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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.04.2017

Subtiler Krimi

Auf sanften Schwingen kommt der Tod
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Revierinspektorin Carla Bukowski hat grade einen Mordfall in Rekordzeit abgeschlossen. Da hat sie mal genug Zeit um der Bitte ihres Partners nachzukommen und sich um seinen Sohn zu kümmern, solange er ...

Revierinspektorin Carla Bukowski hat grade einen Mordfall in Rekordzeit abgeschlossen. Da hat sie mal genug Zeit um der Bitte ihres Partners nachzukommen und sich um seinen Sohn zu kümmern, solange er in einer Rehaklinik seinen Bandscheibenvorfall auskuriert. Eine schöne Sache für Carla, denn es scheint ernst zu werden, mit Leon.
Der ist Vollblutjournalist und kann das Schnüffeln nicht lassen, als er in der Klinik auf die Spur von einigen Ungereimtheiten um einen vermeintlichen Suizid einer Patientin kommt. Doch er hat sich wohl zu weit vorgewagt, denn am nächsten Morgen ist Leon tot.
Für Carla bricht eine Welt zusammen. Wie an einen Rettungsanker klammert sie sich an die Ermittlungen. Sie will wissen, was dort passiert ist und vor allem, ob sie Leons Tod hätte verhindern können.
Die Autorin baut von der ersten Seite an Spannung auf und durch die eingestreuten kurzen Tagebuchnotizen eines Mörders schafft sie auch eine subtile Atmosphäre von Bedrohung und Angst. Was haben die Notizen dieses Menschen, der als Kind Misshandlung und seelische Verletzungen erlebt hat, mit den heutigen Fällen zu tun? Carlas persönliche Tragik gibt diesem Krimi auch eine sehr menschlich-anrührende Seite. Überhaupt fand ich die Personenzeichnung sehr gelungen und ich hatte eine sehr genaue Vorstellung von den Charakteren. Sie wirken sehr lebensnah und ihre Geschichte passen sich gut in die Handlung ein. Man spürt direkt die Bedrohung, die Carla immer näher kommt. Inspektorin Bukowski als Ermittlerin ist eine Frau mit Ecken, Kanten und Verletzungen, das macht die Figur sehr sympathisch und ihre oft spontane Handlungsweise nachvollziehbar.
Mir hat dieser Krimi sehr gut gefallen, der Spannungsfaktor war hoch und der Plot sehr gut aufgebaut. Das Tempo war bis zur letzten Seite hoch.
Etwas möchte ich aber kritisch anmerken. Der Tod des Journalisten findet erst nach gut der Hälfte des Krimis statt, dass er bereits im Klappentext angekündigt wird, finde ich unnötig und hat mir einiges an Gruselfaktor bei seinen nächtlichen Klinikrecherchen genommen.

Veröffentlicht am 15.04.2017

Liebe kennt kein Alter

Und jetzt lass uns tanzen
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Kann man zweimal im Leben die große Liebe finden? Oder findet man sie gar im hohen Alter zum ersten Mal?
Eine Kur bringt Marcel und Marguerite zufällig zusammen, beide haben erst vor kurzer Zeit ihre Partner ...

Kann man zweimal im Leben die große Liebe finden? Oder findet man sie gar im hohen Alter zum ersten Mal?
Eine Kur bringt Marcel und Marguerite zufällig zusammen, beide haben erst vor kurzer Zeit ihre Partner verloren. Während Marcel in jeder Minute um seine große Liebe Nora trauerte und darüber seinen ganzen Lebensmut verlor, ist Marguerite nach 55 Ehejahren endlich befreit und doch in ein tiefes Loch gefallen. Ihre Ehe war zwar von Respekt, aber auch von fehlender Herzensgüte geprägt. Und nun will ihr Sohn das über sie bestimmende Regiment fortführen. Doch die Begegnung der Beiden ändert ihre Welt.
Dieser kleine Roman ist so warmherzig geschrieben, dass er wohl niemanden unberührt lassen kann. In dieser einfachen Handlung ist so viel Lebensweisheit versteckt, dass ich beim Lesen immer wieder inne halten musste. Es gibt im Alter noch ein Recht auf Liebe und Leidenschaft, auf Sexualität. 78 Jahre alt musste Marguerite werden um zu sagen: „es war das erste Mal…“
Beschwingte Heiterkeit und Melancholie und Traurigkeit liegen in dieser Geschichte sehr nah zusammen, genau wie im richtigen Leben und das hat mich so besonders angesprochen.
Für die Liebe gibt es keine Altersgrenze und mit Mut und Entschlossenheit ergreifen Marcel und Marguerite ihre Chance.
Ein beschwingter Roman über die Macht der Liebe und den Zauber des Neubeginns.

