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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.07.2020

Jeder Tag ist kostbar

Kostbare Tage
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Wieder lässt der Autor den Leser am Leben der amerikanischen Kleinstadt Holt teilhaben. Im Mittelpunkt steht der Dad Lewis, sein ganzes Leben Eisenwarenhändler im Städtchen. Sein Leben geht nun zu Ende. ...

Wieder lässt der Autor den Leser am Leben der amerikanischen Kleinstadt Holt teilhaben. Im Mittelpunkt steht der Dad Lewis, sein ganzes Leben Eisenwarenhändler im Städtchen. Sein Leben geht nun zu Ende. In den letzten Tagen sind seine Frau Mary und seine Tochter Lorraine an seiner Seite, auch Nachbarn und Freunde begleiten ihn.

Von ihren Wünschen und Enttäuschungen erzählt dieses Buch. Immer in einer nur vordergründig einfachen Sprache. Aber das ist die große literarische Kunst des viel zu früh verstorbenen Autors.

Mit großer Empathie begegnet Haruf seinen Protagonisten und das hat mich tief berührt und ich bin sicher, kein Leser wird sich diesem Buch ganz entziehen können. Wenn der immer schwächer werdende Lewis sich an glückliche Zeiten und große Enttäuschungen erinnert, wenn er den Bruch mit seinem Sohn bedauert und sein Leben Revue passieren lässt, bin ich ganz an seiner Seite.

Wie immer in den Holt-Romanen erzählt der Autor auch episodenhaft von Menschen, die im Ort leben und ihn prägten. Da ist die alte Dame, die ihr verwaistes Enkelkind aufnimmt, die ältliche Lehrerin, die nach einer großen Enttäuschung wieder bei der Mutter lebt und alle finden allmählich zu einem inneren Frieden.

Auch zeitgeschichtliches klingt an, wenn der Pfarrer vom Lucas-Evangelium predigt und den Friedensgedanken in den Vordergrund rückt, wo die meisten Bürger dem beginnenden Irak-Krieg voller Patriotismus sehen.

Ich habe schon andere Bücher des Autors gelesen und auch wenn ich einen anderen Favoriten habe, so ist es doch ein Buch das sich unbedingt zu lesen lohnt.

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Veröffentlicht am 07.07.2020

#allesbio

Soja nun auch nicht
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Zusammen mit Kollegin Kommissarin Lükka Tammling wird Roman Sturm zu einem Einsatz ins Watt gerufen. Die auflaufende Flut zwingt Roman die Leiche sofort zu bergen, was ohne die Hilfe von Jungbauer Noah ...

Zusammen mit Kollegin Kommissarin Lükka Tammling wird Roman Sturm zu einem Einsatz ins Watt gerufen. Die auflaufende Flut zwingt Roman die Leiche sofort zu bergen, was ohne die Hilfe von Jungbauer Noah Poppinga böse ausgehen hätte können. Poppinga, ein Friese wie aus dem Bilderbuch hat sich auf seinem Ökohof ganz dem Erhalt und der Kultivierung von alten Gemüsesorten verschrieben und hat inzwischen schon einen guten Ruf in der Szene. Sehr zum Missfallen alteingesessener Landwirte.

Für Sturm hat Poppinga auch noch die Lösung eines familiären Problems parat. Seine ein wenig verpeilte Schwester, braucht dringend eine Bleibe und der große Hof bietet sich an. Gegen Kost und Logis soll Clara den Hofladen auffrischen und auch sonst ein wenig Schwung in den Laden bringen. Genau das Richtige für sie, denn ihre Karriere als Influencerin für Beautyprodukte dümpelt ziemlich vor sich hin. Hier kann sie sich einbringen und ohne dass es Noah Poppinga gewahr wird, macht Clara den alten Hof zum Mittelpunkt ihrer sehr erfolgreichen Kampagne. Aber dann überschlagen sich die Ereignisse.

Der Krimi aus Ostfriesland beginnt recht turbulent und vergnüglich und wird dann schnell zur spannenden Mördersuche. Wobei Clara ganz ungewollt eine Lawine lostritt. Familienfehden, Veganer gegen Landwirte, Sojagegner gegen Veganer – auf dem Ökohof ist nicht nur heile Welt.

Die Autorin hat eine ganze Menge Weltanschauungen in ihren Plot verpackt und lässt ganz wertungsfrei die Meinungen aufeinander prallen. Dadurch sind die Figuren auch recht vielschichtig angelegt, auch bei Sympathieträgern gibt es befremdliche Charaktereigenschaften. Das fand ich ganz unterhaltsam zu lesen. Auch die eingefügten Online-Beiträge von Clara und die Reaktionen ihrer Follower gehören zu diesem Krimi und zeigen, wie leicht beeinflussbar die Menschen geworden sind. Das ist wirklich realistisch und brandaktuell.

Am Ende löst sich der Fall sehr überraschend und logisch, aber nicht unbedingt erfreulich für Kommissar Roman Sturm.

Mal ein anderes Thema für einen Krimi, der sich von mir 3 gute Sterne verdient hat.

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Veröffentlicht am 06.07.2020

Frisch gezapft und gemordet

Weißbier-Requiem
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Konrad Haslinger will sein erstes Bier-Wellness-Hotel eröffnen und zu diesem Anlass ein frisch gebrautes Weißbier kredenzen. Doch da sein Braumeister ausfällt, soll Alfred Sanktjohannser, kurz der Sanktus, ...

Konrad Haslinger will sein erstes Bier-Wellness-Hotel eröffnen und zu diesem Anlass ein frisch gebrautes Weißbier kredenzen. Doch da sein Braumeister ausfällt, soll Alfred Sanktjohannser, kurz der Sanktus, einspringen. Als kleines Dankeschön, darf er mit Familie anreisen und gleich die Annehmlichkeiten genießen. Doch daraus wird nichts. Denn schon am ersten Festabend spürt Sanktus große Spannungen unter den Gästen und am Morgen sieht er den Haslinger tot im Pool treiben. Doch bis er die Polizei informieren kann, ist die Leiche spurlos verschwunden.

Als muss wieder einmal der Sanktus ran! Zusammen mit seinem Spezl, dem Graffiti begibt er sich auf Spurensuche.

Der neue Krimi um den Bierspezialisten Sanktus und seinen ganz besonderen Ermittlungsmethoden – süffig wie eh und je. Wieder ein ausgefuchster Plot um Bier und Brauwesen und die Eitelkeiten hinter der vorgeschobenen Trachtenseligkeit. Der Autor kennt sein Thema und es macht Spaß, mit ihm den Dialektausflügen zu folgen, ob das Fränkisch eines Polizeibeamten oder die bodenständige bayrische Mundart von Sanktus und seinen Freunden. Wer nicht alles versteht, muss nicht verzweifeln: im Anhang gibt es eine ausführliche Worterklärung.

Für manche Leser ist vielleicht der besondere Sprachstil gewöhnungsbedürftig, denn ganz wie im Gespräch wird manchmal auf das Verb verzichtet. Das ergibt eine sehr unmittelbare, originelle Sprache bei den Dialogen und da nur sehr dosiert eingesetzt – auch Sprachspaß.

Der Sanktus hat ja nun schon einige Fälle lösen können und ist im Lauf der Jahre nicht nur zum Ehemann und Vater, sondern auch zum erfolgreichen Craft-Brauer geworden und in seinem Bierwerkel würde ich nur allzu gern mal seine Sorten verkosten. Allerdings muss man nicht die Vorläufer kennen oder in Chronologie lesen, um mit dem Weißbier-Requiem seinen Krimispaß zu haben.

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Veröffentlicht am 06.07.2020

Mörderspiel

Mord mit Brief und Siegel
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Leahs Großmutter hat einen Internet-Wettbewerb gewonnen und darf nun ein Krimiwochenende genießen. Eine edle Einladung auf Bütten und gesiegelt lässt die Erwartungen steigen. Da man eine Begleitperson ...

Leahs Großmutter hat einen Internet-Wettbewerb gewonnen und darf nun ein Krimiwochenende genießen. Eine edle Einladung auf Bütten und gesiegelt lässt die Erwartungen steigen. Da man eine Begleitperson mitbringen darf, wählt sie ihre Enkelin, die als ehemalige Polizistin und nun Privatdetektivin alle Voraussetzungen für ein Krimirätsel mitbringt.

Geheimnisvoll werden die Teilnehmer auf ein Landgut gelotst und bekommen ihre Aufgabe: ein alter Mordfall soll gelöst werden, auf den Gewinner wartet ein Preisgeld und die anderen haben einen luxuriösen Aufenthalt. Für das Wochenende wird die Verbindung zur Außenwelt gekappt, kein Telefon, kein Internet und das Eingangstor zur Villa verschlossen. Aber aus dem Spiel wird Ernst, als der Gastgeber am nächsten Morgen ermordet in seinem Bett liegt.

