Profilbild von BiblioJess

BiblioJess

Lesejury Star
offline

BiblioJess ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit BiblioJess über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.09.2023

Brauchte sehr lang, dann aber gut

Prison Healer (Band 1) - Die Schattenheilerin
0

Kiva ist Heilerin in Zalindov, dem brutalsten Gefängnis des gesamten Reiches. So schlägt sie sich schon seit gut 10 Jahren einigermaßen durch – bis die Rebellenkönigin in ihre Obhut kommt. Zu schwach, ...

Kiva ist Heilerin in Zalindov, dem brutalsten Gefängnis des gesamten Reiches. So schlägt sie sich schon seit gut 10 Jahren einigermaßen durch – bis die Rebellenkönigin in ihre Obhut kommt. Zu schwach, um sich ihrem Elementarurteil zu unterziehen, nimmt Kiva ihren Platz in den lebensgefährlichen Prüfungen ein. Wenn sie besteht, kommen beide frei. Wenn sie scheitert, stirbt nicht nur die Rebellenkönigin ...


Was für mich sehr vielversprechend klang, hat erstmal etwas zäh angefangen. Der Schreibstil war von vorne herein gut und das Gefängnis interessant mit Potenzial. Jedoch brauchte das Buch meiner Meinung nach sehr lang, um in Gang zu kommen. Man hat zum Beispiel kaum etwas über die Welt erfahren, weil Kiva sie eben nicht kennt. Und Kiva ist lange ziemlich unerreichbar, unnahbar geblieben, ebenso die anderen Charaktere, weshalb ich lange keine Verbindung zu ihnen aufbauen konnte und sie mich nicht so wirklich packen konnten. Auch die Geschichte tröpfelt erstmal so vor sich hin. Also es war sehr interessant, keine Frage, und hat durchaus neugierig gemacht! Es kam nur nicht so recht Action auf oder fesselnde Spannung. Zudem hat mir das Magische gefehlt, der Fantasyaspekt. Denn bis auf die Tatsache, dass es irgendwo ganz vereinzelt Menschen geben soll, die eins der Elemente beherrschen (und die Welt eben ausgedacht ist), gab es lange nicht wirklich was fantastisches.

Das klingt jetzt ziemlich negativ, aber trotz allem fand ich die Handlung auch währenddessen schon gut, nur reichte es mir einfach noch nicht. Das ging aber in der zweiten Hälfte, vor allem im letzten Drittel richtig bergauf. Denn da gewann Prison Healer richtig an Tempo, es passierten mehr Dinge schlag auf schlag, die Prüfungen wurden interessanter, Geheimnisse wurden enthüllt und ich hab begonnen, das größere Bild zu verstehen, das dahinter steckt. Und dadurch wurde es echt spannend. Dass mehr enthüllt wurde hat außerdem dazu geführt, dass die Charaktere etwas runder und nahbarer wurden, was eine schöne Entwicklung war. Die Plottwists am Ende habe ich schon teilweise kommen sehen, etwas überrascht haben sie micht trotzdem bzw. waren sie in jedem Fall gut gelungen! Das Buch lässt uns mit einem Cliffhanger und wahnsinnig viel Potenzial für einen echt guten zweiten Band zurück, sodass ich mich schon aufs Weiterlesen freue.


Insgesamt war Prison Healer nicht ganz das, was ich mir erhofft hatte, aber ich sehe optimistisch den Fortsetzungen entgegen. 3-3,5 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.09.2023

Zauberhaft, atmosphärisch, berührend

Tokioregen
0

Malu braucht dringend einen Neubeginn. Da kommt ein Austauschjahr in Tokio genau richtig. Doch denkt sie vorher noch, sie wäre vorbereitet auf das, was sie da erwartet, haut sie die Stadt mit ihrer Andersartigkeit ...

Malu braucht dringend einen Neubeginn. Da kommt ein Austauschjahr in Tokio genau richtig. Doch denkt sie vorher noch, sie wäre vorbereitet auf das, was sie da erwartet, haut sie die Stadt mit ihrer Andersartigkeit schon bald völlig um. Genau wie ihr Mitschüler Kentaro. Während er sie auf atemberaubende Erkundungstouren durch die Millionenmetropole mitnimmt, beginnt Malu langsam, sich zu öffnen – und verliebt sich in Tokio und in Kentaro. Als eine schwere Katstrophe über die Stadt hereinbricht und die Infrastruktur lahmlegt, ist die Stadt nicht mehr wiederzuerkennen. Und Malu muss alles daran setzen, ihre große Liebe in diesem Chaos wiederzufinden ...


