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Veröffentlicht am 16.05.2017

Der Zauber des Meeres

Die Hummerkönige
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Die Kings sind seit Generationen auf Loosewood Island ansässig und betreiben den Hummerfang, so wie es der Gründer der Familie, Brumfitt Kings vor 300 Jahren begonnen hat. Immer geht das Geschäft auf den ...

Die Kings sind seit Generationen auf Loosewood Island ansässig und betreiben den Hummerfang, so wie es der Gründer der Familie, Brumfitt Kings vor 300 Jahren begonnen hat. Immer geht das Geschäft auf den Sohn über, nur Cordelia will sich damit nicht abfinden. Sie hat von klein an eine ganz besondere Bindung ans Meer und an ihren Vorfahren, um den sich Mythen und Legenden ranken. Er war nicht nur erfolgreicher Hummerfischer, er war auch Maler und hat ein großes Werk hinterlassen. In seinen Bildern findet Cordelia mehr, als die meisten sehen.
Der Roman wirkt für mich wie aus der Zeit gefallen. Gäbe es nicht die allgegenwärtige Technik, könnte dieses Buch auch in der Vergangenheit angesiedelt sein. Cordelia kämpft um die Anerkennung ihres Vaters, sie sieht sich als würdige Nachfolgerin der Familientradition und nicht nur als Ersatz weil ihr Bruder ertrunken ist. Auf Loosewood Island gelten andere Gesetze, bei Auseinandersetzungen wird nicht die Küstenwache gerufen, man regelt seine Angelegenheiten selbst, auch Cordelia muss sich diesem ungeschriebenen Gesetz beugen. Fast erinnerte mich die Auseinandersetzung der rivalisierenden Hummerfischer an den Wilden Westen.
Sehr schön fand ich die Verbindung zur Vergangenheit und seinen Legenden. Die Grenzen zwischen Realität und Mythos verschwimmen in diesem wunderschönen Buch. Ich mochte alle Figuren, sie sind so lebensecht und liebevoll portraitiert. Der harte Kampf mit den Elementen und die Feinfühligkeit der Beziehungen ergänzen sich und machen das Buch fesselnd. Auch die Anspielungen auf die Literatur gefielen mir, Cordelias Name scheint nicht zufällig gewählt, schließlich heißt die Familie auch Kings und als Könige der Insel scheinen sie unausgesprochen auch von den übrigen Insulaner anerkannt.
Das war eine wunderschöne Geschichte, in die ich richtig eingetaucht bin. Die schöne, melancholische Sprache hat das Lesevergnügen noch abgerundet.

Veröffentlicht am 15.05.2017

Urlaubskrimi mit viel Lokalkolorit

Der Kommissar und die Morde von Verdon
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Philippe Lagarde, der seinen Ruhestand im malerischen Städtchen Barfleur in der Normandie genießt, muss statt in den geplanten Kurzurlaub, zu einer Besetzung nach Südfrankreich fahren. Der Ehemann von ...

Philippe Lagarde, der seinen Ruhestand im malerischen Städtchen Barfleur in der Normandie genießt, muss statt in den geplanten Kurzurlaub, zu einer Besetzung nach Südfrankreich fahren. Der Ehemann von Hélène, der Freundin seiner Lebensgefährtin Odette ist bei einem Unfall am Verdon in die Tiefe gestürzt. Der örtliche Polizeichef geht von einem Suizid aus und schließt überraschend schnell die Akte.
Es bleibt nicht bei diesem einen Unfall, auch der Bürgermeister stürzt bei einem Spaziergang in die Tiefe. Auch wenn er nicht mehr aktiv ist, ein Fall mit so vielen Ungereimtheiten weckt den Spürhund in Lagarde. Da trifft es sich gut, dass sich in der Gegend zufällig drei Ex-Kollegen niedergelassen haben, die mit ihm die polizeiliche Eliteausbildung machten. Die besten Voraussetzungen also um sich umzuhören und zu ermitteln.
Mit „Der Kommissar und die Morde von Verdon“ liegt bereits der 6. Band der sympathischen und völlig unabhängig zu lesenden Reihe vor und das Muster ist altbekannt. Die Landschaftsbeschreibungen lesen sich malerisch wie aus dem Touristenprospekt, wecken Reiselust und machen Appetit. Denn natürlich dürfen auch bei den Ermittlungen die Restaurantbesuche mit ausführlichen Menüschilderungen nicht fehlen. Es gibt eine ganze von Zufällen, die nicht unbedingt realistisch sind, aber Lagardes Ermittlungen vorantreiben. Natürlich ist einer seiner Kumpels ein Internet-Crack, der sich mühelos in jedes beliebige Netzwerk hackt und ihn mit Informationen versorgt. Auch wenn der örtliche Polizeichef cholerisch mauert, so erliegt seine Sekretärin dem Charme des anderen Freundes und damit stehen ihnen auch alle Dokumente der Ermittlung zur Verfügung.
Der Krimi liest sich locker, die Spannung hält sich aber in wohldosierten Grenzen. Er ist ein typischer Urlaubskrimi mit viel Lokalkolorit und netten Beschreibungen, unterhaltsam und amüsant zu lesen ohne dass man allzu viel Aufmerksamkeit braucht. Eben das richtige Buch für das Reisegepäck.

Veröffentlicht am 12.05.2017

Psycho ohne Thriller

Wenn das Eis bricht
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Im Haus des Unternehmers Jesper Orre wird eine enthauptete Frauenleiche gefunden, den Kopf auffällig neben dem Körper drapiert. Eine schockierende Inszenierung, die die Kriminalisten an einen ganz ähnlichen, ...

Im Haus des Unternehmers Jesper Orre wird eine enthauptete Frauenleiche gefunden, den Kopf auffällig neben dem Körper drapiert. Eine schockierende Inszenierung, die die Kriminalisten an einen ganz ähnlichen, nie aufgeklärten Fall von vor 10 Jahren erinnert. Aus diesem Grund wird Hanne Lagerlind eingeschaltet, eine Psychologin, die damals mit den Ermittlungen befasst war.

Der Roman wird in der Hauptsache aus drei ganz persönlichen Perspektiven erzählt. Wir hören von Emma, einer jungen, sehr unglücklichen Frau, die mit Jesper ein geheim gehaltenes Verhältnis hatte und vom ihm ausgenutzt und schwanger sitzen gelassen wurde. Emma arbeitete bis zur ihrer Entlassung in Jespers Konzern. Ihre Geschichte setzt 2 Monate vor dem Fund der Leiche ein.

Peter Lindgren, einer der Kriminalisten, war im ersten Fall sehr in Hanne verliebt. Sie wollte ihren Mann verlassen und mit Peter ein neues Leben beginnen. Aber Peter, der durch ein Jugenderlebnis traumatisiert ist, ist völlig bindungsunfähig und macht im letzten Augenblick einen Rückzieher und verletzt die sensible Hanne damit sehr.

Hanne weiß seit einiger Zeit von ihrer beginnenden Demenz und die ersten Anzeichen stürzen sie in eine tiefe Lebenskrise. Dazu fühlt sie sich immer mehr von ihrem Mann eingeengt und demoralisiert. Auch sie hat die damalige Beziehung zu Peter noch nicht verkraftet und fürchtet und freut sich zugleich vor der Zusammenarbeit.

Diese unterschiedlichen Persönlichkeiten, ihre Beziehungen untereinander und ihre Sicht auf den Fall machen einen Großteil der Spannung aus. Die reine Ermittlungsarbeit scheint dabei fast ins Hintertreffen zu geraten. Aber es scheint nur so. Der Untertitel „Psychothriller“ hat mich anfangs verwirrt. Titel und Beschreibung im Klappentext lassen falsche Erwartungen entstehen. Das Buch ist kein landläufiger Thriller, die Spannung entwickelt sich sehr subtil aus dem Beziehungsgeflecht, den familiären und persönlichen Hintergründen und steigert sich mit jedem weiteren Detail, das sich aus den Rückblenden ergibt.

Ich konnte mich gut auf die Erzählweise einlassen, die Wechsel der Perspektiven brachten mir die Personen nahe und mir gefiel der Kunstgriff der Autorin, das Motiv lange in der Schwebe zu lassen. Auch die spröde, fast unterkühlte Sprache passt gut zu diesem Psychokrimi aus Skandinavien, was sicher auch der Übersetzerin Gabriele Haefs zu verdanken ist.

Lange musste ich über die Bedeutung des Titels rätseln, der einem Innuit Sprichwort entlehnt ist, aber je mehr ich las, umso passender schien er mir.

Veröffentlicht am 09.05.2017

Kalte Spuren

Deichmord
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Eine anonyme Terrorwarnung versetzt Romy Beccare und ihr Team in Aufruhr. Bei den Störtebecker Festspielen in Ralswiek auf Rügen soll ein örtlicher Hotelier in eine Anschlagsplanung verwickelt sein. Die ...

Eine anonyme Terrorwarnung versetzt Romy Beccare und ihr Team in Aufruhr. Bei den Störtebecker Festspielen in Ralswiek auf Rügen soll ein örtlicher Hotelier in eine Anschlagsplanung verwickelt sein. Die Kommissare drehen jeden Stein um, in diesen Zeiten nimmt man auch eine anonyme Drohung ernst. Sie finden nichts, aber immer wieder taucht ein Name auf, der mit zwei alten Vermisstenfällen in Verbindung steht. Romys Bauchgefühl sagt ihr, dass sich da Weiterbohren lohnen könnte.
Ich habe schon einige der Romy-Beccare-Krimis gelesen und jedes Mal wieder habe ich das Gefühl, dass das Buch noch besser als sein Vorgänger ist. Dabei sind alle Folgen abgeschlossen und ganz unabhängig zu lesen. Hier haben mir ganz besonders die Spurensuche, die Recherche und die Suche nach alten Verbindungen gefallen. Zwei alte Fälle mit kalten Spuren, da kann Romy nicht locker lassen. Die Teams aus Rügen und Stralsund ergänzen sich und die Ermittlungsarbeit ist spannend und realistisch erzählt. Ich konnte kaum mit dem Lesen aufhören, so hat mich der Krimi gepackt. Auch dass sich die Kommissare nicht in endlosen privaten Verwicklungen verlieren, ist für mich ein Pluspunkt.
Die Handlung ist sehr vielschichtig, erst langsam schälen sich im Lauf der Zeit die Verbindungen von Vergangenheit bis in die Gegenwart heraus. Trotz der Vielzahl von Personen und Verdächtigen verzettelt sich die Geschichte nicht, es ist logisch und stringent aufgebaut und erzählt. Das Ende ist überraschend, aber folgerichtig.
Wieder einmal der beste Rügen-Krimi von Katharina Peters – vielleicht bis zum nächsten Buch ?






Veröffentlicht am 08.05.2017

Faschingstreiben

Letzter Fasching
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Während das jährliche Faschingstreiben in Altaussee seinem Höhepunkt zustrebt, erreicht die Polizeiinspektion eine anonyme Morddrohung. Was bleibt Revierinspektor Gasperlmaier übrig, als sich inkognito ...

Während das jährliche Faschingstreiben in Altaussee seinem Höhepunkt zustrebt, erreicht die Polizeiinspektion eine anonyme Morddrohung. Was bleibt Revierinspektor Gasperlmaier übrig, als sich inkognito unter die Trommelweiber zu mischen um das angekündigte Verbrechen zu verhindern. Ausgerechnet Gasperlmaier, der dem Treiben mit Skepsis gegenübersteht. Es kommt, wie es kommen muss, unter den Masken kann er nichts erkennen, zudem fordert der erzwungene Genuss von Schnaps und Bier vom wackeren Inspektor seinen Tribut und quasi unter seinen Augen wird ein Mitglied der Truppe erstochen. Das Opfer ist ein renommierter Koch eines bekannten Wellness-Hotels und es stellt sich heraus, dass er in allerhand krumme Geschäfte verwickelt war. Die Ermittlungen unter den enthusiasmierten und alkoholisierten Flinserln und Trommelweibern stellt sich für Inspektor Gasperlmaier und seiner Chefin, der Frau Doktor Kohlross äußerst schwierig dar.
Dieser Krimi punktet mit einem wunderbaren urigen Lokalkolorit. Was Gasperlmaier, der gemütliche und manchmal ein wenig unbeholfene Landpolizist alles auf sich nehmen muss – ja gut, zu einem Schnapserl oder einem Punsch muss man nicht lange überreden – brachte mich immer wieder zum Schmunzeln. Es wimmelt von Verdächtigen und Spuren, aber unter den Masken sind alle gleich, das bringt das Polizisten-Duo immer wieder in Schwierigkeiten. Wobei Inspektor Gasperlmaier nicht nur mit der forschen Frau Doktor zu kämpfen hat, auch seine Ehefrau Christine ist äußerst resolut und zeigt ihm immer wieder seine Grenzen auf. Dass nun auch seine erwachsenen Kinder ins gleiche Horn stossen, ärgert ihn gewaltig. Dabei will er doch nur seine Ruhe, sein Gulasch und das eine oder andere Bier zu Mahlzeit.
Der Fasching als Ausnahmesituation mit all den Altausseer Bräuchen ist sehr amüsant beschreiben, Tradition und uralte Bräuche spielen eine große Rolle und das hat mir viel Spaß gemacht. Die Interaktionen zwischen Gasperlmaier und Frau Doktor waren witzig, ihre Dialoge einfach nur lakonisch und voll hintergründigem Humor. Obwohl ich das erste Mal einen Altaussee-Krimi gelesen habe, gelang mir der Einstieg ganz leicht.
Der Krimi hat alles, was einen guten Lokalkrimi ausmacht: ernsthafte Krimihandlung, viel Spannung und immer wieder Auflockerung durch leichte Dialekteinschübe und die urigen Eigenheiten der Altausseer. Eine echtes Lesevergnügen und eine Entdeckung für mich.