Das Fräulein vom Amt - ein ausgestorbener Beruf
Fräulein vom Amt – Der Tote im KurhausWas für ein anspruchsvoller Beruf das eigentlich war! Die jungen Frauen mussten Hochdeutsch sprechen, gebildet sein, über ein Elefantengedächtnis verfügen, immer höflich, freundlich und unpersönlich bleiben. ...
Was für ein anspruchsvoller Beruf das eigentlich war! Die jungen Frauen mussten Hochdeutsch sprechen, gebildet sein, über ein Elefantengedächtnis verfügen, immer höflich, freundlich und unpersönlich bleiben. Alma entspricht allen Anforderungen. Und noch mehr. Denn sie setzt Herz und Verstand ein, wenn sie etwas beschäftigt. Ein zufällig mitgehörtes Gespräch bringt sie auf einen Mordfall im mondänen Baden Baden, mit seinen Luxushotels, Restaurants, offiziellen und klandestinen Spielkasinos. Es ist eine Welt des Luxus, des Glamours, des großen Geldes, in der sie nur eine kleine Telefonistin ist. Trotzdem meldet sie das mitgehörte Telefonat der Polizei, wo niemand sie ernst nimmt. Außer Kriminalkommissaranwärter Ludwig Schiller. Er scheint etwas in ihr zu sehen, Gemeinsam nehmen sie die Ermittlungen auf, vor allem, nachdem Alma herausfindet, dass die Ermordete keine namenlose Prostituierte war, die ihren gewaltsamen Mord verdient hätte (unter uns gesagt, kein Mensch verdient so etwas, Berufsstand egal), sondern eine Dame der allerhöchsten Gesellschaft war. Alma ermittelt mal mit Ludwig zusammen, mal allein, auf eigene Faust und begibt sich dadurch in Gefahr, oder sie bittet ihren Cousin, den Medizinstudent Walter, ihr Zugang zur Pathologie zu verschaffen, wo sie die ermordete Margarete Kern in Augenschein nehmen kann. Ich möchte nur daran erinnern: wir schreiben das Jahr 1922, also vor genau hundert Jahren. Da übten ehrbare junge Frauen einen Beruf aus, bis sie heirateten, dann gaben sie den Beruf auf. sie waren Sekretärinnen, Lehrerinnen, Blumenverkäuferinnen oder Verkäuferinnen in anderen Läden, oder eben “Fräulein vom Amt”. Nach der Heirat wurde der Beruf aufgegeben und die junge Frau ging in ihrem Dasein als Ehefrau und Mutter auf. ein Alptraum. Alma mischt sich in Polizeiermittlungen ein, schreibt eigenmächtig den Ehemann der Ermordeten in Hamburg an, sucht zwielichtige Spielhöllen auf, kommt auf den Auftraggeber der Morde an zwei Frauen durch eigene Schlussfolgerungen. Solch eine Frau gehört nicht in eine Telefonzentrale oder an den Herd, sie gehört in ein Ermittlerteam der Polizei.
Der gradlinige Stil, die linear erzählte Handlung, ohne Rückblenden, ohne Nebenstränge, lassen diesen klassischen Kriminalfall zu einer angenehmen Lektüre werden, ohne dass man sich ständig auf neue Situationen oder Personen der Nebenschauplätze einstellen muss.