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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.06.2018

Elisabeth sieht grün

Grün ist die Liebe
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20 Jahre verheiratet, die Kinder aus dem Haus, den Alltag belebt durch die ehrenamtliche Tätigkeit als Grüne Dame im Krankenhaus – da fragt sich Elisabeth schon manchmal wo denn die Liebe und die Romantik ...

20 Jahre verheiratet, die Kinder aus dem Haus, den Alltag belebt durch die ehrenamtliche Tätigkeit als Grüne Dame im Krankenhaus – da fragt sich Elisabeth schon manchmal wo denn die Liebe und die Romantik geblieben ist. Sie fühlt sich nicht mehr so recht geschätzt von ihrem Ehemann Robert. Er scheint sie so selbstverständlich zu nehmen wie ein Möbelstück. Wo und wann sind denn ihre Träume und Wünsche auf der Strecke geblieben?
Als sie den alten Herrn Grün betreut, der um seine geliebte Ehefrau Lenya trauert, wird ihr das Manko erst recht bewusst. So wie der alte Herr von der Liebe schwärmt, vom lebenslangen Kribbeln, von der immer lebendigen Beziehung, so hätte es Elisabeth auch gern und sie achtet immer mehr auf die Versäumnisse von Robert. Liebt der sie überhaupt noch oder hat er vielleicht sogar schon ein Verhältnis? Auch die Ratschläge der Freundin Tessa sind nicht besonders hilfreich.
Erstaunlich bei diesem Roman fand ich, dass ich automatisch die Figur der Elisabeth mindestens 10 Jahre älter geschätzt hätte, denn grade sie – die das Fehlen der Romantik betrauert – hat sich in der Routine und Behäbigkeit ihrer Ehe ganz gut eingerichtet.
Wie sie durch die Begegnung mit Herr Grün wachgerüttelt wird und anfängt ihr Leben zu überdenken, ist schlüssig und sympathisch dargestellt. Immer wieder wechseln die Erinnerungen des Herrn Grün mit den Erlebnissen Elisabeths ab und das macht auch den Reiz der Geschichte aus. Die Lebensweisheit des alten Mannes spornt Elisabeth immer wieder an, auch in ihrem Leben wieder Harmonie und Liebe zu finden.
Marlies Ferber spart nicht an lebenserfahrenem Humor um ihren Figuren Profil zu geben. Jeder Leser wird wahrscheinlich Elisabeths und Roberts in seiner Umgebung kennen. Überhaupt sind die Figuren, auch die Nebenrollen, wirklich gut gezeichnet. Lebensecht, charaktervoll und manchmal auch ein wenig überdreht, machen sie viel Spaß. Die sehr schön und warmherzig erzählte Geschichte hat mir gut gefallen und es ist nur natürlich, dass es Happy Ends in jedem Lebensabschnitt geben kann.

Veröffentlicht am 22.06.2018

Dr. Sommerfeldt

Totenstille im Watt
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Einen Arzt wie Dr. Bernhard Sommerfeldt wünschen sich wohl alle Patienten. Sympathisch und mitfühlend nimmt er sich Zeit, kümmert sich um Sorgen und Nöte seiner Patienten, auch über die Konsultation hinaus.
Mit ...

Einen Arzt wie Dr. Bernhard Sommerfeldt wünschen sich wohl alle Patienten. Sympathisch und mitfühlend nimmt er sich Zeit, kümmert sich um Sorgen und Nöte seiner Patienten, auch über die Konsultation hinaus.
Mit Beate hat er eine Lebensgefährtin gefunden, die seine Liebe zur Literatur teilt. Aber Sommerfeldt ist nicht das, was er vorgibt zu sein. Was er ist, vertraut er seinen Kladden an und wir Leser schauen ihm dabei über die Schulter und sind quasi in Echtzeit in seinem Leben dabei. Es gibt da nämlich den Mann, der auf seine ganz eigene Weise für Ordnung sorgt. Wenn das Dröhnen in seinem Kopf überhandnimmt, dann muss er die Welt von diesen Subjekten befreien. Ob er sich den Ehemann vornimmt, der regelmäßig seine Frau und seinen Sohn krankenhausreif prügelt oder den Ex-Freund von Beate. Erst dann herrscht wieder Stille in seinem Kopf. Ich muss gestehen, obwohl ich seine Methoden nicht gutheißen konnte, war die Sympathie anfangs doch ganz auf seiner Seite. Im Laufe der Geschichte dreht sich das dann, immer mehr kommt die Hybris Sommerfeldts zum Vorschein.
Das ist nicht unbedingt ein Kriminalroman, obwohl es genug Tote gibt und die Kommissare der anderen Ostfrieslandkrimis von Klaus-Peter Wolf ihren Auftritt haben. Es ist spannend und stellenweise auch sehr witzig geschrieben. Außer Sommerfeldt kommen wir nicht sehr vielen Personen nahe und die wenigen sind auch nicht sonderlich liebenswert geschildert, einschließlich Sommerfeldts Freundin Beate, die mir naiv und egoistisch schien.
Die Sichtweise aus der Täterperspektive hat mir gefallen.

Veröffentlicht am 20.06.2018

Wer erschoss Tregarthan

Mord in Cornwall
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Seit einiger Zeit erscheinen im Klett-Cotta Verlag Neuauflagen klassischer Kriminalromane. Diese Ausgaben sind sorgfältig ediert und schön ausgestattet. Es ist eine Freude, diese klassischen Krimis wieder ...

Seit einiger Zeit erscheinen im Klett-Cotta Verlag Neuauflagen klassischer Kriminalromane. Diese Ausgaben sind sorgfältig ediert und schön ausgestattet. Es ist eine Freude, diese klassischen Krimis wieder zu entdecken.

So war es auch bei Mord in Cornwall. Der Plot ist ganz typisch und vereinigt alles, was zu einem klassischen englischen Krimi gehört: Ein einsames Haus auf den Klippen, ein familiärer Konflikt, Zeugen, die viel verschweigen und einen kauzigen Inspektor mit einem braven Landpolizisten im Gefolge.

Das wöchentliche Treffen der beiden Junggesellen Reverend Dodd und Dr. Pendrill beginnt wie immer gemütlich, nach dem Abendessen tauschen sich Beiden über ihr Hobby aus, nämlich die neuesten Krimis. Sie rätseln über Verdächtige, sind im Wettstreit, wer als Erster den Fall lösen kann. Dann wird aus ihrem Hobby Realität. Dr. Pendrill wird nach Greylings gerufen, der Hausherr, Mr. Tregarthan liegt erschossen in seiner Bibliothek. Natürlich begleitet Dodd seinen Freund, schon um der Nichte Ruth Tregarthan geistlichen Beistand anzubieten. Aber nach und nach findet Dodd immer mehr Spuren, die ihm rätselhaft erscheinen und bevor der Constable und später Inspektor Bigswells eintrifft, leitet er schon die ersten Befragungen ein.

Das Buch ist ein echter Rätselkrimi, nach und nach tauchen Spuren und Verdächtige auf, viele Beteiligte haben ein Motiv und die Menschenkenntnis Dodds ist ein wichtiger Teil der Ermittlungen. Durch ihn wird der Leser quasi an den Ermittlungen beteiligt. Es geht aber recht gemütlich zu, es wird weniger Spannung, aber mehr Atmosphäre erzeugt. Vielleicht ist das Buch der Urvater der englischen Landhauskrimis.

Ein netter Abstecher zu den Anfängen des Kriminalromans.

Veröffentlicht am 18.06.2018

Brutal, hart und spannend

Stille Feinde
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Privatdetektiv Isaiah Quintabe, kurz IQ genannt, lebt in Long Beach, L.A. Wobei sein Spitzname nicht nur seine Initialen bedeuten, sie stehen auch für seine Begabung, mit Deduktion und Intelligenz die ...

