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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.07.2017

Keine Idylle an der Havel

Havelgift
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Brandenburg, einige Jahre nach der Wende: Jo Barrus hat seinen Beruf als Kriminalkommissar an den Nagel gehängt und arbeitet als Privatdetektiv. Eigentlich mehr schlecht als recht. Würde ihn nicht seine ...

Brandenburg, einige Jahre nach der Wende: Jo Barrus hat seinen Beruf als Kriminalkommissar an den Nagel gehängt und arbeitet als Privatdetektiv. Eigentlich mehr schlecht als recht. Würde ihn nicht seine gute Freundin Hildi und seine Nichte unterstützen, käme er kaum über die Runden.
Da bekommt der einen Auftrag von einer ehemaligen Schulkameradin Eva Mahler, die als Ärztin in einer Klinik Karriere gemacht hat. Ein junger Krankenpfleger ist verschwunden, er war ihr Lover und sie scheut natürlich den Gang zur Polizei. Barrus kommt zu spät. Der junge Mann ist vergiftet worden, mit einem Gift, an dem auch Eva Mahlers Klinik forscht.
Ein spannender Krimi, der mich besonders fasziniert hat, weil seine Handlung Mitte der 90iger Jahre spielt. Die Wende ist noch nicht so lange her, es gibt jede Menge gebrochene Biografien – Jo Barrus selbst ist ein Beispiel dafür – die blühenden Landschaften sind noch ausgeblieben. Barrus Ermittlungen führen ihm allzu deutlich vor Augen, dass noch viele Abrechnungen offen sind. Auch er kommt in den Focus des Mörders.
Der Autor legt ein hohes Tempo vor, die Ereignisse überschlagen sich fast und es gibt kaum eine Seite in der die Spannung nachlässt, was an den Perspektivwechseln – auch der Mörder kommt zu Wort – und Nebensträngen liegt. Barrus und seine widerborstige Nichte Berit finde ich besonders gelungen dargestellt. Figuren, die das Leben schon gezeichnet hat und die gerade deshalb so glaubwürdig und sympathisch sind.

Veröffentlicht am 06.07.2017

Schöner Urlaubskrimi

Elsässer Versuchungen
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Jules Gabin hat sich mit seinem dritten Fall im Elsass eingelebt. Er hat eine neue Beziehung mit der taffen Staatsanwältin Joanna, die ab und an für einen beruflichen Interessenskonflikt sorgt. Zwar war ...

Jules Gabin hat sich mit seinem dritten Fall im Elsass eingelebt. Er hat eine neue Beziehung mit der taffen Staatsanwältin Joanna, die ab und an für einen beruflichen Interessenskonflikt sorgt. Zwar war die Trennung von seiner bisherigen Partnerin Lilou nicht ganz konfliktfrei verlaufen, aber er ist froh über die Lösung.

Da macht ihm ein ganz pikanter Fall zu schaffen. Ein Toter wurde am französischen Ufer des Rheins angespült und ausgerechnet in Rebenheim hat der Deutsche die letzten Tage verbracht. Offiziell darf er gar nicht ermitteln, da die Police nationale für den Fall zuständig ist und nicht die Gendarmerie, aber Reibereien zwischen den Dienststellen Strasbourg und Colmar führen dazu, dass sein Vorgesetzter ihn inoffiziell auf den Fall ansetzt. Und ausgerechnet jetzt ist Rebenheim in Aufruhr, Frédéric Rocca, der berühmte Schauspieler, will zurück an Ort seiner Kindheit ziehen.

Der dritte Band um Major Jules Gabin hat mir bisher am besten gefallen. Es ist die ausgewogene Mischung aus Urlaubsfeeling, französischem Savoir Vivre und Spannung, die dieses Mal stimmt. Das Elsass und seine manchmal recht urig-knurrig dargestellten Bewohner geben einen schönen Hintergrund ab. Natürlich dürfen auch die Ausflüge in Gastronomie und die Küchenkunst nicht fehlen, da der Südfranzose Dupin inzwischen die Elsässer Küche schätzen gelernt hat. Die Ermittlungen um den Todesfall, der sich schnell als Mord herausstellt, ist spannend und gut aufgebaut. Auch den Plot finde ich originell.

Ein gelungener Urlaubskrimi.


Veröffentlicht am 04.07.2017

Lebenslügen

Endstation Nordsee
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Aenne lebt mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter auf Amrum. Sie führt ein harmonisches Leben und könnte sich nie vorstellen, woanders zu leben. Ihre heile Welt bekommt jäh einen Sprung als ihr Vater ...