Veröffentlicht am 15.04.2017

Silberregen und Eisenhut

Nimmergrün
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Die Einweihung des neuen Hugenotten- und Waldenserpfad im schönen Odenwald steht kurz bevor. Die Lokalpolitiker möchten sich im Erfolg des touristischen Projekts sonnen, da befällt ein unheimlicher Pilz ...

Die Einweihung des neuen Hugenotten- und Waldenserpfad im schönen Odenwald steht kurz bevor. Die Lokalpolitiker möchten sich im Erfolg des touristischen Projekts sonnen, da befällt ein unheimlicher Pilz die Bäume längs des Wegs und breitet sich rasend schnell aus.
Aber nicht nur Bäume sterben ab, auch Tiere auf den Weiden und als zwei Kinder tot gefunden werden, ist klar – diese Vergiftung hat keine natürliche Ursache. Futterpflanzen wurden mit Eisenhut präpariert.
Unter Hochdruck wird an einem Mittel geforscht, der den Pilz stoppen soll und die Roland Otto von der Polizei steht unter gewaltigen Ermittlungsdruck. Lore Kukuk, die Kräuterkundlerin und Museumsmitarbeiterin ist entsetzt, auch in ihrem Garten sind die Pflanzen betroffen. Da sie schon früher mal bei Ermittlungen ein gutes Gespür hatte, forscht auf eigene Faust, vor allem da Otto sich mehr als abweisend verhält, obwohl man sich doch schon auch privat näher gekommen ist.
Dieser Naturkrimi hat mir ganz viel Lust auf den Odenwald gemacht, so wie dieser Weg beschrieben wurde, würde ich ihn am liebsten entlangwandern. Die Natur- und Landschaftsbeschreibungen sind eine Stärke dieses Buchs. Die andere Stärke ist die verzwickte Handlung, die mich lange über den Täter rätseln ließ. Spuren führen in die Geschichte und Lores Erkenntnisse aus alten Dorfchroniken und Kirchenbüchern haben auch viel mit ihrer eigenen Familiengeschichte zu tun. Das ist faszinierend beschrieben, vor allem, weil mit Lore Kukuk eine ganz besondere Ermittlerin im Fokus steht. Eine Kräuter- und Heilkundige, die über viel überliefertes Wissen zu Pflanzen verfügt und die in früheren Zeiten sicher als Hexe gebrandmarkt worden wäre.
Ein spannender, unterhaltsamer Krimi mit viel Lokalkolorit. Was ich ganz besonders gelungen finde, ist die schöne Ausstattung: in feines Leinen gebunden, mit einem Lesebändchen und einer wunderschönen Covergestaltung ist das Buch ein richtiger Hingucker!

Veröffentlicht am 12.04.2017

Enttäuschend

Tief im Land
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Neil Ansell zieht sich für 5 Jahre in ein einsames Cottage in die Hügel von Wales zurück. Er will ein reduziertes Leben ohne Strom, fließend Wasser und Gesellschaft führen. Er beschreibt die Lage des ziemlich ...

