Profilbild von Bibliomarie

Bibliomarie

Lesejury Star
offline

Bibliomarie ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Bibliomarie über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.12.2021

Aufruhr in Bad Vöslau

Mord in Bad Vöslau
0

Im Debüt von Norbert Ruhrhofer vereinigt sich Krimi und Geo Caching auf originelle Weise.

Das Kurstädtchen Bad Vöslau im Speckgürtel Wiens ist der Schauplatz. Beim alljährlichen Kurstadtlauf gibt es einigen ...

Im Debüt von Norbert Ruhrhofer vereinigt sich Krimi und Geo Caching auf originelle Weise.

Das Kurstädtchen Bad Vöslau im Speckgürtel Wiens ist der Schauplatz. Beim alljährlichen Kurstadtlauf gibt es einigen Aufruhr gegen den örtlichen Bauunternehmer der das altehrwürdige Thermalcafé abreißen und stattdessen einen Appartmentkomplex hochziehen will. Es fliegen faule Eier und Tomaten. War diese Aufregung für den herzkranken Waldemar Lieblich zu viel? Er stürzt mit einem Herzinfarkt aus dem Rollstuhl, selbst die engagierten Reanimierungsversuche des Nachbarn Schöberl, der neben dem Ehepaar Lieblich stand, sind erfolglos.

Alle glauben an einen natürlichen Tod, allerdings will die Dorfklatschtante Katzinger blauer Funken gesehen haben und sie animiert das Ehepaar Pokorny zu privaten Ermittlungen.

In diesem Regionalkrimi gibt es fast nur ausgesprochen skurrile und schrullige Figuren. An ihrer Spitze die Frau Katzinger, die Penetranz und Neugierde zu ihrem Markenzeichen machte. Die Revierleiterin Ottilia Wehli, meist nur als O-Weh bezeichnet, vereinigt Ignoranz und Dummheit und macht damit dem Inspektor Sprengnagl das Leben schwer.

Mir sind die Figuren zu abgedreht ausgefallen. Ich liebe Schrulligkeit in einem Regionalkrimi, das ist oft das Salz in der Suppe, aber hier war es zu überzeichnet. Und das wurde auch durch die Wiederholungen nicht origineller, dass Pokorny ein Freund von Lebensmitteln ist und deshalb mit seinem Übergewicht und seinem E-Bike kämpft, muss nicht in jedem Kapitel erwähnt werden. Ignorante Vorgesetzte sind ja fast schon ein Muss im Krimi, aber die Dummheit der O-Weh ist zu übertrieben geraten.

Ansonsten fand ich die Beschreibungen von Bad Vöslau sehr schön, man kann sich gleich ein Bild der Örtlichkeiten machen und witzig fand ich, dass es alle erwähnten Schauplätze gibt. Wer Spaß am Geo-Caching hat, kann sich gleich mit auf Schatzsuche begeben.

Ein unterhaltsamer Regionalkrimi der mit österreichischen Charme punktet, ich liebe dialektgefärbte Dialoge und finde es schön, dass nicht alles „eingedeutscht“ wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.11.2021

Die chinesischen Jahre der Emily Hahn

Sehnsucht nach Shanghai
0

„Wann immer sich mir die Gelegenheit bot, habe ich unbewusst den Weg eingeschlagen, der ins Ungewisse führte.“

Dieses Zitat der amerikanischen Journalistin Emily Hahn beschreibt ihr Lebensmotto. Eine ...

„Wann immer sich mir die Gelegenheit bot, habe ich unbewusst den Weg eingeschlagen, der ins Ungewisse führte.“

Dieses Zitat der amerikanischen Journalistin Emily Hahn beschreibt ihr Lebensmotto. Eine selbstbewusste, Abenteuer liebende Frau, neugierig auf fremde Kulturen und Menschen ist. Das Shanghai der 30ger Jahre ist das Ziel einer Reise, die sie mit ihrer Schwester Helen unternimmt. Shanghai hatte zu dieser Zeit den Beinamen „Paris des Ostens“ trägt. Luxuriöse Einkaufsmeilen und Hotels locken die Reichen aus dem Westen an. Eine Landmarke ist das Cathay Hotel, in dem die beiden Damen die erste Zeit logieren und Emily mit dem Besitzer Victor Sassoon eine besondere Verbindung haben wird.

Aber schon bald möchte Emily das wahre Shanghai kennenlernen und sucht sich eine Wohnung inmitten der Stadt. Sie hat inzwischen den chinesischen Verleger und Schriftsteller Zau Sinmay kennengelernt und sich in den verheirateten Mann verliebt. Als Helen in die Staaten zurückkehrt, bleibt Emily in Shanghai und beginnt ihre Reportagenreihe für das amerikanische Magazin „The New Yorker“. Sie wird eine Institution in der Stadt, immer mit ihren kleinen Gibbons unterwegs, sieht man sie auf den angesagten Festen. Ihre Affäre mit Zau Sinmay verleiht ihr einen verruchten Nimbus. Ihr Wunsch nach einem gemeinsamen Kind bleibt unerfüllt. Selbst als die Situation in Shanghai durch den Überfall der Japaner bedrohlich wird, harrt sie dort aus und steht der Familie Sinmays zur Seite.

Die Romanbiografie der Schriftstellerin Luo Lingyuan hat mich mit dieser außergewöhnlichen Frau bekannt gemacht. Das wird von der Autorin sehr bildhaft in inszeniert. Obwohl ich anfangs nicht viel Sympathie für Emily Hahn entwickelt habe, fand ich diesen Roman eines Lebens spannend und mitreißend erzählt. Shanghai ist eine prächtige Kulisse und die Beschreibungen der Stadt sind großartig. Sehr informativ waren die Beschreibungen der unterschiedlichen Kulturen, die in der Stadt aufeinander prallen. Die Denkweise der Chinesen die sich komplett von den westlichen, meist amerikanischen Bewohnern unterscheiden und Emily als Grenzgängerin mittendrin.

Eine farbige und lebhafte Schilderung, bei der ich viel über den chinesisch-japanischen Konflikt erfahren habe und den Beginn der chinesischen Revolution. Da hätte ich sogar gerne noch mehr erfahren.

Ein fundiertes Nachwort hat mich angeregt mehr über Emily Hahn und ihre Zeit zu erfahren.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.11.2021

Die Neue

Das Geschenk
0

Schlechtes Gewissen, Mitleid – es nicht ganz klar, wieso Kathrin die Weihnachtseinladung von Klaus annimmt. Sie waren befreundet, hatten Kinder im gleichen Alter und damals viel gemeinsam unternommen. ...

Schlechtes Gewissen, Mitleid – es nicht ganz klar, wieso Kathrin die Weihnachtseinladung von Klaus annimmt. Sie waren befreundet, hatten Kinder im gleichen Alter und damals viel gemeinsam unternommen. Aber seit Almut vor vier Jahren verstarb, haben sie keinen Kontakt mehr gepflegt. Es war mehr eine Freundschaft zwischen Kathrin und Almut, die die Paare verband.

Nun eben keine stillen Weihnachtstage ohne die erwachsenen Kinder an der Nordsee. Statt dessen ein kleines Kaff in Nordhessen in einem etwas heruntergekommenen Ferienhaus. Aber es sollte alles anders werden. Schon als die Tür geöffnet wird und Sharon, eine Blondine mit rosa Strähnen und Handtaschenhündchen im Arm dasteht, sind geschockt. Noch mehr, als sich Sharon als recht einfach gestrickte Person herausstellt. Für Kathrin ist es fast ein Sakrileg, dass ihre belesene, kluge Freundin Almut durch diese Frau ersetzt wurde.

Wie immer versteht es die Autorin Alina Bronsky ihre Figuren mit wenigen Worten zu beschreiben und zu sezieren. Sie dringt schnell unter die Oberfläche und legt die Schwächen, Ängste und Vorurteile ihrer Protagonisten bloß. Dazu genügen ihr einige pointierte Dialoge und Beschreibungen. Bronsky ist eine Meisterin der hintergründigen Beobachtungen.

Ich habe diese kurze Erzählung mit Vergnügen gelesen, sie hätte für mich auch noch bissiger sein können. Die Verlagsankündigung von schwarzem Humor hat die Geschichte nicht ganz erfüllt.

Es war eine Weihnachtsgeschichte der anderen Art, so ganz ohne Lichterglanz, auch wenn Sharon in ihrer Dekorationswut keine Geschmackslosigkeit ausließ. Und zum Schluss sieht man alle Beteiligten in einem anderen Licht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.11.2021

Abgründe in Horstmar

Die Kommissarin und der Metzger - Auf Messers Schneide
0

Als im münsterländischen Kleinstädtchen Horstmar eine Leiche auftaucht – zerstückelt und den Schweinen zum Fraß vorgeworfen – liegt es nahe, dass die Münster Dienstelle Kommissarin Tanja Herholte in ihren ...

Als im münsterländischen Kleinstädtchen Horstmar eine Leiche auftaucht – zerstückelt und den Schweinen zum Fraß vorgeworfen – liegt es nahe, dass die Münster Dienstelle Kommissarin Tanja Herholte in ihren Heimatort zur Ermittlung schickt. Tanja lebt mit Bruder Rudi und der Mutter auf einem Hof. Sie züchten im Nebenerwerb die berühmten Wagyu-Rinder und Rudi arbeitet als Schlachter, während die Mutter ein Auge auf den Hofladen hat. Die reinste Idylle also, wenn es keine Leiche gäbe und gleichzeitig der Tierarzt vermisst würde.

Weil Tanja nicht allzu viel Vertrauen in den jungen Gerichtsmediziner setzt - er selbst in sich übrigens auch nicht - steht der mit Zerlegung versierte Schlachter Rudi der Pathologie gern zur Seite, was natürlich der Chef auf keinen Fall erfahren darf.

Ein regionaler Landkrimi wie aus dem Bilderbuch. Sehr genretypisch erzählt, mit vielen skurrilen Figuren und Szenen, die den Humor nicht zu kurz kommen lassen. Aber auch einem spannenden und durchaus realistischem Fall, bei dem es Spaß macht mitzuraten.

Tanja und Rudi sind ein witziges Ermittlerpaar, Tanja ist taff und geerdet, ihr kann man so schnell nichts vormachen. Rudi darf dafür in einigen besonders witzigen Szenen glänzen.

Eine gelungene Mischung, die mir viel Spaß gemacht hat.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.11.2021

Aufregendes Abenteuer

Mission Kolomoro oder: Opa in der Plastiktüte
0

Ein langweiliger Ferientag, Katja, Zeck, Fridi, Mustafa, Polina und Jennifer treffen sich ganz zufällig. Sie sind noch keine Freunde, kennen sich eher vom Sehen und aus der Schule. Jenni möchte unbedingt ...

Ein langweiliger Ferientag, Katja, Zeck, Fridi, Mustafa, Polina und Jennifer treffen sich ganz zufällig. Sie sind noch keine Freunde, kennen sich eher vom Sehen und aus der Schule. Jenni möchte unbedingt den letzten Wunsch des Opas erfüllen und seine Asche in seiner Parzelle im Schrebergarten verstreuen. Die Kinder machen das zu ihrer Mission und erleben einen Tag voller Abenteuer, neuer Erkenntnisse und Freundschaft.

Die Kinder sind ganz unterschiedlich, Polina und Fridi sind überaus behütet aufgewachsen, Jenni ist viel allein, weil die Mutter lange in Schicht arbeiten muss, Mustafa hat sein Weltbild aus einer TV-Thriller-Serie, Katja lebt mit ihren beiden Vätern und fühlt sich manchmal ungerecht behandelt, dann muss sie sich mit ihren Stiften Luft machen. Keine Wand, kein Pflasterstein bleibt verschont, wenn sie ihre Ratten zeichnet, die in der Geschichte noch eine ganz besondere Bedeutung bekommen. Und dann ist ja noch Zeck, ziemlich abgeklärt und vernünftig für sein Alter, genau was die Kinder nun brauchen.

Eine abenteuerliche Geschichte um Freundschaft und Zusammenhalt. Die Autorin lässt ihre kindlichen Figuren aus verschiedenen Gesellschaftsschichten zusammenkommen. Sie transportiert damit Diversität und eine bunte Gesellschaft. Im Lauf des abenteuerlichen Tages treffen die Kinder auf Armut und auf Obdachlosigkeit, sie lernen Leute in einer Suppenküche kennen und versuchen sich mit Containern. Immer ist es Zeck, der ihnen den Hintergrund erklärt und Gemeinschaft und Zusammenhalt vorlebt. Es kommen alle Probleme unserer Zeit zur Sprache und werden im kindlichen Kosmos eingebunden.

Aber neben diesem pädagogischen Aspekt kommt Abenteuer und Spannung auch nicht zu kurz. Und wenn am Ende des Tages die Mission Kolomoro abgeschlossen ist, sind neue Freundschaften entstanden.

Die witzigen Zeichnungen von Barbara Jung runden dieses Kinderbuch gelungen ab.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere