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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.10.2017

Operettentod

Tod an der Wien
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Hätte Frl Kirsch, die pensionierte Lateinlehrerin nicht ihren Vermieter und Verehrer, den ebenfalls pensionierten Apotheker Anton Böck, nicht zur Premiere der Operette „Die gelbe Jacke“ ins Theater an ...

Hätte Frl Kirsch, die pensionierte Lateinlehrerin nicht ihren Vermieter und Verehrer, den ebenfalls pensionierten Apotheker Anton Böck, nicht zur Premiere der Operette „Die gelbe Jacke“ ins Theater an der Wien geschleppt, wären beiden viel Aufregung erspart geblieben.
Um ein Autogramm für die kleine Rosa zu ergattern, erschleicht sich Ernestine Kirsch den Weg zu den Künstlergarderoben und bekommt einen heftigen Streit zwischen der Hauptdarstellerin Hermine Egger und ihrer Zweitbesetzung mit. Kurz nach der Vorstellung verunglückt die Sängerin tödlich. Das lässt Ernestine natürlich keine Ruhe und zusammen mit Anton macht sie sich auf die ungefährliche Spurensuche.
Dieser Krimi entführt den Leser ins Wien des Jahres 1922. Der furchtbare Erste Weltkrieg ist noch nicht lange vorbei, die Gesellschaft befindet sich im Umbruch. Das geht auch an den Wienern nicht vorbei. Das Geld ist kaum noch etwas wert und für ein Stückerl Apfelkuchen und eine Melange muss Anton schon bald 3000 Kronen bezahlen. Den Hintergrund zu diesem kenntnisreich recherchierten Krimi fand ich faszinierend. Mit den beiden Pensionisten Ernestine und Anton als Ermittler hat die Autorin Beate Maly ein originelles und sympathisches Duo geschaffen. Wobei Ernestine Kirsch eine für ihre Zeit schon sehr moderne und aufgeschlossene Frau ihren Verehrer Anton öfters schubsen muss. Er würde sich seine Zeit lieber mit Mehlspeisen und anderen kulinarischen Genüssen vertreiben.
Die Autorin lässt – so ganz nebenbei – viel Wissenswertes aus der Zeit einfließen, ob es nun die Geschichte der Stadt Wien oder die Pädagogik ist. Das passt, weil sie mit Fräulein Kirsch die ideale Figur dafür geschaffen hat.
Der Krimi bietet nicht nur Spannung, auch Charme und viel Wiener Atmosphäre, ach gäbe es doch auch bei uns so eine Kaffeehauskultur!
Der Emons Verlag wird diesem Buch mit einem wunderschönen Cover gerecht. Es verzichtet auf das typische Titelfoto und glänzt mit Jugendstilranken und einer eleganten Haptik. So ist dieser historische Wien-Krimi auch äußerlich ausgesprochen gelungen.

Veröffentlicht am 25.10.2017

Mord auf Higher Barton

Auf Eis gelegt
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Sandra Flemming hatte eigentlich gehofft den Posten als Managerin eines neuen Romantikhotels in Cornwall zu erhalten. Stattdessen bekommt sie ihren Kollegen Harris Garvey vor die Nase gesetzt. Vor Jahren ...

Sandra Flemming hatte eigentlich gehofft den Posten als Managerin eines neuen Romantikhotels in Cornwall zu erhalten. Stattdessen bekommt sie ihren Kollegen Harris Garvey vor die Nase gesetzt. Vor Jahren hatte sie eine Affäre mit ihm, eine Jugendsünde, die sie schon oft genug bereut hat. Sie weiß, dass die Zusammenarbeit schwierig werden wird, aber sie beißt die Zähne zusammen. Keine zwei Tage später wird Garvey tot aufgefunden, der Safe steht offen und 10.000 Pfund sind verschwunden. Sandra gerät sofort in Verdacht und niemand glaubt an ihre Unschuld.
Die zauberhafte Landschaft von Cornwall spielt eine große Rolle in diesem typischen Cosy Krimi. Nicht nur Sandra ist sofort von ihrer neuen Wirkungsstätte begeistert, die Autorin lässt auch die Leser gleich zu Cornwall Fans werden, wenn sie nicht schon den Krimi deswegen ausgewählt haben.
Wie so oft, muss die Hauptverdächtige selbst die Initiative ergreifen und nach Spuren suchen. Begleitet von neuen Freunden, die ihr zur Seite stehen. Ein kleiner Kreis von Mitwirkenden, die alle nicht ganz das sind, was sie vorgeben, verführt auch den Leser zum miträtseln und ermitteln. Sandra ist eine sehr sympathische Protagonistin, auch die anderen Figuren sind sehr farbig und manchmal auch etwas kauzig geschildert.
Es macht Spaß diesen Krimi zu lesen, der Schreibstil ist locker und der Krimi als typisches Whodunit-Rätsel aufgebaut. Da kann man leicht über die eine oder andere Ungereimtheit hinweglesen. Es ist schließlich Unterhaltung und kein Polizeibericht. Ich habe mich jedenfalls sehr gut auf „Higher Barton“ unterhalten und da Sandra zum Schluss Inspektor Bourke nicht nur von ihrer Unschuld überzeugt hat, liegt es nahe, dass man dem Paar auch wieder begegnen wird.

Veröffentlicht am 24.10.2017

Schöner Triest-Krimi

Ein ehrenwerter Tod
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Bei diesem Krimi hat mich das Titelbild sofort angesprochen und zum Lesen verführt!
Dass es eine Reihe ist, wusste ich anfangs nicht und hat mich auch überhaupt nicht gestört, der Krimi steht ganz eigenständig ...

Bei diesem Krimi hat mich das Titelbild sofort angesprochen und zum Lesen verführt!
Dass es eine Reihe ist, wusste ich anfangs nicht und hat mich auch überhaupt nicht gestört, der Krimi steht ganz eigenständig da und ich hatte nie das Gefühl, dass mir Kenntnisse aus den Vorgängerbänden fehlten.
Eine junge ukrainische Frau, die als Pflegerin arbeitet, wird übel zusammengeschlagen. Elettra Morin und Valerio Gorgiulo werden mit dem Fall betraut. Ihr Chef, Commissario Benussi, ein Misanthrop wie er im Buch steht, ist durch einen leichten Herzinfarkt außer Gefecht gesetzt und die ärztlich verordnete Diät und Abstinenz macht ihn noch unleidlicher.
Aber der Überfall steht nicht allein, als eine exzentrische Amerikanerin mit durchgeschnittener Kehle gefunden wird und auch noch ein brutaler Überfall auf die Arbeitgeber der jungen Ukrainerin stattfinden, haben Elettra und Valerio alle Hände voll zu tun.
Die Handlung ist interessant komponiert. Eingestreute kursive Tagebucheinträge verweisen auf eine historische Spur, die sich erst im Lauf des Buches ganz enthüllt. Wobei der Leser dadurch immer einen Wissensvorsprung vor den Ermittlern bekommt, was die Spannung erhöht. Der Plot ist gut aufgebaut, die Verdachtsmomente und Hintergründe schließlich sich langsam zum Kreis, auch wenn die Zahl der Verdächtigen überschaubar ist und sich für mich schon früh ein Motiv ergeben hat, bleibt die Entwicklung spannend.
Natürlich fehlt auch nicht die Triester Atmosphäre, das rundet den Hintergrund des Kriminalromans besonders gut ab und ich mag es immer gern, wenn Handlungsorte und Landschaft dem Buch ein regionales Flair geben.
Zwei Personen fand ich etwas überzeichnet, bei Benussi wirkt die Unleidlichkeit schon zu viel und Gaia Cortona ist fast zur Karikatur geworden. Meine Befürchtung, dass das Privatleben der Inspektorin Elettra und des Inspektors Valeria zu viel Raum einnimmt, denn beide sind nicht nur enge Kollegen sondern auch ein Liebespaar mit Beziehungsproblemen, hat sich dann im Lauf des Romans verflüchtigt. Es blieb ein amüsanter Sidekick
Mein Fazit: ein grundsolider und gut geschriebener Krimi, der sich zu lesen lohnt.

Veröffentlicht am 23.10.2017

Das letze Gebet

Cyrus Doyle und das letzte Vaterunser
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Cyrus Doyle kommt aus dem Gerichtssaal, wo seine erste erfolgreich abgeschlossene Mordermittlung auf Guernsey verhandelt wird, da fällt ein älterer Mann vor ihm auf die Knie und deklamiert den Clameur ...