Tokioregen hat mich verzaubert. Es hat etwas ganz tief in mir berührt, und das auf so vielen Ebenen. Es ist eines dieser Bücher, bei denen man schon vorher weiß, dass es besonders wird, aber am Ende doch verblüfft ist.

Das Setting ist ein absoluter Traum und was Yasmin Shakarami daraus macht, ebenso. Ihr Schreibstil ist wirklich unfassbar bildlich und atmosphärisch, sie schafft es hervorragend, Tokios Zauber einzufangen und zu transportieren. Und das sage ich, obwohl ich noch nie persönlich dort war. Aber in Tokioregen über die Stadt zu lesen hat mich gleichzeitig fühlen lassen, als wäre ich schon vor Ort, und als müsste ich unbedingt sofort in einen Flieger steigen und dorthin reisen, weil ich es keinen Tag länger aushalte, ohne die Stadt selbst zu erleben. Ich konnte Tokio sehen, fühlen, schmecken, riechen, hören. Und die Orte, die Straßen, die Menschenmassen, die versteckten Ecken, die Lokale – alles wurde wahnsinnig lebendig und hat mich total in seinen Bann gezogen. Ich liebe es so sehr, wenn ein Schreibstil das möglich macht, wenn das Setting mich so komplett in sich aufsaugen kann. In Tokioregen ist das so enorm gut gelungen, dass ich wirklich eine Sehnsucht nach dem Ort entwickelt habe.

Und dann sind da natürlich Malu und Kentaro. Malu ist etwas unsicher, tollpatischg, hat sehr Schweres durchgemacht und ist gewillt, sich trotz allem nicht unterkriegen zu lassen. Sie ist ein nachvollziehbarer Charakter und ich habe schon im ersten Kapitel mit ihr mitgefühlt, als sie sich von dem Chaos am Bahnhof erschlagen fühlte. Es war so schön, sie auf ihrem Weg zu begleiten und mitzuerleben, wie sie immer mutiger wurde, sich immer geborgener fühlte und für das kämpfte, was ihr wichtig ist. Wie sie eine Entwicklung durchmacht und versucht, mit ihrer Vergangenheit Frieden zu schließen.
Kentaro übte von Anfang eine Faszination auf Malu aus – und auf mich. Auch er schleppt durch seine Familie ein Päckchen mit sich rum, aber er ist dabei trotzdem eine totale Frohnatur und wirkt durch seine Offenheit sehr charmant und sehr anziehend. Er hat Malu von Anfang an gerne aufgezogen und den Situationen durch seine Kommentare eine ordentliche Ladung Humor verpasst, was ich sehr genossen hab und mich wirklich häufig zum Schmunzeln gebracht hat. Gleichzeitig scheut er nicht davor zurück, zu seinen Gefühlen zu stehen und ehrlich zu sein, was ich erfrischend fand und es viel öfter (gerade in Jugendbüchern) geben sollte. Kentaro lebt alles irgendwie intensiver und das hat mich absolut mitegerissen.
Die beiden zusammen waren einfach zauberhaft. Ich hab ihr erstes Aufeinandertreffen geliebt, ihre Dialoge, wie sie sich näher kommen, wie sie sich endlich trauen, sich aufeinander einzulassen. Die Dynamik zwischen ihnen war rund und spannend und berührend.

Bevor ich wirklich mit dem Lesen angefangen habe, hab ich erst gedacht, es wäre schön gewesen, wenn die Liebesgeschichte zwischen etwas älteren Charakteren wäre. Aber ganz ehrlich? Kurz nach dem Beginn hat sich der Gedanke direkt verflüchtigt. Zum einen, weil Malu und Kentaro so wie sie waren mit ihren Wünschen, Träumen, Problemen und Gedanken genau perfekt waren und ich mich trotz des Altersunterschieds richtig in die beiden hineinfühlen und -versetzen konnte. Zum anderen, weil es aber auch für Situationen und Konstellationen sorgte, die es mit älteren Charakteren nicht gegeben hätte. Zum Beispiel die heiteren Schulmomente. Oder Malus Gastfamilie. Denn auch die waren unverzichtbare und gleungene Charaktere, die mir sehr gefallen haben. Ein bisschen Teeniedrama gab es zwischen Malu und ihrer Gastschwester auch, aber im guten Maß, und ansonsten fand ich alle sehr liebenswürdig. Sie haben mein Leseerlebnis und Malus Geschichte einfach super vervollständigt. Ebenso wie Kentaros Wahlfamilie, die nochmal völlig neue Dynamiken in die zweite Hälfte des Buches gebracht haben und ernste Momente gut auflockern konnten. Das hat mir wahnsinnig viel Spaß bereitet.

Zu der Katastrophe und den Konsequenzen daraus möchte ich nicht zu viel verraten, aber nur so viel, dass Yasmin es auch hier schafft, das Ganze unglaublich lebendig wirken zu lassen. Zu lesen, was mit Tokio passiert, mit den Menschen, das hat mich bedrückt und schockiert, und ich hatte so ein beklemmendes Gefühl in der Brust. Malus Suche nach Kentaro ist dann gleichzeitig geprägt von Angst, Hoffnung, Schmerz und auch ein bisschen Abenteuer. Diese Sache hat das Buch nochmal ernster und berührender und besonders gemacht und es von einer "normalen" Teenieromanze deutlich abgehoben. Und mich deshalb nochmal stärker mitfühlen lassen.


Yasmin Shakarami hat mit Tokioregen ein fantastisches Buch geschaffen, das mich in seinen Bann gezogen hat. Das Setting und wie es beschrieben wird, ist ein Traum. Malu und Kenatro hab ich einfach ins Herz geschlossen und die gesamte Geschichte hat mich berührt. Für mich ist Tokioregen ein Highlights dieses Jahr. 5 Sterne!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.09.2023

Logische Zeitreise, verblüffende Twists – Must Read!

Stolen Time - Gestohlenes Schicksal
0

New Seattle, 2077: Während Ash und seine Freunde wieder in ihrer Gegenwart gelandet sind, scheint Dorothy verschwunden zu sein. Oder? Noch immer ist die größte Sorge der Zeitreisenden, die Stadt vor dem ...

New Seattle, 2077: Während Ash und seine Freunde wieder in ihrer Gegenwart gelandet sind, scheint Dorothy verschwunden zu sein. Oder? Noch immer ist die größte Sorge der Zeitreisenden, die Stadt vor dem Untergang zu bewahren. Doch ein Gangsterboss, neue Enthüllungen und alte Bekannte sorgen für unerwartete Wendungen ...

Wieso sehe ich diese Reihe nicht überall auf Instagram und co., wieso wird sie nicht mehr gehypt? Im Ernst, Stolen Time ist einfach so eine gute Zeitreisegeschichte, wie ich sie lange nicht erlebt habe, wenn überhaupt! Band 1 hat mich schon total geflasht, und Band 2 steht dem in Nichts nach. – Aber von vorn. Es wird schwer, zu erklären, wieso dieses Buch SO genial ist, ohne irgendwie zu spoilern, aber ich gebe mein bestes.

Der Schreibstil ist wieder super angenehm, ich finde er kombiniert gut eine Leichtigkeit und Einfachheit (ist ja durchaus auch für Jüngere geeignet) mit viel Spannung und genialen Konstruktionen voller versteckter Hinweise. Die Autorin schafft es, dass man die Geschichte fluffig und zügig lesen kann und trotzdem so extrem viel da rausbekommt.
Was natürlich auch an dem Thema Zeitreise an sich liegt. Hier kann ich nur wiederholen, was ich nach Band 1 schon gesagt habe: Ich bin komplett begeistert, wie Danielle Rollins es schafft, dieses Thema logisch und schlüssig aufzubereiten. Denn ich liebe Zeitreisestories, sofern sie denn gut gemacht sind, und leider kann das schnell in die Hose gehen, wenn man sich irgendwo verstrickt und da nicht mehr sinnvoll herauskommt. Hier aber PASST es einfach. In Band 2 haben wir wieder viele Zeitreisen und -sprünge, wir sehen nochmal ein wenig von der Vergangenheit, aber diesmal auch die unfassbar gruselige Zukunft. Und all die Infos, die wir hier und da bekommen, ergeben nach und nach ein stimmiges Bild. Wir erfahren Dinge aus der Vergangenheit, die plötzlich so vieles erklären. Wir erleben Dinge in der Gegenwart, von denen wir bereits wissen, wie elementar sie für die Zukunft sind. Es gab ein, zwei Stellen, die mir während des Lesens irgendwie seltsam vorkamen, als würde da was nicht stimmen. Aber dann später im Buch, kam das fehlende Puzzleteil und auf einmal habe ich verstanden, was mir daran unstimmig vorkam – es war kein Fehler in der Geschichte, es passte PERFEKT in die Logik der Zeitreisehandlung. Sowas muss man erstmal schaffen, dass sich dieses völlig paradoxe Thema der Zeitreisen so sinnvoll zusammenfügt.

