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Veröffentlicht am 09.07.2019

Schweinereien

Mord auf Portugiesisch
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Seit seinem 18. Lebensjahr, also seit 20 Jahren gehört es zu Inspektor Fernando Valentes Aufgaben als ältester Sohn der Familie im Winter das gemästete Schwein zu schlachten. Doch dieses Jahr ist alles ...

Seit seinem 18. Lebensjahr, also seit 20 Jahren gehört es zu Inspektor Fernando Valentes Aufgaben als ältester Sohn der Familie im Winter das gemästete Schwein zu schlachten. Doch dieses Jahr ist alles anders. Nicht nur, dass er Raquel mit der Flasche aufgezogen hat – das hat er schon öfters gemacht und trotzdem keine Skrupel gehabt – aber zu diesem Schwein hat der eine besondere Beziehung. Kurzerhand behauptet er, Raquel hätte enorme Talente im Spurensuchen und befördert es zum ersten Polizeischwein Portugals.


Aber als dann eine Frau beim Angeln von den Klippen stürzt, benimmt sich Raquel sehr seltsam und Fernando stellt sich die Frage: war es Unfall oder Mord? Wenn sich das Schwein bewährt, ist es vor dem Schlachter sicher. Aber sonst droht doch die Verwurstung.
Der Krimi spielt im Alentejo, in einer Gegend Portugals, die noch nicht von Touristen überlaufen ist. Zwischen den Korkeichenwäldern liegen die Dörfer im Dornröschenschlaf. Fernando fühlt sich dort wohl, er hat nicht den Ehrgeiz seiner Schwester Patricia, die auch seine Chefin im Polizeidienst ist.

Das Buch ist eine Kreuzung aus urkomischen Dorfleben und spannendem Krimi. Mit Raquel gibt es auch eine tierische Protagonistin, die ihren menschlichen Mitstreitern nicht nachsteht. Die Kombination mit Fernando ergibt ein gelungenes Ermittlerpaar. Denn auch wenn der Inspektor nicht der begnadetste Polizist Portugals ist, sein Schwein weist ihm immer mal wieder eine Spur.
Liebevoll beschriebenes Lokalkolorit zeichnet diesen Krimi aus. Genau wie bei den Portraits der manchmal kauzigen und schlitzohrigen Bewohner, merkt man, dass die Autorin die Gegend und ihre Menschen kennt und liebt.


Die Mischung von Humor und Spannung ist gelungen. Es hat mir „tierischen“ Spaß gemacht mit Raquel auf Spurensuche zu gehen und bin schon gespannt, ob ihre Karriere im Polizeidienst eine Fortsetzung findet.

Veröffentlicht am 08.07.2019

Bei Einbruch Liebe

Rendezvous mit Lou
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Das Cover beschwört sofort in einer hübschen Zeichnung Pariser Flair. Die junge Dame auf dem Titelbild, die kokett zur Sonnenbrille greift, erinnert mich dagegen an die berühmte Szene mit Audrey Hepburn. ...

Das Cover beschwört sofort in einer hübschen Zeichnung Pariser Flair. Die junge Dame auf dem Titelbild, die kokett zur Sonnenbrille greift, erinnert mich dagegen an die berühmte Szene mit Audrey Hepburn. Und genau diese Figur hatte ich bei der Beschreibung der Protagonistin Lou Derisbourg von Anfang an vor Augen.
Olivier, ihr Liebhaber ist zwar verheiratet, aber das ist nur noch eine Formsache, einen Verlobungsring mit Diamant hat er ihr schon überreicht. Nur noch 2-3 Wochen, dann sieht die Welt für Lou paradiesisch aus. Sie wird ihr Journalistikstudium beendet haben und mit Olivier ihr Liebesglück. Aber dann bekommt Olivier einen bedeutenden Preis verliehen, kündigt dem Publikum in seiner Dankesrede den langersehnten Nachwuchs mit der geliebten Gattin an und Lous Welt bricht in tausend Splitter. Weil sie temperamentvoll wie Vulkan ist, produziert ihr Zusammentreffen mit dem Ehepaar einige skandalöse Schlagzeilen und will sie nicht vor der Prüfung von der Journalistenschule fliegen, muss sie sich beweisen. Ihre Dozentin gibt ihr eine Chance:ein Interview mit dem geheimnisumwitterten Unternehmer Frédéric d’Arambault muss es sein, nicht einfach, denn der Mann verabscheut die Öffentlichkeit und die Presse.
Zwischen Lou und Frédéric fliegen die Fetzen, aber jeder Leser weiß schnell, dass die gezeigte Abneigung eigentlich etwas ganz anderes ist. Die Zähmung der Widerspenstigen ist seit Shakespeare ein amüsantes Thema im Liebesdrama und es gibt unzählige Variationen. Die Autorin jedenfalls hat offensichtlich sehr viel Spaß an ihrem Stoff gehabt und das spürt man in jeder Zeile. Voller Esprit und Witz entwickelt sich die Geschichte, die einige Anleihen an den Film „Pretty Woman“ macht, aber so charmant, dass ich es eher als Hommage sehe.
Natürlich war von der ersten Zeile an klar, dass es ein Happy End geben muss, Paris ist ja nicht nur im Film die Stadt der Liebe. Den Weg dorthin hat Fabienne Brouillard mit leichter Hand gewiesen. Der Roman ist duftig und leicht und ein reines Lesevergnügen und genau das, was ich mir unter einer spritzigen Liebeskomödie vorstelle.

