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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.09.2023

Im Großen und Ganzen für mich nicht "Das Erziehungsbuch des Jahres"aber ganz interessant.

Kindern mehr zutrauen
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Michaeleen Doucleff weiß nicht mehr weiter. Ihre Tochter hat immer wieder Wut - und trotzanfälle und lässt sich einfach nicht mehr beruhigen. Die westlichen Erziehungsmuster scheinen nicht zu funktionieren ...

Michaeleen Doucleff weiß nicht mehr weiter. Ihre Tochter hat immer wieder Wut - und trotzanfälle und lässt sich einfach nicht mehr beruhigen. Die westlichen Erziehungsmuster scheinen nicht zu funktionieren und so sieht sie wie sie selbst mit ihrem Kind nur noch zetert und schimpft. Es endet alles in einem Machtkampf. Das kann und will sie so nicht mehr hinnehmen und beginnt zu recherchieren. Sie stößt auf die Erziehungsstrukturen Indigener Kulturen, beschäftigt sich mit der Erziehung der Maya, der Inuit und der Hadza und kann von jedem etwas für die Erziehung ihrer Tochter mitnehmen. Die Grundaussage bleibt von Kultur zu Kultur gleich. Erziehung ist Teamwork, sollte sowenig Stress und Druck für alle Beteiligten erzeugen wie möglich und dem Kind ermöglichen sein ganzes Potenzial zu entfalten und zu lernen sich in der Gesellschaft zurechtzufinden.

Doucleff lernt Gelassenheit von den Maya, Emotionale Intelligenz von den Inuit, Selbstsicherheit von den Hadza und sieht so wie Erziehung schon seit Jahrhunderten gelingen konnte und auch sie und ihre Tochter davon profitieren können.

Das Buch was ganz interessant. Hauptsächlich lag mein Interesse daran zu erfahren wie Erziehung in anderen Kulturen aussieht. Eigentlich bin ich kein großer Freund von Erziehungsratgebern da ich finde man sollte sich weniger auf Bücher und mehr auf sein Gefühl verlassen, bzw die eigene Kindheit gut reflektieren, aber es war nicht uninteressant zu erfahren wie andere Kulturen ihre Kinder erziehen und wie man diese "Geheimnisse" in die Westliche Erziehung einbinden kann.

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Veröffentlicht am 06.09.2023

Die einzige Konstante meiner Mission war die stätige Veränderung."

Ein Krankenhaus im Kongo
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Robert Kösch erzählt in seinem Buch "Ein Krankenhaus im Kongo" so lebhaft von seiner Zeit als Logistiker für Ärzte ohne Grenzen das man das Gefühl hat dabeigewesen zu sein. Als er die Entscheidung trifft ...

Robert Kösch erzählt in seinem Buch "Ein Krankenhaus im Kongo" so lebhaft von seiner Zeit als Logistiker für Ärzte ohne Grenzen das man das Gefühl hat dabeigewesen zu sein. Als er die Entscheidung trifft in den Kongo zu gehen ist ihm nicht bewusst was er für einen Kulturschock erleben wird.

Er wird Zeuge davon wie Menschen auf eine vermeintliche Hexe losgehen, muss um entführte Kollegen bangen und versucht irgendwie zusammen mit seinen Kollegen im Angesicht von Cholera, schlechtester Infrastruktur und ungewohnten klimatischen Bedingungen ein Krankenhaus zu bauen. Immer wieder merkt er das er mit seinem westlichen Denken nicht weiterkommt und stößt immer wiederholt an seine Grenzen. So nimmt nicht nur der Plan des Krankenhauses Gestalt an sondern Robert merkt wie er sich mehr und mehr verändert.

Doch dann treten plötzlich die ersten Coronafälle auf und die NGOs werden nervös. Die Einheimischen lassen sich nicht wirklich aus der Ruhe bringen da sie schon mit Aids, Cholera und anderen Krankheiten klarkommen müssen. Allerdings beschließen mehr und mehr Kollegen des Internationalen Teams in ihre Heimatländer zurückzukehren und so zerfällt das Team langsam.

Das Buch hat mich sehr beeindruckt. Es war sehr interessant etwas über die Arbeit bei einer NGO und mehr über den Kongo, ein Land das seit Jahrzehnten immer wieder von Konflikten und Krankheiten gebeutelt wird, zu erfahren.

Ergänzt wird der Bericht mit tollen Fotos die einem nocheinmal ein bisschen dad Gefühl geben dabei zu sein und ein Bild von dem Land und der Arbeit vermitteln das nocheinmal visuell verstärkt wird.
Ich kann das Buch wirklich jedem nur ans Herz legen.

"Die Welt lässt sich nur in vielen winzigen Schritten retten, aber auch nur dann, wenn sie uns nicht egal ist."

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Veröffentlicht am 06.09.2023

Erkenne deinen Wert

Anders schön
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Ilka Brühl wurde mit einer Nasen - Lippen - Spalte geboren. Als Kind wurde sie immer wieder beschimpft und ausgegrenzt. In der Pubertät ist  sie dem Selbstoptimierungswahn verfallen bis sie bemerkt hat ...

Ilka Brühl wurde mit einer Nasen - Lippen - Spalte geboren. Als Kind wurde sie immer wieder beschimpft und ausgegrenzt. In der Pubertät ist  sie dem Selbstoptimierungswahn verfallen bis sie bemerkt hat das es um etwas ganz anderes geht. Schritt für Schritt begann nun ihr Weg zu mehr selbstliebe und Akzeptanz. Ein Weg der nicht immer geradlinig und eben sondern steinig und voller Abzweigungen und Kurven war. Heute ist sie selbstständige Autorin und Illustratorin und macht Menschen Mut zu ihrem Anders sein zu stehen. Denn wir sind alle "anders schön" jeder auf seine eigene Weise. Danke @ilkabruehl das du deine Geschichte mit der Welt geteilt und so ein großes Stück dazu beigetragen hast die Welt zu einem Platz mit mehr Toleranz und Akzeptanz zu machen. 

Mich hat besonders beeindruckt mit welcher Ehrlichkeit und Selbstironie Ilka ihre Geschichte erzählt hat. Eine riesen Empfehlung gibt es daher meinerseits.

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Veröffentlicht am 06.09.2023

Überraschend

Viktor
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[TW: Antisemitismus, Nationalsozialismus, Diskriminierung, Gewalt]

"Das wir jüdisch waren, wusste ich von Kind an, nicht aber was es bedeutete. Mein jüdisches Bewusstsein bestand hauptsächlich ...

[TW: Antisemitismus, Nationalsozialismus, Diskriminierung, Gewalt]

"Das wir jüdisch waren, wusste ich von Kind an, nicht aber was es bedeutete. Mein jüdisches Bewusstsein bestand hauptsächlich aus dem vagen Gefühl, dass wir ein unergründliches Geheimnis mit uns herumtragen, ein Geheimnis das auch mir anhaftet, wie eine nicht benennbare angeborene Abweichung, ein zusätzlicher Makel zu all meinen anderen. Erst im Laufe der Zeit fanden sich Schlüssel, die mir unsere in  Mysterien gehüllte Existenz begreiflich machten."
Viktor. S 17f.

Judith Fanto erzählt die Geschichte einer Wiener Familie die ebensogut für viele andere Jüdische Familien nach dem Zweiten Weltkrieg stehen könnten. Man spricht nicht über das Judentum, nicht über die Geschichte und am allerwenigsten über Viktor den gescheiterten, unliebsamen Spross der die Familie enttäuscht hat. Geertje, das jüngste Mitglied der Familie beschließt das sich das ändern muss und begibt sich auf Spurensuche um nicht mehr denken zu müssen das ihr Jüdisch sein ein Makel wäre. Diese Suche führt sie unter anderem nach Polen
So entfaltet sich ihr die Geschichte von Viktor die auch Teil ihrer eigenen ist und sie beginnt den Teil ihrer Identität zu entdecken den ihre Familie ihr ganzes Leben verleugnet hat. Während der Handlung wird immer deutlicher das Viktor alles andere als das schwarze Schaf der Familie war und auch Geertje, die seit sie denken konnte ein Gefühl von unvollständigkeit verfolgte verändert sich sehr.

"Als Kind war ich immer bestrebt gewesen, mein Anderssein auf ein Minimum zu reduzieren, vor allem innerhalb der Familie. Jetzt empfand ich eine innere Leere, einen Mangel an erworbener Identität, und mir wurde klar, dass ein Mensch, der sich im eigenen Stamm nicht zu Hause fühlt, die nicht automatisch anderswo ist." S. 85

Erzählt wird teilweise Geertjes und teilweise Vikrots Geschichte die sich ja aufgrund der Verwandtschaftsverhältnisse durchaus manchmal überschneiden. So wird ein lebhaftes Bild der Wiener Gesellschaft, ein Soziogramm der  jüdischen Gesellschaft und ein Stück Zeitgeschichte gekonnt in eine spannende Romanhandlung verwebt die wirklich wunderbar zu lesen ist,  einem sowohl das Gefühl des damaligen Zeitgeistes sowie auch den Eindruck vermittelt sich unmittelbar in der Geschichte zu befinden zeigt auf wie sich Jahrhundertelanger Internalisierter Antisemitismus auf die betroffenen auswirken kann und welche Folgen das für viele Menschen der Jüdischen Gemeinde haben könnte.
Ein toller Roman mit einem total unerwarteten plottwist.

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Veröffentlicht am 06.09.2023

Was für eine Lebensgeschichte

Ihr werdet mich niemals brechen
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"Das Angola erinnerte an eine Sklaven Plantage, die es früher ja auch einmal gewesen war. Die Insassen waren nach Rassen getrennt; die meisten Gefangenen waren schwarz. Die afroamerikanischen Häftlinge ...

"Das Angola erinnerte an eine Sklaven Plantage, die es früher ja auch einmal gewesen war. Die Insassen waren nach Rassen getrennt; die meisten Gefangenen waren schwarz. Die afroamerikanischen Häftlinge erledigten 99 Prozent der Feldarbeit mit ihren Händen [....]. Die weißen Aufseher ritten auf ihren Pferden die Reihen der Arbeitshäftlinge ab, Gewehre quer über den Sattel gelegt, und brüllen dir Männer pausenlos an : 'Schneller arbeiten, ihr alten Säcke' oder 'Nigger' "

Was hier klingen mag wie aus einem Film über Sklaverei war für Albert Woodfox seine tägliche Realität. Er verbrachte mehr als vier Jahrzehnte im berüchtigten Angola - Gefängnis.
Demütigungen, psychische sowie physische Gewalt durch die Wärter standen dort auf der Tagesordnung die auch immer wieder versuchten die einzelnen Inhaftierten gegeneinander auszuspielen und sich die schwächsten für ihre Gewaltakte und Vergewaltigungen herauspickten. Wie schafft man es in einer Umgebung zu überleben in der alles darauf ausgerichtet ist einen zu demütigen, zu demoralisieren und zu brechen? Um nicht Verstand und Überlebenswille zu verlieren angesichts des Rassismus, der Gewalt und der Menschenunwürdigen Behandlung beschloss Albert Woodfox das er standhaft bleiben muss um nicht unterzugehen. Die Kraft dafür zog er unter anderem aus seinem Glauben an die Black Panther Partie und der zunehmenden Solidarität.

"Ihr werdet mich niemals Brechen" wird zu seinem Leitspruch und seinem Rettungsanker und ist daher auch ein Buchtitel wie er passender nicht sein könnte. Ein unglaublich wichtiges, erschütterndes und berührendes Buch das einem die Augen öffnet, jedoch sicher nichts für zartbeseitete. Ich bin normalerweise jemand der Bücher förmlich verschlingt. Dieses musste ich aber immer wieder kurzzeitig unterbrechen und zur Seite legen weil mich das gelesene so erschüttert hat. Es brauchte immer wieder etwas Zeit um alles sacken zu lassen.

"Ziemlich traurig, dass ich erst ins Gefängnis gehen musste, um zu erfahren, dass es in diesem Land und überall auf der ganzen Welt bedeutende Afroamerikaner gab, und um Vorbilder zu finden die ich doch eigentlich schon in der Schule hätte kennenlernen müssen. " S. 107 f

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