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Veröffentlicht am 23.12.2018

Das Leben der Schäferin

Das Geheimnis der letzten Schäferin
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Nina ist eine bekannte Salzburger Haubenköchin mit eigener Kochshow im TV. Nun soll sie an einem Projekt teilnehmen:“ Kochen anno dazumal“, gedreht auf einem historischem Bauernhof in Niederbayern, da ...

Nina ist eine bekannte Salzburger Haubenköchin mit eigener Kochshow im TV. Nun soll sie an einem Projekt teilnehmen:“ Kochen anno dazumal“, gedreht auf einem historischem Bauernhof in Niederbayern, da es ein Gemeinschaftsprojekt des bayerischen Fernsehens mit dem ORF ist. Der zweite Teilnehmer ist der Münchner Kollege Julian Leroy, den Nina wegen seines Auftretens in seiner Show und seines Rufs als Frauenschwarm nicht ausstehen kann.
Eine besondere Bedeutung hat, dass das kleine Dörfchen der Heimatort von Ninas geliebter Großmutter Lieselotte war und je mehr Nina sich in deren Geschichte vertieft umso mehr Familiengeheimnisse erfährt sie.
Die Geschichte fährt zweigleisig, die Geschehnisse um Nina rahmen die Lebens-und Liebesgeschichte von Lieselotte ein. Das ist eine wunderbare, sehr naturverbundene Rückblende in das Leben einer jungen Wanderschäferin, die trotz vieler Widerstände ihr Glück findet. Das erfährt Nina aus den liebevollen Erinnerungen ihres Großvaters und deren Vorbild und Liebe zum Kochen Ninas Berufswahl beeinflusst hat. Dieser Teil des Romans hat mir sehr gut gefallen und da hätte ich mir auch manchmal mehr Raum gewünscht um die weiteren Hintergründe der Familiengeschichte Lieselottes auszuleuchten, während sich dagegen manche, für mich unwichtige Nebenhandlung zu sehr in Details verliert. Gelungen war für mich die Atmosphäre der frühen Almwirtschaft eingefangen, überhaupt die bäuerliche Lebenswelt in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts wird sehr farbig und liebevoll beschrieben. Hier merkt man, dass auch die Autorin viel Wissen mitbringt.
Ich mag die Wien-Krimis von Beate Maxian sehr und habe auch dieses Buch gern gelesen. Es ist eine angenehme und flüssig erzählte Geschichte, die sich aber manchmal ein wenig ins Seichte verliert. Ganz besonders in den fast unvermeidlichen Liebeswirren zwischen Julian und Nina. Außerdem habe ich mich an vielen Wiederholungen gestört, wie der immer wieder thematisierte Ordnungsfimmel Ninas oder die mehrfach erläuterte besondere Liebe Liesls zu Schafen.
Meine Erwartungen an dieses Buch waren hoch und wurden nicht ganz befriedigt, nichts desto trotz war es eine untersame Geschichte.

Veröffentlicht am 18.12.2018

Wer war es

Charlotte Bienert ermittelt / Mord im Museum
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Charlotte Bienert nimmt im Auftrag ihrer Zeitung an einer Veranstaltung teil: Mord im Museum. Die Gäste sollen einen Kriminalfall lösen, der von einer Schauspieltruppe in den Ausstellungsräumen des Stuttgarter ...

Charlotte Bienert nimmt im Auftrag ihrer Zeitung an einer Veranstaltung teil: Mord im Museum. Die Gäste sollen einen Kriminalfall lösen, der von einer Schauspieltruppe in den Ausstellungsräumen des Stuttgarter Museums inszeniert wird. Aber schon bei der zweiten Szene wird tödlicher Ernst aus dem Spiel, ein Schauspieler liegt erschossen vor den Teilnehmern. Überwältigt von Übelkeit und Schwäche geht Charlotte hinter einer Vitrine zu Boden. Dabei bemerkt sie mehr unbewusst eine Bewegung und eine Person, die sich über den Toten beugt.
Aber als die Polizei erscheint, kommt natürlich sofort Charlotte in Verdacht, schließlich hat sie als Einzige nicht den Raum verlassen. Das findet sie empörend von Kommissar Jankovich, aber es kommt noch schlimmer, ihr Redakteur möchte eine tolle Story und so überredet Charlotte den widerstrebenden Jankovich, sie mit in die Ermittlungen einzubeziehen.
Das ist natürlich keine sonderlich realistische Kombination, aber die Mischung aus einer jungen, etwas naiv und schusseliger Dame und abweisendem Kommissar ist ganz gelungen. Der Krimi ist ein typischer Cosy-Krimi, der dieses Mal nicht ein englisches Landhaus zum Hintergrund hat, sondern die Landeshauptstadt Stuttgart. So hat die Polizei schon mal Personalnot, weil die Beamten zur Baustelle „Stuttgart 21“ abgezogen werden.
Wie in diesem Genre üblich, ist die Spannung eher von der gemütlichen Sorte, es entwickelt sich langsam, die Personenzahl ist recht überschaubar und der Krimi animiert zum rätseln. Das Buch ist nicht sehr umfangreich, grade richtig für 2-3 Stunden angenehmer Unterhaltung. Übrigens merkt man der Autorin an, dass sie mit Wort und Sprache umgehen kann, auch keine Selbstverständlichkeit mehr.