Und ich liebe es einfach, wie gut man bei dieser Geschichte Theorien spinnen kann. Wenn man so an den Seiten klebt wie ich, und alles an Brotkrumen aufsaugt, dann kann es gut sein, dass man schon vorher ahnt, in welche Richtung es geht. Aber das mindert keinesfalls die wahnsinnig krassen Twists und Enthüllungen, wenn sie dann kommen. Ich bin ganz ganz großer Fan davon, in Büchern überrascht zu werden, und das hat hier wirklich mehrmals geklappt. Vor allem wieder gegen Ende, als alles so zusammengefügt wurde, dass ich plötzlich mit einem verblüfften "Waaaaaaaaas?" da saß, mehr Fragen als Antworten hatte und mit einem ordentlichen Cliffhanger zurückgelassen wurde. Der mir die Wartezeit wieder unfassbar schwer macht. Ich will unbedingt die neuen Erkenntnisse, die ich auf den letzten 50 Seiten gewonnen habe, zusammenfügen, und bin ganz hibbelig, wie es wohl weitergeht. Also wenn ihr Zeitreise, Plottwists, Überraschungen und einfach unfassbar gut konstruierte, logische und spannende Handlungen mögt, kommt ihr an Stolen Time eigentlich nicht vorbei.

Darüber hinaus find ichs toll, dass die Basis des ganzen unsere kaputte Welt, Klimawandel etc. ist. Es ist nicht einfach "nur" Zeitreise, es ist der Versuch, unsere Welt zu retten. Und dabei ist das Zeitreisethema absolut wissenschaftlich aufgebaut, weniger mystisch, was richtig gut da rein passt. Auch in diesem Band haben wir wieder Tagebucheinträge des Professors zwischen den Kapiteln, die uns neue Informationen und Hinweise für Theorien geben. Und auch der Professor selbst ist weiterhin eine interessante Variable.

Generell mag ich die Charaktere auch echt gern. Es gibt natürlich auch eine Liebesgeschichte, die hier allerdings eher nebensächlich ist, ihr solltet also kein richtiges Romance-Buch erwarten. Das ist hier aber überhaupt nicht weiter tragisch, es ist ein schöner Zusatz zur eigentlchen Handlung, der das ganze noch runder macht. Und die beiden sind durchaus süß und ich erhoffe ein Happy End! Am interessantesten fand ich in diesem Band Roman, denn man wurde im Vorgänger echt neugierig gemacht, was hinter seiner Person eigentlich steckt, und hier baute sich das immer weiter auf. Ich wollte unbedingt wissen, was seine Geschichte ist, und wurde letztlich mehr als einmal überrascht. Aber auch Dorothys Entwicklung hat mich absolut fasziniert, sie hat so eine Wandlung zu Band 1 durchgemacht, und macht das auch innerhalb dieses Bandes, und nachdem, was ich noch so erfahren habe, bin ich extrem neugierig, wohin es mit ihr in Band 3 geht. Ashs Freunde sind hier eher Randfiguren geworden, was zwar etwas schade war, im Zuge der Handlung aber irgendwie Sinn machte. Dafür sind einige neue Charaktere auf der Bildfläche aufgetaucht, die das ganze nochmal in Schwung bringen.
Insgesamt trägt sich dieses Buch etwas mehr über die Handlung als über die Charaktere, aber das Gesamtgefüge funktioniert einfach so, wie es ist!


Ohne groß was inhaltliches aus Band 2 zu verraten, fällt es etwas schwer, hier konkret was anderes zu schreiben als zu Band 1 schon. Denn Band 2 ist aus den gleichen Gründen so genial gut wie Band 1, es knüpft wirklich wunderbar an. Ein Mittelteil, der das Niveau hält – was will man mehr? Wer Stolen Time noch nicht begonnen hat, sollte das jetzt tun. Ich verspreche, es lohnt sich. Auch bei Band 2 kann ich gar nicht anders, als wieder 5 Sterne zu vergeben. Ich brauche dringend Band 3 und bin gleichzeitig jetzt schon traurig, dass es dann vorbei sein wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.09.2023

Herzerwärmende Lektüre

Time to Love – Tausche altes Leben gegen neue Liebe
0

Nach einem katastrophalen Aussetzer bei der Arbeit braucht Leena eine Pause von ihrem Alltag.
Nachdem sich ihr Mann aus dem Staub gemacht hat, braucht Leenas Großmutter Eileen ein neues Abenteuer.
Was ...

