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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.03.2019

Rive Gauche

An den Ufern der Seine
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Die Dekade von 1940 – 1950 betitelt die Autorin Agnès Poirier als die „magischen Jahre“ von Paris. Warum magisch? Nach der Lektüre dieses faszinierenden Sachbuchs kann ich es für mich beantworten. Paris ...

Die Dekade von 1940 – 1950 betitelt die Autorin Agnès Poirier als die „magischen Jahre“ von Paris. Warum magisch? Nach der Lektüre dieses faszinierenden Sachbuchs kann ich es für mich beantworten. Paris war schon in den 20iger und 30iger Jahren Treffpunkt von Intellektuellen und Künstlern, hier wurden neue Kunstströmungen geboren und das vergangene Jahrhundert endgültig abgestreift.
Aber unter dem Druck der Besatzung, der Kriegsjahre und der Nachkriegszeit entstand noch etwas anderes. Neue Lebensentwürfe wurden erprobt, Philosophen im Diskurs mit Lebenskünstlern und Intellektuellen, man entwickelte Theorien, das alles in vielen Facetten und Strömungen.
Besonders beeindruckend war für mich, wie die Agnès Poirier diese Atmosphäre, dieses Flair der Stadt einfängt und lebendig werden lässt. Wie ein spannender Roman liest sich diese Kulturgeschichte. Es ist ein Who is Who der Intellektuellen, die bis heute Kunst und Literatur prägen.
Während in anderen europäischen Metropolen durch die Kriegsjahre quasi ein geistiges Vakuum herrschte, versammelten sich Paris die Geistesgrößen dieser Zeit. Hier zeigt die Autorin die Verbindungen, die Freundschaften und Leidenschaften, die Paris zu einem intellektuellen Hot Spot werden ließ.
Auch wenn sich das Buch wie spannend und faszinierend wie ein Roman liest, lädt ein ausführliches Personenregister, eine detaillierte Chronologie und viele Anmerkungen und Literaturhinweise zu einer weiterführende Beschäftigung mit diesem Jahrzehnt ein.
Die Ausstattung des Bandes ist gelungen, ein Lesebändchen in den Farben der „Grande Nation“ und einige historische Fotos runden das Bild ab.
Bei mir hat die Autorin viel Interesse geweckt und einige Biografien aus den Anmerkungen stehen schon auf meiner Leseliste.

Veröffentlicht am 26.02.2019

Gartenglück

Liebe geht durch den Garten
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Anna, alleinerziehende Mutter zweier Söhne, geht das Stadtleben in ihrer Dachgeschosswohnung auf die Nerven. Ein Garten wäre ihr Wunschtraum, beflügelt von Zeitschriften, die die Idylle eines Schrebergartens ...

Anna, alleinerziehende Mutter zweier Söhne, geht das Stadtleben in ihrer Dachgeschosswohnung auf die Nerven. Ein Garten wäre ihr Wunschtraum, beflügelt von Zeitschriften, die die Idylle eines Schrebergartens malen, pachtet sie eine kleine, verwilderte Parzelle. Da ihre finanziellen Mittel begrenzt sind, greift sie zu, weil sie die Laube ohne Ablösung bekommt, der Vereinsvorsitzende spricht von Reparaturbedarf. Doch als sie die Laube betritt, sieht sie nichts als Verwahrlosung und schon bald kommt der Verein mit Gartenregeln und Verpflichtungen.
Aber Gartennachbarin Lene steht mit Rat zur Seite und Paul, ein anderer Schrebergärtner, ist immer zur Hilfe bereit. Schweigsam ist er, aber auch ungemein attraktiv, was auch Sabine von nebenan nicht entgangen ist.
Das Glück, einen Garten zu besitzen, zu planen und zu pflanzen wird beim Lesen fast übermächtig. Wie sich Anna und ihre Jungs immer leidenschaftlicher mit ihrem kleinen Grundstück beschäftigen macht richtig Spaß zu verfolgen. Natürlich bin ich beim Thema Paul ganz auf Annas Seite und ihre Versuche bei Paul nicht nur Interesse am Garten, sondern auch an ihr zu wecken, ist eine sehr unterhaltsame Abfolge von kleinen und lustigen Katastrophen.
Die warmherzige Geschichte hat mir sehr gut gefallen, die Mühen und Plagen eines Gartens und die Belohnung in Form von Obst und Gemüse und einem blühenden Paradies ist realistisch beschrieben, man spürt förmlich die Erde unter den Händen. Aber auch im Paradies ist man nicht vor Regeln, wie der exakten Heckenhöhe und dem regelmäßigen Rasenmähen verschont. Trotzdem spürt man die Liebe zum Schrebergarten und der kleinen Gartenfreuden.
Aber nicht nur beim Gärtnern ist der Autorin eine lebendige Schilderung gelungen, auch ihre Figuren sind liebevoll gezeichnet. Anna möchte man nur zu gern zu Freundin haben und auch Freundin Martha und Nachbarin Lene sind tolle Frauenfiguren und wunderbar lebensecht.
Mit einer Szene hat mich die Autorin besonders angerührt, sie beschreibt ein schlimmes Sommergewitter, das Bäume wie Streichhölzer knickt und viele Schäden anrichtet, die Erinnerung an Sturm Ela wurde wach.
Das Buch hat mir rundum gefallen, man spürt die Liebe zur Natur, freche und witzige Dialoge machen Spaß und der Konkurrenzkampf um Paul bietet viel Situationskomik

