Profilbild von Buchgespenst

Buchgespenst

Lesejury Star
offline

Buchgespenst ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Buchgespenst über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.08.2023

Korsaren greifen an

TANAR VON PELLUCIDAR
0

Das junge Kaiserreich von David Innes hat sich kaum etabliert, da kommen überraschende Meldungen von Piratenüberfällen herein. Eine große Korsaren-Flotte greift das Reich an und verlangt Tribut von Kaiser ...

Das junge Kaiserreich von David Innes hat sich kaum etabliert, da kommen überraschende Meldungen von Piratenüberfällen herein. Eine große Korsaren-Flotte greift das Reich an und verlangt Tribut von Kaiser David I. Woher kommen sie? Bevor David Innes und Abner Perry in der steinzeitlichen Welt Pellucidar auftauchten, hatten deren Einwohner doch weder von der Kunst des Schiffsbaus noch von Schießpulver eine Ahnung. Wer sind dann die geheimnisvollen Korsaren? David bricht selbst mit einer Mannschaft auf als sein Bote Tanar von den Korsaren gefangen genommen wird. Während der Kaiser unterwegs ist, sieht sich Tanar den grausamen Korsaren und unberechenbaren Stürmen des Meeres ausgeliefert – und der schönen Korsarentochter Stellara, die ihm einfach nicht aus dem Kopf geht.

Was als abenteuerliche Rettungsmission durch David beginnt verlagert seinen Fokus schnell auf Tanar, der sich aus allen möglichen Notlagen selbst heraushelfen muss. Mal spannend, mal ein bisschen flach, selbst für das Genre des Kolportageromans, entwickelt sich schnell zu einer Art Brautwerbungsgeschichte mit allen möglichen und unmöglichen Verwicklungen. Irgendwann wird das viele Hin und Her und die immer weniger gut motivierten Eifersuchtsszenen etwas lächerlich, die permanenten Entführungen etwas nervig, aber trotz allem folgt man doch gebannt Tanars Abenteuern. Die Brautwerbung wird für den Leser schnell Nebensache. Interessant sind die Gesellschaftsentwürfe mit den vielen Formen wie Beziehungen zwischen Partner aussehen sollten, könnten oder gerade nicht sein dürfen. Alles ist eng mit dem Ideal verbunden, das wohl schließlich im Kaiserreich verwirklicht sein soll, vorgebildet in der Beziehung von Kaiser David zu Dian. Nicht aus den Augen verlieren sollte man bei Tanars Privatgeschichte die so unauffällig ins Abseits verschobene Nebenhandlung: die Korsaren. Hier scheint das eigentlich Interessante zu passieren, das für den weiteren Verlauf der Pellucidarromane entscheidend werden wird.

Während die Haupthandlung um Tanar irgendwann für den Leser etwas an Reiz verliert, da die Werbungs-, Eifersuchts- und Entführungsszenen sich ziemlich aneinanderreihen, gewinnen die Nebenhandlungen zunehmend an Spannung und lassen den Leser schließlich mit einem gemeinen Cliffhanger hängen, wenn die Geschichte Tanars auserzählt ist. Ein solider Abenteuerroman im typischen Kolportagestil und einem überraschend neuen Fokus, weg von David und den neuen Strukturen Pellucidars.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.08.2023

Ein außergewöhnliches Fantasy-Erlebnis

Das Mädchen, das in den Wellen verschwand
0

Shim Cheong wurde ihr Leben lang auf ihre Rolle als Opfer für den Meeresgott vorbereitet – ein Opfer, das das Überleben der Dorfbewohner sichern soll gegen Stürme und Überflutungen. Ihr Herz jedoch gehört ...