Privatdetektiv Isaiah Quintabe, kurz IQ genannt, lebt in Long Beach, L.A. Wobei sein Spitzname nicht nur seine Initialen bedeuten, sie stehen auch für seine Begabung, mit Deduktion und Intelligenz die Sachverhalte zu durchschauen. Long Beach ist nicht grade eine feine Gegend, deshalb sind seine Fälle auch meist Probleme der sogenannten kleinen Leute, für die IQ aber ein großes Herz hat. Da hilft er schon mal unentgeltlich. Aber seit Jahren treibt ihn der ungesühnte Unfalltod seines großen Bruders Marcus um. Als er auf einem Schrottplatz einen Wagen entdeckt, der dem Unfallwagen gleicht, findet er schnell Indizien, die nahelegen, dass Marcus vorsätzlich überfahren und ermordet wurde. Gleichzeitig bittet Marcus frühere Freundin Quintabe um Hilfe. Ihre jüngere Schwester, ein Junkie und spielsüchtig, steckt in großen Schwierigkeiten. Sie hat sich von den falschen Leuten Geld geborgt, das sie nicht zurückzahlen kann und versucht eine Gang mit gestohlenen Dokumenten zu erpressen. Jetzt hat sie nicht nur den Geldhai auf den Fersen, auch eine chinesischen Triade und das mexikanische Syndikat wollen ihr ans Leder.
IQ als Hauptfigur ist ein faszinierender Protagonist. Der Plot ist raffiniert, vielschichtig und – wie ich finde – sehr kompliziert aufgebaut. Wenn man nicht mit großer Konzentration liest, verliert man sich schnell in Nebensträngen und Rückblenden. Trotzdem bleibt die Spannung aber durch die ganze Geschichte erhalten.
Die Sprache ist knallhart, sehr lakonisch und brutal. Überhaupt beherrschen die Brutalität der Gangs und die ständigen Gewaltexplosionen das ganze Buch. Verstärkt wird das durch den rauen Unterweltslang. Ich hatte damit meine Schwierigkeiten, auch wenn bei Quintabe immer mal Ironie, sogar feiner Humor aufblitzt und seine Menschlichkeit ein Gegenpart zu seinen Ermittlungen und seiner Umgebung darstellt. Die abrupten Szenenwechsel bringen genau wie die Sprache sehr viel Tempo ins Buch. Ich könnte mir sehr gut einen Film mit diesem vorstellen, die viele Szenen ließen bei mir sofort ein Kopfkino abspulen.



Veröffentlicht am 18.06.2018

Intrigen in Versailles

Commissaire Le Floch und der Brunnen der Toten
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Nicholas le Floch ist Commissaire in Paris. Das Wohlwollen des Königs ruht auf ihm, er verfügte persönlich die Ernennung. Nicholas ist ehrgeizig, jung und vor allem mit einem unbestechlichen Blick ausgezeichnet. ...

Nicholas le Floch ist Commissaire in Paris. Das Wohlwollen des Königs ruht auf ihm, er verfügte persönlich die Ernennung. Nicholas ist ehrgeizig, jung und vor allem mit einem unbestechlichen Blick ausgezeichnet. Er selbst ist der uneheliche Spross eines Adligen und wuchs bei einem Vormund auf, der ihm eine gute Erziehung ermöglichte. Der Weg zu einer Karriere im Beamtenapparat Ludwig des XV ist mit Intrigen gepflastert.

Als er eines Abends in der Oper auf die königliche Tochter Adelaide achten soll, wird er zu einem Todesfall gerufen. Der Sohn des Comte de Ruissec liegt in seiner von innen verschlossenen Bibliothek, die Pistole scheint ihm aus der Hand gefallen, das Gesicht von der Schussverletzung entstellt. Selbsttötung ist im französischen, katholischen Königreich ein Kapitalverbrechen und würde der Familie Ruissec schaden. Aber das ist es nicht allein, was le Floch stutzig macht, er findet Anzeichen für ein Verbrechen und ist mehr als verwundert, dass der alte Graf davon nichts wissen möchte und jede Untersuchung behindert. Als die Gräfin um ein geheimes Treffen bittet, wird sie ebenfalls getötet.

Le Floch ist auf sich gestellt, zwar halten seine Vorgesetzten eine schützende Hand über ihn, aber er weiß, wenn er sich zu weit vorwagt, steht er für sich allein. Die politischen Ränken und Intrigen in Versailles sind allgewärtig. Sogar die Maitresse Madame de Pompadour scheint mit zu mischen und umschmeichelt le Floch.

Die Figur des jungen le Floch hat mir sehr gut gefallen. Um ihn herum stellt der Autor in seinem zweiten Roman eine Reihe historischen Figuren, die sehr gut in die Handlung eingepasst wurden. Sehr detailreich und immer unglaublich interessant ersteht ein Bild der Zeit vor meinen Augen. Versailles, die Welt der Theater und Oper in Paris, die großen Boulevards der Stadt, das alles wird farbig und lebendig beschrieben. Ich bin richtig in diesen Roman versunken, der dicht und stimmungsvoll erzählt ist. So stelle ich mir einen gelungen historischen Krimi vor und meine Erwartungen sind übererfüllt worden.

Ein ausführliches Personenregister rundet das Buch ab. Ich habe das als richtiges Bonusmaterial empfunden und französische Geschichte aufgefrischt.
Da ich inzwischen weiß, dass es in Frankreich schon mehrere Bände gibt, bin ich sehr gespannt auf weitere Bücher um le Floch und werde in der Zwischenzeit den ersten Band nachholen.