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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.08.2018

Schräge WG mit Herz

Alle für einen
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„Alle für Einen“ – der Titel passt genau auf die humorvolle und menschlich warme Geschichte von Jutta Profijt. Die Bewohner der Villa Zucker sind vor einiger Zeit einem Immobilienbetrüger aufgesessen und ...

„Alle für Einen“ – der Titel passt genau auf die humorvolle und menschlich warme Geschichte von Jutta Profijt. Die Bewohner der Villa Zucker sind vor einiger Zeit einem Immobilienbetrüger aufgesessen und statt schöner Wohnungen in der alten Düsseldorfer Villa zu bekommen, standen sie vor dem Nichts. Kurzerhand haben sie unter der Federführung von Rosa, einer unkonventionellen alten Dame, das Haus besetzt. So wohnen noch Ellen und Kim, Rosas Tochter und Enkelin, Herr Seeberg, ein pensionierter Bundeswehrsoldat und Konrad, ein geläuterter Betrüger im Haus. Sie haben allesamt die Hoffnung nicht aufgegeben, das Haus noch legal kaufen zu können. Aber auch dieser Plan scheint am windigen Makler zu scheitern. Aber nicht durch das hält die Bewohner auf Trab, Kim und ihre Freunde wollen einen Mitschüler von der schiefen Bahn holen, Rosa plant eine groß angelegte Benefizauktion und Konrad möchte sich endlich mit seiner Tochter aussöhnen. Jede Menge Konfliktstoff also.
Die Autorin hat diese bunt zusammengewürfelte Truppe mit viel Liebe zum Detail geschildert. Dabei haben mich immer wieder die urkomischen Situationen zum Lachen gebracht. Was für ein Wortwitz und welche Gagdichte! Aber dabei spürt man immer die Sympathie der Autorin für ihre Protagonisten, bei denen ich mich kaum entscheiden konnte, wer mir der Liebste ist. Konrad, der stille Mann mit vielen hausfraulichen Fähigkeiten oder Seeberger, der nie viel Worte macht, aber immer im rechten Augenblick zupackt oder Ellen, die sich allmählich von ihren Sorgen befreit und wieder die fröhliche, attraktive Frau von früher wird?
Über allen steht aber Rosa – anstrengend, spleenig, nie um eine Ausrede verlegen und wenn‘s der Sache dient, auch zu einem krummen Umweg bereit. Diese Mischung macht die Anziehungskraft der WG und auch der Geschichte aus. Ihrem Charme kann man sich nur schwer entziehen.
Das ist bereits der dritte Band um diese ungewöhnliche Wohngemeinschaft, da ich den ersten kannte, konnte ich mich wieder leicht in die Figuren und die Handlung finden. Aber auch „Neulinge“ werden damit keine Schwierigkeiten haben. Es gibt genügend kleine Rückblicke und Erklärungen. Warum ich den zweiten Band übersehen habe, kann ich mir gar nicht erklären, werde aber die Lektüre rasch nachholen.

Veröffentlicht am 12.08.2018

Odenwaldkrimi

Schatten über dem Odenwald (Alexandra König ermittelt 2)
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Alexandra König lebt mit Tom zusammen, ein Kriminalist und ein richtiger Kerl. Klar, dass er es nicht toll findet, wenn sich Alex immer wieder in seine Ermittlungen einmischt. Auch wenn er zugeben muss, ...



Alexandra König lebt mit Tom zusammen, ein Kriminalist und ein richtiger Kerl. Klar, dass er es nicht toll findet, wenn sich Alex immer wieder in seine Ermittlungen einmischt. Auch wenn er zugeben muss, dass ihre weibliche Intuition ihm schon im letzten Fall weitergeholfen hat.


Jetzt hat sie Urlaub und Besuch von Freunden und Tom plagt sich mit zwei üblen Fällen, ein Autounfall, der sich als Mord entpuppt und verschwundener Schmuck, der während einer Spurensicherung vom Tatort gestohlen wurde. Das nagt besonders an ihm, denn es kann nur jemand aus seiner Truppe gewesen sein und während der internen Ermittlungen steht das ganze Team unter Verdacht.


Das E-Book ist ideale Urlaubslektüre. Eine Mischung aus Beziehungs- und Liebesgeschichte – mit vielen witzigen Verwicklungen inklusive – und ein ganz spannend aufgebauter Krimi. Natürlich sind die Fälle ganz auf die unerschrockene Hobbyermittlerin Alex ausgerichtet. Die lässt sich nicht von Tom ausbremsen, auch wenn sie insgeheim zugibt, dass er manchmal Recht hat. Aber dass er ihr Grund zur Eifersucht gibt, ist eine andere Sache.
Leichte, lockere und ein bisschen unverbindliche Unterhaltung. Spannung und Liebesgedöns wechseln sich angenehm ab und zwischendurch blitzt auch immer wieder Wortwitz auf.


Jetzt bleibt nur die Frage, ob im nächsten Band Tom bereit ist, sein Motorrad gegen einen familientauglichen Van zu tauschen.

Veröffentlicht am 11.08.2018

Einfühlsam

Weit weg von Verona
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Jessica Vye ist 13 Jahre alt. Sie ist nicht unbedingt das beliebteste Kind in der Schule, denn sie hat einen unbestechlichen Blick, eine scharfe Zunge und eine unbedingte Wahrheitsliebe. Sie fühlt sich ...

Jessica Vye ist 13 Jahre alt. Sie ist nicht unbedingt das beliebteste Kind in der Schule, denn sie hat einen unbestechlichen Blick, eine scharfe Zunge und eine unbedingte Wahrheitsliebe. Sie fühlt sich nicht nur zur Schriftstellerin berufen, sie ist eine, auch wenn die Erwachsenen das nicht erkennen. Jessica lebt in der Kriegszeit, Lebensmittelmarken und die am Gürtel baumelnde Gasmaske gehören zu ihrem Alltag.
Bereits mit ihrem ersten Roman hat Jane Gardam ein Meisterwerk geschaffen. Der wache und kühle Blick ihrer jungen Protagonistin scheint Gardams eigener Blick zu sein, so wie ich immer wieder dachte, Jessica ist das jugendliche Alter Ego der Autorin. Genau beobachtet und seziert sie die schwierige Zeit zwischen Kindheit und Erwachsenwerden. Jessica erlebt das intensiv und schmerzhaft. Dabei durchzieht eine feine, fast unmerkliche Ironie das Buch. Besonders dann, wenn sich Gardam den erwachsenen Protagonisten ihres Romans widmet. Jane Gardam hat es wieder geschafft, mich absolut in Bann zu ziehen. Wer bemängelt, dass ein kurzer Zeitabschnitt im Leben eines linkischen Teenagers kaum Stoff für einen Roman bietet, wird hier eines Besseren belehrt.
Wie schon bei den früheren Neuentdeckungen der Autorin bin ich begeistert von der geschliffenen Sprache und dem Stil der Autorin. Ich freue mich auch, dass mit Isabell Bogdan eine wunderbare Übersetzerin gefunden wurde.
Ebenso hat mich die Gestaltung des Buches überzeugt, der Schutzumschlag ist gelungen und das Aquarell eines abgewandten Mädchenkopfes passt zum Text.

Veröffentlicht am 09.08.2018

Mörderischer Whisky

Whisky mit Mord
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Eine Erbschaft führt Abigail Logan nach Schottland. Die vererbten Liegenschaften entpuppen sich als eine kleine, aber feine Whiskybrennerei. Abi tritt die Erbschaft nicht ohne schlechtes Gewissen an, ...


Eine Erbschaft führt Abigail Logan nach Schottland. Die vererbten Liegenschaften entpuppen sich als eine kleine, aber feine Whiskybrennerei. Abi tritt die Erbschaft nicht ohne schlechtes Gewissen an, sie hat sich in den letzten Jahren nicht mehr so intensiv um ihren Onkel Ben gekümmert, denn sie konnte nicht verstehen wieso er das gemeinsame Londoner Heim verkauft hat und nach Schottland gezogen ist. Das Londoner Haus „Haven“ war der Ort ihrer kindlichen Geborgenheit. Dort ist sie nach dem Tod ihrer Eltern unter Bens Obhut aufgewachsen. Deshalb hat sie ihn nie in Schottland besucht.

Aber es scheint, sie ist als Erbin nicht sonderlich willkommen. Bereits in London erhielt sie seltsame Drohbotschaften, die bei ihrer Ankunft in Schottland noch verstärkt wurden. Auch Abbey Glen, die Brennerei ist schon mehrfach durch Sabotageakte beschädigt worden. Die Angestellten treten Abi auch mit unverhohlenem Misstrauen entgegen, sie erwarten den Verkauf der Brennerei und auch die Interessenten warten kaum die Beisetzung ab um sie zum Verkauf zu drängen. Es bleibt aber nicht nur bei Drohungen, als ein junger Angestellter tot im Gärbottich gefunden wird, nimmt die Geschichte eine andere Dimension an. Abi und ihr guter Freund Patrick, ein Whisky- und Weinkenner versuchen Licht ins Dunkel zu bringen. Aber wem können sie trauen? Ist Grant McEwen wirklich ein loyaler Mitarbeiter?

Schottland und Whisky gehören zusammen und bieten den idealen Hintergrund für diesen stimmungsvollen Krimi. Abigail Logan ist als Protagonistin die taffe Heldin, die plötzlich in ein fremdes Metier geworfen wird und sich gegen alle Vorurteile behaupten muss. Dabei muss sie über sich selbst hinauswachsen und auch mit ihrer Vergangenheit abschließen. Nebenbei nimmt das Thema Whisky natürlich einen großen Raum ein und wird kenntnisreich thematisiert. Whiskykenner werden das sicher noch besser beurteilen können.

Der Debütkrimi ist flüssig geschrieben, hat einen gut ausgearbeiteten Plot und gefiel mir nicht zuletzt, weil es spürbar ein Kriminalroman einer Autorin ist. Die Spannung ergibt sich nicht zuletzt aus vielen persönlichen Verwicklungen und Gefühle dürfen auch eine Rolle spielen. Abigail Logan ist verletzlich und trotzdem hart im Nehmen und eine durch und durch sympathische Hauptfigur.

Der Krimi macht wirklich Lust auf Schottland und natürlich auf den passenden Whisky. Das stimmungsvolle Cover unterstreicht das noch.

Veröffentlicht am 07.08.2018

Nancy Mitford ist neugierig

Die Schwestern von Mitford Manor – Unter Verdacht
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Für die junge Louisa ist die Stelle als Kindermädchen bei der exzentrischen Adelsfamilie der Mitfords eine Rettung aus dem Elend. Nach dem Tod des Vaters geht es der Familie immer schlechter, zumal sich ...

Für die junge Louisa ist die Stelle als Kindermädchen bei der exzentrischen Adelsfamilie der Mitfords eine Rettung aus dem Elend. Nach dem Tod des Vaters geht es der Familie immer schlechter, zumal sich der Onkel Stephen eingenistet hat und Louisa unmissverständlich dazu aufgefordert hat, seine Schulden bei Buchmachern in Naturalien abzuzahlen.
Bei den Mitfords findet sie nicht nur einen chaotischen kinderreichen Haushalt, sondern mit der ältesten Tochter Nancy auch eine Freundin. Nancy ist ziemlich frühreif, neugierig und fantasievoll. Alles, was sie später als Schriftstellerin auszeichnen sollte. Als eine Bekannte der Familie, die Krankenschwester Florence Nightingale Shore in einem Zug ermordet wird, ist die Neugierde der beiden geweckt. Besonders da Louisa Zeugin des Abtransports der Leiche war. So beginnt das ungleiche Paar zu ermitteln, immer unterstützt vom jungen Sullivan, der grade seinen Dienst bei der Bahnpolizei begonnen hat.
Interessiert hat mich das Buch hauptsächlich wegen der Mitfords. Ich schätze Nancy als Autorin und anglophile Leserin kenne ich auch einiges aus der Familiengeschichte der Schwestern. Das Setting – die Zwanziger Jahre in England – ist ein farbiger und interessanter Hintergrund. England beginnt sich allmählich vom Trauma des Ersten Weltkriegs zu erholen und die alte Gesellschaftsordnung scheint nicht mehr so fest betoniert wie zuvor. Die beiden jungen Frauen wagen sich trotzdem weit vor mit ihren Befragungen und Ermittlungen. Das war aber nicht immer stimmig. Mir war es zu unrealistisch, dass sich Louisa als neues Kindermädchen so viele Freiheiten herausnehmen konnte und so viel Zeit für die Ermittlungen hatte. Da hätte ich mir – gerade bei Jessica Fellowes – mehr historische Genauigkeit gewünscht.
Ich fand das Buch allerdings auch als Krimi nicht sonderlich spannend, vielleicht weil es zu unentschieden zwischen den Familienturbulenzen der Mitfords und den Detektivambitionen von Louisa, Nancy und Sullivan pendelt. Es ist breit angelegt und stellenweise recht abschweifend erzählt. Nicht immer sind die Handlungen logisch. Wann immer etwas erklärt werden muss, dass sich aus der Handlung nicht ableiten lässt, taucht passenderweise ein geheimnisvoller Brief auf, der den Protagonisten und damit den Lesern eine neue Richtung vorgibt.
Den Mord an Florence Shore hat es tatsächlich gegeben und da er nie aufgeklärt wurde, ist die Lösung der Autorin sehr gewitzt.