Shim Cheong wurde ihr Leben lang auf ihre Rolle als Opfer für den Meeresgott vorbereitet – ein Opfer, das das Überleben der Dorfbewohner sichern soll gegen Stürme und Überflutungen. Ihr Herz jedoch gehört Joon und der Tag der Opferung wird ihrer beider Herz brechen. Mina kann es nicht ertragen ihren Bruder leiden zu sehen und impulsiv stürzt sie sich anstelle Shim Cheongs ins Meer. Was sie im Reich der Götter und Geister erwartet übersteigt alles, was sie sich je vorgestellt hat. Unglaubliche Gefahren, unglaubliche Schönheiten, unglaubliche Freundschaften – und das große Geheimnis, das die Geschicke der Menschen- und Götterwelt lenkt: der Fluch des Meeresgottes, der bisher nicht gebrochen werden konnte.

Die märchenhafte Geschichte mit dem außergewöhnlichen exotischen Setting koreanischer Mythologie hat mich sofort in ihren Bann gezogen. Bekannte Elemente des Genres werden mit originellen Motiven verwoben und bauen eine faszinierende Welt auf, die man nicht so schnell verlassen möchte. Die Charaktere sind vielseitig und bunt, vom kühlen Kirin, über den quirligen Namgi bis hin zum mysteriösen Shin – gibt es viel Raum für Spekulationen, Sympathien, Überraschungen und unerwarteten Entwicklungen. Die gesamte Welt ist einfach phantastisch aufgebaut und bietet viel Raum für Entdeckungen und Spekulationen.

Mit dieser einzigartigen Geschichte, die als Einzelband die Balance zwischen einer überbordenden, phantasiereichen Fülle und einer in sich geschlossen Erzählung hält, hat mich die Autorin begeistern können. Ich liebe die Charaktere, die Exotik und die Gänsehautmomente. Ein wunderbares Leseerlebnis!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.05.2023

Wenig bekannte Arthur-Sagen traumhaft präsentiert

Die Legende von König Arthur und den Rittern der Tafelrunde
0

Im 15. Jahrhundert trug Thomas Malory die Sagen um König Arthur zusammen zu seinem großen Arthur-Roman, der bis heute fesselt. John Matthews beschäftigt sich schon sein ganzes Leben lang mit dem Stoff ...

Im 15. Jahrhundert trug Thomas Malory die Sagen um König Arthur zusammen zu seinem großen Arthur-Roman, der bis heute fesselt. John Matthews beschäftigt sich schon sein ganzes Leben lang mit dem Stoff und hat dabei viele Sagen aus dem Arthur-Zyklus gefunden, die aus uns unbekannten Gründen nicht von Malory berücksichtigt wurden. Diese Sagen, die auch heute nicht unbedingt einfach zugänglich sind, hat John Matthews in diesem Buch zusammengetragen und im Stil Malorys aufbereitet. Ein namenloser Rahmenerzähler sorgt für einen losen roten Faden, der die Geschichten zusammenhält.

Man muss sich bei diesem Buch ein paar Dinge bewusst sein.
1. Es versteht sich als Ergänzung zu Malorys Roman. Die hier präsentierten Sagen werden in den Kontext eingeordnet, ein paar Eckpunkte werden genannt, aber es wird sonst auf Malory verwiesen, er wird nicht wiederholt.
2. Der Stil der mittelalterlichen Sagen wird hier beibehalten.
3. Es ist kein Fantasy-Roman, sondern ein Sagenbuch und zwar im Stil der alten Sagen. Hier wurde nicht modernisiert und zwar im besten Sinne.

Wer sich darauf einlässt kann sich auf großartige Ritterabenteuer freuen mit großen Namen wie Merlin, Gawain und Lancelot, aber auch unbekannten Rittern der Tafelrunde wie Palomides, Lanval und Meriadoc. Sogar König Arthur ist inkognito als Papageienritter unterwegs. Ein Abenteuer gebiert sich aus dem anderen, Feenwesen und Zauberer, Schicksal und Prophezeiungen, magische Burgen sowie Zauber, die mal witzig, mal grotesk und mal tödlich sind – all das zeigt, dass schon die alten Sagen beste Fantasy geboten haben.

