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Veröffentlicht am 07.10.2019

Koffer voller Erinnerungen

Luzies Erbe
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Meine Meinung und Inhalt

"Was Thea sich in diesem Moment wünschte, wusste Johanne nicht. Ihre Mutter sprach nicht über solche Dinge. Sie sprach überhaupt wenig. Johanne jedenfalls wollte, dass Luzie nicht ...

Meine Meinung und Inhalt

"Was Thea sich in diesem Moment wünschte, wusste Johanne nicht. Ihre Mutter sprach nicht über solche Dinge. Sie sprach überhaupt wenig. Johanne jedenfalls wollte, dass Luzie nicht tot blieb, denn es gab noch zu viele offene Fragen." (ZITAT)

Die fast hundertjährige Matriarchin Luzie Mazur hat sich Zeit gelassen mit dem Sterben.

Doch nun ist sie doot bleeven, und hinterlässt ihrer Familie kaum mehr als einen abgewetzten Koffer voller Erinnerungen auf dem Kleiderschrank und fast ein Jahrhundert »Mazur’sches Schweigen«, das besonders ihrer Enkelin Johanne, selbst längst in ihren Fünfzigern, in den Ohren dröhnt.

"An einem ganz besonderen Tag - .. - hatte Johanne die Frage gewagt, was denn so Geheimnisvolles in dem Koffer sei und ob sie einen Blick hineinwerfen dürfe. Luzie hatte immerhin geantwortet, wenn auch widerwillig. "Blots oole Papiere." (ZITAT)

Johanne will endlich Frieden machen mit der Geschichte ihrer Familie und dem bis in die Gegenwart andauernden Getuschel der Leute im Dorf. Und sie will mehr über »ihn« erfahren, Luzies große Liebe Jurek, eine Liebe, die nicht sein durfte, weil da ein Krieg wütete, der der Liebe einen gehörigen Strich durch die Rechnung machen wollte.

Zu Beginn hatte ich große Probleme mit dem Schreibstil und den Plattdeutschen Passagen, welche mit weniger gut gefallen hatten.

Je tiefer man jedoch in die Geschichte hineingefunden hatte, desto emotionaler hat mich diese bewegen können. Eine wirkliche Achterbahnfahrt der Gefühle!

Bürster erzählt, wie das Schweigen über die Vergangenheit eine Familie überschattet. Sie erzählt von vier Generationen starker Frauen – und davon, dass es für Versöhnung nie zu spät ist. Sie berichtet detailliert und geht sehr behutsam mit der Thematik um. Auch wenn Schilderungen aus den Kriegsjahren nicht neu und auch nicht weniger erschreckend sind, lassen mich diese im Buch vorkommenden auch dieses mal mit einem Entsetzen zurück.

Nach und nach wird man als Leser mit den einzelnen Protagonisten warm, erkennt die unterschiedlichen Charaktereigenschaften und Gedankengänge.

Das Ende hat mich zu Tränen gerührt und hat das Buch absolut toll abgerundet!

Das Cover zu "Luzies Erbe" finde ich absolut schön und passend gewählt!

Helga Bürster stammt aus der Nähe von Oldenburg, wo sie aufgewachsen ist.

Heute schreibt sie regionale Romane, Hörspiele und Theaterstücke. Besonders erfolgreich sind ihre regionalen Krimis, wie beispielsweise »Flintenweiber« und »Tödlicher Kohldampf«. Zusätzlich ist Bürster als Erzählerin unterwegs.

Veröffentlicht am 04.10.2019

Habt ihr sie gesehen?

Melmoth
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Meine Meinung und Inhalt

„Aber nun geht mir die Tinte aus, die Tür steht weit offen, und was mich dahinter erwartet, wird das wenige an Achtung zunichtemachen, das Sie möglicherweise für ...

Meine Meinung und Inhalt

„Aber nun geht mir die Tinte aus, die Tür steht weit offen, und was mich dahinter erwartet, wird das wenige an Achtung zunichtemachen, das Sie möglicherweise für mich hegen. Ich kann den Gedanken gut ertragen, denn ich hatte Ihre Achtung nie verdient. Um Sie hingegen bin ich in Sorge, denn jenseits der Schwelle brennt nur ein einziges Licht, und das ist noch furchterregender als die Dunkelheit …“ (ZITAT)


Nach „Die Schlange von Essex“ ist dies mein zweites Buch der Autorin Sarah Perry, welche auch in „Melmoth“ einen unglaublich faszinierenden, detaillierten und malerischen Schreibstil zum Besten gibt.