Neil Ansell zieht sich für 5 Jahre in ein einsames Cottage in die Hügel von Wales zurück. Er will ein reduziertes Leben ohne Strom, fließend Wasser und Gesellschaft führen. Er beschreibt die Lage des ziemlich verfallenen Hauses in den abgelegen Hügeln. Nur ab und zu sieht er einen Schäfer, die Schafe, die Wildtiere und die Vögel sind seine einzige Gesellschaft. Die Ausflüge ins Dorf oder die nächste Kreisstadt beschränken sich auf das Mindeste.
Der Bericht ist einfach gehalten und wirkt deshalb anfangs auch so authentisch. Die Natur bestimmt seinen Tagesablauf. Aber nach wenigen Kapiteln legt sich eine quälende Eintönigkeit über den Bericht. Der Autor beschränkt sich auf seine - in der Hauptsache - Vogelbeobachtungen. Zuwenig erzählt er von seiner inneren Haltung, zu seiner Veränderung durch die reduzierten Lebensumstände. Neben dem ausufernden Bird-Watching hätte ich gern mehr über die Beweggründe seines Aussteigens auf Zeit erfahren. Im Wechsel der Jahreszeiten beschreibt er seine Sichtungen, findet Bruthöhlen und Nester und beschreibt das Flug- und Balzverhalten der Vögel um seine Hütte. Er streift durch die Hügel, die Moore und die verlassenen Schafweiden, ein Fuchs oder ein Dachs werden zu Höhepunkten. Da sich das im Großen und Ganzen 5 Jahre lang wiederholt, reduziert sich das Buch zu einer reiner Auflistung immer gleicher Beobachtungen in der Natur.
Schade, ich hatte mir mehr davon versprochen.

Veröffentlicht am 10.04.2017

Witzig

Der Gentleman
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Der kleine Roman „Der Gentleman“ entzieht sich jeder Einordnung. Verrückt, subversiv und komisch – ein Debüt eines Autors, der unbekümmert seine Ideen in Worte fasst.
Savage ist ein viktorianischer Gentleman, ...

Der kleine Roman „Der Gentleman“ entzieht sich jeder Einordnung. Verrückt, subversiv und komisch – ein Debüt eines Autors, der unbekümmert seine Ideen in Worte fasst.
Savage ist ein viktorianischer Gentleman, der von seinem Vermögen lebt und dichtet, allerdings braucht er bald Geld und er tut was ihm richtig erscheint, er heiratet Geld. Für alles andere ist er schlicht zu faul und zu unbegabt. Die Lancasters verfügen über ein großes Vermögen, eine Tochter, die mit 21 dringend unter die Haube muss. Da greift Savage zu, ohne sich groß über seine Zukünftige Gedanken zu machen. Allerdings gelingt ihm seit dem Tag der Hochzeit kein einziger gelungener Vers, also wünscht er seine Frau zum Teufel und tatsächlich am nächsten Morgen ist Vivien verschwunden. Dafür taucht ungeplant seine jüngere Schwester – ein wahrer Teufelsbraten – auf und auch Viviens Bruder, ein Weltreisender, Abenteurer und Entdecker steht vor der Tür. Die einzige Konstante in diesem Tohuwabohu ist Simmons, der vortreffliche Butler.
Da drängt sich förmlich Wodehouse, gemischt mit Monty Python auf, ein richtiger Spaß mit vielen mal versteckten, mal auffälligen Anspielungen auf die Epoche und die Literatur. Man muss sich auf diese Art von Humor einlassen können, für diese Leser ist der Roman eine Entdeckung. Wer Ernst und Sinn erwartet, wird sicher enttäuscht. Nicht immer wird das Tempo und Absurdität gleich hochgehalten, es gibt mitunter einige „Hänger“ in den Kapiteln, aber auch als Leser musste ich mal verschnaufen.
Ein Kapitel für sich sind die originellen, absurden Fußnoten. Die in meinem Fall im E-Book leider am Ende zusammengefasst und nicht direkt am Seitenende. Das ist der einzige Kritikpunkt, den ich anmerken möchte.
Ein gelungener Einstand für den Autor, der mich neugierig auf weitere Bücher macht von ihm macht.
Ach ja – und das Titelbild: damit konnte ich nicht allzu viel anfangen.