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Veröffentlicht am 14.10.2019

Fantasy ohne Struktur und voller Widersprüche: Leider nicht mein Fall

Das Land Kant
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Die ersten Seiten der Geschichte konnten mich begeistern. Das Land Kant, zumindest die Oberfläche wirkte interessant, der Protagonist Joldur schien vielversprechend und es ging recht schnell um die angekündigte ...

Die ersten Seiten der Geschichte konnten mich begeistern. Das Land Kant, zumindest die Oberfläche wirkte interessant, der Protagonist Joldur schien vielversprechend und es ging recht schnell um die angekündigte Prophezeiung und Joldurs Funktion als Auserwählter. Auch die titelgebenden Schlangen wurden bald vorgestellt, so dass ich das Gefühl hatte, schnell bereit zu sein für das „Abenteuer“.

Doch um Seite 40 herum bemerkte ich bereits erste unlogische Situationen, von denen ich anfangs noch glaubte, sie würden sich im weiteren Verlauf aufklären. Das war leider nicht der Fall. Im Gegenteil: Es kamen immer mehr Logiklücken und deutliche Widersprüche zu den Anfängen der Geschichte hinzu. Die Karte zu Hilfe zu nehmen, führte bei mir zu noch mehr Verwirrung, da sie offenbar weder genau noch maßstabsgetreu ist und sich Entfernungen im Lauf des Buchs zu verändern scheinen.

Die Figuren sind meinem Geschmack nach nur unzureichend beschrieben, es ist zB bekannt, dass die Drumkanterinnen vier Arme haben und dass ihre Königin doppelt so groß ist wie andere, aber das war auch schon alles an Information. Wie die übrigen beiden Rassen aussehen und um welche Wesen es sich überhaupt handelt, blieb unklar. Die drei Hauptpersonen verfügen allerdings über unterscheidbare Charaktereigenschaften, wenn auch optische Merkmale kaum erwähnt werden.

Bildlich vorstellen konnte ich mir einige Merkmale des Draufkanter Reichs an der Oberfläche und Szenen die dort spielten. Bei den Höhlen der Drumkanter und Höhlenwockler, sowie bei allen Figuren ist mir das gar nicht gelungen.

Zudem konnte die Handlung mich schon nach kurzer Zeit nicht mehr fesseln, da sie meinem Empfinden nach nicht richtig in Gang kam. Ich hatte unendlich viele Fragen, z.B. was genau Joldurs genaue Aufgabe sein würde und welchen Zweck Ximdi als seine Begleiterin erfüllen sollte. Ich hatte die ganze Zeit über das Gefühl, Figuren auf einem Spielfeld zu beobachten, die wild umherlaufen weil sie nicht wissen, was sie tun sollen. Einige Hinweise im Text bestätigen diesen Eindruck, denn bis kurz vor Schluss wissen die Figuren tatsächlich nichts über ihre Aufgaben. Leider wirkt es aber so, als wisse auch der Autor nicht Bescheid, so dass statt Spannung nur Langeweile bei mir aufkommt.
Viele Dinge werden vom Autor leider gar nicht erklärt, sondern nur als Tatsachen präsentiert, was mich sehr gestört hat. Die vorhandenen Erklärungen beruhen meist auf uralten Prophezeiungen - nicht einer einzigen Prophezeiung, wie ich zunächst annahm, sondern unzähligen (zu vielen) davon. Ein Urheber der Prophezeiung, z.B. ein göttliches Wesen oder ähnliches wird nie genannt, ebenso wenig wie der genaue Sachverhalt des immer wieder erwähnten Fluchs. Bis zum Ende war mir nicht klar, was der Fluch eigentlich macht und vor allem, wer ihn ausgesprochen bzw. gewirkt hat.
Vieles wirkt für mich an den Haaren herbeigezogen. Ein Beispiel: Wachen, die einfach in Ohnmacht fallen, damit sie die Szene nicht stören, überzeugen mich überhaupt nicht.
Der dritte Handlungsstrang um Höhlenwockler Krassnack, der mir noch am ehesten zusagte, scheint keine Bedeutung für den Rest der Handlung zu haben, was mich permanent irritierte.
Und dann hörte das Buch einfach auf. In der kurzen Information zum Autor erfuhr ich anschließend, dass es sich um den ersten Teil einer „Saga“ handelt, die allerdings noch nicht erschienen ist. Das wusste ich vorher nicht.
Ich gebe nur ungern so schlechte Bewertungen ab, vor allem wenn ich einem Teil der Grundidee (hier: Ansätze des Worldbuildings, vor allem die überirdischen Bereiche des Landes) etwas abgewinnen kann und auch der Meinung bin, der Autor verfügt über ein gewisses Talent. Bei „Das Land Kant“ entstand bei mir aber der Eindruck, die gesamte Handlung sei frei erzählt worden, ohne Struktur und Strategie, so dass ich den Roman als chaotisches, unfertiges Werk empfand. Positiv fiel mir lediglich auf, dass fast keine Rechtschreib- und Grammatikfehler enthalten sind und die sprachliche Qualität des Buchs einwandfrei ist.
Ich hätte das Buch am Liebsten abgebrochen, hoffte allerdings bis zum Schluss, noch etwas Gutes daran zu finden, das der atemberaubenden Gestaltung gerecht wird. Das ist mir leider nicht gelungen, so dass das Lesen insgesamt eine ziemlich enttäuschende Erfahrung war.