Nach einem katastrophalen Aussetzer bei der Arbeit braucht Leena eine Pause von ihrem Alltag.
Nachdem sich ihr Mann aus dem Staub gemacht hat, braucht Leenas Großmutter Eileen ein neues Abenteuer.
Was wäre da besser, als die Leben zu tauschen? Leena zieht aufs Dorf, Eileen nach London. Auf beide wartet eine turbulente Zeit mit Höhen und Tiefen, in der sie so manches zu bewältigen, aber auch zu genießen haben ...

(auf Englisch gelesen)


Mein viertes Buch von Beth O'Leary und ich kann mittlerweile wohl relativ sicher sagen, dass ich die Autorin einfach gut finde. Auch The Switch hat mir wieder gut gefallen. Der Schreibstil liest sich wie gewohnt flüssig und angenehm, emotional und humorvoll und trotz ernster Passagen immer wieder mit Leichtigkeit.

Eileen ist einfach großartig. Eine wirklich fitte, ältere Dame, ziemlich offen und neugierig, nicht auf den Mund gefallen. Sehr sympathisch. Ihre Familie, ihr Dorf, ihre Wurzeln sind ihr enorm wichtig. Und natürlich hatte sie auch unsichere Momente. Aber gleichzeitig hat sie sich absolut auf die Zeit in London eingelassen und im Nu alles umgekrempelt und Neues angestoßen. Das war so toll mitzuerleben und ich hab ihr jeden schönen Moment gegönnt. Gleichzeitig hat sie dort aber auch einiges über sich selbst gelernt und was sie wirklich will.
Leena war auch ein toller Charakter, eindeutig zu gestresst, zu überarbeitet und mit einem großen emotionalen Ballast, den sie noch nicht verarbeitet hat, und der ein wichtiges Thema in dem Buch und in Leenas Interaktionen ist. Ich fand es schön, auch bei ihr die Entwicklung mitzuerleben. Sie hat es etwas schwerer in ihrem "Ersatz-Leben" als ihre Großmutter, aber auch sie schlägt sich nach und nach durch und wächst daran. Insgesamt fand ich die Idee des Tausches und Story um die beiden Frauen (und die Dynamiken) einfach sehr schön und eine super Sommerlektüre!

Ein bisschen hat mir bei The Switch allerdings der Wow-Effekt der anderen Bücher gefehlt, also dieser Moment, wo man begreift, dass es noch viel tiefer geht und noch viel mehr hintersteckt und man einfach geplättet oder zutiefst gerührt ist. Das war hier irgendwie nicht so, es war eine eher "normale" schöne Unterhaltungs-/Sommer-/Liebeslektüre.
Wobei ich – während ich Eileens Liebesgeschichte sehr schön fand – mit der von Leena ein ganz bisschen Probleme hatte. Was sie über ihren Freund gelernt hat bzw. der Punkt mit der Dankbarkeit, den fand ich echt gut. Aber was sich hinterher entwickelt hat, fand ich zu schnell, nicht genügend aufgebaut und konnte ich nicht so richtig nachvollziehen. Das hat für mich da irgendwie nicht so ganz hingepasst, was ich etwas schade fand.


Es war in jedem Fall eine schöne herzerwärmende Lektüre und wieder Mal ein gutes Buch von Beth O'Leary, wenn auch nicht mein liebstes. Gute 4 Sterne von mir!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.09.2023

Zurecht wütend(-machend)

"Wir sind doch alle längst gleichberechtigt!"
0

Die meisten von uns Frauen durften sich sicher schonmal diverse Bullshitsätze à la »Schön, dass dir dein Mann beim Haushalt hilft« oder »Du musst einfach verhandeln wie ein Mann« und dergleichen anhören. ...

Die meisten von uns Frauen durften sich sicher schonmal diverse Bullshitsätze à la »Schön, dass dir dein Mann beim Haushalt hilft« oder »Du musst einfach verhandeln wie ein Mann« und dergleichen anhören. Darüber freut sich vor allem einer, nämlich das Patriachat. Wieso diese Aussagen nicht nur fragwürdig sind, sondern oftmals die Ungerechtigkeiten noch weiter verschärfen, und wie man sie am besten kontert – dafür gibt Alexandra Zykunov uns eine ganze Ladung Argumente und Punchlines.

Dieses Buch schafft es direkt schon beim Titel, dass der Puls in die Höhe getrieben wird, und das zieht sich durchs ganze Buch durch. Daher ist es umso verständlicher, dass die Autorin auch manchmal nicht an sich halten kann und – nachdem sie einen Satz seziert und mit einschlägigen Quellen gekontert hat – hin und wieder ein »Wollt ihr mich eigentlich verarschen?« oder ähnliches aus ihr herausbricht. Generell geht ihr Ton immer wieder auch ins sarkastische, umgangssprachliche, was die Thematik tatsächlich etwas aufgelockert und mich auch mal zum Schmunzeln gebracht hat.

Denn abgesehen davon gibt's bei dem Buch wirklich nicht viel zu Lachen. Auch wenn mir persönlich nicht alle Sätze schon untergekommen sind, so war doch keiner davon neu oder überraschend, und ich hab mich gefreut zu lesen, was die Autorin dazu zusammengesammelt hat. Im Groben sind die einzelnen Kapitel immer gleich aufgebaut: Zunächst erklärt sie, was genau eigentlich das Problem mit diesem Satz ist, also was dahintersteckt und welche Ansichten damit von Generation zu Generation weitergetragen werden. Dann schaut sie mit Hilfe von vielen Quellen, die ihre Aussagen unterstreichen/belegen, auf die aktuelle Lebenssituation von Frauen in dieser Hinsicht, und kommt letztlich ausführlich darauf zu sprechen, wie man mit so einem Satz umgehen sollte. Eine nachvollziehbare, sinnvolle Strukturierung, die sich wie ein roter Faden da durchzog. Die Argumentationen waren stet schlüssig und ich musste ganz viel mit dem Kopf Nicken.

Allerdings hab ich für die Praxis bei mir persönlich zwei kleine Probleme gesehen: Zum einen glaube ich, dass ich das nicht so kohärent und vollständig wiedergeben könnte, wenn ich in so einer Situation stecke. Zum anderen kann ich mir vorstellen, dass trotz aller Belege und Argumente ein Hans-Günther auf der Familienfeier (was eine der stellvertretenden Personas der Autorin war) das einfach abtun würde und mit einem "du übertreibst" dir einfach nicht mehr zuhört. Für mich war es trotzdem enorm lehrreich und augenöffnend, was ich dabei gelernt habe und ich bin sicher, dass das Buch an vielen Stellen helfen kann, weiter zu sensibilisieren.

Ihr Hauptaugenmerk liegt in dem Buch auf Elternschaft und Care-Arbeit. Darum wiederholt sich manches Kapitel auch ein wenig bzw. die Zerlegungen der Sätze bauen etwas aufeinander auf (weil es auch die Bullshitsätze tun). Ich fand es super gut, da so viel drüber zu lesen, weil mir selbst vieles auch noch nicht so im einzelnen klar war und ich einiges neues erfahren habe. Gleichzeitig sind es einfach zwei riesengroße Themen in Bezug auf Frauen, da beides in der Gesellschaft immer noch untrennbar an sie gebunden wird – eins der Hauptprobleme. Und darin hat die Autorin auch in ihrem Alltag die meisten Berührungspunkte, weshalb es logisch ist, dass sie da viel zu sagen hat.

Jedoch hätte ich mir gewünscht, dass sie ihren Fokus etwas ausweitet. Es sind viele Bereiche untern Tisch gefallen, die ebenfalls unbedingt mehr Beachtung brauchen und zu denen ich wirklich gern ebenfalls eine Sezierung gelesen hätte (z.B. Medizin und Diagnostik/Forschung, oder das Stadtbild, Autosicherheit ...). Das hat mir schon gefehlt.


Insgesamt ist »Wir sind doch alle längst gleichberechtigt!« ein zurecht wütend-machendes und sehr wichtiges Buch, das dringend mehr Leute lesen sollten, egal ob sie dem Satz zustimmen würden oder nicht, denn es hilft wohl allen, nochmal besser zu verstehen, was für krasse strukturelle Probleme hinter dem Ganzen stecken und was es zu durchbrechen gilt. Auch wenn ich mir ein bisschen was anders gewünscht hätte, gibt es auf jeden Fall eine Empfehlung von mir! 4-4,5 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere