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Veröffentlicht am 14.05.2018

Gelungene Fortsetzung

Lost in Fuseta - Spur der Schatten
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Leander Lost ist jetzt ein halbes Jahr in Fuseta. Im Austauschprogramm von Europol hat er seinen Hamburger Arbeitsplatz mit einem Kollegen der portugiesischen Kleinstadt getauscht. Er fühlt sich angenommen, ...

Leander Lost ist jetzt ein halbes Jahr in Fuseta. Im Austauschprogramm von Europol hat er seinen Hamburger Arbeitsplatz mit einem Kollegen der portugiesischen Kleinstadt getauscht. Er fühlt sich angenommen, trotz der Schwierigkeiten in der Kommunikation durch sein Asperger Syndrom. Aber seine Inselfähigkeiten haben schon mehrfach bei der Lösung komplizierter Sachverhalte geholfen und das Verhältnis mit den Kollegen ist besser, als es in Hamburg je war. Außerdem gibt es da noch Soraia, die Schwester von Subinspektorin Graziana Rosada.

Als eine zuverlässige Kollegin nicht zum Schichtwechsel erscheint, wir Subinspektorin Rosada stutzig. Auch in der Wohnung gibt es keine Spur der Kollegin, lediglich ihr Handy liegt dort. Obwohl es noch keine Lösegeldforderung gibt, weist vieles auf eine Entführung hin. Gleichzeitig soll die Dienststelle für die Sicherheit einer Angolanerin sorgen, die für ihre NGO eine Rede vor dem Parlament halten möchte. Als die Tochter der Entführten anreist, ist Lost positiv überrascht, sie haben eine sehr ähnliche Sicht auf die Welt. Bald scheinen die beiden Aufgaben sich zu überschneiden und die Zeit läuft…

Schon vom ersten Band war ich begeistert und es ist schwer mit einem Nachfolger meine hohen Erwartungen zu erfüllen. Gil Ribeiro ist das gut gelungen. Ich habe mich sofort wieder nach Portugal versetzt gefühlt und Leander Lost ist als Anti-Held die ideale Besetzung für diese außergewöhnlichen Krimis.

Mir gefiel der Plot, der temporeich ist, aber trotzdem immer auch Zeit für eine kleine mediterrane Pausen hat. Wenn die Familie Rosada zusammensitzt und Leander sich behaglich und beschützt fühlt. Wenn es um portugiesische Spezialitäten geht, die zu den diversen Mahlzeiten gereicht werden. Kollege Carlos Estevez trifft man sehr selten ohne einen Vorrat kleiner Köstlichkeiten an. Der Fall führt bald in die nicht immer ruhmreiche Geschichte Portugals als Kolonialmacht und die Kollegen der Policia Judicaiaria sind gefordert.

Aber am besten gefällt mir, wie der Asperger Leander Lost dargestellt ist, seine Probleme mit der nonverbaler Kommunikation ergeben immer wieder urkomische Szenen, ohne dass sie auf Kosten dieser Einschränkung gemacht werden. Im Gegenteil: wenn sich Lost auch als Mensch mit Mängeln sieht, wird den Kollegen immer mehr klar, dass das auch Stärken sein können. Seit Lost in einem Antiquariat den Ratgeber „Kompendium sinnloser Sätze“ eines völlig unterschätzten Autors namens Dan B. Tucker gefunden hat, kann er auch jede Situation mit einer Phrase retten. Das „meinen Sie“ oder „was sie nicht sagen“ kommt nun schon sehr flüssig von den Lippen.

Kurz gesagt: Für mich eine absolut gelungene Fortsetzung und ein echter Wohlfühlkrimi, in dem auch Spannung und Tempo sehr hoch bleiben und bei dem mir auch das Hintergrundthema sehr gefallen hat.

Veröffentlicht am 14.05.2018

Mut zur Veränderung

Ans Meer
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Seit ich „Niemand weiß, wie spät es ist“ habe ich den Autor René Freund auf meiner Liste. Deshalb war ich sehr gespannt auf seinen neuen Roman „Ans Meer“. Zuerst war ich überrascht vom geringen Umfang, ...

Seit ich „Niemand weiß, wie spät es ist“ habe ich den Autor René Freund auf meiner Liste. Deshalb war ich sehr gespannt auf seinen neuen Roman „Ans Meer“. Zuerst war ich überrascht vom geringen Umfang, aber Quantität und Qualität sind nicht eins.

Die kurze Geschichte erzählt vom in die Jahre gekommenen Busfahrer Anton, der sich mit seinem eintönigen, ereignislosen Leben scheinbar arrangiert hat. Er steht immer noch unter der Fuchtel seiner anstrengenden Mutter, aber dann hat er sich in seine Nachbarin Doris verguckt und zu seiner Überraschung werden die Gefühle erwidert. Beruflich läuft es nicht so besonders, seine Linie, die er mit einem alten Bus bedient, ist bedeutungslos, nur ein paar Schulkindern und alten Frauen kutschiert er ins nächste Dorf. Ein Dorn im Auge des alles auf Profit trimmenden Verkehrschefs. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse. Carla wird in ihrem Rollstuhl von der Tochter in Bus geschoben, sie will vor der nächsten Chemo, die ihre letzte sein wird, noch einmal ans Meer. In ihr Heimatdorf an die Bucht, mit der sich Jugend und Lebensfreude verbindet.
Die meisten Schüler verlassen den Bus, aber einige wollen – aus ganz unterschiedlichen Beweggründen mit und Anton und seine kleine Gruppe machen sich auf die Reise. Auf der Fahrt beginnen sich alle zu verändern, die Jugendlichen und Anton gleichermaßen.

Die Geschichte ist melancholisch, aber auch von einer heiteren Gelassenheit bestimmt. Wir können die Zukunft nicht immer ändern, aber wir können unser Schicksal annehmen und daran wachsen. Diese Erkenntnis habe ich – und auch die kleine verschworene Gruppe – gewonnen. Schade nur, dass so vieles nur angerissen wird, aber das wäre dann ein anderer Roman geworden. Der Phantasie des Lesers steht es frei, die Geschichte weiterzuspinnen.

Freund findet einen schönen, zarten Erzählton, der anrührt. Ein liebenswertes Märchen von Mut und Neubeginn. Trotzdem muss ich sagen, es erfüllte nicht ganz die Erwartungen, die ich an das neue Buch des Autors hatte.

Veröffentlicht am 12.05.2018

Miss Daisy und das FBI

Miss Daisy und der Tote im Chelsea Hotel
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Aus der „Honourable Miss Daisy“ ist inzwischen die angesehene Mrs Alec Fletcher geworden, was aber nicht bedeutet, dass sie nicht mehr als Journalistin arbeitet. Die Dienstreise ihres Mannes nach Amerika ...

Aus der „Honourable Miss Daisy“ ist inzwischen die angesehene Mrs Alec Fletcher geworden, was aber nicht bedeutet, dass sie nicht mehr als Journalistin arbeitet. Die Dienstreise ihres Mannes nach Amerika nutzt sie, um mit ihrem amerikanischen Verleger über eine Artikelserie zu verhandeln, derweil Alec den neu beim FBI arbeitenden J. Edgar Hoover berät. Im Flur des Verlagshauses wird sie Zeugin, wie ein Mann niedergeschossen wird. Den flüchtigen Täter kann sie aus dem Augenwinkel erkennen und versucht ihn zu verfolgen.
Im Gefolge hat sie einen jungen FBI Beamten, den ihr Mann zu ihrem Schutz erbeten hat, denn er kennt ja die Neigung seiner Frau in Kriminalfälle zu stolpern. Aber das hindert Daisy nicht, sich einzumischen und zu schnüffeln. Im Hotel hat sie sich längst ein Netzwerk geschaffen, zwei alte harmlos wirkende Damen, die eine unter männlichen Pseudonym als Kriminalreporter berühmt, einen pfiffigen Liftboy, der jede Bewegung der Gäste sieht und sich bestens zum Spionieren einsetzen lässt und natürlich der Portier des Hotels. Jeder wird eingespannt.
Daisy verfolgt den Täter so atemlos durch die USA, dass sogar der junge FBI Novize an seine Grenzen kommt, aber nicht Daisy. Sie greift auf jedes Beförderungsmittel zurück und jagt mit einem Sportflugzeug tagelang dem Verdächtigen hinterher. Gefallen haben mir die recht amüsanten Statements zur Gleichberechtigung der Frauen – ein Anliegen das Daisy sehr am Herzen liegt. Natürlich ist die Pilotin des Sportflugzeugs eine Frau, die es nur wegen ihres Geschlechts nie zu einer richtigen Anstellung gebracht hat. Die entscheidenden Tipps kommen von der alten Dame im Hotel, die sich in der Welt des organisierten Verbrechens auskennt und mehr erkennt, als die Polizei, die gern auf einem Auge blind ist. Und natürlich muss Alec neidlos anerkennen, dass seine Frau eben das besondere Gespür hat.
Trotzdem hat dieser Band nicht die Qualität der ersten „Miss Daisy“- Krimis erreicht. Vielleicht liegt es am fehlenden typisch englischen Hintergrund, der diese Cosy Krimis so amüsant machte. Trotz netter Ideen und Anspielungen zog sich die Verfolgungsjagd mit vielen Wiederholungen in die Länge und so rechte Spannung wollte nie aufkommen. Wahrscheinlich passt Daisy einfach besser ins skurrile und kauzige englische Landleben.


Veröffentlicht am 09.05.2018

Hexenjagd

Eine Handvoll Asche
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Cass Lynch ankert mit ihrem Segelboot vor Scalloway. Sie hat sich entschlossen, das dortige nautische College zu besuchen um ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen. Nicht nur als Hilfsmannschaft auf großen ...

Cass Lynch ankert mit ihrem Segelboot vor Scalloway. Sie hat sich entschlossen, das dortige nautische College zu besuchen um ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen. Nicht nur als Hilfsmannschaft auf großen Seglern und Windjammern, sondern in Zukunft mit einem Offizierspatent. Es ist kurz vor Halloween und in im Ort scheint man die Bräuche wohl sehr ernst zu nehmen. Überhaupt hat das kleine Dörfchen auf Shetland eine unrühmliche Vergangenheit mit Hexenverfolgung und Scheiterhaufen.
Eines Abends stolpert Cass über die Leiche eines jungen Mädchens, sie erkennt Anette sofort, die Tochter eines Ehepaars, bei denen sie Gartenarbeiten ausführt um ihr Studienbudget etwas aufzustocken. Anette benahm sich schon seit einiger Zeit seltsam, sprach von Reinkarnation und hatte wohl auch Kontakt zu örtlichen Gothic Szene. Ist da etwas aus dem Ruder gelaufen?
Ihre Meldung bringt DI Gavin Macrea auf die Insel. Den kennt sie schon aus der Vergangenheit und er hat mehr als Eindruck auf sie gemacht, was auch auf Gegenseitigkeit beruht. Aber wer wagt den ersten Schritt?
Obwohl sich meine Erfahrung mit Booten oder Schiffen auf diverse Fährüberfahrten beschränkt, gefällt mir die Segleratmosphäre von Taylors Krimi ganz besonders gut. Man spürt, dass Taylor jeden Handgriff auf dem Boot kennt und Segeln ihre eigene große Leidenschaft ist. Was liegt dann näher, als die Heldin ihrer Krimis zu einer Seglerin zu machen. Dazu kommen die herbe Schönheit der Shetlands und überhaupt das ganze schottische Feeling. Da fühle ich direkt in die Landschaft versetzt. Cass Lynch ist eine Frau, die mir gut gefällt: pragmatisch, mutig und immer ihr Ziel vor Augen. Trotzdem auch empathisch und verletzlich. Ihre eigene Geschichte wird immer wieder in kleinen Nebensätzen thematisiert, man muss also keinen Vorgängerband kennen, um in den Krimi einzusteigen.
Menschen und Landschaft – die beobachtet die Autorin sehr genau und ihr Krimi wirkt deshalb wie aus einem Guss, ich könnte mir keinen besseren Hintergrund für die Geschichte vorstellen, als diese raue Umgebung. Ein wirklich spannender Krimi, sehr klassisch aufgebaut und solide ausgearbeitet, der mich wieder überzeugte.

Veröffentlicht am 08.05.2018

Fallstricke

Eine Stimme in der Nacht
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Ganz neu erschienen ist bei uns ein Roman um Commissario Montalbano, der schon vor 6 Jahren in Italien veröffentlicht wurde.
Seit dem ersten Band habe ich nie ein neues Buch von Camilleri versäumt. Ich ...

Ganz neu erschienen ist bei uns ein Roman um Commissario Montalbano, der schon vor 6 Jahren in Italien veröffentlicht wurde.
Seit dem ersten Band habe ich nie ein neues Buch von Camilleri versäumt. Ich weiß also, was mich erwartet: ausschweifende Mahlzeiten mit Montalbano, der eine ungesunde Angewohnheit hat, sich zu überfressen. Die schier endlosen Aufzählungen der typischen sizilianischen Gerichte, die Adelina für ihn kocht, oder die er in seinem Stammlokal zu sich nimmt. Dazu regelmäßige Telefonate mit Livia, die ebenso regelmäßig mit Hörerknallen enden. Das fühlt sich bald an, wie zu Besuch bei guten Freunden.

Ein Einbruch in einem Supermarkt und der angebliche Selbstmord des Marktleiters erregt Montalbanos Verdacht, er hält den Laden für eine Geldwäschestation der Cuffaros, einer der einflussreichen Mafia Familien in Vigata. Natürlich werden ihm beim Ermitteln überall Steine in den Weg gelegt, der Staatsanwalt mauschelt mit dem Abgeordneten und der steht natürlich auf der Gehaltsliste der Familie. Es erfordert Montalbanos ganzes Geschick, sich durch die vielen Fallstricke zu manövrieren und seinerseits Fallen zu stellen. Auch wenn er seit Monaten mit dem Alter hadert, immer häufiger merkt, dass ihm etwas Wichtiges entfallen ist, so schnell macht ihm noch keiner etwas vor.

Auch nach vielen Bänden um Commissario Montalbano schafft es Camilleri immer wieder, jede Geschichte frisch und originell zu gestalten, das Lesevergnügen bleibt ungebrochen und die vielen Finten und trickreichen Wendungen halten die Spannung hoch.
Wie immer macht auch das Team immer wieder Laune. Catarella, Fazio und Augello –ich möchte keine der altbekannten Figuren missen, sie gehören quasi zur Krimifamilie des Autors.

Ich freue mich weiterhin auf jedes neue Buch von Andrea Camilleri