Veröffentlicht am 14.10.2019

Brutal und fesselnd

Offline - Du wolltest nicht erreichbar sein. Jetzt sitzt du in der Falle.
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Nach einem interessanten Prolog kam anfangs kam die Handlung nicht ganz so schnell in Gang, dafür bot sich aber die Gelegenheit die zahlreichen Figuren kennenzulernen. Ich kann mir Namen nicht gut merken, ...

Nach einem interessanten Prolog kam anfangs kam die Handlung nicht ganz so schnell in Gang, dafür bot sich aber die Gelegenheit die zahlreichen Figuren kennenzulernen. Ich kann mir Namen nicht gut merken, deswegen habe ich mir alle Teilnehmer des Offline-Trips aufgeschrieben (Jaaa, mit Notizen, für wie verdächtig ich sie halte! ;) ) und so konnte ich dann doch recht schnell alle auseinanderhalten. Die Figuren sind komplex dargestellt, wenn auch meinem Empfinden nach recht klischeehaft.
Besonders gefiel mir, dass fast alle auf gewisse Weise verdächtig wirkten und es mir tatsächlich bis zum Ende unmöglich war, den wahren Täter zu erkennen. Dem Autor ist es hervorragend gelungen falsche Fährten zu legen und zahlreiche vermeintlich „zu offensichtliche“ Verdächtigungen zu präsentieren, so dass ich meine Meinung über den möglichen Täter immer wieder korrigieren musste.

Während die Reisegruppe auf Rettung wartete, gab es zahlreiche Szenen, in denen die Figuren einander verdächtigten und beschuldigten, unangenehme Geheimnisse der anderen preisgaben und einander attackierten. Das fand ich zum Teil ein bisschen nervig, aber ehrlich gesagt auch realistisch. Genau so würden sich Menschen in einer solchen Situation vermutlich verhalten und wie langsam aber sicher jeder zur Gefahr für jeden wurde fand ich sehr spannend.

Die Darstellungen von Gewalttaten fand ich anschaulich und gerade richtig detailliert um mich ordentlich davor zu ekeln und nicht näher darüber nachdenken zu wollen. Eine bestimmte Phrase wurde dabei jedoch immer wieder verwendet und verlor für mich durch die häufige Wiederholung an Schrecken. Das fand ich schade.
Die Erzählperspektive wechselte ab etwa der Mitte zwischen zwei Figuren, was ich spannend fand, wenn auch bei einer der beiden Perspektiven ein wenig zu ausführlich bzw langatmig.
Insgesamt empfand ich den Schreibstil des Autors als sehr anschaulich, auch was Umgebung und Figuren betrifft. Das erleichterte mir das schnelle Lesen und erhielt fast durchweg eine hohe Spannung.
Gelegentlich konnte ich Handlungen bzw. Gedankengänge der Figuren nicht nachvollziehen, wenn z.B. Hinweise übersehen wurden, die für mich offensichtlich waren.
Was mir allerdings sehr gefiel war, wie der Autor die Abwesenheit aller Kommunikationsgeräte vermittelte, nämlich dezent und unterschwellig ohne unnötig viele Worte darüber zu verlieren. So konnte ich mich immer wieder bei dem an Figuren gerichteten Gedanken erwischen: „Mensch, nimm doch dein Smartphone und... ach nee, doch nicht.“ Das fand ich großartig weil mir dadurch bewusst wurde, für wie selbstverständlich ich diese Geräte halte.