Veröffentlicht am 25.02.2019

Lügen

Lügenmeer
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Nach vielen Jahren kehrt Magnus in sein norddeutsches Heimatstädtchen Schwanbeck zurück. Er ist nicht freiwillig gegangen, genau vor 19 Jahren ist endete eine Geburtstagsparty im Desaster. Die Clique hat ...

Nach vielen Jahren kehrt Magnus in sein norddeutsches Heimatstädtchen Schwanbeck zurück. Er ist nicht freiwillig gegangen, genau vor 19 Jahren ist endete eine Geburtstagsparty im Desaster. Die Clique hat gefeiert, getrunken und man ist zum Schluss ins nächtliche Freibad eingedrungen. Dort stürzt Milla vom Sprungturm und starb. Besonders die Anschuldigungen von Enno wiegen schwer, auch wenn Magnus letztendlich freigesprochen wurde, seine Verurteilung stand längst fest. Seine Eltern wenden sich ab, sein Ausbildungsbetrieb kündigt ihm, ihm bleibt nichts als seine Heimat zu verlassen.
Nun also ist er wieder da und immer noch schlägt ihm die Abneigung entgegen, aber nun will Magnus sich wehren, er will wissen, was damals wirklich geschah und bringt damit eine Kette von Ereignissen ins Rollen. Die Atmosphäre ist sehr schön eingefangen, über dem malerischen sonnigen Schwanbek liegt eine düstere unheilschwangere Stimmung, gleich von Anfang an weiß ich, hier werden dramatische Ereignisse ans Licht kommen.
Der Roman ist toll aufgebaut, er springt zwischen Gegenwart und Vergangenheit und dadurch lerne ich die Protagonisten in ihrer Entwicklung sehr genau kennen. Ganz besonders interessant ist dabei Svenia, Millas Freundin und damit auch unzertrennlich mit Magnus. Aber grade sie hat Enno geheiratet, der mit seinen Anschuldigungen Magnus stigmatisierte. Fast alle von damals sind noch im Ort geblieben und auf den ersten Blick scheint das Leben seinen normalen Gang zu gehen, Annik arbeitet in der Buchhandlung ihrer Tante, die ihm damals das Leben so schwer machte und sie scheint die Einzige zu sein, die zu ihm hält. Alle anderen, seine Eltern eingeschlossen, wollen nicht an die Vergangenheit erinnert werden, im Gegenteil, Magnus‘ Auftauchen ist ihnen ein Dorn im Auge.
Wie die Autorin die feine Risse in der Fassade ihrer Figuren sichtbar macht und sie allmählich immer deutlicher zu Tage treten, wie sie Handlungen plötzlich in ganz neuem Licht erscheinen lässt und dass alles nur mit einigen wenigen Sätzen, ist ganz große Klasse. Damit wird das Buch zum echten Pageturner und man kann es wirklich nur schwer aus der Hand legen. Es ist fesselnd geschrieben und besonders die dichte und psychologische tiefe Zeichnung der Figuren haben mich fasziniert. Ich kann mir von allen ein Bild machen, sie sind richtig lebensecht.
„Lügenmeer“ kommt anfangs leise daher, aber das Buch lässt den Leser nicht mehr los.

Veröffentlicht am 25.02.2019

Piemonteser Geheimnisse

Lago Mortale
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Simon Strasser, der ehemalige Frankfurter Polizeireporter genießt sein Leben als Privatier in seinem kleinen Haus am Ufer des malerischen Lago d’Orta. Wie er so verträumt auf den See blickt, erkennt er ...