Als besondere Ausstattung ist dieses Buch von John Howe illustriert, der unter anderem an der künstlerischen Konzeption der Herr-der-Ringe-Filme beteiligt war. Seine traumhaften Bilder erwecken die Sagen zum Leben, mal schwarzweiß, mal farbig, mal als kleines Ornament und dann wieder im atemberaubenden Großformat, machen sie das Buch zu einem einzigartigen Leseerlebnis.

Außerdem wurde dieses Buch besonders schön und im Stil der alten Sagenbücher gesetzt: zweifarbig – die Überschrift und eine kurze Einleitung in rot, der Haupttext schwarz – und der Haupttext ist zweispaltig.

Abgerundet wird das Buch mit einem Vorwort von Neil Gaiman, einer Einführung von John Matthews sowie einem Anmerkungs- und Quellenteil, der die Sagen noch mal einordnet und kommentiert. Gerade dieser Abschnitt verlockt zu weiterer Lektüre. Hier hat mir besonders gut gefallen, dass nicht nur auf die englischen Quellen verwiesen wird, die John Matthews natürlicherweise genutzt hat, sondern auch auf deren Verfügbarkeit in deutscher Sprache. Da hier die Titel gerne mal abweichen wäre eine Recherche nicht ganz einfach, zumal nicht alles derzeit verfügbar ist.

Dieses Buch fordert im besten Sinne eines überwältigenden Werkes die Aufmerksamkeit und Zeit des Lesers. Es verlangt danach, sich einzulassen, abzutauchen und die Geschichten auf sich wirken zu lassen. Das Buch liest sich nicht einfach runter, es ist auch kein Roman, der eine zusammenhängende Geschichte erzählt. Es sind Sagen, die sich als Ergänzung zu Malory verstehen ohne die Kenntnis von Malorys Buch vorauszusetzen.

Ich bin von diesem Buch restlos begeistert. Nicht nur die aufwendige Gestaltung und liebevolle Ausstattung haben mich fasziniert, gerade auch der Inhalt selbst hat mich bezaubert. Ich liebe die mittelalterlichen Heldensagen, den Stil und ihre überraschenden, überbordenden Fantasyelemente, die in ihrer trügerischen Leichtigkeit mit der sie eingebaut wurden, viele Fantasyromane von heute in den Schatten stellen. Malory ist die große Referenz des Buches, aber jeder Abschnitt liest sich als spannendes Abenteuer, für das eine Kenntnis des Originals nicht unbedingt erforderlich ist. Wer sich auf die mittelalterliche Sagenwelt um König Arthur mit den großen Ritterabenteuern, in denen sich alles um Ehre, Schicksal und den Ritterkodex dreht einlassen möchte, ist hier genau richtig. Ein Traum von einem Buch in jeder Hinsicht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.03.2023

Reise in den Katzenwald

Flüsterwald - Eine neue Bedrohung. Die versteinerten Katzen. (Flüsterwald, Staffel II, Bd. 2)
0

Lukas, Ella und ihre Freunde brechen auf, um im Katzenwald nach dem Rechten zu sehen. Dort angekommen stellen sie entsetzt fest, dass alle Katzen versteinert sind. Die böse Zauberin hat bereits zugeschlagen, ...

Lukas, Ella und ihre Freunde brechen auf, um im Katzenwald nach dem Rechten zu sehen. Dort angekommen stellen sie entsetzt fest, dass alle Katzen versteinert sind. Die böse Zauberin hat bereits zugeschlagen, doch was ist ihr Ziel. Während die Freunde noch versuchen herauszufinden, wie sie helfen können wird immer deutlicher, dass sie etwas Wichtiges übersehen – und das könnte ihnen und allen Flüsterwäldern zum Verhängnis werden.

Der zweite Band ist täuschend schmal und enthält sich überschlagende Ereignisse, sodass der Leser aus der Spannung, dem Wundern und den Gänsehaut-Szenen nicht mehr rauskommt. Die Rasanz lässt nicht nur die Charaktere sondern auch den Leser mit dem dumpfen Gefühl zurück, dass einem etwas Entscheidendes entgangen ist.

Die Charaktere werden hier weiter ausgebaut, diesmal mit dem überraschenden Fokus auf Ella, von der man geglaubt hat sie schon gut zu kennen. Der Menok Rani, der mir bisher trotz seiner Niedlichkeit, gehörig auf die Nerven gehen konnte mit seiner Großsprecherei, Unbelehrbarkeit und den Übertreibungen, ist hier erstaunlich zahm und sympathisch – mit der Aussicht, auf turbulente neue Charakterzüge. In der Hauptsache wird hier allerdings die Bedeutung der Katzen für die Flüsterwälder ausgebaut und wieder stellt Andreas Suchanek seine märchenhafte Phantasie unter Beweis.
Wer den Autor kennt ist vom fiesen Cliffhanger am Schluss nicht überrascht und doch bleibt man mit klopfendem Herzen und einem großen Oh nein zurück – denn wider besseren Wissens hatte man gerade aufgeatmet. Das Warten auf den dritten Band der zweiten Flüsterwald-Staffel wird hart.

Bereichert wird auch dieser Band durch die wunderschönen Illustrationen Timo Grubings, die jedes Kapitel einleiten. Zusätzlich schmückt ein toller Farbschnitt die Erstauflage, sodass die Bücher auch im Regal ein absoluter Blickfang sind.

Kurz gesagt: Eine rundum gelungene Fortsetzung. Düsterer als die vorangegangenen Bände, aber eine tolle Mischung aus Spannung und Witz. Auf relativ wenigen Seiten passiert so viel, ohne dass es überladen wirkt oder der Leser den Eindruck hat, dass die Geschichte nicht vorankäme.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.03.2023

Interessante Essaysammlung

Warum Klassiker lesen?
0

Italo Calvino schrieb zu den unterschiedlichsten Autoren, die ihn begeisterten interessante literarische Essays, die dem heutigen Leser bekannte und unbekannte Klassiker vorstellen. Calvino schreibt über ...

Italo Calvino schrieb zu den unterschiedlichsten Autoren, die ihn begeisterten interessante literarische Essays, die dem heutigen Leser bekannte und unbekannte Klassiker vorstellen. Calvino schreibt über die Bedeutung, die diese Bücher in der Literaturgeschichte und für ihn persönlich als Leser und Autor haben. Seine Aufsätze beschäftigen sich mit bekannten Autoren wie Mark Twain, Daniel Defoe, Ovid und Homer, aber auch mit den fasst vergessenen wie Xenophon oder bisher kaum übersetzten wie Eugenio Montale und Giammaria Ortes.

Die Essaysammlung fasziniert von der ersten Seite an. Gerade das erste Essay „Warum Klassiker lesen?“ hat mich begeistert. Hier geht Calvino detailliert der Frage nach und beweist mit 14 gut erläuterten Definitionen wie vielschichtig die Antwort ausfallen muss. Jede Definition bringt dem Leser den Begriff „Klassiker“ näher und nie geht es Calvino um den dogmatischen Zwang eines diktierten Kanons einer intellektuellen Elite. Seine Definitionen sind dicht am normalen Leser, reichen jedem die Hand und laden ihn ein sich auf das Abenteuer klassische Literatur einzulassen.

Ich habe mit großer Begeisterung die Essays zu den „alten Klassikern“ gelesen wie Ovid, Galileo Galilei und Henry James. Eine besondere Entdeckung waren für mich die Aufsätze zu mir bis dahin unbekannten Büchern wie dem iberischen Ritterroman Tirant lo Blanc und das orientalische Werk Die sieben Prinzessinnen des Nizami. Calvinos Buch verlockt immer wieder zu neuer Lektüre. Wenn ich auch mit den umfassenden Essays zu Pasternak, Hemingway oder italienischer Lyrik aus persönlichem Lesegeschmack heraus nicht viel anfangen konnte so hat mich doch die Vielfalt der Essaysammlung begeistert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere