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Veröffentlicht am 25.01.2021

Schweinerei

Der Tod lässt kein Schwein kalt
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Odette Ernestine Montebello – ein guter Name ist für eine Schauspielerin schon die halbe Miete – ist frustriert. Trotz ihrer jahrzehntelangen Erfahrung, sie hat 250 Mal eine Tatort-Leiche gegeben, gibt ...

Odette Ernestine Montebello – ein guter Name ist für eine Schauspielerin schon die halbe Miete – ist frustriert. Trotz ihrer jahrzehntelangen Erfahrung, sie hat 250 Mal eine Tatort-Leiche gegeben, gibt es keine Rollen mehr für sie. „Zu alt“ lautet das vernichtende Urteil ihres Agenten.

Odette beschließt ihre Lebenshaltungskosten zu verringern und zieht in ein recht abgeschiedenes Schweizer Tal, wo sie sich ein kleines Chalet gekauft hat. Der Neustart auf dem Land verläuft nicht so erfolgreich, wie erwartet. Sie versteht den Dialekt der Dorfbewohner nicht, die sie für ein Wesen aus einer anderen Welt halten und der Mitarbeiter von der Arbeitsagentur verzweifelt an den erfolglosen Vermittlungsversuchen.

Doch dann findet Odette ausgerechnet in ihrem Vorgarten die Leiche eines Jugendlichen. Ein Unfall konstatiert der Dorfpolizist und ignoriert sämtliche Hinweise und Spuren. Ganz besonders die Gefühle und Beobachtungen der einzigen Zeugin: Persephone, das feinfühlige Wollschwein ihres Nachbarn. Seit dieser Nacht ist Persephone nicht mehr glücklich und Bauer Anton und Odette raufen sich zusammen, um den Mord aufzuklären.

Es gibt schon eine ganze Menge kurioser Ermittlerpaare, Odette, Anton und Persephone setzen da noch eins drauf. Die kuriose Konstellation zieht sich durch den ganzen Roman, den ich weniger als Krimi, sondern eher als handfeste Posse einordne. Die Witze sind bisweilen derb, ländlich direkt und wenn ein Schwein die Hauptrolle spielt, durchaus geruchsintensiv.

Wenn man als Leser sich davon nicht abschrecken lässt, kann man den speziellen Humor auch mit Augenzwinkern genießen. Ich musste einige Male hell auflachen, zu komisch ist die Annäherung zweier so unterschiedlicher Charaktere. Und wenn Odette statt Leichen zu spielen, sich als moldawische Putzfrau ausgibt, kann man ihr schauspielerisches Talent erahnen.

Eine Schweizer Krimi-Posse mit ländlichem Charme und sehr viel Situationskomik, den die Autorin trefflich einsetzt.

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Veröffentlicht am 25.01.2021

Fantasievoll

Señor Herreras blühende Intuition
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Ein Autor zieht sich zur kreativen Pause in ein andalusisches Kloster zurück. Nicht nur um wieder Ruhe in sein Leben zu bringen – seine Yogamatte hat er natürlich dabei – sondern um auch Anregungen für ...

Ein Autor zieht sich zur kreativen Pause in ein andalusisches Kloster zurück. Nicht nur um wieder Ruhe in sein Leben zu bringen – seine Yogamatte hat er natürlich dabei – sondern um auch Anregungen für seinen geplanten Roman zu finden, der just in einem Frauenkloster spielen soll. Seine Idee, eine junge Frau dort Schutz suchen zu lassen, wird plötzlich Realität. Darauf weist ihn zumindest Señor Herrera, der Koch und Gästebetreuer des Klosters hin, der ihm von der geheimnisvollen Schwester Ana Maria, einer attraktiven Blondine im Kloster erzählt.

Überhaupt steht Señor Herrera der Erholung sehr im Weg, nicht nur weil seine Leidenschaft fürs Kochen seine Fähigkeiten bei weitem übersteigt, auch scheint er Schritt und Tritt über seinen Gast zu wachen und Einfluss auf Renz‘s Romanentwurf zu nehmen. Herrera beherrscht die Situation und das Entrinnen ist schwierig, dabei würde Renz doch nur gerne wieder einmal eine genießbare Mahlzeit zu sich nehmen.

