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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.02.2017

Mord in Giesing

Zapfig
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Dr. Sofie Rosenhuth, ganz zu Unrecht die „Kalte Sofie“ genannt, denn sie ist ein durchweg sympathischer mitfühlender Mensch, muss sich in einem neuen Fall bewähren.
Nathalie, die ausgesprochen attraktive ...

Dr. Sofie Rosenhuth, ganz zu Unrecht die „Kalte Sofie“ genannt, denn sie ist ein durchweg sympathischer mitfühlender Mensch, muss sich in einem neuen Fall bewähren.
Nathalie, die ausgesprochen attraktive Sekretärin des Rößlbräu und Braut des Firmenerben hat ihren Junggesellinnenabschied nicht überlebt. Sie wurde Opfer einer Vergiftung. Nicht nur Mutter Roßhaupter war mit der Wahl ihres Sohnes nicht einverstanden, auch die übrige weibliche Belegschaft der Firma gönnte Nathalie nicht den Erfolg.
Sofie hat ja ihren eigenen Kopf bei Ermittlung, was Kommissar Joe Lederer nur zu gut weiß. Er ist schließlich die „An – Aus – Dauerbeziehung“ von Sofie. Jetzt haben sie nicht nur Stress bei der Wohnungssuche – Sofie hat endlich einer gemeinsamen Wohnung zugestimmt – sondern auch im Berufsleben. Dann wird auch noch die Seniorchefin Uschi Roßhaupter im Braukessel tot aufgefunden. Das macht den Kreis der Verdächtigen noch größer.
Bei den unterhaltsamen Lokalkrimis haben die Autorinnen Gesine Hirsch und Brigitte Riebe, die hinter dem Pseudonym Felicitas Gruber stehen, mit ihren Büchern um die Rechtsmedizinerin Sofie Rosenhuth schon einen festen Platz. Die einprägsame Hauptfigur schließt jeder Leser gleich ins Herz. Dazu kommt der Wohlfühlfaktor der geschilderten Umgebung. In Giesing ist München noch so, wie man es sich gern vorstellt. Ein Dorf mit Herz, das aber auch schon von der Gentrifizierung schlimm bedroht wird.
Es machte mir Spaß diesen Krimi zu lesen, besonders weil ich ein Leser der ersten Stunde bin und mir Sofie nun schon zum vierten Mal begegnet. Natürlich ist das kein Krimi der realitätsnah ist, normale Ermittlungsarbeit oder logisches Abarbeiten von Hinweisen sucht man vergeblich. Aber dafür darf man miträtseln, sich seine eigenen Verdächtigen suchen und sich prächtig amüsieren. Ich mag die lockere Unterhaltung, den Münchner Charme und die liebenswerten Menschen, die hier agieren. Dialekteinsprengsel, wie der Titel „Zapfig“, sind einfach gelungen und wenn Sofie in tiefstem Münchnerisch lospoltert oder mit Tante Vroni spricht, gefällt mir das besonders.
Jetzt wünsche ich mir nur, dass sich Sofie in den nächsten Fällen noch etwas weiter entwickeln darf und entscheidungsfreudiger wird, damit auch das Private um Sofie wieder prickelt.

Veröffentlicht am 13.02.2017

Spielball des Schicksals

Dinge, die vom Himmel fallen
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Sachen gibt es, die gibt es gar nicht. Einen Eisbrocken etwa, der mitten im Sommer vom Himmel stürzt und der achtjährigen Saara auf tragische Weise die Mutter nimmt. Wenig später widerfährt auch Saaras ...

Sachen gibt es, die gibt es gar nicht. Einen Eisbrocken etwa, der mitten im Sommer vom Himmel stürzt und der achtjährigen Saara auf tragische Weise die Mutter nimmt. Wenig später widerfährt auch Saaras Tante Unwahrscheinliches, als sie zum zweiten Mal im Lotto gewinnt - und vor Schreck in einen dreiwöchigen Dornröschenschlaf fällt. Und dann ist da noch der Fischer aus Schottland, der wiederholt vom Blitz getroffen wird und sein Schicksal dennoch immer wieder aufs Neue herausfordert. (Verlagstext)


Schicksal und Zufall – gibt es eine Erklärung? Fast märchenhaft beginnt die Geschichte, Vater, Mutter und Tochter leben in einem Holzhaus, umgeben von einem verwilderten Garten. Die Familie strahlt Geborgenheit und Liebe aus, die 8jährige Saara erzählt in ihren kindlichen Worten davon. Auch von der Tante, die im Lotto gewonnen hat und nun ein altes Gutshaus bewohnt. Welch ein glücklicher Zufall, aber dann dreht sich die Geschichte, die Mutter wird von einem Eisbrocken erschlagen, der sich wohl von einem Flugzeug löste. Von dieser Minute an wird das Leben anders. Der Vater zerbricht fast an seinem Schicksal, nur mühsam aufgefangen von der Tante. Saara bleibt in ihrer Trauer ungehört, sie malt verstörende Bilder, doch ihre Lehrer und alle Erwachsenen scheuen das Gespräch über den Tod.

