Profilbild von Bibliomarie

Bibliomarie

Lesejury Star
offline

Bibliomarie ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Bibliomarie über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.07.2021

Die Tote von Isdal

Das letzte Bild
0

Als die Schriftstellerin Eva in der Zeitung auf einen Artikel über einen nie gelösten Kriminalfall von 1970 in Norwegen stößt und das Phantombild des Opfers sieht, ist sie geschockt. Die Ähnlichkeit mit ...

Als die Schriftstellerin Eva in der Zeitung auf einen Artikel über einen nie gelösten Kriminalfall von 1970 in Norwegen stößt und das Phantombild des Opfers sieht, ist sie geschockt. Die Ähnlichkeit mit ihr und auch ihrer Mutter als junger Frau ist zu deutlich. Allerdings reagiert ihre Mutter auf diesen Artikel ganz anders, als erwartet. Das lässt Eva nicht ruhen und ein DNA Abgleich beweist, die nahe Verwandtschaft von Eva und der geheimnisvollen Toten. Natürlich reist sie nach Norwegen um diesem Familiengeheimnis auf die Spur zu kommen.

Rückblenden führen in die Kriegs- und Nachkriegszeit. Hauptfigur ist hier die junge Marguerite, die in einem Waisenhaus aufwuchs und sich nichts sehnlicher wünscht, als ihre Familie – die in den Kriegswirren getrennt wurde – wiederzufinden.

Ein packendes Stück Geschichte und gleichzeitig Familiendrama entfaltet die Autorin. Es bewahrheitet sich wieder, dass selbst die dritte Generation noch unter Ereignissen leidet, über die zwar nie gesprochen wurde und dennoch einen Schatten werfen.

Außerdem werden immer wieder kurze Abschnitte aus einem Artikel der Wochenzeitschrift „Die Zeit“ abgedruckt, die dokumentieren, dass sich Anja Jonuleit einen realen, nie geklärten Mordfall zum Hintergrund für ihren Roman genommen hat. Gerade das verleiht diesem Buch eine besondere Intensität. Sie baut auf dem Gerüst der damaligen Ermittlungen auf, entfaltet mit ihren erdachten Personen und ihrer Geschichte aber einen ganz eigenständigen Roman, bei dem man aber immer wieder denkt: so könnte es gewesen sein.

Das liegt sicher an der intensiven, aber empfindsamen Art zu erzählen, die Anja Jonuleit schon mehrfach unter Beweis stellte. Mich hat diese Geschichte von der ersten Seite an gefesselt, der Wechsel der Erzählperspektiven macht das Buch sehr spannend. Auch die Figurenzeichnung ist der Autorin außerordentlich gelungen.

Evas Spurensuche und wie sie Stück für Stück ein uraltes Puzzle versucht zusammenzusetzen ist spannend wie ein Krimi.

Eine wirklich bewegende Geschichte, die mich in Bann zog.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.07.2021

Ruhe- und Sehnsuchtsort

Mein Helgoland
0

Wenn die Schriftstellerin und Übersetzerin Isabella Bogdan Ruhe und gleichzeitig Inspiration sucht, ist Helgoland ihr Sehnsuchts- und Fluchtort geworden. Sie widmet dieser Insel eine kleine Hommage und ...

Wenn die Schriftstellerin und Übersetzerin Isabella Bogdan Ruhe und gleichzeitig Inspiration sucht, ist Helgoland ihr Sehnsuchts- und Fluchtort geworden. Sie widmet dieser Insel eine kleine Hommage und erzählt von ihrer Geschichte, ihrer Menschen und natürlich auch über den berühmtesten Sohn der Insel.

Immer wieder kommt James Krüss zu Wort. Sie tritt in einen Dialog mit ihm, zitiert aus den „Urgroßvater“-Büchern, in denen es um das Erzählen und das Schreiben geht.

Als Leser kann ich an ihrem Schreibprozess teilnehmen, erfahre viel über Ideen, leere Blätter und fehlende Inspiration. Aber ein windumtoster Spaziergang im Oberland bläst nicht nur den Kopf frei, er macht Platz für neue Gedanken. Sie trifft Helgoländer und Touristen, manche Begegnungen haben urkomisches Potential, andere sind ernster und erzählen von Problemen der Inselbewohner.

Es ist nur eine kurze Geschichte über Isabella Bogdans besondere Beziehung zu Helgoland, aber sie lässt mich auf der Insel verweilen. Ich lese über Ornithologen und begeisterte Birdwatcher, über Tierschützer und Touristen und die Neugierde auf die Insel wächst.

Ein liebenswerter und sehr persönlicher Blick auf Helgoland.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.07.2021

Ende einer Ausstellung

Fälschung à la Provence
0

Die Provence ist nicht nur für kulinarische Genüsse bekannt, auch der Kunstkenner kommt seine Kosten. Picassos letzte Wohnstätte, das Schloss Vauvenargues, öffnete für einige Woche seine Türe für Besucher ...

Die Provence ist nicht nur für kulinarische Genüsse bekannt, auch der Kunstkenner kommt seine Kosten. Picassos letzte Wohnstätte, das Schloss Vauvenargues, öffnete für einige Woche seine Türe für Besucher und hat Leihgaben aus aller Welt für eine Ausstellung versammelt. Am letzten Tag wird die ausgewiesene Picasso-Kennerin und Kunsthistorikerin Donia erstochen aufgefunden. Über ihr ein leerer Nagel und das Bild „Femmes au chat assise dans un fauteuil“ liegt neben der Toten. Ein versuchter Kunstdiebstahl?

Pascal Chevrier lebt und arbeitet in der Provence als einfacher Gendarm, ein Rückschritt nach seiner Tätigkeit bei der Pariser Police nationale. Aber das wird durch die neu gewonnene Lebensqualität mehr als aufgewogen. Außerdem arbeitet er mit seiner Erfahrung sehr gut mit den sonst eher konkurrierenden Beamten zusammen. Dieser Fall fordert ihn heraus, nicht nur weil seine Gefühle für die Kollegin Audrey von der Police nationale mehr als kollegial sind.

Dieser Krimi entführt seine Leser in die Welt der Künstler, Museen und Galeristen. Dabei trifft Pascal auf jede Menge sehr exzentrischer Personen, die ihm alle ein verdächtig erscheinen. Donia selbst verbarg eine ganze Menge Geheimnisse, die sich dem Polizisten er sehr langsam erschließen. Er muss sich in die Kunstszene einfühlen, erfährt viel über den erhitzten Markt, Auktionen und Fälschungen.

Aber trotzdem lässt der Autor Pascal Zeit für sein Hobby, der guten provenzalischen Küche. Kulinarik und Wein spielt eine große Rolle und das fließt eben auch in das Buch ein. Ich finde, das gehört dazu und würde wohl viel von der Atmosphäre vermissen, würde das fehlen.

Es geht bei mir immer das Kopfkino an, wenn sich Pascal mit einem Glas Wein an einem Bistrotisch niederlässt oder die Menükarte mit besonderen Spezialitäten studiert.

Ich fand die Exkursionen in die Kunstwelt sehr interessant und wissenswert, bei den Protagonisten, besonders den Frauenfiguren, war mir manchmal zu viel Exzentrik im Spiel. Ich konnte sie mir nicht unbedingt aus Fleisch und Blut vorstellen.

Die Lösung des Falls war für Pascal eine Herausforderung und er wird sein Büro in der Mairie in Zukunft immer mit einem Blick auf den Wandschmuck betreten.

Ein schöner Provence-Krimi mit viel Atmosphäre.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.07.2021

Mitzis Gespür für Mord

Drei Morde für die MörderMitzi
0

Maria Schlager, von allen nur Mitzi genannt, hat ein geringes Selbstwertgefühl und ein großes Herz. Das bringt sie immer wieder in Schwierigkeiten, aber so schlimm wie diesmal war so nie. Mitzi wird beschuldigt ...

Maria Schlager, von allen nur Mitzi genannt, hat ein geringes Selbstwertgefühl und ein großes Herz. Das bringt sie immer wieder in Schwierigkeiten, aber so schlimm wie diesmal war so nie. Mitzi wird beschuldigt Kasimir Wollatschek erschlagen zu haben. Auf dem Stein sind ihre Fingerabdrücke. Wie soll sie den Revierinspektoren, die da streng und lauernd vor sitzen, erklären, wie es dazu kam, dass der Kasi ein Freund war, der auf die schiefe Bahn geraten ist und dem sie doch nur helfen wollte auf den rechten Weg zurückzufinden.

Gut, dass sie Inspektorin Agnes Kirschnagel benachrichtigen kann, die glaubt Mitzi und versucht ihr zu helfen.

Schon zum dritten Mal gerät Mitzi in eine gefährliche Lage. Man kann schon sagen, dass sie ein Gespür für Mord hat und ihre Naivität verleitet sie immer wieder dazu, sich einzumischen. Die Alpenkrimis von Isabella Archan stellen keine taffe Ermittlerin in den Vordergrund, sondern eine junge naive Frau mit kompliziertem Innenleben, die nie ein Fettnäpfchen auslässt. Das macht die Krimis nicht nur sehr sympathisch, sondern auch schräg und witzig. Dabei sind es keine lustigen Fälle, es sind handfeste Verbrechen und unsere Protagonistin gerät dabei selbst in Lebensgefahr.

Ich mag Archans Schreibstil unglaublich gern. Sie verbindet Krimispannung mit viel österreichischen Schmäh und Charme. Wenn Mitzi zur Erholung eine Melange und Mehlspeis braucht, möchte ich mich gleich zu ihr an den Tisch setzen. Die Inspektorin Agnes Kirschnagel ist ebenso gut charakterisiert, mit Leib und Seele Polizistin, aber nicht festgefahren und so versteht sich, dass sie auch immer auf eigene Faust ermittelt, wenn es gilt Mitzi zu entlasten.

Mit Pflichtverteidiger Jakob Sparroder kommt noch eine sehr gelungene Figur ins Spiel. Die Charakterzeichnung ist eine der Stärken der Autorin. Sie schafft einen Figurenkosmos, der farbig und lebendig wirkt. Der neue Fall ist raffiniert komponiert und schafft mit einigen überraschenden Wendungen einen hohen Spannungsbogen.

Alpenkrimi, der Untertitel ist nicht von ungefähr gewählt. Die Landschaft, die Menschen spielen eine große Rolle und auch das verbindet die Autorin sehr gekonnt mit ihrem Plot.

Mördermitzi war für mich der beste und spannendste Band bisher.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.07.2021

Nestbau

Familie ist, wenn man trotzdem lacht
0

Vier Personen in einer 3-Zimmer-Wohnung, das ist ein bisschen eng, vor allem wenn die Kinder größer werden. Aber in Hamburg eine größere und noch bezahlbare Wohnung zu finden, stellt Steffi vor ungeahnte ...

Vier Personen in einer 3-Zimmer-Wohnung, das ist ein bisschen eng, vor allem wenn die Kinder größer werden. Aber in Hamburg eine größere und noch bezahlbare Wohnung zu finden, stellt Steffi vor ungeahnte Probleme. Als sie ihrer Freundin Helen von ihren Erfahrungen mit dubiosen Maklern erzählt, wittert Helen sofort eine interessante Story. Als Journalistin hat sie ein Gespür für aktuelle Themen. Ihre Geschichte schlägt ein, der Leserzuspruch ist enorm. So meldet sich auch Flora, die nun als Witwe in einem viel zu großen Haus mit riesigem Renovierungsstau lebt. Wäre es nicht ideal, die Zwei zusammenzubringen?

Wiebke Busch hat sich für ihren heiteren Familienroman ein aktuelles Thema ausgesucht. Wer kennt nicht die Wohnungssituation in den Städten, besonders in angesagten Vierteln. Neben der Wohnungssuche gibt es noch jede Menge Irrungen und Wirrungen im Beziehungssektor. Helen ist alleinerziehend, aber freundschaftlich mit dem Vater ihrer Tochter verbunden. Steffi wünscht sich mehr Familiengemeinsamkeit mit ihrem Mann, der leider seinen Beruf über die Familie stellt. Flora dagegen spürt immer mehr das Alter und die Einsamkeit. Dazu gibt es noch ein Geheimnis aus der Vergangenheit. Ein bunter Strauß aus Themen – und für mich gleichzeitig auch die Schwäche des Romans.

Ich hatte einige Male das Gefühl, dass die Autorin alles in einer Geschichte unterbringen wollte und so nehmen Helens Suche nach einem neuen Traummann und Floras Sehnsucht nach Enkeln auch bald einen Hauptteil der Geschichte ein. Weil aber alles so leicht und humorvoll, auch mit Situationswitz erzählt wird, bleibt der Roman immer kurzweilig und unterhaltsam.

Sympathische Protagonisten und lebendige, bildhafte Dialoge machen das Lesen zu einem harmlosen Vergnügen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere