Profilbild von Bibliomarie

Bibliomarie

Lesejury Star
offline

Bibliomarie ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Bibliomarie über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.10.2016

Ein Freundschaftsdienst

Stückerlweis
0

„Stückerlweis“ werden die Toten von den Schienen der Münchner U Bahn geborgen. Es hätten tragische Unfälle sein können, wenn die Unfälle nicht innerhalb kurzer Zeit passiert wären und wenn die Opfer nicht ...

„Stückerlweis“ werden die Toten von den Schienen der Münchner U Bahn geborgen. Es hätten tragische Unfälle sein können, wenn die Unfälle nicht innerhalb kurzer Zeit passiert wären und wenn die Opfer nicht alle Lehrer gewesen wären. Obendrein wird auch bei den Opfern ein Zettel mit der anonymen Ankündigung Du wirst bald sterben gefunden.
Franz Wurmdobler von der Kripo macht sich zusammen mit seinem alten Spezi Max Reintaler, der inzwischen als Privatdetektiv arbeitet an die Ermittlungen.
Wenn man erst mal akzeptiert, dass ein Privatdetektiv aktiv einem Polizistenfreund hilft, dabei amtliche Zeugenbefragungen durchführt und auch sonst wie ein aktiver Polizist agiert, ist die Geschichte sehr schlüssig geschrieben. Akribische Spurensuche, Rückblenden in die Vergangenheit und durchgehend gut beschriebene Aktionen machen den Krimi ausgesprochen interessant und menschlich. Grade in den Rückblenden werden die Figuren besonders lebensnah beschrieben.
Man erfährt auch wieder ein Stückchen mehr aus Raintalers Privatleben und wie die lebenslange Freundschaft zu Franz Wurmdobler begann. Der Humor kommt auch nicht zu kurz, obwohl der Krimi im Ganzen etwas ernster als die früheren Fälle des Max Reintalers angelegt ist.

Veröffentlicht am 16.10.2016

Veilchen muss einstecken

Veilchens Blut
0

Mit „Veilchens Blut“ liegt der dritte Band von Joe Fischlers genialen Krimis um Valerie Mauser, genannt Veilchen vor. Entsprechend hoch war meine Vorfreude und meine Erwartung an das Buch, schließt es ...

Mit „Veilchens Blut“ liegt der dritte Band von Joe Fischlers genialen Krimis um Valerie Mauser, genannt Veilchen vor. Entsprechend hoch war meine Vorfreude und meine Erwartung an das Buch, schließt es doch nahtlos an den Vorgängerband an.
Valerie trifft endlich ihre Tochter wieder, die sie als junge Frau zur Adoption freigegeben hat, Luna steckt bis über den Hals in Schwierigkeiten und Valerie überlegt nicht lange und stürzt sich in die Ermittlungen. Sie muss dabei außerhalb ihrer Kompetenzen agieren und ist ganz auf den loyalen Schmatz angewiesen, der bedingungslos zu ihr steht. Auch Stolwerk steht wieder ganz an ihrer Seite.
Diese Hilfe braucht sie auch dringend, denn sie gerät zusehends ins Visier der Ermittlungsbehörden und wird bald selbst als Verdächtige und sogar als flüchtige Geiselnehmerin gesucht.
Das Buch punktet mit dem vertrauten Personal, aber sonst gibt es nicht viele Ähnlichkeiten zu den Vorgängerbänden. Joe Fischler geht einen neuen Weg und das Buch ist deutlich actionreicher geworden. Es gibt turbulente Verfolgungsjagden auf frisierten Mopeds, diversen exotischen Tieren und was sich sonst noch bewegen lässt. Dazu ganz viel Situationskomik, der für meinen Geschmack zu sehr ins Klamaukhafte abdriftet. Dafür bleiben dieses Mal leider die sonst so schön gezeichneten Figuren auf der Strecke. Das Tempo kann nicht ganz die Lücken in der Logik und im Aufbau der Geschichte überdecken. Die Sprache ist dieses Mal deutlich drastischer und ich vermisste den feinen Witz und den Charme, die Stolwerk und Veilchen sonst auszeichnen.
Ja, ich kann es nicht leugnen, ich war enttäuscht, denn die Geschichte konnte mich einfach nicht richtig fesseln und überzeugen. Ich bin immer noch ein Fan von Veilchen und warte schon sehr gespannt, wie die Reihe fortgesetzt wird.

Veröffentlicht am 13.10.2016

Noch besser als das erste Buch

Die Stille der Lärchen
0

Ein kleines Dorf am Ende eines Tales, die Dorfgemeinschaft verschworen, die Familien seit Generationen auf ihren Höfen ansässig, da kommt eine fremde Familie, baut sich einen Glaskubus in die Berge und ...

Ein kleines Dorf am Ende eines Tales, die Dorfgemeinschaft verschworen, die Familien seit Generationen auf ihren Höfen ansässig, da kommt eine fremde Familie, baut sich einen Glaskubus in die Berge und wird sofort zu Außenseitern stigmatisiert.
Ein junges schönes Mädchen wird erschossen und bei den alten Lärchen in Sichtweise des Hauses der „Eindringlinge“ abgelegt, für die Dorfgemeinschaft, aufgehetzt und geführt vom Pfarrer, ist der Fall klar. Der Sohn des Fremden war‘s, sie wollen Rache und Selbstjustiz. Hier werden die Probleme noch nach alter Art gelöst, diesen Eindruck gewinnt der Kommissar Johann Grauner.
Grauner ist selbst Südtiroler, einer geerdeter Mann, der lieber seinen Hof und seine Kühe versorgen möchte, aber so ein kleiner Bauernhof allein versorgt keine Familie mehr. Ihm zur Seite steht sein Kollege Saltapepe, aus Neapel zur Bozener Polizei versetzt, fühlt er sich weder heimisch, noch glücklich in den Bergen.
Ein großartiger Kriminalroman, den ich nicht mehr aus der Hand legen konnte. Die Suche nach dem Täter und vor allem nach den Motiven ist stark in Szene gesetzt. Die Atmosphäre hat mir ausgesprochen gut gefallen, gleich nach wenigen Seiten hatte ich die Menschen und Orte vor Augen. Besonders gelungen fand ich die Charakterisierung der einzelnen Personen. Die knorrigen Ultener Bauern genauso, wie den schneidigen Süditaliener Saltapepe, für jede Figur findet der Autor eine eigene Stimme. Am besten gefiel mir wieder Johann Grauner, ein nachdenklicher Mensch, der sich tief in Opfer, wie Täter einfühlen kann. Er ist kein Freund von schnellen Urteilen und schnell gefundenen Wahrheiten: „Zweifel, sprach der Commissario leise, nur der Zweifel führt zur Wahrheit“
Waren meine Erwartungen nach dem ersten Kriminalroman von Lenz Koppelstätter schon hoch, sie wurden noch übertroffen!

Veröffentlicht am 10.10.2016

Rauchen kann tödlich sein

Killer-Tschick
0

Die Soko Donau wird zu einem Leichenfund gerufen, eine alte alleinstehende Dame, die Obduktion ergibt eine Vergiftung durch Arsen und Rattengift. Die Frau war eine starke Raucherin und konsumierte meistens ...