Cluedo in Buch- und Höchstform, da rätselt man Leser sofort mit, sucht nach Spuren und überlegt, wer hier ein falsch spielt. Von einem Teilnehmer weiß der Leser, das wird gleich zu Beginn enthüllt, aber umso spannender werden die Hintergründe. Leah muss auf ihren Partner Louis verzichten, aber die Nonna ist auch nicht ohne.

Ich hatte keine Schwierigkeiten mich in die Geschichte einzufinden, auch wenn das mein erstes Buch mit Leah und Louis ist. Wobei es mich schon interessiert hätte, warum Leah nicht mehr bei der Polizei ist und wie sie ihre frühere Ehe so problemlos in eine Freundschaft gewandelt haben.

Der Plot ist eine originelle Variation des klassischen Krimirätsels vom Mord in abgeschlossener Umgebung und es macht Spaß sich auf Spurensuche zu begeben.

Der angenehm lockere Stil und der bis in die Rahmenhandlung gut durchdachte Aufbau haben mir gefallen und einen unterhaltsamen Krimi beschert, vor allem weil ich bis zum Schluss im Dunkeln tappte.

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Veröffentlicht am 03.07.2020

Ein christliches Heim

Staub zu Staub
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Während des Zweiten Weltkriegs war Siem Coburg im Widerstand gegen die Nazibesetzer der Niederlande. Dort fand er auch seine große Liebe Rosa, mit der an gefährlichen Untergrundaktionen teilnahm. Der Krieg ...

Während des Zweiten Weltkriegs war Siem Coburg im Widerstand gegen die Nazibesetzer der Niederlande. Dort fand er auch seine große Liebe Rosa, mit der an gefährlichen Untergrundaktionen teilnahm. Der Krieg ist zu Ende, Rosa lebt nicht mehr und in die Bevölkerung möchte nach vorne schauen, viele Mitläufer sitzen wieder in guten Positionen und für einen entwurzelten Widerstandskämpfer findet sich kein Platz. So lebt Siem einsam und verwahrlost auf einem alten Hausboot.

Bauer Tammens bittet ihn um Hilfe, sein geistig behinderter Sohn ist in einer katholischen Pflegeeinrichtung zu Tode gekommen. Er glaubt nicht an einen natürlichen Tod und Siem hat Tammens gegenüber noch eine Schuld abzutragen, während des Kriegs hatte der Bauer in auf seinem Hof versteckt.

Als Journalist getarnt, besucht er das Kloster in dem die Einrichtung untergebracht ist und bekommt anfangs bereitwillig oberflächliche Auskünfte, aber bald spürt er die Mauer des Schweigens in und außerhalb der Klostermauern. Das ganze Dorf ist vom Kloster, dem einzigen Arbeitgeber, abhängig und mit dem Abt legt man sich besser nicht an.

Das Buch wird als Kriminalroman beworben und mit der Erwartung eines spannenden Krimis mit historischem Hintergrund bin auch ans Lesen gegangen. Aber durch diese Einschätzung kam ich nur schwer und langsam ins Buch. Siems Erinnerungen an den Widerstand, an Kollaborateure und Verrat werden in Rückblenden in die Handlung einbezogen. Außerdem lernen wir auch einen Klosterbruder näher kennen, der bereits im Ersten Weltkrieg die Schrecken der Schützengräben hautnah erlebte und aus dessen Tagebuch Auszüge ebenfalls in das Geschehen verflochten wird.

Als ich mich von der Erwartung an einen Krimi löste, hat die Geschichte mich durchaus gepackt und gefesselt. Felix Weber schreibt anspruchsvoll und sehr stimmig. Das düstere Kloster mit dem Kinderheim, die Differenzen der Brüder untereinander und das schweigende Dorf ergeben eine dunkle, unheilvolle Atmosphäre.

Im Anhang erfährt der Leser, dass der Autor durch einen Bericht über ein reales Pflegeheim für behinderte Kinder inspiriert wurde und die Erläuterungen zur niederländischen Besatzungszeit und zum Widerstand haben mich sehr interessiert, da ich bisher nur sehr wenig über die Niederlande in diesem Zusammenhang wusste.

Ich kann verstehen, dass Buch in den Niederlanden mit dem bedeutendsten Krimipreis ausgezeichnet wurde, denke aber, dass durch Einordnung ins Krimi-Genre viele Leser mit falschen Erwartungen an das Buch herangehen werden.

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