Die Auflösung war wie bereits erwähnt überraschend für mich, was mir sehr gefällt. Oft errate ich bei Thrillern und Krimis das Ende, hier war das ganz und gar nicht der Fall.
Ich fand das Ende einigermaßen glaubhaft und nachvollziehbar, gestört hat mich allerdings, dass es ein ungeliebtes Klischee bediente und ausführlich, aber wenig anschaulich erzählt wurde. Hier hätte man mich vielleicht mit weniger Details noch mehr überzeugt. Dennoch muss ich betonen, dass das Ende keinesfalls unglaubwürdig war und das, was ich störend fand, nicht nachträglich mein Lesevergnügen getrübt hat.

Alles in allem ein großartiger und verstörender Psychothriller, den ich Freunden dieser Literaturgattung absolut empfehlen kann!

Veröffentlicht am 22.09.2019

Willkommen in Atlantis!

Clyátomon
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Der erste Blick:
Das Cover ist in einem außergewöhnlichen Stil gestaltet und mir gefällt die Farbkombination sehr. Im Innern entdecke ich vorne eine Karte und ganz hinten ein Glossar. Beim Lesen fällt ...

Der erste Blick:
Das Cover ist in einem außergewöhnlichen Stil gestaltet und mir gefällt die Farbkombination sehr. Im Innern entdecke ich vorne eine Karte und ganz hinten ein Glossar. Beim Lesen fällt mir schnell auf, dass beides extrem hilfreich ist. Vor allem die Karte nutze ich oft, da sie präzise ist und ich mich damit wunderbar orientieren kann.

Meine Meinung:

Der Roman beginnt mit einer soliden Vorstellung der Hauptfiguren, die ich auf Anhieb sympathisch finde. Mir gefällt, dass sie zunächst einmal ganz normale Leute sind, mit denen man sich identifizieren und deren Alltag man nachvollziehen kann. Es dauert ein wenig, bis die Geschichte in das Unterwasserabenteuer eintaucht, aber das stört mich gar nicht, denn so bietet sich die Gelegenheit, die drei Studenten gründlich kennenzulernen und die sich entwickelnde Freundschaft zu beobachten.

Der Schreibstil der Autorin ist von Beginn an flüssig und angenehm zu lesen und ich konnte keinen einzigen Fehler im Text finden. Es gelingt ihr hervorragend, die Personen sowie die Umgebung auf bildhafte Weise zu beschreiben, was insbesondere in der zauberhaften, aber teilweise auch unheimlichen Unterwasserwelt auffällt. Deren Gestaltung finde ich ziemlich kreativ und auch wenn auf Platons „Original“ der Atlantis Sage angespielt wird, finden sich doch viele neue und einzigartige Aspekte, so dass ich nie das Gefühl hatte, ich kenne diese Welt bereits. Die Wesen, die die versunkenen Reiche bewohnen gefallen mir auch sehr, vor allem die etwas finsteren Gestalten.

Die Handlung ist spannend aufgebaut und enthält ein paar unerwartete Wendungen. Ich mag besonders, dass der Bezug zur realen Welt immer bestehen bleibt. Oft hatte ich beim Lesen das Gefühl, direkt dabei zu sein. Ich konnte alles gut nachvollziehen, es gab nur am Ende eine winzige Kleinigkeit, die mir nicht ganz glaubwürdig erschien.
Der Schluss, die „Umsetzung der Lösung“ sozusagen, war ein klein wenig zu schnell für meinen Geschmack. Trotzdem war aber auch an dieser Stelle alles logisch und nachvollziehbar, so dass ich den Roman uneingeschränkt empfehlen kann.

Mir gefiel der erste Band der „Clyátomon“ Trilogie ziemlich gut und ich freue mich schon auf die Folgebände!

Veröffentlicht am 16.09.2019

Ein gewaltiges Fantasyspektakel!

Königszorn
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Mit Königszorn ist Mandy Gleeson ein großartiger Auftakt ihrer High Fantasy Trilogie „Das Hohelied der Magier“ gelungen!

Das Buch strotzt nur so vor fabelhafte Ideen! Die Welt Elyrien ist gigantisch, ...

Mit Königszorn ist Mandy Gleeson ein großartiger Auftakt ihrer High Fantasy Trilogie „Das Hohelied der Magier“ gelungen!

Das Buch strotzt nur so vor fabelhafte Ideen! Die Welt Elyrien ist gigantisch, es gibt unzählige Länder, Völker, Sprachen, Götter,... Beschrieben ist alles bildgewaltig und so deutlich, dass ich es noch immer in meinem „Kopfkino“ sehen kann.

Auch die Figuren des Romans sind zahlreich und sehr vielseitig. Ich habe ein furchtbar schlechtes Namensgedächtnis und könnte jetzt vermutlich nicht einmal mehr die Hauptfiguren auflisten, aber die Autorin beschreibt ihre Helden sehr geschickt und nutzt dabei vielseitige Formulierungen, so dass ich beim Lesen fast immer wusste, um wen es geht, auch wenn mir der Name mal wieder entfallen war.

In ihren Charakterzügen sind die Hauptpersonen nicht nur deutlich unterscheidbar sondern auch so einzigartig und detailliert dargestellt, dass sie mir sicher noch lange im Gedächtnis bleiben werden. (Nur ihre Namen eher nicht. ;) )

Dazu trägt auch die lange „Vorstellungsrunde“ in der Einleitung der Geschichte bei, in der man die einzelnen Figuren und ihre Hintergründe kennenlernt.

Normalerweise mag ich es nicht, wenn ich nicht schnellstmöglich „mitten in der Story“ bin, aber bei Königszorn fand ich ich die ausführlichen Hintergründe wahnsinnig interessant und als sich später die vorgestellten Figuren begegneten, war ich sehr froh darüber, sie bereits gut zu kennen. So war es auch schwierig, einen Favoriten zu haben, da ich mich allen Figuren auf gewisse Weise verbunden fühlte und ich könnte noch immer nicht ganz sicher sagen, wer eigentlich der Protagonist ist. Das finde ich großartig!

Die Handlung ist recht geradlinig und gut nachvollziehbar. Alles wirkte auf mich glaubwürdig und zudem außerordentlich spannend. Besonders gefiel mir, dass oft auch Kleinigkeiten erklärt und begründet wurden und das gerade so detailliert, dass es hilfreich war, aber nicht den Fluss der Handlung unterbrach.

Hin und wieder blieb ich trotz Glossar und weiterer wunderbarer Hilfsmittel, die mir zur Verfügung standen an Namen von Personen, Ländern, Städten etc. hängen, weil ich mir die fremdartigen Begriffe nicht einprägen konnte.

Obwohl ich so etwas üblicherweise sehr störend finde - manchmal so störend, dass ich ein Buch nicht weiter lesen will – , konnte ich hier einigermaßen darüber hinweg lesen und den Inhalt trotz „fehlender Informationen“ noch erfassen. Der Schreibstil der Autorin ist zudem mitreißend und harmonisch und so war ich immer motiviert weiter zu lesen.


Mein einziger größerer Kritikpunkt ist, dass das Buch in der mir vorliegenden Ausgabe (epub) extrem viele Fehler hat. Meist sind es unfertige Sätze, in denen Wörter fehlen oder auch Satzstellungen, die anders beginnen als sie enden. Das fand ich sehr ärgerlich, da mein Lesefluss dadurch stark gestört wurde.

Sollte es mir gelingen, die Fehlerquote zu vergessen, werde ich Königszorn aber bestimmt irgendwann noch einmal lesen, denn insgesamt war ich von dem Werk sehr angetan und kann es High Fantasy – Freunden ganz klar empfehlen!

Ich habe ich mich entschlossen, wegen der Fehler ausnahmsweise keinen Stern abzuziehen, weil mir die Geschichte so außergewöhnlich gut gefällt. Ich bin gespannt auf den zweiten Band!

Veröffentlicht am 02.09.2019

Außergewöhnliches und realitätsnahes Kinderbuch

Mallows oder Katzengrütze
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Kurzmeinung:
Eindrucksvolle und schonungslos ehrliche Einblicke in das Leben zweier Kinder, das von einem unerwarteten Abenteuer durcheinandergewirbelt wird. Obwohl einige Aspekte der Handlung nicht ganz ...

Kurzmeinung:
Eindrucksvolle und schonungslos ehrliche Einblicke in das Leben zweier Kinder, das von einem unerwarteten Abenteuer durcheinandergewirbelt wird. Obwohl einige Aspekte der Handlung nicht ganz meinen Geschmack treffen, bin ich sehr beeindruckt und kann das Buch auf jeden Fall empfehlen!




Der erste Blick:
Die Aufmachung des Hardcover Buchs fällt direkt ins Auge: leuchtende Gelbtöne bestimmen das Cover, die Schrift ist geprägt und der Buchschnitt in intensivem Blau bietet einen auffälligen Kontrast.
Ein Inhaltsverzeichnis zu Beginn hilft, schnell die einzelnen Kapitel zu finden.
Die Geschichte wird in der dritten Person erzählt, fast ausschließlich aus Sicht der beiden Kinder.
Das Buch spielt in Gotha, das interessant und anschaulich beschrieben wird. Ich kenne die Stadt nicht, konnte sie mir aber sehr gut vorstellen. Auch bekannte Sehenswürdigkeiten sind in die Erzählung integriert.

Meine Meinung
Die ersten Seiten habe ich geradezu inhaliert.
Sonja Rufs poetischen Schreibstil finde ich sehr ansprechend. Immer wieder hält sie in der Erzählung für einen Moment inne und beleuchtet eine Szene näher. Dabei wird jedoch nie der Lesefluss gestört im Gegenteil, alles wird so deutlich vorstellbar.
Das Buch zeichnet sich durch eine gehobene Sprache aus, in der deutlich der Stil der Autorin erkennbar ist, den ich bereits in ihren Romanen für Erwachsene sehr mochte. Hier sind Wortwahl und Satzbau jedoch kindgerecht angepasst und gut verständlich. Das Buch ist einfach zu lesen, und meinem Empfinden nach ideal für die Zielgruppe (Kinder ab 8).
Die Geschichte beginnt verhältnismäßig langsam, jedoch nicht langweilig und es bietet sich die Gelegenheit, die Zwillinge Chelsea und Jordan schon zu Beginn recht gut kennenzulernen. Die beiden Hauptfiguren wirken sorgfältig und detailliert ausgearbeitet, ich habe schnell das Gefühl „Ich kenne diese Kinder.“.
Hier erhält man auch gleich einen Einblick in die haarsträubenden Lebensumstände der beiden. Diese sind sehr anschaulich und realistisch beschreiben, was ich traurig und ein wenig beklemmend finde. Der „soziale Absturz“ der Familie, die Armut und die Hilflosigkeit sind schließlich nicht frei erfunden, sondern für unzählige Kinder die tägliche Lebensrealität. Soja Ruf verliert hier nicht viele Worte und dramatisiert nichts, sondern schildert nur beinahe beiläufig die Realität aus Sicht der Kinder, die nur diese Art zu Leben kennen. Ich hätte heulen können und es hat mich sehr beeindruckt, wie gut die Autorin die Situation „erlebbar“ macht.
So fand ich etwa das erste Drittel des Buchs annähernd perfekt.

Ab einem gewissen Punkt empfand ich die Handlung allerdings als etwas langsam. Einige Stellen fand ich unnötig in die Länge gezogen, beispielsweise war mir auch das Ende etwas zu lang, da ich hier den Eindruck hatte, es wurde noch einmal ein neues Thema begonnen. Trotzdem fand ich die Geschichte bis zum Ende interessant.

Eine später hinzu gekommene Figur, fand ich im Gegensatz zu allen anderen ein wenig befremdlich, er wirkte auf mich wie eine Parodie und gefiel mir von der Namensgebung bis zum Äußeren überhaupt nicht. Ähnlich erging es mir mit den Schilderungen eines fiktiven Staates und dessen Königin, die überhaupt nicht meinen Geschmack bzw. Humor trafen. Ich vermute allerdings, dass die Zielgruppe damit weniger Probleme hat als ich und das Ganze vielleicht lustig findet.
Zum Teil war ich ein wenig überrascht wegen der derben Wortwahl (Schimpfwörter etc), aber realistisch betrachtet kennen die meisten Kinder diese oder ähnliche Ausdrücke ohnehin und es entspricht sicher auch der Realität, dass in vielen Familien, ein grober Umgang miteinander herrscht. (Die Darstellung im Buch empfinde ich als ruppig, aber nicht lieblos.)
An einigen Stellen hätte ich mir gewünscht, dass die Kinder mehr Fragen zu seltsamen Situationen äußern oder irgendeine Figur gewisse Handlungsweisen bzw. Pläne aufgrund moralischer Bedenken in Frage stellt. (Details kann ich hier nicht nennen ohne zu spoilern.)
Insgesamt gefiel mir das Buch ziemlich gut. Ich habe mich entschieden, trotz einiger Kritikpunkte, keine Sterne bei meiner Bewertung abzuziehen, weil ich der Meinung bin, dass der Großteil meiner Kritik für die Zielgruppe nicht relevant ist. Außerdem finde ich die positiven Aspekte so gut gelungen, dass ich das Bedürfnis verspüre, das mit meiner Rezension zu würdigen.

Fazit:
+ realistische Darstellung der Lebensumstände
+ gehobene Sprache, sehr schöner Schreibstil
+ spannende und außergewöhnliche Geschichte

- gegen Ende ein paar Abschweifungen
- eine Figur und kleine Situationen nicht mein Geschmack