Veröffentlicht am 18.12.2018

Wo ist Cluny Browns Platz?

Die Abenteuer der Cluny Brown
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Ein rechtschaffender Klempner, der seine Gewerkschaft hinter sich wusste, konnte einem Herzog ins Auge sehen, und ein Müllkutscher, der seine Gewerkschaft hinter sich wusste, konnte einem Handwerker ins ...

Ein rechtschaffender Klempner, der seine Gewerkschaft hinter sich wusste, konnte einem Herzog ins Auge sehen, und ein Müllkutscher, der seine Gewerkschaft hinter sich wusste, konnte einem Handwerker ins Auge sehen. Herzöge hatten freilich gar keine Gewerkschaft und Mr. Porritt fand, dass sie nicht sonderlich selbstbewusst in Erscheinung traten.


Cluny Brown lebt als Waise bei Onkel und Tante. Sie ein frisches, nicht sonderlich hübsches Mädchen, das mit Neugierde in Zukunft schaut und auch die Grenzen ihrer kleinen Welt durchbrechen möchte, Das bereitet ihrem Onkel Sorgen: „Zu wissen wo man seinen Platz hatte war für Arnold Porritt die Grundlage für jegliches zivilisierte, vernünftige Leben. Wenn man sich an seine Klasse hielt, konnte man nichts falsch machen.“

Dazu gehört eben nicht, dass man ins Ritz geht um Tee zu trinken, nur um einmal zu erleben, wie sich das anfühlt. Deshalb wird Cluny auf’s Land geschickt um in einem Herrenhaus als Dienstmädchen zu arbeiten. Aber auch die Welt der Herrenhäuser ist in den 30iger Jahren des vorigen Jahrhunderts aus dem Tritt geraten. Es gibt nicht mehr die Dienstboten, die sich mit kargem Lohn und einem Kämmerchen begnügen, weil das ihre Welt ist und sie nichts anderes mehr kennen.

In Friars Carmel hält man die guten alten Zeiten hoch, was sich in Europa tut, nimmt man nicht wahr und dass Sohn Andrew einen Hausgast mitbringt, der als kritischer Schriftsteller Polen und später Deutschland verlassen musste, ist eher ein exotischer Umstand und eine willkommene Bereicherung des etwas öden Landlebens.

Cluny Brown und der Pole Belinski sind also die Außenseiter auf Friars Carmel, wenn in verschiedenen Bereichen des Landsitzes.

Margery Sharp war englische Erfolgsautorin, ihre Bücher wurden viel gelesen und auch verfilmt. Sie zeichnet ein farbiges Bild der englischen – immer klassenbewussten – Gesellschaft der Jahre zwischen den Kriegen und danach. Dabei bröckelt diese Ordnung schon längst und Sharp dokumentiert das feinsinnig und immer mit ironischem Unterton. Sie ist eine genaue Beobachterin und das spürt man an ihren Protagonisten. Das macht ihre Bücher auch heute wieder lesbar, besonders da der Eisele Verlag ihnen eine neue Übersetzung gönnt.

Die Erfolgsserie „Downton Abbey“ hat viel Interesse an dieser Zeit und diesem Gesellschafts- und Lebenskreis geweckt. „Die Abenteuer der Cluny Brown“ passt dazu.

Veröffentlicht am 17.12.2018

Düstere Geheimnisse

Das Herrenhaus im Moor
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Laura freut sich auf ihr Geburtstagsabendessen mit Frank, endlich hat er mal wieder Zeit für sie. Doch der Abend endet unschön und Laura fährt allein mit dem Zug nach Hause. In der Wut vergisst Laura eine ...

