immer gute Laune. So ist sie, das ist die Rolle, die sie in ihrer Familie einnimmt. Aber jedes Jahr zu ihrem Geburtstag überfällt sie Traurigkeit. Deshalb zieht sie sich in ein abgelegenes ...

Effie lacht immer, hat immer gute Laune. So ist sie, das ist die Rolle, die sie in ihrer Familie einnimmt. Aber jedes Jahr zu ihrem Geburtstag überfällt sie Traurigkeit. Deshalb zieht sie sich in ein abgelegenes Cottage zurück, allein. Nur dass sie dieses Jahr nicht allein ist. Ein junger Mann hat sich dort bereits eingerichtet. Spontan beschließen sie, sich das Cottage zu teilen und Anonymität zu wahren. Das sorgt dafür, dass sich die beiden Fremden sehr schnell viel näher kommen, als erwartet, denn alle Grenzen, all der Scham scheinen verschwunden zu sein. Doch die Zeit im Cottage ist begrenzt.

Ganz viel Liebe für diese Geschichte. Und für Effie und Adair (so nennt er sich zu Beginn und den Namen nutze ich). Die beiden sind wundervoll zusammen. Bei der ersten Begegnung fand ich Adair tatsächlich etwas zu dreist und unverschämt, aber irgendwie macht das dann auch seinen Charme aus und es hat nicht lange gedauert, bis ich ihn ganz tief ins Herz geschlossen habe. Er ist so verrückt, so besonders, ganz eigen. Und auch Effie hat mir so gut gefallen hier, weil ich sie besser kennenlernen konnte. Ich mochte sie schon in den Vorgängern, aber da "kannte" man sie eben noch nicht so richtig wie hier.

Die beiden sind absolut schräg und sooo süß zusammen. Wie sie miteinander umgehen, was sie miteinander teilen, wie offen sie reden, ihre Gedanken austauschen, sich keine Sorgen machen, dass es komisch klingen könnte oder so nicht "üblich" ist. Dadurch haben die beiden SO viel Persönlichkeit bekommen. Wenn ich bei anderen Büchern sage, dass mir die Charaktere irgendwie fremd, zu flach, geblieben sind oder ich sie nicht so gut kennenlernen konnte, dann fehlt mir genau DAS HIER. Das, was Effie und Adair hier haben. Ihre lustigen Eigenheiten, Angewohnheiten. Was sie ausmacht. Das ist hier absolut perfekt umgesetzt und sie sind so tolle runde Charaktere. Ich musste soo oft lächeln, weil ich die Szenen im Cottage mit den beiden so toll fand. Und Adair sagt so viele süße Dinge, die mich haben dahinschmelzen lassen. Er ist so ganz untypisch, nicht wie der 0815 - männliche Prota. Das fand ich super und umso interessanter. Die beiden haben mein Herz.

Von seiner Geschichte erfahren wir nicht ganz so viel, nur am Rande, aber sie ist auch "oberflächlich" genug, dass das, was wir bekommen, reicht. Aber Effie – zu ihr bekommen wir natürlich einen ganz anderen Draht, allein schon wegen dem Reihenkonstrukt. Und das, also die Geschichte der drei Schwestern Nessa, Fiona und Effie, muss ich nochmal besonders hervorheben. Denn ich finde es unglaublich, wie Kathinka Engel es geschafft hat, das umzusetzen. Sie haben in ihrer Kindheit etwas durchgemacht, was sie so nachhaltig geprägt hat, dass es sich bis heute und bis in ihr gesamtes Leben durchzieht. In ihre Entscheidungen. Ihre Gedanken. Und das ist so unfassbar gut und realistisch und komplex dargestellt! Jede der drei Schwestern ist anders aus dieser Familiengeschichte hervorgegangen, jede ist auf andere Weise verkorkst, und doch erkennt man, dass es vom gleichen Trauma herrührt. Aber alle tun ihr Bestes, sind superliebe Menschen und sie versuchen, ihre Probleme anzuerkennen und daran zu arbeiten. Aber dass sie so sind, wie sie sind, macht sie nicht weniger vollkommen. Es macht sie echt. Menschlich.

Manchmal wollte ich Effie hier packen und durchschütteln, weil ich nicht wollte, dass sie sich ihre Zukunft selbst so verbaut. Aber man verstand, wo es herkommt. Dazu kommen noch die Rückblicke in ihre Kindheit, die nochmal ein besonderes Licht auf die Sache geworfen haben (und die ebenso tolle Einschübe in die normale Erzählung waren wie die Auszüge aus Adairs Tagebuch, die ich einfach wundervoll fand!).
Im späteren Teil des Buches hab ich Adair ziemlich vermisst, fast so viel wie Effie. Und am Ende hätte ich (wie fast immer) gerne noch ein ganz bisschen länger Happy End und schöne Szenen zwischen den beiden gehabt. Aber rund und zufriedenstellend war es allemal, zumal es für die gesamte Reihe und die Geschichte der Schwestern auch ein tolles Happy End ist.

Ich glaube es ist mein Lieblingsteil, obwohl ich von Band 1 und 2 auch schon sehr begeistert war. Insgesamt kann ich also nicht nur Where the clouds move faster, sondern die ganze Reihe nur empfehlen und euch ans Herz legen. So viel Gefühl. So viel Echtheit. So tolle Charaktere. Hier gibts natürlich 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 12.05.2022

Wie Band 1: Gutes Konzept etwas verwirrend umgesetzt

The Run 2: Die Gaben der Götter
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Kampf. Weisheit. Tod. Leben.
Den Run haben Sari und die anderen überstanden. Doch nun wartet ein zweiter auf sie – der Herrscherrun. Als göttliche Nachfahren sollen sie ein neues Zeitalter einläuten. Dabei ...

Kampf. Weisheit. Tod. Leben.
Den Run haben Sari und die anderen überstanden. Doch nun wartet ein zweiter auf sie – der Herrscherrun. Als göttliche Nachfahren sollen sie ein neues Zeitalter einläuten. Dabei muss Sari auch gegen den antreten, dem ihr Herz gehört: Keeran, mit dem sie so vieles verbindet und doch trennt sie auch vieles von ihm. Doch beim Run erwartet sie alle etwas, womit niemand gerechnet hat, denn in Wahrheit geht es um etwas viel Größeres.

Nachdem mich Band 1 gar nicht so ganz überzeugen konnte, weil ich das Gefühl hatte, es war zwar super viel Potenzial da, aber zu wirr und überladen dadurch, dass die Autorin zu viel wollte, war ich trotzdem neugierig auf die Fortsetzung und musste sie lesen. Die Kurzfassung ist: Eigentlich kann ich das gleiche über Band 2 sagen.
Ein bisschen schwer fiel es mir, wieder reinzukommen, denn es war schon ein bisschen her, dass ich den Vorgänger gelesen hab, und da ich da schon nicht alles verstanden habe, ist natürlich noch weniger hängen geblieben. Oberflächlich kam ich aber tatsächlich wieder ganz gut rein und konnte der Handlung relativ schnell gut folgen und fand auch durch. Auf tieferer Ebene wusste ich allerdings so einiges nicht mehr, was sich in Band 1 ergeben hat oder erklärt wurde, weshalb ich dann manche Schlussfolgerungen hier auch nicht (mehr) kapiert habe. Und ich war immer noch (oder schon wieder?) bei vielem was die Götter, die ganze Geschichte von früher, wie alles zusammenhängt, sehr verwirrt. Ich hab es diesmal abgetan und dachte "ok, dann versteh ich das halt nicht, egal, der Handlung kann ich ja trotzdem folgen". Aber ich hatte eben das Gefühl, dass mir dadurch einiges entgeht, was genial gewesen wäre.
Denn keine Frage, es sind super viel coole, interessante, kreative Aspekte dabei. Ich hätte gern noch besser durchgefunden und war etwas traurig, dass es irgendwie nicht klappt. Wobei ich damit ja gerechnet hatte, war ja in Band 1 nicht anders. Trotzdem war die Handlung irgendwie cool und ich hab gerne verfolgt, was alles passiert ist und wo es sie alle hinführt. So eine richtig tiefe Bindung hab ich hier jetzt auch nicht mehr zu den Charakteren aufbauen können, aber interessiert haben sie mich schon und tatsächlich habe ich mich auch sehr über das Ende gefreut (und war vorher an mancher Stelle traurig), was ja bedeutet, dass ich schon emotional ein wenig mit drinsteckte.