Cyrus Doyle kommt aus dem Gerichtssaal, wo seine erste erfolgreich abgeschlossene Mordermittlung auf Guernsey verhandelt wird, da fällt ein älterer Mann vor ihm auf die Knie und deklamiert den Clameur de Haro, ein uraltes normannisches Recht um Hilfe für ein erlittenes Unrecht zu bekommen.
Natürlich hat der Clameur keinerlei juristische Bedeutung mehr, aber als Guernsey Man kann Doyle nicht anders, als den Mann anzuhören. Er fleht um Hilfe für seinen unschuldig wegen Mordes verurteilten Sohnes. Doyle ist erstaunt, als er beim Aktenstudium die äußerst dünne Indizienlage bemerkt, die zur Verhaftung führten und auch über die Geschwindigkeit mit der der Fall abgehandelt wurde. Allerdings wird ihm die Neuaufnahme von höchster Stelle untersagt, schließlich soll der damalige Ermittlungsbeamte, der kurz danach im Dienst verstarb, nicht entehrt werden. Ein Zufall kommt Doyle zu Hilfe, bei einer Kette von Einbruchsdiebstählen fällt der Name einer Zeugin, die auch damals Zeugin war und er kann so durch ein „Hintertürchen“ seine Ermittlungen vorantreiben.
Guernsey ist eine kleine Insel, deren Charme durch die Verbindung von französischer Vergangenheit und britischer Gegenwart entsteht. Kein Wunder, dass sie bei diesem Krimi auch eine Hauptrolle spielen darf. Mit seinem historischen Roadster, der eine wichtige – für mich manchmal zu häufig genannte – Rolle in Doyles Tagesablauf spielt, werden die Schauplätze der Insel aufgesucht. Farbige, bildhafte Beschreibungen bringen die Landschaft und die Besonderheiten der Kanalinsel dem Leser nahe und wecken beinahe Urlaubssehnsüchte. Dazu haben mir auch in diesem Band wieder die beiläufig eingestreuten historischen Erklärungen gefallen. Man erfährt viel Interessantes und Wissenswertes über die Insel.
Auf den Kriminalfall will ich nicht näher eingehen, um nicht zu spoilern, ich fand die Idee sehr gut und die Motive, die sich daraus ergeben wären aber schlüssiger, wenn nicht der Autor den Ablauf verharmlost hätte. Der Krimi wird dadurch sehr familientauglich, aber nicht so ganz realitätsnah. Deshalb bleibt der Roman zwar unterhaltsam, aber mir fehlt das gewisse Etwas, das dem Krimi so richtig Spannung verliehen hätte. Ich wünschte, der Autor würde seinen Gentleman-Ermittler nicht ganz so harmonieliebend ausstatten.
Ein amüsant und charmant geschriebener Kriminalroman mit viel Flair und großem Unterhaltungswert, an dem aber die Spannung und die Krimihandlung eher an zweiter Stelle steht.

Veröffentlicht am 23.10.2017

Meine Erwartungen wurden nicht erfüllt

Die Lichter von Paris
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Madeleine ist einer kalten Ehe gefangen, sie ist unglücklich, hat viel von ihrer Lebensfreude verloren. Ihre Ambitionen als Malerin hat sie aufgegeben, da ihr Mann keine unstandesgemäße Beschäftigung wünscht ...

Madeleine ist einer kalten Ehe gefangen, sie ist unglücklich, hat viel von ihrer Lebensfreude verloren. Ihre Ambitionen als Malerin hat sie aufgegeben, da ihr Mann keine unstandesgemäße Beschäftigung wünscht und ihr nur Repräsentationsaufgaben zubilligt. Lange fügt sie sich seinen Wünschen, so wie sie sich ihr Leben lang den Wünschen ihrer Eltern gefügt hat. Madeleines Mutter ist ein Dame, die um sich und ihren Ruf in der Gesellschaft kreist, dabei hat sie stets – so betont es in jedem Satz – nur das Wohl ihrer Tochter im Auge. Das geht bis zur ständigen Ermahnung um das Aussehen und um jedes Gramm auf dem Teller.
Bei einem Besuch ihrer Mutter fällt ihr auf dem Speicher ein Bündel Briefe und Notizbücher in die Hände, die von ihrer Großmutter stammen und eine ganz andere Person zeigen, als sie sie kannte. Eingeengt, in Konventionen gefangen und von den Eltern zu einer lieblosen, aber finanziell ansprechenden Ehe gedrängt, bricht sie aus, sie rebelliert und geht nach Paris um dort Freiheit und Inspiration zu finden. Was ist passiert, dass aus der jungen Frau eine angepasste Dame der Gesellschaft wurde?
Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen, die zwanziger Jahre in Paris, als dort Kunst und Literatur die jungen Menschen elektrisierten und 1999. Die Kapitel sind im Wechsel geschrieben, so wird immer wieder deutlich, wie sich die Geschichte zwischen den Generationen wiederholt.
Beide Frauen haben viel gemeinsam, sie unterwarfen sich der Konvention, zwar widerwillig, aber nach kurzem Aufbäumen dann doch. Während es für Margie sicher auch die Zeitumstände waren, in den Zwanzigerjahren war eine Berufsausbildung genauso wenig selbstverständlich, wie ein eigenständiges Leben für eine junge unverheiratete Frau, bringe ich für Madeleine nicht das gleiche Verständnis auf. Ihr standen andere Möglichkeiten offen und mit ein bisschen Mut hätte sie ihr Leben selbst gestalten können.
Dieser Frauenroman hat mich ganz gut unterhalten, obwohl mir die Hauptfiguren wenig nahe kamen. Tatsächlich hatte ich mir von einem Buch aus dem Insel Verlag mit dieser Thematik etwas mehr Tiefe versprochen. Die Charaktere waren doch sehr oberflächlich gezeichnet und auch der Charme der Zwanziger Jahre in Paris fehlte mir. Die Schilderung dieser Epoche blieb ebenfalls hinter meinen Erwartungen zurück. Der Funke wollte einfach nicht überspringen. Positiv war der Sprachstil, leicht, aber niveauvoll.
Das Titelbild folgt der augenblickliche Mode bei Frauenromanen und bildet eine Frau ab, die dem Betrachter den Rücken zeigt. „Frauen ohne Gesicht“, wie ich es nenne, aber nicht sonderlich originell finde.