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Veröffentlicht am 21.07.2018

Eine mitreißende Biografie einer unzeitgemäßen, zu Unrecht vergessenen Schriftstellerin

Franziska zu Reventlow
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Franziska zu Reventlow wusste schon früh, dass sie nicht in ihre Zeit passt. Ende des 19. Jahrhunderts gab es für höhere Töchter nicht viele Möglichkeiten für ein Leben – ein eigenes schon gar nicht. Von ...

Franziska zu Reventlow wusste schon früh, dass sie nicht in ihre Zeit passt. Ende des 19. Jahrhunderts gab es für höhere Töchter nicht viele Möglichkeiten für ein Leben – ein eigenes schon gar nicht. Von ihrer Familie nie verstanden befreit sie sich gewaltsam von ihren Erwartungen, gesellschaftlichen Konventionen und nicht zuletzt der (finanziellen) Sicherheit. Sie ist frei, doch um einen hohen Preis. In ihren Augen war er nicht zu hoch. Rückhaltlos wirft sie sich dem Leben in die Arme, liebt, malt, schreibt, verlässt Männer, Freunde und wird verlassen. Immer wieder steht sie am Abgrund und immer wieder hebt sie den Blick darüber hinaus.

Eine starke Frau, zermahlen vom Kampf der harten Regeln ihrer Zeit und dem Um- und Aufbruch in eine neue. Zermahlen, doch nie zerstört, gescheitert, doch nie versagt. Franziska zu Reventlow lebte bewusst nach eigenen Regeln, die nichts mit Emanzipationsbewegung oder politischem bzw. gesellschaftlichen Widerstand zu tun hatten und sich doch genau in diese Chronologie einfügen lassen.

Das Porträt dieser komplizierten und heute fast vergessenen Persönlichkeit, die unter anderem mit Ludwig Klages, Erich Mühsam, Stefan George, Friedrich Huch und Annette Kolb lebte, arbeitete, philosophierte und sich vergnügte wird von Kerstin Decker in einer mitreißenden Biografie in all ihrer Komplexität dem Leser näher gebracht. –Nicht distanziert, sondern hautnah erlebt man die Höhen und Tiefen von Franziskas Leben mit. Je mehr man über sie erfährt, je detaillierter man in ihr Leben eintaucht desto mehr wird einem bewusst, dass diese Frau auch im Rückblick nicht zu greifen ist. Dies wird besonders deutlich durch den fließenden Übergang von biografischen Fakten und ihrem Spiegel in Franziskas erzählerischem Werk. Von Ellen Olestjerne – ihrem autobiografischen Roman – über Tagebucheinträge und Briefe, ihre eigenen wie die ihrer Freunde und Bekannten, schillert Franziska zu Reventlow zwischen Realität und Fiktion. Der Anmerkungsapparat und das Quellenverzeichnis laden dazu ein, sich noch mehr mit ihr und ihren Zeitgenossen zu beschäftigen.
Ausführliche Zitate aus ihrem Werk machen Lust, ihre Schriften wiederzuentdecken. Schon zu Lebzeiten eher ein Geheimtipp, von der Forschung für die eine oder andere Strömung vereinnahmt, wenn überhaupt beachtet, ist es verlockend einen neuen, unvoreingenommenen Blick auf ihr Leben und ihr Schaffen zu werfen.

Diese Biografie ist ein großartiges Leseerlebnis. Vom Lesegefühl ist sie her eher ein Roman, so spannend und distanzlos – manchmal wünscht man sich einen objektiveren Blick, um Fakten zuordnen zu können. Doch schon nach wenigen Seiten weiß man, dass diese Uneindeutigkeit die einzige Möglichkeit ist, diese komplexe Frau zu porträtieren. Sie war eine der ersten Frauen von heute, fast 200 Jahre bevor die Gesellschaft bereit dafür war und das ohne neu sein zu wollen. Ihr Ziel war immer sie selbst zu sein, bedingungslos, absichtslos – es war für sie einfach nur lebensnotwendig. Zerbrochen ohne zerstört worden zu sein. Verwelkt ohne geblüht zu haben und doch erblüht. Ihr Leben hat sich sein Recht erkämpft und den Kampf gleichzeitig gewonnen und verloren.

Fazit: Eine beeindruckende Biografie einer beeindruckenden Frau. Alles, was mir fehlte waren Bilder. Sie hätten das Buch noch einmal abgerundet. Doch trotzdem verlangt dieses Buch 5 Sterne!

Veröffentlicht am 21.07.2018

Die Suche nach dem Tor

Greystar 02 - Die verbotene Stadt
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Du bist Silberstern, ein Shianti-Zauberer, auf der Suche nach dem Mondstein. Nach einem kurzen Aufenthalt bei den Kundi, setzt du deine Reise zur verbotenen Stadt fort. Dort soll sich das magische Schattentor ...

Du bist Silberstern, ein Shianti-Zauberer, auf der Suche nach dem Mondstein. Nach einem kurzen Aufenthalt bei den Kundi, setzt du deine Reise zur verbotenen Stadt fort. Dort soll sich das magische Schattentor befinden, durch das du zur Ebene des Daziarns gelangen sollst, wo der Mondstein verborgen ist. Doch der Weg ist noch weit und die verbotene Stadt bevölkert von Wahnsinnigen.

Ein mitreißendes Spielebuch, das einen tief in die Welt des „Einsamen Wolfs“ führt. Großformatige Schwarzweißillustrationen und eine farbige Karte vom Shakine Reich erhöhen den Lesespaß noch mal. Die Regeln sind nicht zu kompliziert und man braucht auch nicht viel Equipment. Eine Zahlentabelle am Ende ersetzt die sonst üblichen Würfel für die Zufallszahlen im Kampf und zur Bestimmung der eigenen Kräfte. Damit braucht man nur noch einen Stift – und falls man sich das Aktionsblatt auf ein Stück Papier übertragen will, auch das.

Es handelt sich hier um den zweiten Band der Abenteuerreihe, doch man kann es auch ohne Vorkenntnisse lesen. Die wichtigsten Ereignisse werden zusammengefasst. Allerdings darf man sich von Band zu Band eine neue magische Fähigkeit aneignen. Diese kann im Abenteuer nützlich bis lebensnotwendig sein. Mit dem ersten Band zu beginnen verschafft einem also Vorteile für diese Reise, doch man kann sie auch ohne diese bestehen.

Ein Bonusabenteuer rundet dieses Buch ab. Hier wird zu einem der Reisebegleiter Silbersterns gewechselt. Noch einmal darf man sich hier in der verbotenen Stadt austoben und lernt die wahnsinnigen Bewohner näher kennen. Eine großartige Ergänzung zum Hauptabenteuer!

Toll geschrieben, genial konzipiert ein Spielebuch für viele vergnügliche Lesestunden! Ich freue mich auf die Fortsetzung!

Veröffentlicht am 21.07.2018

Neue Träume

Erfüllte Träume in Thunder Point
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Lin Su hat es in ihrem Leben nicht einfach gehabt. Von einer reichen Familie als Prestigeobjekt adoptiert, früh schwanger und damit rausgeworfen worden hat sie sich nach oben gearbeitet. Mit ihrem mittlerweile ...

Lin Su hat es in ihrem Leben nicht einfach gehabt. Von einer reichen Familie als Prestigeobjekt adoptiert, früh schwanger und damit rausgeworfen worden hat sie sich nach oben gearbeitet. Mit ihrem mittlerweile vierzehnjährigen Sohn ist sie jetzt als Krankenschwester nach Tunder Point gekommen – eine weitere Station auf ihrem Weg. Doch dann lernt sie Blake kennen und plötzlich fragt sie sich, ob sie in ihrem Leben angekommen ist.

Im neunten Band der charmanten Thunder Point-Reihe trifft man alte Bekannte und neue Gesichter. Man fühlt sich sofort in dem kleinen Städtchen zu Hause. Jeder Charakter wird zu einem guten Freund und man möchte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Leider gibt es in dieser Geschichte einen unschönen, nicht nachvollziehbaren Bruch. Die so zart und kompliziert aufgebaute Beziehung von Blake und Lin Su macht plötzlich einen Sprung zu vollendeten Tatsachen und weitere Probleme werden nur noch künstlich geschaffen. Damit wird die Geschichte unglaubwürdig und Lin Su geradezu unsympathisch. Sehr schade, da die Autorin in den anderen Bänden bewiesen hat, dass sie es besser kann. Weniger ausgebreitetes Bettgeflüster und mehr Charakterentwicklung wären dem Spannungsbogen gut bekommen.

Trotzdem 4 ½ Sterne für ein Buch zum Träumen und entspannende Lesestunden.

Veröffentlicht am 21.07.2018

Ein packendes Fantasy-Highlight

Die Dämonenkriege
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Ryk ist ein erfahrener Dämonenjäger. Umso härter trifft es ihn, seinen langjährigen Partner und den neuen Lehrling im Kampf zu verlieren. Er schwört Rache, doch der mächtige Dämon, gegen den er antritt ...

Ryk ist ein erfahrener Dämonenjäger. Umso härter trifft es ihn, seinen langjährigen Partner und den neuen Lehrling im Kampf zu verlieren. Er schwört Rache, doch der mächtige Dämon, gegen den er antritt ist nur ein Vorgeschmack. Hinter der neuen Invasion steht ein großer Plan, der alles, woran Ryk glaubt erschüttern wird.

Ein gewaltiger Auftakt zu einem mitreißenden Fantasy-Epos! Die mehr als 700 Seiten fliegen nur so dahin. Der harmlose, fast typische Beginn verstrickt den Leser in ein komplexes, originelles Abenteuer, bei dem mit Klischees gespielt und Erwartungen im besten Sinne des Wortes ent-täuscht werden. Man folgt mehreren Protagonisten, wirft immer einen neuen Blick auf die Geschehnisse und weiß am Ende nicht mehr, was man glauben soll.

Ein Fantasy-Epos, das sich nicht weglegen lässt. Ein einmaliges Leseerlebnis, das das Warten auf die Fortsetzung zur Qual werden lässt. Spannende Kampf- und Fluchtszenen wechseln mit informativen, genauso interessanten Ruhephasen. Keine Seite ist langweilig. Ich liebe dieses Buch.

Für Fantasyfreunde eine Pflichtlektüre!

Veröffentlicht am 21.07.2018

Neue Lebensansichten

Mohr und die Raben von London
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Joe Kling und seine Geschwister haben es in ihrem Leben nicht leicht. Joe ist dreizehn und arbeitet täglich 12 Stunden in der Baumwollspinnerei. Die neu eingesetzten Rechte für Arbeiter und die neuen Gesetze ...

Joe Kling und seine Geschwister haben es in ihrem Leben nicht leicht. Joe ist dreizehn und arbeitet täglich 12 Stunden in der Baumwollspinnerei. Die neu eingesetzten Rechte für Arbeiter und die neuen Gesetze für Kinderarbeit interessieren die Industriebarone nicht. Jeder, der ein bisschen Macht hat, nutzt diese erbarmungslos aus, das muss auch Joes Schwester, die als Dienstmädchen arbeitet erleben. Ihr älterer Bruder Billy hat sich anders entschieden. Er gründete eine Jugendbande am Hafen und zahlt es auf seine Weise den feinen Herrschaften ein. Als Joe zum ersten Mal Karl Marx – den Mohr – trifft, weiß er noch nicht, dass dies ihrer aller Leben für immer verändern wird.

Ein packender Roman, der ein erschütterndes Zeitporträt zeichnet. Mit jeder Seite wird einem bewusst wie teuer unser heutiges Arbeitsrecht erkauft wurde. Karl Marx Ideen kamen nicht von ungefähr. Den Boden für seine Philosophie lernt man hier in eindringlicher Weise kennen. Das Elend von Kinderarbeit, wie sehr die Arbeiter ihren Arbeitgebern und auch direkten Vorgesetzten ausgeliefert waren und wie machtlos Recht und Gesetz – auch selbstverschuldet – waren und wie nüchtern Karl Marx selbst auch gelebt hat, zerreißt einem das Herz, erschüttert das eigene Weltbild und schafft ein völlig neues Verständnis für die oft nur vage bekannten marxschen Theorien.

Ein wichtiges Buch, das einen realistischen Blick auf das frühe Industriezeitalter wirft. Es ist nicht kommunistisch-predigend geprägt, sondern zeigt eher auf, welche Verhältnisse die marxschen Ideen nährten.

Interessant, spannend und informativ – ein Jugendbuch, das man so schnell nicht vergisst. Eine klare Leseempfehlung!