Eine Geschichte in der Geschichte, die den Leser immer im Unklaren lässt, auf welcher Ebene man sich gerade befindet, ist kein neuer Kunstgriff. Aber es macht immer wieder Vergnügen darüber zu lesen. Auch wenn ich fand, dass es hier nicht den ganzen Roman über funktionierte, habe ich mich trotzdem gut unterhalten. Dafür sorgt schon die Konstellation zwischen dem sehr direktem Señor Herrera und dem bemüht höflichen und rücksichtsvollen Schriftsteller, was zu ulkigen Szenen und viel Situationskomik führt. Schriftsteller Renz fühlt sich in der Falle und seine Versuche das Kloster zu verlassen, endet immer wieder im Chaos und in der unfreiwilligen Rückkehr ins Kloster.

Ein unterhaltsamer Roman mit witzigen Ideen und skurrilen Figuren der mir Spaß gemacht hat.

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Veröffentlicht am 22.01.2021

Annäherung an den Vater

Vati
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Monika Helfer hat in ihrem autobiografischen Roman ihren Vater zum Mittelpunkt gemacht. Josef ist ein stiller Mann, der Krieg hat ihm viele Pläne zunichte gemacht und ein Bein genommen. Aber sein Streben ...

Monika Helfer hat in ihrem autobiografischen Roman ihren Vater zum Mittelpunkt gemacht. Josef ist ein stiller Mann, der Krieg hat ihm viele Pläne zunichte gemacht und ein Bein genommen. Aber sein Streben „etwas zu werden“ glimmt immer weiter. Schließlich war er der erste seiner Familie der aufs Gymnasium konnte, doch kurz vor dem Abitur wurde er noch eingezogen. Geheiratet hat er die Krankenschwester, die ihn nach der Kriegsverletzung pflegte, eine stille, aber wohl glückliche Ehe aus der sechs Kinder hervorgingen.

Vati und Mutti sollten die Kinder sagen, denn das klingt modern und die neue, moderne Zeit gilt etwas für Josef. Bücher liebte er, den Geruch, das Haptische, das Sinnliche daran. Das brachte ihn sogar einmal fast an den Rand der Legalität.

Monika Helfer teilt ihre Erinnerungen mit uns, in kleinen Episoden und Anekdoten, in Rückblenden und Deutungsversuchen lässt sie die Nachkriegszeit, den beginnenden Wohlstand lebendig werden. Wo ihre Erinnerungen nicht reichen, teilen die Geschwister, die Stiefmutter ihre Gedanken mit.
Daraus wurde ein schönes Buch, das mir richtig nahe ging, weil ganz unvermutet immer das Bild meines eigenen Vaters aufblitzte.

Eine Hommage an den Vater und eine gelungene Fortsetzung zu Monika Helfers erstem autobiografischen Roman „Bagage“.

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Veröffentlicht am 21.01.2021

Ein beachtliches Debüt

Das Verschwinden der Erde
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Julia Phillips‘ Debüt „Das Verschwinden der Erde“ hat ein großes Echo gefunden. Immer wieder sehe ich Besprechungen und Interviews und ganz offensichtlich hat das Buch auch einen hohen Werbeetat bekommen. ...

Julia Phillips‘ Debüt „Das Verschwinden der Erde“ hat ein großes Echo gefunden. Immer wieder sehe ich Besprechungen und Interviews und ganz offensichtlich hat das Buch auch einen hohen Werbeetat bekommen. Der Verlag hat einige Pressestimmen abgedruckt und so bezeichnet es die Los Angeles Review of Books als „ausgeklügelten und kraftvoller literarischenThriller“. Das weckt ganz bestimmte Vorstellungen und ich fürchte, das wird einige Leser enttäuschen.
Die Autorin wählte die Kamtschatka als Setting für ihren Roman. In einzelnen Kapiteln, die nach Monaten geordnet sind, erzählt sie vom Verschwinden zweier kleinen Mädchen und was das bei den Bewohnern auslöst. Jedes Kapitel widmet sich einem Personenkreis, der irgendwie und weit verzweigt auch damit zu tun hat, ob es eine Zeugin ist, Nachbarn oder nur Bewohnern der Hauptstadt oder kleiner dörflicher Siedlungen weit im Norden. Im letzten Kapitel bekommen auch die Betroffenen eine Stimme. Manche dieser Figuren treten auch als Randfiguren in anderem Zusammenhang in Erscheinung, so dass sich allmählich ein Muster herausschält.
Auffällig ist das Zusammenleben zwischen Russen, die auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in der Kamtschatka geblieben sind und den Ureinwohnern der Halbinsel. Beide Bevölkerungsgruppen scheinen sich argwöhnisch gegenüber zu stehen, auch wenn es immer wieder mal Verbindungen gibt. So ist zum Beispiel Ksjuscha, die es aus ihrem Dorf an die Uni geschafft hat und die mit dem übergriffigen Russen Ruslan befreundet und sogar stolz darauf ist, dass er sie auf Schritt und Tritt überwacht. Zwar fühlt sie manchmal dieses emotionale Gefängnis, aber so richtig ausbrechen möchte sie nicht, auch wenn ein indigener Volkstänzer ihr Interesse weckt. Auch bei anderen Frauenfiguren fällt mir diese Schicksalsergebenheit auf und Ausbrüche kommen nur in Form von vermehrten Wodkakonsum oder halbherzigen Fluchten vor, doch spürt man eine innere Stärke und Kraft. Die Zerrissenheit der Menschen, ihre innere Isolation wird dem Leser auch zwischen den Zeilen überdeutlich. Das hat vielleicht mit dieser einsamen, arktischen Halbinsel zu tun, die lange das Territorium sowjetischer Spione und für Besucher gesperrt war.
Trotz der Struktur des Romans lässt sich das Buch leicht lesen, hat mich in Bann gezogen und berührt. Kein überflüssiges Wort, keine überflüssige Nebenhandlung, alles hat Bedeutung und fügt sich zum Ende, ohne das die Autorin einen fertigen Schluss anbietet. Auch nach der letzten Seite bleibe ich noch in dieser Geschichte und lasse meinen Gedanken freien Lauf.

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Veröffentlicht am 14.01.2021

Ms Walker ermittelt

Die Jägerin
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Ich kenne gar nicht so viele australische Krimis, deshalb hat mich der Titel von Tara Moss, „Die Jägerin“ sofort angesprochen. Die Protagonistin Billie Walker war Kriegsberichterstatterin und nach Ende ...

Ich kenne gar nicht so viele australische Krimis, deshalb hat mich der Titel von Tara Moss, „Die Jägerin“ sofort angesprochen. Die Protagonistin Billie Walker war Kriegsberichterstatterin und nach Ende des Kriegs eröffnet sie die Detektei ihres verstorbenen Vaters wieder. Anfangs erschien sie mir wie eine Schwester von Miss Phryne Fisher, aber schnell wird klar, Billie ist zwar genauso modebewusst, aber härter und professioneller. Ihr kleines Detektivbüro wirft noch nicht allzu viel ab. Im Jahr 1946 sitzt auch in Sydney das Geld nicht so locker. Die Kriegsfolgen sind überall spürbar, auch Billie hat ihren Liebsten in Europa verloren.

Als Mrs Brown den Auftrag erteilt ihren verschwundenen 17järigen Sohn zu suchen, scheinen wenigstens einige Tage die Einkünfte gesichert. Aber bald stellt Billie fest, dass hinter Adins verschwinden sehr viel mehr steckt. Zusammen mit ihrem Assistenten Sam sticht Billie in Wespennest von Kriegsgewinnlern und Gangstern, die offensichtlich von einzelnen korrupten Polizisten geschützt werden.

Ich war begeistert. Ein intensiver Fall und ein toll ausgedachter Plot, dazu der Erzählstil von Tara Moss, der mich sofort gefesselt hat. Die Autorin lässt sehr viel Geschichte in ihren Krimi einfließen und immer wieder fiel mir auf, dass sie auch die Behandlung der Aborigines durch die Regierung sehr kritisch hinterfragt. So versucht sie ihrer Informantin Shyla zu helfen, ihren Bruder zu finden. Den Aborigines wurden die Kinder weggenommen, um sie „christlich“ zu erziehen, was nur bedeutete, dass sie in Waisenhäuser gesteckt wurden und mit 13 oder 14 als billige Arbeitskräfte in die Fabriken und Bergwerke oder als Dienstmädchen vermittelt wurden. Auch das wird ein spannender Handlungsstrang, der plötzlich auch Verbindungen zu Billies aktuellem Fall zeigt.

Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, die vielschichtige Handlung hat mich in Bann gezogen. Hier stimmt wirklich alles, Hintergrund, Spannungsbogen und Protagonisten sind perfekt gelungen.

Ich hoffe, dass es für Billie Walker noch einige Fälle zu klären gibt, denn ich möchte von der Autorin unbedingt noch weitere Krimis lesen.

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