Das Buch der jungen finnischen Autorin ist kein leichter Text. Ich fand ihn stellenweise verstörend und es gab Abschnitte, die ließen mich ratlos zurück. Der Stil ist nicht durchgängig gleich. Saaras Erinnerungen sind von einem einfachen kindlichen Ton.Dann folgen wir einem Briefwechsel der Tante Annú mit einem Amerikaner, der schon mehrfach vom Blitz getroffen wurde. Auch hier soll wohl ergründet werden, wie Zufälle und Schicksal ins Leben eingreifen. Die Briefe sind eingängig und plaudernd gehalten, haben mir aber nicht allzu viel Erkenntnis gebracht. Es wirkte fast wie ein anderes Buch und ich empfand es als Bruch im Fortlauf des Romans.

4 Jahre später, zurück im „Sägespänehaus“ wird es düster und verstörend. Saara ist immer noch allein in ihrer Trauer, während ihr Vater einen Neuanfang wagt. Düstere Alpträume suchen Saara heim, ohne dass sie jemand ins Vertrauen ziehen kann. Einsamkeit und Sprachlosigkeit prägen sie.

Vielleicht kann nur eine Autorin diesen Ton finden, die mit der langer Dunkelheit und Kälte Finnlands vertraut ist und für die melancholische, dunkle Stimmungen zum Jahreslauf gehören. Es war eine interessante, intensive Erfahrung Selja Ahava zu lesen, auch wenn sich mir der Text nur schwer erschloss.

Veröffentlicht am 10.02.2017

Ein tolles Buch

Nichts wie es war
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Nach einem Schlaganfall ist Anton in der Reha, er will raus. Seine Kinder möchten schnell die Verantwortung abgeben, ein Pflegeheim wäre doch genau das Richtige. Aber nicht für Anton, er denkt an eine ...

Nach einem Schlaganfall ist Anton in der Reha, er will raus. Seine Kinder möchten schnell die Verantwortung abgeben, ein Pflegeheim wäre doch genau das Richtige. Aber nicht für Anton, er denkt an eine polnische Pflegerin, genauso eine, wie sein Freund Hannes hat, der unter Demenz leidet. Doch Hannes soll seine Gabriella erstochen haben, in einem Aggressionsanfall, so glaubt die Polizei. Für Anton ist das unvorstellbar und als er dann endlich zurück in seinem Haus ist und Zofia, eine junge polnische Pflegekraft, eintrifft, will er der Sache auf den Grund gehen.
Rasch wird dem ungewöhnlichen Gespann klar, dass der Fall nicht so einfach liegt, wie die Polizei es gern hätte. Sie finden Spuren und Hinweise, die ein anderes Licht auf den Tod von Gabriella werfen und als auch Zofia bemerkt, dass sie beobachtet wird und nachts häufiger jemand ums Haus schleicht, muss sie doch Antons Sohn Thomas um Hilfe bitten, der als Polizeibeamter den Einfällen seines Vaters sehr ablehnend gegenüber steht.
Ein alter, linksseitig gelähmter Mann und eine junge Polin auf Mörderjagd im Sauerland, da könnte man eine Krimikomödie erwarten. Obwohl die Konstellation auch viele humorvolle Seiten hat, ist das Buch viel mehr als das. Hier prallen zwei Welten aufeinander. Zofia kennt aus Erzählungen nur hochnäsige Arbeitgeber und der Sohn Thomas, der sie am Bahnhof abholt, bestätigt sofort ihre Vorurteile. Die Umwelt ist fein beobachtet und schon daraus ergeben sich urkomische Situationen, wenn zum Beispiel Zofia hört „polnische Frauen suchen nur deutsche Männer“ sie aber sehr schnell feststellen muss, dass die in die Jahre gekommen Dorfjunggesellen, sie wie Motten umkreisen.
Kathrin Heinrichs hat sehr genau beobachtet, das macht ihre Figuren so realistisch und vielschichtig gezeichnet. Solche Menschen finden wir in jedem Dorf und die Verhaltensweisen sind ebenfalls überall die gleichen. Man möchte lieber nichts gesehen haben und wo Rauch ist auch Feuer und man hört ja so viel, es sind die überall gleichen Vereinfachungen und Plattheiten, mit denen Anton und Zofia konfrontiert sind.
Außerdem kann sie schreiben, mir hat ihr Stil sehr gut gefallen, witzig, manchmal ironisch, aber immer auch mit viel Verständnis für ihre Protagonisten, bis hin zum wirklich dramatischen Finale.
Ein wirklich spannender und gekonnt aufgebauter Krimi, der mich überraschte. Das ist ein Buch, dem ich viele Leser wünsche und eine Autorin von der ich gern noch mehr lesen möchte.

Veröffentlicht am 10.02.2017

Spannend wie ein Krimi

Das Geheimnis jener Tage
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Carrie Cassidy stößt nach dem tragischen Tod ihrer Eltern durch Zufall auf eine rätselhafte Geschichte aus der Vergangenheit ihrer Mutter Sylvie. Sie überwindet ihren ersten Impuls und beschließt, der ...

Carrie Cassidy stößt nach dem tragischen Tod ihrer Eltern durch Zufall auf eine rätselhafte Geschichte aus der Vergangenheit ihrer Mutter Sylvie. Sie überwindet ihren ersten Impuls und beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen: Was ist damals im Sommer 1980 wirklich passiert? (Verlagstext)
5 Jahre nach dem Tod ihrer Eltern durch einen Flugzeugabsturz beginnt Tochter Carrie allmählich sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Anlass ist der Besuch einer Schweizer Dame, die sie zu einem Besuch ihres Ehemanns, dem berühmten Pianisten Luis Meyer einlädt. Meyer ist todkrank und möchte unbedingt die Tochter jener Frau kennenlernen, die ihm 1980 das Leben rettete und mit der ihn eine ganz besondere Beziehung verband.
Das stellt alles auf den Kopf, was Carrie von ihrer Mutter Sylvie weiß. Aber sie überwindet sich und beginnt nachzuforschen und sich endlich ihrer Trauer und ihren Schuldgefühlen zu stellen. Sie war es, die ihre Eltern zu dieser verhängnisvollen Flugreise überredete und die so tragisch endete. Sie glaubt dadurch ihr Anrecht auf ein eigenes Glück verwirkt zu haben, was auch zum Bruch mit ihrem Verlobten führte.
Die Handlung, spielt in zwei Zeitebenen – 1980, als Sylvie und John Cassidy frisch verheiratet in Willow Hill an der Küste Corks leben, und wo auch Luis Meyer sich aufhält – und in der Gegenwart, als Carrie Cassidy mit der Geschichte ihrer Mutter konfrontiert wird. Dieser Erzählstil hat mir ausgesprochen gut gefallen, die Atmosphäre der 80iger in Irland, bedrückend engstirnig und katholisch geprägt, ist wunderbar eingefangen.
Es ist alles da, was ein spannender, unterhaltender Roman braucht. Ein Familiengeheimnis, das auch noch 30 Jahre später Auswirkungen zeigt, eine zarte berührende Liebesgeschichte und mitreißende menschliche Schicksale. Dieser Roman hat mich von der ersten Seite an gepackt und nicht mehr losgelassen, die Autorin hatte mich fest an der Angel. Die Geschichte entwickelt sich allmählich, lädt zum Miträtseln und Mitfiebern ein und überraschte mich immer wieder mit einer fulminanten Wendung.
Die Autorin versteht es packend zu erzählen, einen Spannungsbogen aufzubauen, der sich vor keinem Krimi verstecken muss. Die subtile Bedrohung, die Carrie spürt, spürte ich auch, die Figuren sind facettenreich dargestellt und wirkten auf mich vielschichtig und real. Das war Unterhaltung auf hohem Niveau.

Veröffentlicht am 07.02.2017

Lasst Fäuste sprechen

Champagnerblut
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Mads Madsen, Kriminalrat aus Hamburg, braucht nach einem traumatischen Erlebnis einen Neustart. Er lässt sich vom Hamburger Kiez an den Starnberger See versetzen.
Dort wartet schon vor seinem Amtsantritt ...

Mads Madsen, Kriminalrat aus Hamburg, braucht nach einem traumatischen Erlebnis einen Neustart. Er lässt sich vom Hamburger Kiez an den Starnberger See versetzen.
Dort wartet schon vor seinem Amtsantritt eine Leiche auf ihn. Aus dem See gezogen wurde ein polnischer Bauarbeiter, ein Schrank von Mann, martialisch tätowiert und offensichtlich totgeprügelt.
Seine Spurensuche führt zu reichen Bauherren, zwielichtigen Bauunternehmern und schweigsamen Polen und schönen Frauen.
Der Krimi ist ein Debütroman, der Autor – aus der Werbebranche – kann mit Sprache umgehen. Er schreibt witzig und sprüht vor Einfällen. Leider lässt er nun auch kein Klischee aus. Der Hamburger Mads trägt Biker Klamotten und kommt auf einer Fat Boy angefahren. Er hat früher geboxt und das sieht man ihm auch an. Sein Kollege aus Starnberg ist adliger Abstammung, aber vom Vater enterbt, da er nicht nur schwul ist, sondern auch noch zur Polizei gegangen ist. Die Reichen und Schönen sind reicher und schöner, als man es je hörte. Die Frauen nur auf Sex aus und geliftet.
Der Fall war eigentlich leicht zu durchschauen, schon früh werden die Spuren gelegt und ein aufmerksamer Leser weiß gleich, wohin die Lösung geht. Trotzdem kann man sich gut unterhalten. Die Protangonisten haben Potenzial, vielleicht beim nächsten Band mit weniger totgerittenen Gags.