Veröffentlicht am 08.07.2019

Guter und solider Krimi vor malerischer Kulisse

Lava und Wellen: Tod auf dem Vulkan
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Nach einer Familientragödie kehrt Lucien Mahé zurück in seine Heimat, die Insel Réunion im Indischen Ozean. Über zwanzig Jahre war er ein erfolgreicher Pariser Polizeibeamter, aber den Unfalltod seines ...

Nach einer Familientragödie kehrt Lucien Mahé zurück in seine Heimat, die Insel Réunion im Indischen Ozean. Über zwanzig Jahre war er ein erfolgreicher Pariser Polizeibeamter, aber den Unfalltod seines Sohnes, an dem er sich eine Mitschuld gibt, hat seinen Alltag erschüttert. Auf Réunion will er Abstand gewinnen.
Xavier Lèfevre, ein bekannter Vulkanloge ist am Kraterrund ums Leben gekommen, auch wenn der drohende Ausbruch des Vulkans die Spurensuche erschwert, geht die Polizei von einem Gewaltverbrechen aus. Melissa, die Ehefrau gerät unter Verdacht, nicht weil die Spurenlage eindeutig ist, sondern weil Kommissar Pascal Talon einen persönlichen Groll gegen sie hegt. Er kann ihre Abfuhr nicht vergessen, zudem ist Melissas Bruder der Liebhaber seiner Frau. Eine gute Gelegenheit, sich an der Familie zu rächen.
So bittet Melissa Lucien, der er mit ihr zur Schule ging um Hilfe und ein wenig gegen seinen Willen beginnt er als Privatermittler seine Nase in den Fall zu stecken.
Die Ausgangslage und der weitere Plot dieses Kriminalromans sind fast klassisch, aber die Szenerie des Handlungsorts ist etwas Besonderes. Die französische Insel Réunion ist exotisch und erweckt bei den Beschreibungen sofort lebhafte Bilder und Fernweh. Fast spürt man den Duft der allgegenwärtigen Vanille, die dort gedeiht.
Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, Lucien kann als Privatperson nicht auf die gewohnten Polizeiressourcen zurückgreifen, das macht die Spurensuche auch sehr spannend. Zudem ist der Gegenpart – der böse Bulle Talon und der sympathische Mahé – immer für eine Wendung in der Handlung gut.
Mit hat der solide aufgebaute Krimi gut gefallen, der Spannungsbogen wird durchgehend hoch gehalten und die Figuren wirken gut getroffen. Ein flüssiger Sprachstil rundet das Lesevergnügen ab.

Veröffentlicht am 06.07.2019

Steffi reicht's !

Der Alte muss weg
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Mit Mitte Fünfzig fühlt sich Steffi in ihrem Leben und in ihrer Ehe nur noch gelangweilt. Alles ist vorhersehbar und ihr Mann ein Langweiler vor dem Herrn geworden, mit Kreuzworträtseln und festgelegtem ...







Mit Mitte Fünfzig fühlt sich Steffi in ihrem Leben und in ihrer Ehe nur noch gelangweilt. Alles ist vorhersehbar und ihr Mann ein Langweiler vor dem Herrn geworden, mit Kreuzworträtseln und festgelegtem Termin für den wöchentlichen Sex. Auch ihren Freundinnen geht es nicht viel anders, lediglich Zita als Singlefrau scheint ein ausgefülltes, abwechslungsreiches Leben zu führen.
Aber gab es da nicht neulich eine Sendung im TV mit einem Gerichtsmediziner, der erzählte, dass jeder zweite Mord gar nicht entdeckt wird? Steffis Runde ist ganz angetan von dieser Erkenntnis und dann ist plötzlich Elfies Ehemann tot……

Der Roman von Carla Berling ist gespickt mit leicht schwarzem Humor in rheinischer Ausprägung.. Das hätte für mich durchaus noch akzentuierter sein dürfen, dann wäre der Plot noch etwas schärfer rübergekommen. Elfie darf kölsch reden und mit „Liebelein“ und „Piccolöchen“ um sich werfen, die Frauenrunde im Brauhaus tüchtig dem Alkohol zusprechen und Sprüche klopfen. So bleibt es doch eine nette Komödie um Ehealltag und verpasste Möglichkeiten. Witzig ist die Panik geschildert, als Steffi ihre ersten Versuche unternimmt und – glücklicherweise – scheitert, aber dann doch noch, auch wenn ganz anders als anfangs gedacht zu einem Ergebnis kommt. Auch ihre Erkenntnis, dass zur Langeweile auch immer Zwei gehören, ist ganz amüsant ausgearbeitet.

Es ist schnell gelesen und für meinen Geschmack gingen auch die Veränderungen zu schnell. Um nicht zu spoilern, möchte ich hier keine Beispiele aufführen. Insgesamt habe ich mich aber amüsiert und auch ganz gut unterhalten, die Autorin hat ein gutes Timing für ihre Gags und man merkt mit wieviel Spaß sie ihre unterschiedlichen Charaktere gestaltet hat. Trotzdem habe ich aber das Gefühl, dass der Plot noch mehr Potential gehabt hätte.




Veröffentlicht am 03.07.2019

Havanna im Herzen

Nächstes Jahr in Havanna
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In ihrem Herzen fühlt sich Marisol als Kubanerin, obwohl sie schon in der 2. Generation in Miami lebt. Aber ihre Großmutter Elisa hat ihr die Liebe zur Heimat eingepflanzt. Elisa musste als junge Frau ...

In ihrem Herzen fühlt sich Marisol als Kubanerin, obwohl sie schon in der 2. Generation in Miami lebt. Aber ihre Großmutter Elisa hat ihr die Liebe zur Heimat eingepflanzt. Elisa musste als junge Frau von Kuba fliehen, die Eltern gehörten zur reichen Klasse und standen Battista nah, als sich die Revolution unter Castro und Che abzeichnete, wurde es gefährlich für die Familie. Politik war nie Elisas Thema, sie lebte in Luxus und abgeschottet von normalen Leben. Dann lernt sie einen Mann kennen, sie ist fasziniert von seinen Ideen und seinen politischen Zielen, auch sie wird allmählich kritischer, aber die Flucht der Familie reißt sie auseinander.
Ein ganzes Leben später erfüllt Marisol ihren letzten Wunsch, ihre Asche soll auf Kuba verstreut werden. Marisol findet Aufnahme im Haus von Elisas Jugendfreundin Ana und verliebt sich in ihren Enkel Luis. Es scheint, als ob sie die Geschichte ihrer Großmutter wiederholt….
Man spürt in diesem Roman aus jeder Seite die Liebe der Autorin zu Kuba, den Menschen dort und deren karibischen Lebensgefühl, das auch nach Jahrzehnten von Mangel und Misswirtschaft ungebrochen ist. Mir schien, sie hat die eigene Sehnsucht nach der Heimat ihrer Familie in ihrer Protagonistin Marsisol ausgedrückt.
Die Geschichte ist in zwei Zeitebenen angesiedelt, das vorrevolutionäre Havanna im Jahre 1958, das Elisa erlebt und das Havanna im Jahr 2917, als Marisol als Touristin die Stadt erlebt. Die Rückblenden haben mich fasziniert, viel zu wenig wusste ich von den revolutionären Umbrüchen der Insel und hatte Castro immer nur als Greis mit Bart im Gedächtnis. Wie die Menschen die Revolution feierten, eine neue Zukunft erhofften und im Lauf der Jahre immer ernüchterter wurden, ist farbig und lebendig erzählt. Ich fühlte mich nach Kuba versetzt.
Marisols Geschichte ist mir im Gegensatz dazu fast zu blass erschienen, die Liebesgeschichte mit Luis war eigentlich unausweichlich und sollte wohl Dramatik in den Handlungsstrang bringen, obwohl dafür auch schon ein altes Familiengeheimnis sorgte, welches meiner Meinung nach aber in die Kategorie Klischee fällt.
Aber der Roman lebt von seinem Temperament und den stimmungsvollen Beschreibungen, er hat mir trotz meiner kleinen Kritikpunkte sehr gut gefallen und gut unterhalten. Die Autorin ist ganz dicht an ihrem Thema und bringt es warmherzig ihren Lesern nah. Ganz besonders die geschichtlichen Hintergründe haben mich interessiert und fasziniert.