Insgesamt find ichs immer noch schade, weil ich glaube, dass das eine richtig richtig epische Fantasyreihe hätte werden können, weil mega gute Konzepte drin stecken, aber so richtig überzeugend war die Umsetzung dann nicht ganz. Oder ich habs einfach nicht geschafft, genug zu verstehen. Trotzdem bin ich sehr froh, Band 2 auch noch gelesen und die Geschichte nun beendet zu haben. Irgendwie hatte ich doch auch meinen Spaß. Von mir gibts 3 Sterne, diesmal mit Tendenz eher etwas in Richtung 3,5.

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Veröffentlicht am 12.05.2022

Tolle Jugendfantasy mit kreativem Magiekonzept

Sisters of the Sword - Wie zwei Schneiden einer Klinge
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Ziva ist fabelhaft im Umgang mit Waffen; als Schmiedin, die ihren Klingen einzigartige Magie einflößen kann, ist sie weit über die Grenzen ihrer Stadt berühmt. Weniger gut ist sie im Umgang mit Menschen; ...

Ziva ist fabelhaft im Umgang mit Waffen; als Schmiedin, die ihren Klingen einzigartige Magie einflößen kann, ist sie weit über die Grenzen ihrer Stadt berühmt. Weniger gut ist sie im Umgang mit Menschen; wegen ihrer Panikattacken übernimmt ihre kleine Schwester Temra den Kundenkontakt. Doch eines Tages soll sie für eine mächtige Kriegsherrin ein besonderes Schwert schmieden – und erschafft unbeabsichtigt eine absolut tödliche Waffe, die auf keinen Fall in falsche Hände geraten darf. Es bleibt nur noch die Flucht. Unerwartet mit dabei ein selbstbewusster Söldner und ein Gelehrter der Magie. Auf ihrer Reise erwarten sie einige Gefahren und Geheimnisse ...

Das Buch hatte mich direkt mit einem Punkt: Der Art und Weise, wie Ziva Waffen schmiedet und sie mit Magie füllt. Denn es gibt keine Zaubersprüche oder farbige Blitze voller Magie, die sie beherrschen kann. Stattdessen kommt die Magie auf ganz unerwartetem Wege und äußert sich auch sehr faszinierend in den Waffen. Näher möchte ich gar nicht drauf eingehen, aber ich war da total begeistert von und es war wirklich mal was anderes.

Auch Ziva an sich ist eine besondere Protagonistin für Fantasy. Mit 18 schon berühmte Waffenschmiedin und dann aber keine starke Draufgängerin, sondern eine ruhige, zurückgezogene Person mit sozialen Ängsten. Ein bisschen hab ich gebraucht, um mit Ziva warm zu werden, denn nicht nur den anderen Charakteren gegenüber, sondern auch mir als Leserin blieb sie anfangs erst distanziert und dadurch nicht vom ersten Moment an super sympathisch. Aber das kam mit der Zeit. Sie ist wirklich ein interessanter Charakter und im Laufe des Buches taute ich auf sie bezogen auf und schloss sie ins Herz. Auch Temra, Petrik und Kellyn waren spannende Weggefährten, jeder mit völlig anderen Grundvoraussetzungen und Eigenschaften. So kam eine abwechslungsreiche und energiegeladene Dynamik innerhalb der Gruppe auf. Dabei blieben sie (und damit auch manche Szenen) mir allerdings hin und wieder zu eindimensional und dadurch wirkte manches etwas plump (z.B. in Bezug auf Temra). Zum Ende des Buches hin merkt man aber bei allen eine Entwicklung, die viel für Band 2 verspricht.


Die Story ist ein typisches "wir reisen durchs Land", was immer viel Potenzial für neue aufregende Orte und Geschehnisse unterwegs bietet. Die bekommen wir auch hier. Sowohl auf dem Weg im Wald als auch in den Dörfern, wo sie Halt machen, ist einiges los – entweder innerhalb der Gruppe oder durch das, auf was oder wen sie treffen. Action gab es also definitiv und die hat mir auch gut gefallen, es war abwechslungsreich und interessant. Teilweise allerdings dann etwas zu schnell bzw. zu kurz. Unter anderem das mit Temra und der Familie, da kam der Umschwung so plötzlich, dass ich das Gefühl hatte, da fehlt noch ein Kapitel zwischen. Manches hätte gern ein bisschen mehr ausgebaut werden können. Dadurch hat es das Buch auch nicht hundertprozentig geschafft, mich vor Spannung total zu fesseln, denn ich steckte nie so richtig tief drin in den Szenen.
Was den Aufbau und die Handlung an sich aber nicht schmälert, die hat mir durchaus sehr gefallen. Und gern und zügig mit Interesse gelesen habe ich es von Anfang bis Ende. Zum Ende hin merkt man natürlich, dass es einem Höhepunkt entgegensteuert und der war zwar kein episches Finale (kommt ja auch noch ein Band), aber eine heftige Konfrontation, bei der ich überrascht wurde und auch nicht ganz wusste, wie das ausgeht. Es war total gut, dass es zwar nichts völlig ausgefallenes war, ich aber trotzdem nicht vorher schon längst erahnen konnte, was genau im Detail passiert. So gibt es auf jeden Fall einen Cliffhanger und ich freue mich schon richtig auf Band 2.

Für diesen wünsche ich mir dann noch mehr Charakterentwicklung und vielleicht ein bisschen mehr Tiefe in der Handlung, das wär so das Tüpfelchen auf dem I. Ich hab das Gefühl, dass Jugendfantasy oft ein wenig "oberflächlicher" ist als Erwachsenenfantasy, und das ist ja auch ok so. Ansonsten kann es aber genau so weitergehen, denn mir hat dieser Band wirklich gefallen, ich hab die Geschichte richtig gern gelesen, die Protas gern begleitet, und kann das Buch definitiv empfehlen. 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 11.05.2022

Leider nichts für mich

Farbenasche & Seelentinte
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Coryn hat eine seltsame Gabe, die niemand zu verstehen scheint und über die sie nicht reden kann. Sie sieht Gefühle von anderen in farbigen Schleiern. Eigentlich hat sie aufgehört, das zu hinterfragen ...

Coryn hat eine seltsame Gabe, die niemand zu verstehen scheint und über die sie nicht reden kann. Sie sieht Gefühle von anderen in farbigen Schleiern. Eigentlich hat sie aufgehört, das zu hinterfragen – bis sie eines Tages angegriffen wird und ihre einzige Rettung die Flucht ins Feenreich Feja ist. Dort landet sie mitten zwischen zwei Fronten und steckt plötzlich tiefer in der Fehde mit drin als sie je gedacht hätte ...

Wo soll ich anfangen. Für mich war das Buch leider wirklich nichts, auch wenn ich mich sehr drauf gefreut hatte. Einen Fantasy-Einzelband mit außergewöhnlichem Ausgangspunkt und viel Potenzial. Das ist es auch definitiv. Ein Feenreich ist nicht unbedingt was neues, aber die ganze Sache mit den farbigen Schleiern, was sie zeigen, wie man sie beeinflusst etc. fand ich super spannend und mal was Neues. Kreativ, anschaulich. Und auch in dem Feenreich selbst steckt viel drin, was super gut funktionieren kann. Sommer- und Winterfeen, Konflikte, magische Wesen. Ein wirklich wirklich schönes Grundgerüst, das möchte ich an dieser Stelle betonen!

Aber an der Umsetzung ist es für mich gescheitert. Das kann ich wohl größtenteils mit dem Schreibstil begründen. Für mich war der leider völlig wirr und unverständlich, dabei teilweise ziemlich anstrengend. Und zwar aus verschiedenen Blickwinkeln. Zum einen hat es sich oft wie ein nüchterner Erzählungsbericht angefühlt in der Hinsicht, dass Szenen runtergerattert wurden, ohne dass wir sie miterleben konnten. Also ohne dass man Dialoge oder ähnliches live und in Farbe mitbekommen hätte. Es wird quasi etwas berichtet, was wohl eben passiert ist und zwar wie eine Zusammenfassung. Ich hatte meist nicht das Gefühl, ich wäre dabei gewesen. Zum anderen war es für mich oft unnötig kompliziert formuliert. Es wird deutlich, dass die Autorin einen besonders verschnörkelten, metaphorischen Schreibstil haben wollte und an sich find ich das auch keineswegs schlecht. Aber es wurde dabei teilweise unverständlich, sodass ich Passagen, manchmal einzelne Sätze mehrmals lesen musste, um noch durchzufinden. Und bei den vielen Metaphern wusste ich teils nicht, ob das gerade wirklich passiert oder nicht. Schießen dem gerade wirklich Blitze aus den Augen? Zerfällt da wirklich grad einer zu Asche? Brodelt da wirklich ein Feuer? War das alles nur metaphorisch gemeint? Ich habs einfach nicht verstanden, weil es für mich so wirr wurde. Des Weiteren hat es mir die Zeit und wie sie in Feja funktioniert noch schwerer gemacht. Ich finds cool, dass sie anders funktioniert als in der Menschenwelt, die Idee (und was das für die Verbindung beider Welten bedeutet) hat mir total gut gefallen! Aber was ich schwierig fand, war, dass einige Kapitel quasi "falsch herum" angeordnet waren. Also es passierte was und im Kapitel danach waren wir zeitlich gesehen plötzlich davor und bis ich das dann kapiert habe, war ich bereits verloren. Erst später ist mir aufgefallen, dass man auf die ungewohnte Zeitrechnung am Anfang der Kapitel achten muss, um sich die Reihenfolge zu erschließen. Aber warum es so gesetzt wurde, versteh ich immer noch nicht. Insgesamt ist es dem Buch bei mir also leider nicht gelungen, irgendwie Spannung aufzubauen, die Szenen wirkten auf mich zusammengewürfelt und anstrengend, teilweise nicht zielführend. Ein Funken Neugier hat das Buch aber trotzdem in mir entfacht, denn ich wollte es auch nicht abbrechen, ich wollte schon wissen, wie alles weitergeht und wie es enden wird.

Leider hab ich aber auch zu den Charakteren keine Bindung aufbauen können. Niemand von denen hatte besonders viel charakterlichen Tiefgang oder einzigartige Eigenschaften. Ich fand die meisten völlig austauschbar, weil ich sie gar nicht näher kennenlernen durfte. Nachvollziehbare Entwicklungen hat kaum jemand durchgemacht, bzw. im Fall eines Mannes zum Beispiel hat der mitten im Buch plötzlich eine 180 Grad-Wende gemacht, die mich völlig irritiert hat. Erst ist er abgrundtief böse, ohne positive Gefühle, hatte kein Problem damit, dass seine Familie ermordet wurde. Und einige Kapitel später heißt es plötzlich, er hätte damals geweint und vermisst außerdem seine geliebte Tante. Solch Charakterentwicklungen müssen sich ... nun ja, entwickeln, und nicht von jetzt auf gleich anders sein.
Und darüber hinaus: Statt zu erleben, wie sie alle zueinander stehen, wie eng ihre Freundschaften sind, was sie verbindet, was sie ausmacht, wird mir sowas nur in einem erklärenden Satz vor die Füße gelegt. "X war doch meine beste Freundin und ihr Verrat schmerzte tief" – nur, dass ich irgendwie gar nicht mitbekommen habe, dass sie so eng befreundet gewesen sein sollten? Es reicht nicht, das einmal zu beschreiben, ich muss das fühlen. Statt "show, don't tell" haben wir hier jede Menge tell. Gleichzeitig kam es mir dafür, dass sie sich alle angeblich so nahe standen, oft sehr seltsam vor, dass sie Dinge einfach hinnahmen und gar nicht hinterfragt haben. Da wurde jemand entführt und als die Person nicht Tage später wieder einfach auftauchte, dachte man sich, oh die ist wohl tot, und macht einfach weiter. Mir wurde kaum Chance gelassen, eine emotionale Bindung zu den Charakteren aufzubauen oder überhaupt deren Bindungen untereinander nachzuempfinden.

Das waren so meine Haupt-Kritikpunkte. Ich freue mich total, wenn andere Leute Spaß an dem Buch hatten und es gerne mochten. Es können eben nicht alle die gleichen Bücher feiern. Für mich jedoch war es eine Geschichte mit viel Potenzial und super spannenden, kreativen Punkten, die mir in der Umsetzung aber leider so überhaupt nicht gefallen hat. Deswegen kann ich leider maximal 2 Sterne geben.

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Veröffentlicht am 11.05.2022

Zum Nachdenken

The Sea in your Heart
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Lilja macht auf Island Whale-Watching-Touren und ist eine vehemente Gegnerin der Walfang-Industrie. Jetzt haben sie und ihr Team durch eine ihrer Aktionen eine Klage am Hals. Ablenkung schafft da ihre ...

Lilja macht auf Island Whale-Watching-Touren und ist eine vehemente Gegnerin der Walfang-Industrie. Jetzt haben sie und ihr Team durch eine ihrer Aktionen eine Klage am Hals. Ablenkung schafft da ihre Barbekanntschaft Jules, zu dem sie sich sofort hingezogen fühlt. Nur erfährt sie zu spät, dass sie sich nicht auf ihn hätte einlassen dürfen ...

The sea in your heart nimmt uns wie der Vorgänger mit nach Island, was mich direkt anzieht – ich war zwar noch nie dort, möchte aber gerne mal hin und bin sehr fasziniert von der Insel. Während Band 1 viel Natur geliefert hat, geht es hier nun mehr um die Tiere, genauer gesagt, um die Wale (und Delfine). Denn der Walfang (und Proteste dagegen), aber auch die Schönheit der Wale nehmen hier eine zentrale Rolle ein.
Und das war für mich auch der große Pluspunkt dieses Buches. Das Thema ist sehr interessant, schockierend, zum Nachdenken und aber auch Bewundern geschrieben und sehr überzeugend. Wenn Lilja schildert, was sie an den Tieren und am Meer liebt, wenn wir selber Szenen mitbekommen, dann wird einem ganz warm ums Herz. Ich fand das richtig schön. Gleichzeitig hatte ich aber auch oft (und direkt zu Beginn) einen Kloß im Hals. Denn es wird schon sehr deutlich, was den Walen angetan wird und wie furchtbar das alles ist. Vor allem, weil wir es durch Liljas Augen und mit ihren Gedanken miterleben. Ich fand das Thema insgesamt wirklich gut umgesetzt.

Lilja als Charakter war mir direkt sympathisch. Viel mehr Charakterzüge als ihre Überzeugungen in Sachen Wale hat man nicht so recht von ihr mitbekommen, auch die anderen Charaktere blieben eher eindimensional, und trotzdem habe ich sie sehr gern begleitet, war gerne mit ihnen auf dem Schiff unterwegs, hab den Gesprächen zwischen ihr und ihrer besten Freundin beigewohnt und einfach ihren Alltag geteilt. Ich bin super gut durchs Buch gekommen und es ließ sich wirklich flüssig und schön lesen, wenn auch es eben in Charakter-Sachen nicht mega viel Tiefgang hatte. Bei Jules kam schon ein bisschen mehr Entwicklung durch und er war ein wirklich interessanter Gegenpart und hat eine angespannte und spannende Dynamik reingebracht. Lilja und Jules haben mir gut gefallen, die Anziehung und die ersten Treffen waren knisternd und der Umgang miteinander größtenteils realistisch.

Nur ging es mir so im letzten Drittel dann irgendwie zu schnell. Und zwar alles. Das Walthema und der Prozess wurden recht zügig abgehandelt, sodass man nicht mehr viel mitbekommen hat – vermutlich, weil das Wichtigste da schon geklärt war. Und das fänd ich auch prinzipiell nicht schlimm. Aber auch das zwischen Lilja und Jules wurde gegen Ende irgendwie überstürzt und es fehlte mir an Ausarbeitung. Deren Geschichte war superschön und interessant, nur hätte ich es am Ende gern ausführlicher gehabt.

Insgesamt ein Buch, das sich auf jeden Fall lohnt zu lesen, vor allem wegen der Hintergrundgeschichte. Auch die Liebesgeschichte war schön, aber hier irgendwie gar nicht so im Vordergrund. Was ich persönlich gar nicht schlimm fand. New Adult ist eben kein Synonym für Romance, sondern eigentlich nur die Beschreibung der Lebensphase, in der sich die Protas befinden. Für mich war das Ganze gelungen, nur ein wenig überstürzt und hier und da etwas zu oberflächlich. Von mir gibt's 4 Sterne, Tendenz wenn dann aber eher in Richtung 3,5. Und damit aber mindestens genauso gut wie Band 1.

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