Die Soko Donau wird zu einem Leichenfund gerufen, eine alte alleinstehende Dame, die Obduktion ergibt eine Vergiftung durch Arsen und Rattengift. Die Frau war eine starke Raucherin und konsumierte meistens Schmuggelware. In der Wohnung finden sie noch „Tschicks“ – österreichisch für Kippe – die einen hohen Giftgehalt aufweisen. Es wird nicht das einzige Opfer bleiben. Gleichzeitig ermitteln die Beamten bei einer Leiche, die gefoltert und mit hunderten Brandmalen im Prater gefunden wurde. Die Spuren führen zu Lu Dong, einem chinesischen Geschäftsmann, der nicht nur Restaurants betreibt, aber die Politik hält die Hand über ihn, vor allem in der Person von Kommerzialrat Danzenberger.
Penny Lanz und ihre Kollegen kommen üblen Machenschaften auf die Spur, aber noch übler scheint, dass der Gegner wohl immer einen Schritt voraus ist. Wem können sie noch trauen?
Der Krimi hat ein ordentliches Tempo und trickreiche Wendungen, die Handlung steigert sich in Rasanz und Spannung bis zum Schluss. Der Krimi ist lakonisch und witzig durch den Wiener Dialekt. Für alle, die dabei Hilfe brauchen: es gibt jede Menge Fußnoten und ein Glossar. Das Buch ist wirklich flott geschrieben und die Geschichte absolut realistisch, Wirtschaftskriminalität und Bandenkriege spielen auch in der Wirklichkeit eine große Rolle. Besonders in Wien, die Stadt ist schon traditionell ein Schmelztiegel und Einfallstor aus dem Osten. Es macht wirklich Spaß, diesen Roman zu lesen, der von den Figuren an eine bekannte österreichische TV-Serie angelehnt ist.
Lediglich das Coverbild hat mir persönlich nicht so gut gefallen, aber es soll wohl an die Fernsehserie erinnern.

Veröffentlicht am 10.10.2016

Ein besonderes Buch

Brüder für immer
0

„Wenn Du vor mir stirbst, werde ich ein Buch über Dich schreiben“ Mit diesen Worten verabschiedet Quentin seinen geliebten und bewunderten großen Bruder, der in den spanischen Bürgerkrieg zieht.
Julian ...

„Wenn Du vor mir stirbst, werde ich ein Buch über Dich schreiben“ Mit diesen Worten verabschiedet Quentin seinen geliebten und bewunderten großen Bruder, der in den spanischen Bürgerkrieg zieht.
Julian und Quentin Bell wachsen in einer liebevollen und unkonventionellen Familie heran. Die Bindung zwischen den Brüdern ist eng, auch wenn sich der Altersunterschied im Lauf der Zeit immer deutlicher herausstellt. Mit 6 und 9 Jahren hat man viel mehr Gemeinsamkeiten, als mit 13 und 16, aber die tiefe Verbundenheit bleibt der beiden bleibt. Diese Geschichte ist viel mehr als eine Jugendgeschichte. Es geht ums Erwachsenwerden, Erfahrungen und Verletzungen. Wenn es sich bei der Familie um die Künstlerfamilie Vanessa und Clive Bell und Duncan Grant und Schwester und Schwager Virginia und Leonhard Woolf handelt, weiß man, dass es eine besondere Kindheit und Jugend war.
Es ist ein Roman, den Erwachsene mit genauso viel Gewinn lesen können, wie Jugendliche. Rindert Kromhout hat eine einfühlsame Stimme für Quentin Bell gefunden, dass ich fast meinte, Quentin selbst zuzuhören. Wer ein wenig über die Familien weiß, wird sich sofort heimisch fühlen. Mit Virginia Woolf als Tante ist der Lebensweg als Schriftsteller für Quentin vorgezeichnet, vor allem wenn man als Kind so liebevolle Förderung erfährt.
Es war allerdings mehr ein Familienroman über die bedeutenden Mitglieder der Bloomsbury Group, als nur über Julian und Quentin. Die Beziehungen der Erwachsenen untereinander, die künstlerische Entwicklung und Erfolge als Maler, Schriftsteller und Verleger nehmen einen großen Raum ein.
Ich habe das Buch einfach nur fasziniert gelesen, auch wenn es ein Roman ist, es spiegelt die künstlerische Aufbruchsstimmung der 20iger/30iger Jahre wieder und ist ein Leseerlebnis für junge Menschen und Erwachsene.
Ein wirklich besonderes Buch.