Laura freut sich auf ihr Geburtstagsabendessen mit Frank, endlich hat er mal wieder Zeit für sie. Doch der Abend endet unschön und Laura fährt allein mit dem Zug nach Hause. In der Wut vergisst Laura eine Beobachtung: sie sah einen Schatten, der sich an Franks geparkten Auto zu schaffen machte.
An diesem verhängnisvollen Abend hat Frank einen tödlichen Unfall und Laura kann sich ihren letzten Streit nicht vergeben. Allerdings bemerkt sie auch Dinge, die zeigen, dass sie trotz 13 Jahre Ehe ihren Mann nicht richtig kannte. Sie findet Dokumente, die sie nach England führen und dort zu einem alten verfallenen Herrenhaus, das eine Verbindung zu Frank hat und Menschen, die Frank kannten, aber plötzlich verstummen, wenn sie sich als seine Witwe zu erkennen gibt.
Das „Herrenhaus im Moor hat“ alle Zutaten zu einem spannenden und geheimnisvollen Roman. Die Autorin hat das Stilmittel der Rückblenden gewählt und neben der gegenwärtigen Handlung führt jedes zweite Kapitel in die Vergangenheit. Lady Victoria Milton wird mit knapp 20 Jahren Waise und ein Onkel ihr Vormund, der aber nur seine eigenen Interessen im Sinn hat. Er will das Vermögen der jungen Adligen und wenn nicht freiwillig durch die Heirat mit seinem Sohn, dann hat er andere Mittel.
Familiengeheimnisse und Anleihen an den viktorianischen Schauerroman machen den Roman sehr fesselnd und geschickt gelingt es der Autorin fast jeden Zeitenwechsel mit einem Cliffhanger enden zu lassen, der mich zum Weiterlesen zwang. Dazu kommen die schönen Landschaftsbeschreibungen, die sehr gekonnt einfließen und eine düstere Stimmung erzeugen. Das erinnerte mich stellenweise an die Romane von Daphne Dumaurier.
Was mir nicht so gut gefiel, waren die Personenbeschreibungen, die fand ich allesamt eindimensional. Nie hatte ich das Gefühl einen Menschen aus Fleisch und Blut vor mir zu sehen. Dadurch wurden mir auch einige Handlungen nicht plausibel und ganz besonders Laura strapazierte meine Geduld. Sie hat eine Neigung zum Schockverlieben. Es reicht dann immer mal ein intensiver Blick in blitzende Augen. Wie sie durch Exmoor stolpert und das Geheimnis ihres Mannes und das der Lady Victoria löste, war mir doch recht überzogen.
Trotzdem ist der Roman ein spannender Schmöker, wer sich an den genannten Punkten nicht stört, wird sich gut unterhalten.

Veröffentlicht am 12.12.2018

Unruhiger Herbst

Herbststurm
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1922 geht es den Leuten in München schlecht, die Inflation galoppiert und es gärt in der Bevölkerung. Die Kriegsfolgen sind überall spürbar und an der Dolchstoßlegende wird eifrig gestrickt.
Rechtsanwalt ...

1922 geht es den Leuten in München schlecht, die Inflation galoppiert und es gärt in der Bevölkerung. Die Kriegsfolgen sind überall spürbar und an der Dolchstoßlegende wird eifrig gestrickt.
Rechtsanwalt Leitner ist ganz froh eine Mandantin gefunden zu haben, die den Vorschuss in Devisen bezahlt, denn seine Rechnungen sind ein paar Tage später nicht mehr das Papier wert, auf dem sie geschrieben wurden. Da macht es auch nichts, dass die Suche nach einer verschwundenen Tochter nicht in sein Ressort fällt. Aber durch seine Freundschaft mit Kommissär Reitmeyer erhofft er sich Informationen und Hilfe bei der Suche nach der Exilrussin Anna Kusnezowa .
Doch Reitmeyer hat andere Sorgen, zwei unklare Todesfälle, Personalnot und ein Präsidium, das sich schon sehr stark nach rechts orientiert, erschweren seinen Arbeitsalltag. Die Toten gehörtem einem Freicorps an, wie sie sich nach dem Ende des 1. Weltkriegs überall gebildet haben. Ehemalige Offiziere und Soldaten, die sich mit dem verlorenen Krieg nicht abfinden wollen und einer Republik abweisend gegenüberstehen. Für sie sind die „Linken“ an allem Schuld und sie ziehen auf der Suche nach Verrätern durch München.
Doch bald kreuzen sich die beiden Fälle, Annas Name taucht im Zusammenhang mit den Toten auf und Reitmeyer spürt eine Mauer des Schweigens. Auch sein junger, sehr eifriger Mitarbeiter Rattler ist involviert. Bei der Suche lernt er die schöne Larissa kennen, eine Exilrussin, die sich mit Sprachunterricht über Wasser hält. Ihre eifrigen Nachfragen und ihr starkes Interesse an seiner Arbeit schmeicheln ihm und bald ist er über beide Ohren vernarrt.
Die Stärke dieses Kriminalromans ist die genaue und sehr lebendige Schilderung dieser unruhigen Jahre. Hier spürte ich viel Detailwissen und Kenntnis der historischen Zusammenhänge. Das hat mich fasziniert und den Wunsch geweckt mehr über diese Zeit zu erfahren. Wie früh schon die Saat der rechten Gruppierungen aufgeht, hatte ich nicht so im Gedächtnis. Monarchisten, Revanchisten, Zaristen, Rechtsbündler – alle Gruppen versuchen ihren Einfluss zu wahren. Die politische Führung agiert ziemlich machtlos, denn der Justizapparat und die Kriminalpolizei scheinen schon früh Position bezogen zu haben.
Bei all diesen politischen Verwicklungen kam mir der Krimi ein wenig zu kurz. Es war schon spannend Reitmeyer auf der Suche nach den Mördern und den Drahtziehern zu begleiten, aber es brauchte schon meine ganze Konzentration in dieser Gemengelage nicht die Übersicht zu verlieren. Sehr gut hat mir die niveauvolle Sprache gefallen, keine Selbstverständlichkeit mehr bei vielen Kriminalromanen.
Wenn auch ein – zwei Fragen für mich nicht beantwortet waren, kann ich dieses Roman geschichtsinteressierten Lesern sehr empfehlen.