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Bineira

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.05.2021

Atmosphärisch, melancholisch und wunderschön

Hard Land
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"In diesem Sommer verliebte ich mich, und meine Mutter starb". Gleich mit dem ersten Satz fasst Benedict Wells die Handlung seines Romans „Hard Land“ zusammen. Und doch steckt so viel mehr darin.

Sam, ...

"In diesem Sommer verliebte ich mich, und meine Mutter starb". Gleich mit dem ersten Satz fasst Benedict Wells die Handlung seines Romans „Hard Land“ zusammen. Und doch steckt so viel mehr darin.

Sam, 15, ist ein schüchterner Außenseiter ohne Freunde. Er wohnt mit seinen Eltern in Grady, einer öden Kleinstadt in Missouri, von wo die jungen Menschen wegziehen, sobald sich die Gelegenheit dazu ergibt. Sams ältere Schwester Jean lebt schon lange in Kalifornien; sie meldet sich kaum, und zu seinem verschlossenen, wortkargen Vater findet der Junge keinen Zugang. Nur mit seiner lebhaften, bücherverrückten Mutter kann er relativ offen reden. Dass sie unheilbar an Krebs erkrankt ist, überschattet das Leben der Familie seit Jahren.

Die Geschichte spielt im Sommer 1985, Sam wird demnächst 16. Er nimmt einen Ferienjob im örtlichen Programmkino an und lernt dadurch Kirstie, Hightower und Cameron kennen, die ein paar Jahre älter sind als er und in Kürze zu ihren über das ganze Land verstreuten Universitäten aufbrechen werden. Nach anfänglichem Zögern nehmen die drei Sam in ihre Clique auf. Zusammen mit seinen neuen Freunden erlebt er einen rauschhaften Sommer voller „ersten Male“. Gleichzeitig muss er sich einigen seiner Ängste stellen und auf bittere Art und Weise lernen, erwachsen zu werden.

Erzählt wird die Geschichte aus Sams Perspektive. Dabei ist der Autor sprachlich ganz nah bei seinem sympathischen Protagonisten. Ich hatte tatsächlich öfter das Gefühl, neben dem Jungen am Virgin Lake zu sitzen und ihm zuzuhören. Der Roman lebt von seiner authentischen Atmosphäre, ich habe mich schnell darin heimisch gefühlt und mit den Eltern und den Jugendlichen in derselben Weise mitgefühlt.

Nicht nur die zahlreich erwähnten Film- und Musiktitel haben mich an meine eigene Jugend erinnert. Auch all die längst vergessen geglaubten Zweifel, Hoffnungen und Ängste dieses Lebensabschnittes hat der Autor so eindringlich dargestellt, dass bei mir zwischen Lächeln und Melancholie oft nur ein paar Zeilen lagen.

So traurig der Grundton der Geschichte auch ist, schafft es Wells doch immer wieder, die Schwermut durch eine witzige oder hoffnungsvolle Passage aufzuhellen. Wenn es mir an manchen Stellen zu sentimental wurde, habe ich ein Auge zugedrückt, denn insgesamt hat mich der Roman glänzend unterhalten und ist zu einem meiner Lieblingsbücher 2021 geworden.

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Veröffentlicht am 07.05.2021

Eine trotz schöner Sprache nicht überzeugende Geschichte

Die Geschichte von Kat und Easy
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1973 sind Kat und Easy 16 Jahre alt. Sie teilen viele erste Erfahrungen: sie kiffen, sie betrinken sich, sie entdecken Sex, und sie verlieben sich beide in denselben jungen Mann. Als dieser verunglückt, ...

1973 sind Kat und Easy 16 Jahre alt. Sie teilen viele erste Erfahrungen: sie kiffen, sie betrinken sich, sie entdecken Sex, und sie verlieben sich beide in denselben jungen Mann. Als dieser verunglückt, trennen sich die Wege der Mädchen.

46 Jahre später macht Easy die ehemalige Freundin ausfindig und lädt sie zu einer gemeinsamen Woche in ihrem Ferienhaus auf Kreta ein. Kat willigt ein, und zögernd gestehen die Frauen einander die Geheimnisse und Lügen aus ihrer Vergangenheit. Hat ihre Freundschaft nach all den Jahren und Geschehnissen noch eine Chance?

Susann Pásztor erzählt die Geschichte auf zwei Zeitebenen. Eine spielt im Jahr 1973 in der deutschen Kleinstadt, in der die Mädchen damals gewohnt haben. Sie ist in der Gegenwartsform geschrieben und weist ein hartes, schnelles Sprachtempo auf. Diese Stilmittel bringen das Drängende, Ungeduldige, das die Zeit der Jugend ausmacht, sehr gut zum Ausdruck.

Die zweite Zeitebene spielt in der Gegenwart auf Kreta und spiegelt den gemächlichen Tagesablauf und das behutsame Annähern der Frauen wider. Die Autorin verwendet hierfür eine weiche, langsame Sprachmelodie und - darüber war ich erstaunt - die Vergangenheitsform.

Die beiden Handlungsstränge wechseln sich kapitelweise ab und ergänzen sich inhaltlich. In der jeweiligen Überschrift wird der Ort genannt, um den es geht, so dass man sich leicht zurechtfindet.

„Die Geschichte von Kat und Easy“ hat mich an meine eigene Jugend, an die Musik und die Rituale von damals und an alte Freundschaften erinnert. Eine gewisse Spannung war bis zur Mitte vorhanden, ließ dann aber nach. Auch konnte ich keine dem Zeitverlauf angemessene Weiterentwicklung der Hauptpersonen erkennen. Auf mich wirkten sie als Erwachsene nur äußerlich verändert.

Die größte Stärke dieses Romans ist für mich die poetische, bildhafte Sprache der Autorin.

Das größte Ärgernis ist die ausufernde und verharmlosende Darstellung des Drogen- und Alkoholkonsums der Protagonistinnen.

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Veröffentlicht am 02.05.2021

Humorvoller Sprachstil, vorhersehbare Handlung

Laudatio auf eine kaukasische Kuh
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Olga ist 26, angehende Ärztin, in Deutschland aufgewachsen und mit Felix aus Kiel, ebenfalls Mediziner, liiert. Ihre aus Georgien stammende Familie hält jedoch an den Traditionen der alten Heimat ...

Olga ist 26, angehende Ärztin, in Deutschland aufgewachsen und mit Felix aus Kiel, ebenfalls Mediziner, liiert. Ihre aus Georgien stammende Familie hält jedoch an den Traditionen der alten Heimat fest und möchte, dass sie möglichst bald einen der ihren heiratet. Daraus ergeben sich insbesondere mit der Mutter regelmäßige Konflikte.

Bei einem Familienurlaub in Georgien lernt Olga die dortige Lebensart näher kennen, sie bleibt ihr jedoch fremd. Und dann ist da noch Jack, ein Lebenskünstler ohne festen Job und Plan, der sich auf den ersten Blick in Olga verliebt und sie beharrlich umwirbt.

Ich bin nach der Lektüre des Buches hin- und hergerissen. Auf der einen Seite haben mir die angenehme, humorvolle Schreibweise der Autorin und die interessanten Einblicke in die georgische Kultur gut gefallen. Von letzteren hätte ich mir mehr gewünscht.

Auf der anderen Seite fand ich die Liebesgeschichte zwischen Olga und Jack zu vorhersehbar und die ständigen Streitereien mit der Mutter zu konstruiert. Deshalb habe ich beim Lesen einen Spannungsbogen vermisst, und es zog sich etwas in die Länge.

Insgesamt war es eine angenehme Lektüre, aber kein Highlight für mich.


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Veröffentlicht am 10.04.2021

Frisch-fröhlicher Ratgeber rund um Anbau und Verwendung von Kräutern

Deine fabelhaften Kräuter
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Das stabile und hochwertige Buch enthält eine Menge Informationen über den Anbau, die Pflege und die Verwendung von Kräutern.

Die Autorin beschreibt in munterer Sprache die ersten Schritte zum eigenen ...

Das stabile und hochwertige Buch enthält eine Menge Informationen über den Anbau, die Pflege und die Verwendung von Kräutern.

Die Autorin beschreibt in munterer Sprache die ersten Schritte zum eigenen Kräutergarten und gibt Tipps zu Werkzeug, Standort, Düngen, Vermehren, Überwintern und Konservieren. Danach folgen 47 Einzelporträts von bekannten und exotischen Kräutern. Dazwischen findet man ungewöhnliche Rezepte für Tees, Dips, oder Tinkturen und sogar einen "Persönlichkrautstest". Ein Anbaukalender im Posterformat rundet das Ganze ab.

Ich habe auf jeder Seite gemerkt, wie sehr die Autorin sich für das Thema begeistert. Sie schreibt gut verständlich und lockert mit zahlreichen Fotos aus ihrem beeindruckenden Garten die Texte auf. Auch einige Schritt-für-Schritt-Anleitungen sind anschaulich bebildert. Die Kräuterporträts werden durch Illustrationen ergänzt, die die Vielfalt des pflanzlichen und des menschlichen Lebens sehr schön darstellen.

Insgesamt ist es ein angenehm zu lesender und inspirierender Ratgeber, der Lust aufs Kräutergärtnern macht.

Mächtig gestört hat mich allerdings das aufdringliche Leopardenmuster, das die Innenseiten des Einbandes ziert und auch im Buch immer wieder als Rahmen auftaucht. Mich hat das beim Lesen sehr abgelenkt, und meine Augen waren auch nicht gerade begeistert davon.

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Veröffentlicht am 07.03.2021

Mehr philosophische Betrachtung als Geschichte

Die Erfindung der Welt
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Die Schriftstellerin Aliza Berg erhält den anonymen, großzügig honorierten Auftrag, einen Roman über das Leben zu schreiben. Sie soll dies am Beispiel eines klar umrissenen Landstrichs tun. Aliza fährt ...

Die Schriftstellerin Aliza Berg erhält den anonymen, großzügig honorierten Auftrag, einen Roman über das Leben zu schreiben. Sie soll dies am Beispiel eines klar umrissenen Landstrichs tun. Aliza fährt in die bezeichnete Gegend und lernt bei ihren Recherchen die wunderschöne Landschaft, ihre teils wunderlichen Bewohnerinnen und deren Geheimnisse kennen.

Aufgrund der Kurzbeschreibung hatte ich eine interessante Handlung erwartet. Den Schwerpunkt des Romans bilden jedoch detaillierte Betrachtungen von Menschen, Tieren und Pflanzen sowie philosophische Fragen. Thomas Sautner beschreibt besonders Flora und Fauna intensiv und mit schönen Sprachbildern. Dabei wechselt er häufig die Perspektive, und lässt die Leser
innen zum Beispiel die Welt mit den Augen einer Bachstelze oder eines Sperbers sehen.

Die Geschichte an sich kommt nur sehr langsam voran, sie wird immer wieder von langen, zum Teil abstrakten Gedankengängen des Autors unterbrochen, das hat mir das Lesen etwas erschwert. Der elegante Schreibstil und die originellen Sprachbilder haben das aber wieder wettgemacht.

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