Perry wurde 1979 in Essex geboren und lebt heute in Norwich. Ihr Roman Die Schlange von Essex war einer der größten Überraschungserfolge der letzten Jahre in England. Ausgezeichnet als Buch des Jahres 2016 der Buchhandelskette Waterstones, Gewinner des britischen Buchpreises 2017 für den besten Roman sowie für das beste Buch insgesamt.


Helen Franklins Leben nimmt eine jähe Wende, als sie in Prag auf ein seltsames Manuskript stößt. Es handelt von Melmoth - einer mysteriösen Frau in Schwarz, der Legende nach dazu verdammt, auf ewig über die Erde zu wandeln. Die mysteriöse Frau trägt viele Namen, wie z.B. Melmoth die Zeugin, Melmotte oder auch Melmotka – je nachdem, wo man geboren ist und sie ist einsam. Ihre Einsamkeit ist uferlos und wird erst enden, wenn die Welt untergeht und Melmoth Vergebung erfährt. Sie erscheint den Menschen am Tiefpunkt ihres Lebens, und nur die Erwählten spüren ihren Blick. Sie heben den Kopf, und plötzlich steht die Zeugin vor ihnen. Angeblich streckt sie dann die Arme aus und sagt: Nimm meine Hand! Ich war so einsam!«

„....Ammenmärchen, das man kleinen Kindern erzählt, damit sie nicht über die Stränge schlagen«, sagte er. »Hat deine Mutter dich denn nie auf den Schoß genommen und dir erzählt, Melmoth beobachte dich?“ (ZITAT)


Helen findet immer neue Hinweise auf Melmoth in geheimnisvollen Briefen und Tagebüchern, welche sie von ihrem Freund Karel Pražan erhält
- und sie fühlt sich gleichzeitig verfolgt. Liegt die Antwort, ob es Melmoth wirklich gibt, in Helens eigener Vergangenheit?


»Manchmal glaube ich, dass jedes große Gefühl direkt mit allen anderen Gefühlen verbunden ist. Besser, man meidet sie, wann immer es geht.« (ZITAT)


Kurzum, ein wirklich interessantes Buch mit einer ausgewöhnlichen Story, welche mich aber nicht überzeugen konnte und welche ich teilweise sehr anstrengend und langgezogen fand.

Das Cover wurde hervorragend und auffallend gestaltet und gefällt mir ausgesprochen gut. Ebenso als positiv hervorzuheben ist die Innengestaltung und die im Fuß enthaltenden Fußnoten.

Veröffentlicht am 30.09.2019

Kampf gegen das Böse

Licht und Schatten
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Meine Meinung und Inhalt
"Sie haben zwei Millionen Jahre darauf gewartet, dass Solea zurückkommt?
Solomon zuckte mit den Schultern.
Was blieb ihnen übrig?
Aber ... wer hält denn das so lange ...

Meine Meinung und Inhalt
"Sie haben zwei Millionen Jahre darauf gewartet, dass Solea zurückkommt?
Solomon zuckte mit den Schultern.
Was blieb ihnen übrig?
Aber ... wer hält denn das so lange aus?
Du darfst die Zeit nicht missverstehen, sagte ihr Vater. Zwei Millionen Jahre sind wie der Wechsel einer Jahreszeit, wenn die Ewigkeit vor dir liegt." (ZITAT)

Es ist der Winter 1704 und der Tod sitzt auf dem Wipfel einer Tanne und wartet geduldig auf die Geburt eines Kindes.

"...was Solea sah - nicht nur den Lichtfunken in der Dunkelheit und woher er kam, sondern auch, dass ein Kind geboren werden sollte, ein Kind aus ihren eigenen Reihen, und dass sich eine der Mütter dafür opfern würde, denn dieses Kind sollte nicht nur das Licht auf die Erde zurückbringen, es sollte auch zum Sturz der selbsternannten Göttin führen und ihre Herrschaften und die Zegechem dorthin zurückschicken, woher diese gekommen waren." (ZITAT)

Er ist nicht der einzige – ein Raunen wandert um die Welt und die Schatten lauschen mit gespitzten Ohren. Schon in jungen Jahren macht sich Vida auf den Weg, um die Wahrheit zu finden.

Sie hört den Ruf der Toten und begegnet ihrer eigenen Zukunft. Mit dreizehn lehren ihre Tanten sie die Mudras der Verbannung und sich ohne Waffen zu verteidigen. Denn Vida wurde geboren, um das Licht auf die Welt zurückzubringen.


"Nachdem Solea sich geweigert hatte, die Eifersucht abzulegen, sprach Solomon weiter, kappte sie den Impuls, damit ihr niemand folgen konnte. Von diesem Tag an war es den Schwestern unmöglich, an ihren Ursprung zurückzukehren. Nur zusammen konnten sie zu Licht werden, denn nur
als Einheit konnten sie die weite Reise nach Hause antreten. ..." (ZITAT)

Aber niemand rechnet damit, dass sie ihren eigenen Weg geht und selbst dem Tod die Stirn bietet. Vor ihr liegen viele Gefahren, darunter ein Wächter, der es auf ihre Seele abgesehen hat.

"Ein Außenstehender hätte es für eine Ironie des Schicksals gehalten. Ein Tag früher, ein Tag später und alles wäre anders verlaufen. Aber der Wächter hielt nichts von dem Schicksal, denn er trug die Arroganz seines Daseins tief in seinem Herzen. Für ihn war das Schicksal wie das Glück und der Zufall. Drei Geschwister, auf die man sich nicht verlassen konnte." (ZITAT)

Für mich ist dieses Buch ein absolutes Meisterwerk. Der Autor Zoran Drvenkar ist mir bereits durch seine Bücher "Still", "Du" und "Sorry" bekannt. Drvenkar hat einen unglaublich tollen, fesselnden und magischen Schreibstil.

"Licht und Schatten" ist eine absolut fantastische Geschichte für Groß und Klein und wir mir in Erinnerung bleiben.

Großartiges Cover, heldenhafte authentische Protagonisten und eine phantasievolle malerische Kulisse / Story.

Dieses Buch ist eines meiner Jahreshighlights und bekommt deshalb meine Leseempfehlung!

Zoran Drvenkar, wurde 1967 in Kroatien geboren und zog im Alter von drei Jahren mit seinen Eltern nach Berlin. Angafangen mit Gedichten schrieb er bald schon Kurzgeschichten, die er mit der Zeit immer weiter ausbaute. Seit 1989 ist er als freier Schrifsteller tätig und ein vielfach ausgezeichneter Kinder-und Jugendbuch-Autor. Er schreibt auch unter den Pseudonymen Victor Caspak und Yves Lanois. Heute wohnt der Autor in einer alten Kornmühle bei Berlin.

Veröffentlicht am 26.09.2019

Johanna

Die Kräutersammlerin
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Meine Meinung und Inhalt

"Es war für eine Frau nicht ganz ungefährlich, allein in den Wald zu gehen. Doch sie liebte die Ruhe und die Abgeschiedenheit, die sie hier fand. Den nachgiebigen moosigen Boden ...

Meine Meinung und Inhalt

"Es war für eine Frau nicht ganz ungefährlich, allein in den Wald zu gehen. Doch sie liebte die Ruhe und die Abgeschiedenheit, die sie hier fand. Den nachgiebigen moosigen Boden unter ihren Schuhsohlen. Das sanfte Atmen der Bäume. Hier konnte sie ganz sie selbst sein, ohne das Gefühl zu haben, beobachtet zu werden." (ZITAT)

Die Heilerin Johanna entdeckt im mittelalterlichen Schwarzwald ein totes Mädchen, offenbar ein Opfer von Wölfen. Der Roman spielt im Jahre 1343 in Schiltach im Kinzigtal.

"Was sie dort zwischen einem Wust alten Laubes fand, halb bedeckt mit feuchten brauen Klumpen, verschlug ihr den Atem. Vor ihren Füßen lag der Leichnam einer jungen Frau!" (ZITAT)

Doch einige der Verletzungen passen nicht zum Biss eines Raubtiers. Zusammen mit dem Flößer Lukas beschließt sie der Sache auf den Grund zu gehen. Sie will unbedingt die Wahrheit ans Licht bringen.

Johanna versorgt die Dorfbewohner mit Kräutern gegen Schmerzen und nimmt auch gefährliche operative Eingriffe vor.

Deshalb kennt sie sich mit Wunden und Leiden aller Art sehr gut aus. Sie sieht sofort, dass einige der Verletzungen nicht zum Biss eines Raubtiers passen. Am Ort ist außerdem zu wenig Blut.

Die Protagonistin war mir aufgrund ihrer mutigen, schlagfertigen und hilfsbereiten Art sofort sympathisch. Hurst schildert die Umgebung und die früheren Verhältnisse detailliert und verständlich, sodass man sofort mitten im Geschehen ist.

Das Cover hat einen extra Stern verdient! Es ist einfach wunderschön und man möchte am liebsten darin eintauchen.

Heidrun Hurst, geboren 1966, hat sich auf das Schreiben historischer Romane konzentriert. Zu ihrer Spezialität gehören gut recherchierte Geschichten, die unter die Haut gehen, und sich einfühlsam mit dem Schicksal der einfachen Leute beschäftigen. Dabei verbindet sie fiktive Charaktere mit historischen Tatsachen.

"Die Kräutersammlerin" erhält eine klare Leseempfehlung von mir. Ein sehr gelungener regionaler Krimi, bei dem die Spannung nicht zu kurz kommt.

Veröffentlicht am 24.09.2019

Brasserie André

Das Leuchten in mir
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Meine Meinung und Inhalt

„Die Worte, die man nie ausspricht, sind die, die am meisten wehtun.“ (ZITAT)

Emma ist vierzig und seit achtzehn Jahren mit Olivier verheiratet. Sie haben drei wohlgeratene ...

Meine Meinung und Inhalt

„Die Worte, die man nie ausspricht, sind die, die am meisten wehtun.“ (ZITAT)

Emma ist vierzig und seit achtzehn Jahren mit Olivier verheiratet. Sie haben drei wohlgeratene Kinder, es könnte nicht besser sein. Dass etwas Entscheidendes in ihrem Leben fehlt, merkt Emma erst, als in einer Brasserie ihr Blick auf den von Alexandre trifft. Sie weiß sofort Bescheid. Für ihn wird sie alles riskieren, alles aufgeben – koste es, was es wolle.

Alles erscheint neu. Emma möchte alles wagen – sie möchte sich hingeben. Es scheint entschieden und geplant – bis zu der einschneidenden, alles verändernden, Wende. Eine Wende, in der Emma erfahren wird, dass die Trauer eine Liebe ist, die keinen Ort mehr hat.

„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Ich war vierzig Jahre alt. Hatte einen Mann, der mit einer sehr schönen Zwanzigjährigen zusammen war. Drei phantastische Kinder, die nicht mehr mit mir redeten. Ich lebte seit über drei Monaten in einem Mobilheim für zwei Personen in Cucq, einer Gemeinde von dreizehn Quadratkilometern im Pas-de-Calais.“ (ZITAT)


Immer an ihrer Seite ist ihre beste Freundin Sophie. Hier zeigt der Autor auf, was Freundschaft wirklich bedeutet.

„Und sie hat mir versprochen: »Wenn das vorbei ist, wenn dein Herz in tausend Stücke zerfallen ist, werde ich dir helfen, es wieder zusammenzukleben. Stück für Stück.«“ (ZITAT)


„Das Leuchten in dir“ ist ein literarisches Highlight. Kaum ein Buch konnte mich so berühren. Der Autor schildert die kurzen nachdenklichen Kapitel mit einer Poesie sondergleichen. Er schafft Momente zum Innehalten. Eine Geschichte, die Mut schöpfen lässt, traurig macht und auch zeigt, was es heißt zu Leben. Eine Geschichte, in der es um Wagnisse geht, um Entscheidungen und um das Gehen und Zurückkehren.

„… dann spricht er von Hoffnung. »Die Hoffnung ist das stärkste Gefühl, das man empfinden kann, stärker als Hass, als Liebe, stärker als Terror oder Gewalt.«“ (ZITAT)
Ein ganz unbeschreiblich wundervolles Buch, das meine, von herzen ausgesprochene, Leseempfehlung erhält.

Zum Autor: Der französische Autor Grégoire Delacourt wurde am 26. Juli 1960 in Valenciennes geboren. Nach einer Ausbildung in der Jesuitenschule La Providence studierte er Rechtswissenschaften in Grenoble. Seit 2004 führt er mit seiner Frau Dana Philp eine eigene Werbeagentur. In Frankreich etablierte sich Delacourt bereits 2011 mit seinem Roman "L’Écrivain de la famille" als Schriftsteller und erhielt zahlreiche Literaturpreise. Mit seinem zweiten Roman "Alle meine Wünsche" gelang ihm auch der Durchbruch in Deutschland und 26 anderen Ländern. Delacourt lebt mit seiner Familie in Paris.