Schreib den alten Gaul nicht zu früh ab
Slow HorsesSlough House ist die Endstation für ausgemusterte Agenten des britschen MI5. Dorthin werden sie versetzt, wenn sie einen unverzeihlichen Fehler gemacht haben oder in Diskredit geraten sind. Dorthin hat ...
Slough House ist die Endstation für ausgemusterte Agenten des britschen MI5. Dorthin werden sie versetzt, wenn sie einen unverzeihlichen Fehler gemacht haben oder in Diskredit geraten sind. Dorthin hat es auch River Cartwright verschlagen, als er eine Übung zur Terrorabwehr gründlich vermasselt hat – sagen seine Chefs. Aber River ist sicher, dass er hereingelegt worden ist.
Die Slow Horses so der Begriff für die Loser, werden mit unnützen Aufgaben beschäftigt, sie durchsuchen Müll, hören endlose unwichtige Telefonate ab und legen Akten an. Ein frustrierender, Zustand, vor allem da es noch nie einer zurückgeschafft hat.
Doch die Entführung eines pakistanischen Jungen scheint eine Chance für Jackson Lamb, den „Chef“ der lahmen Gäule zu sein. Er will mitmischen!
Mick Herron hat einen klassischen Spionagethriller geschrieben, trickreich, voller Wendungen und Verschwörungstheorien. Es gibt auf Seite 312 den Satz von Rivers Großvater: Vergewissere dich, dass niemand das sieht, was er zu sehen glaubt. Der Autor geht nach der gleichen Devise vor: Schreib so, dass kein Leser das liest, was er zu lesen glaubt. Das macht die Geschichte sehr undurchsichtig und fordernd, aber auch spannend, wie ich das von einem Spionagethriller erwarte.
Nach einem rasanten Beginn, lässt sich die Handlung dann mehr Zeit um die vielen Protagonisten im Slough House vorzustellen, ihre Schwächen und Stärken zu thematisieren und ihre Fehler bei ihrer Arbeit im Geheimdienst. Das hat mit anfangs etwas verwirrt und manchem Abschnitt musste ich ein weiteres Mal lesen um auch ja keine versteckte Informationen zu übersehen.
Im Schlussteil findet Herron wieder zu seinem Anfangstempo und der Thriller endet mit einem echten Paukenschlag.
Der Untertitel „Ein Fall für Jackson Lamb“ weist ja schon darauf hin, dass noch weitere Bücher ins Deutsche übersetzt werden, denn Slow Horses ist bereits 2010 erschienen und es gibt im Englischen bereits mehrere Fortsetzungen. Die Presse vergleicht den Autor bereits mit Le Carré, ein würdiger Nachfolger ist er auf jeden Fall.