Aenne lebt mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter auf Amrum. Sie führt ein harmonisches Leben und könnte sich nie vorstellen, woanders zu leben. Ihre heile Welt bekommt jäh einen Sprung als ihr Vater erschossen in den Dünen aufgefunden wird.
Aenne und ihr Vater waren eine Einheit, zu ihm hat sie immer aufgesehen, er war ihr Fels. Das Verhältnis zur Mutter blieb immer etwas distanziert und unterkühlt. Dieser Mord reißt ihr den Boden unter den Füßen weg, sie kann sich nicht vorstellen, wer ihren Vater gehasst haben könnte.
Endstation Nordsee ist ein ganz besonderer Krimi. Er kommt fast ganz ohne Ermittlerarbeit und Spurensuche aus. Das Buch ist eher ein Psychogramm der handelnden Personen und die sind wunderbar feinsinnig und lebensecht gezeichnet. Allein die Beschreibung von Aennes Verzweiflung und ihr Umgang mit der Trauer haben mich tief berührt und lange nicht losgelassen. Wie sich langsam die Wahrheit enthüllt und Aenne sich der Realität stellt, ist ausgezeichnet beschrieben. Natürlich ist es auch ein spannendes Buch, aber für mich ging die Faszination an diesem Krimi stärker von den Personen und ihrer Geschichte aus.
Nebenbei ist der Schauplatz Amrum auch kenntnisreich beschreiben, man kann sich in Gedanken bestens in die Schauplätze hineinversetzen und mit Aenne die Bohlenwege über die Dünen spazieren.

Veröffentlicht am 02.07.2017

Armer Hund

Scharfe Hunde
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Irmi Mangold und Kollegin Kathi Reindl – die immer wie eine Bulldogge auf Speed agiert – bearbeiten einen Mord mit Pflanzengift, das Opfer hat sich vehement mit dem allmächtigen Werdenfelser Touristikverband ...

Irmi Mangold und Kollegin Kathi Reindl – die immer wie eine Bulldogge auf Speed agiert – bearbeiten einen Mord mit Pflanzengift, das Opfer hat sich vehement mit dem allmächtigen Werdenfelser Touristikverband angelegt. Dorthin führen auch erste Spuren. Genug Gelegenheit für Exkurse gegen „Geiz ist geil“-Vertreter, Anzugträger und das alles mit erhobenen Zeigefinger und einer Besserwisser-Attitüde, was mir schon im ersten Drittel immer mal wieder unangenehm aufgefallen ist.
Der Krimi nimmt dann mit einem Zufallstreffer Fahrt auf, ein LKW verunglückt, die Ladung sind Dutzende illegal eingeschmuggelte Welpen aus osteuropäischen Qualzüchtungen. Irmi findet einige Querverbindungen zu der sonst so honorig wirkenden Dame aus dem Touristikverband und sieht sich mit den schlimmen, skrupellosen Machenschaften der Tiermafia konfrontiert.
Nachdem ich einige Jahre keinen neuen Krimi der Autorin mehr gelesen hatte, bin ich auf diesen „Alpenkrimi“ neugierig geworden. Aber schon nach einigen Dutzend Seiten war mir wieder deutlich warum Nicola Förg nicht mehr ganz oben auf meiner Liste stand. Sie bringt viele wichtige Themen und ihre persönliche Weltanschauung mit ein, was legitim ist. Aber wie gesagt, geraten ihr diese Szenen manchmal sehr penetrant und belehrend. Wenn sie dann auch darüber vergisst einen spannenden Plot aufzubauen, sich mit holzschnittartigen beschriebenen Figuren und schlichten Dialogen begnügt, leidet das Lesevergnügen erheblich. Gerade bei den Personen hätte mir eine differenzierte Charakterisierung besser gefallen. Ich denke da besonders an die Tourismusexpertin Mann.
Insgesamt hat mich der Krimi nicht recht fesseln und überzeugen können.

Veröffentlicht am 30.06.2017

Geschichten, die berühren

Liebe wird überschätzt
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„Liebe wird überschätzt“ lautet der Titel der Erzählungen von Valeria Parrella. Es ist ein schmales Buch, grade mal rund 140 Seiten und 8 Geschichten lang. Aber jede dieser Geschichten hat es in sich. ...

„Liebe wird überschätzt“ lautet der Titel der Erzählungen von Valeria Parrella. Es ist ein schmales Buch, grade mal rund 140 Seiten und 8 Geschichten lang. Aber jede dieser Geschichten hat es in sich. Sie erzählen aus ganz unterschiedlichen Sichtweisen von der Liebe zum Partner – zum Kind – zu Gott. Jede dieser Erzählungen ist ganz eigenständig und nicht jede hat mich gleich angesprochen, aber in jeder Geschichte bewunderte ich die Präzision, mit der Autorin ihre Figuren zeichnet. Sie kehrt wirklich schonungslos das Innerste nach außen. Das kühle, fast ein wenig emotionslose Sprache fordert den Leser, aber ich konnte mich sehr gut darauf einlassen. wobei mir die Titelschichte und die „Die Ausgesetzten“ am besten gefallen haben.
Mein Fazit daraus ist allerdings das Gegenteil des Titels, Liebe wird nie überschätzt, man muss sie nur erkennen.
Leider hat mich das Titelbild nicht überzeugt, auch nach längerer Betrachtung bleibt es für mich nichtssagend.