Simon Strasser, der ehemalige Frankfurter Polizeireporter genießt sein Leben als Privatier in seinem kleinen Haus am Ufer des malerischen Lago d’Orta. Wie er so verträumt auf den See blickt, erkennt er die schicke Yacht der Industriellenfamilie Zanetti offensichtlich führerlos über das Wasser treibt. Neugierig geworden paddelt er die kurze Strecke und findet Marco, den jüngsten Sohn der Familie tot im Boot. War es wirklich ein Unfall, wie die Polizei und die Familie es gerne hätte?
Das lässt Simon nicht ruhen, seine alte Instinkte sind geweckt und da Maresciallo Carla Moretti, die ermittelnde Beamtin eine gute Bekannte ist, macht er sich in ihrem Fahrwasser auf, eigene Spuren zu verfolgen. Nicht immer zur Freude von Anwohnern und Beamten.
Das Piemont ist der Hintergrund für diesen typischen Urlaubskrimi. Genauso typisch scheint es zu sein, dass deutsche AutorInnen sich ein landessprachliches Pseudonym geben und immer viel von Gegend und Kultur einfließen lassen. Das ist ja per se nicht schlecht und macht Lust und Stimmung auf Land und Leute und Appetit auf die köstlichen, appetitanregend geschilderten Spezialitäten, wenn ich auch den Eindruck hatte, dass der Krimi da eher die zweite Geige spielt.
Hier ist es ganz gut gelungen, die Gegend um den Lago d’Orta ist offensichtlich noch zu entdecken und nicht so abgegrast wie die üblichen Provence- Toskana- und Bretagne-Krimis. Die Sprache ist angenehm zu lesen, wie man von einer Reisebuchautorin und Journalistin auch erwarten darf. Einige ihrer Exkurse und Erklärungen sind sehr interessant, andere haben die Tendenz ein wenig weitschweifig zu sein und manchmal wird die Handlung durch solche Beschreibungen gebremst.
Ein angenehmer Krimi, der gut unterhält und sich auch ganz in das Genre der Urlaubskrimis einfügt, aber durchaus mehr Spannung vertragen hätte.
Sehr hübsch ist die Ausstattung, Klappenbroschur mit stimmungsvollem Titelbild. Noch schöner wäre es gewesen, wenn innen noch eine kleine Umgebungskarte abgedruckt gewesen wäre, wenn die Landschaft schon eine solche Rolle für den Krimi spielt. Das hätte ich als Tüpfelchen auf dem „I“ empfunden.

Veröffentlicht am 22.02.2019

Frau Cebulla und der Gentleman

Zärtlich ist der Tod
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Bodo Völxen, dem Leiter des Kommissariats für Mord und Tötungsdelikte in Hannover, sind die subtilen Veränderungen seiner Sekretärin Frau Cebulla völlig entgangen. Sicher, das fehlende Quietschen ihrer ...

Bodo Völxen, dem Leiter des Kommissariats für Mord und Tötungsdelikte in Hannover, sind die subtilen Veränderungen seiner Sekretärin Frau Cebulla völlig entgangen. Sicher, das fehlende Quietschen ihrer Gesundheitsschuhe hat er schon bemerkt, aber das statt dessen Pumps getragen werden, fiel ihm nicht auf. Umso größer der Schock, als Frau Cebulla um Hilfe bittet. Ihr neuer Partner ist verschwunden, sie wollten doch grade ein Wellness-Wochenende antreten. Allerdings hat sie kurz vorher mit ihrem Vermögen aus einer „vorübergehenden“ Verlegenheit geholfen.

Schnell stellt sich heraus, dass Frau Cebulla nicht das einzige Opfer des attraktiven Heiratsschwindlers war und als eine junge Musikerin ermordet in ihrer Wohnung gefunden wird, deutet alles darauf hin, dass auch sie den Mann kannte. Hat er sie umgebracht, weil sie kein Vermögen hatte? Aber warum ist nur die mittelklassige Geige verschwunden und nicht das überaus wertvolle Cello?

Sehr geschickt beginnt dieser Kriminalroman. In kurzen Episoden erfährt ein wenig von den handelnden Personen und bekommt auf diese Weise kurzweilig das ganze Personal der Dienststelle vorgestellt. Überhaupt ist der Ton des Krimis wunderbar entspannt. Er liest sich flüssig und unterhaltsam. Obwohl kein „Humorkrimi“ musste ich einige Male schmunzeln, so bleibt selbst der übliche Detailkram von Spurensuche und Recherche amüsant. Eine der gelungensten Szenen ist eine Falle die Kommissarin Kristensen dem Heiratsschwindler stellt. Nach einer getürkten Anzeige taucht ausgerechnet der angejahrte Chef der Pathologie zum Date auf.

Die Autorin stellt einige ganz geschickte Fallen für den Leser und ich musste lange rätseln, bis ich den Prolog mit der Handlung in Verbindung bringen konnte. Als Krimi hat das Buch genügend Spannung um den Leser bei der Stange zu halten, auch wenn es nicht unbedingt nervenaufreibend zugeht. Mir hat es bis zur letzten Seite gefallen

Erst gegen Ende des Buches habe ich gesehen, dass ich den 8. Band der „Hannover-Reihe“ der Autorin in der Hand hatte. Ich kannte die Vorgänger nicht und es war auch beim Lesen kein Hindernis. Allerdings habe ich mir inzwischen die ersten Bände bestellt, denn das Buch hat mir Lust auf Mehr gemacht.