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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.02.2021

Annie get your gun!

Broken Darkness: So verführerisch
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Stell Dir vor, Du bist auf der Flucht, kommst in einem abgewirtschafteten kleinen abseits gelegenen Trailerpark unter und plötzlich klingelt irgendwo in diesem Wohnwagen ein Handy. Würdest Du abheben? ...

Stell Dir vor, Du bist auf der Flucht, kommst in einem abgewirtschafteten kleinen abseits gelegenen Trailerpark unter und plötzlich klingelt irgendwo in diesem Wohnwagen ein Handy. Würdest Du abheben? Zum Glück stellt sich Annie McKay diese Frage nicht und hebt ab. Sonst hätten wir ja nicht diese Geschichte vor Augen!
Interessant fand ich die Menschen, die in diesem kleinen Trailerpark leben: zuerst einmal Annie, auf der Flucht vor einem gewalttätigen Ehemann, dann Ben, en totkranker alter Mann, den seine Erinnerungen und sein Gewissen plagen. Dann gibt es da noch eine Stripperin wie in einem alten Western: die Bardame mit dem Herzen aus Gold, eine junge Familie mit drei Kindern, gewalttätigen Vater, Mutter die alles versucht um ihre Kinder zu beschützen. Die Menschen stehen sich in diesem kleinen Universum bei.
Annie kommt auf diesem Campingplatz endlich zur Ruhe, ihre Angst davor, von ihrem Mann gefunden zu werden wird erträglicher. Als ein vom Vorgänger im Wohnwagen vergessenes Handy anfängt zu klingeln geht sie ran und Annie beginnt ungewollt ein neues Leben. Hatten früher ihre psychisch labile und bigotte Mutter und danach ihr Ehemann alles getan, um ihre Sexualität zu unterdrücken, kann sich Annie nun von diesen Zwängen befreien, durch die Gespräche mit dem geheimnisvollen Dylan.
Natürlich lernen sich die beiden dann auch „in echt“ kennen, Annie fasst den Mut gegen ihren Noch-Ehemann aufzutreten, als er plötzlich bei ihr auftaucht. Es tauchen sporadisch auch andere Personen auf, die dann in den Fortsetzungsromanen zu Hauptgestalten werden, die jetzigen Protagonisten, Annie und Dylan werden dann zu Randfiguren.
In der Beschreibung von Annie und Dylan, aber auch von Ben kommt sehr viel Angst und Drama vor. An manchen Stellen wird der Stil zu pathetisch, wie in einer Verdi-Oper. Aber dann wird der Eindruck in den nächsten Szenen etwas abgeschwächt, so dass man bis zur nächsten theatralischen Aussage weiterlesen kann.
Der erotische Aspekt ist nicht zu übersehen, wer Samantha Young oder 50SOG mag, wird auch dieses Buch mögen. Es ist nicht so trashig wie Audrey Carlan oder Sarah Saxx, dennoch sind die Sexszenen explizit.
Alles in allem spannende Unterhaltung, Sex und Thriller gut durchmischt.

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Veröffentlicht am 17.02.2021

Sie haben zuerst Sex, danach lernen sie sich kennen.

Hard Rules - Sammelband I
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Zuerst vorneweg eine Warnung: Achtung, das Buch endet in einem Cliffhanger
Ein Buch für Liebhaberinnen potenter reicher Alphamänner und schöner, unschuldiger Frauen die den Alphamann in die Knie zwingen. ...

Zuerst vorneweg eine Warnung: Achtung, das Buch endet in einem Cliffhanger
Ein Buch für Liebhaberinnen potenter reicher Alphamänner und schöner, unschuldiger Frauen die den Alphamann in die Knie zwingen. Klingt bekannt? Genau, das Genre heißt 50SoG. Aber es hat eine interessante Rahmenhandlung für die heißen Sexszenen. Es gibt Bösewichte, die an JR Ewing aus Dallas erinnern, Mafiabosse, schöne geheimnisvolle Frauen, einen Superhelden der Christian Grey in nix nachsteht, schnittige Autos und eben heiße Sexszenen, auch wenn sie irgendwann repetitiv wirken. Ab und zu, nach vielen Büchern vernichtender und entlarvender Gesellschaftskritik tut solch ein Märchen auch gut. Nur dieses Mal ist es wie ein Märchen von Scheherezade erzählt: Wenn es am spannendsten ist, hört die Geschichte auf und wir müssen auf die Übersetzung der Fortsetzung warten.

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Veröffentlicht am 30.01.2021

Ist das wirklich nur Science-Fiction?

Davor und Danach
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Der Roman ist spannend zu lesen, ist viel zu schnell zu Ende. Und doch, er hinterlässt einen schalen Geschmack im Mund. Denn was da erzählt wird, klingt dermaßen real und gegenwärtig, dass man sich der ...

Der Roman ist spannend zu lesen, ist viel zu schnell zu Ende. Und doch, er hinterlässt einen schalen Geschmack im Mund. Denn was da erzählt wird, klingt dermaßen real und gegenwärtig, dass man sich der Thematik nicht entziehen kann. In nicht allzu ferner Zukunft wird sich das Leben auf der Erde ändern, wenn wir so weitermachen wie bisher. Und das beschreibt Nicky Singer sehr eindringlich.
Die großen Themen unserer Zeit, wie da wären Überbevölkerung, Wassermangel, unbewohnbare Gebiete, der Umgang mit Flüchtlingen und die zutiefst menschlichen Gefühle, die uns eigentlich zu Menschen werden lassen, werden da mit behandelt: Mitgefühl und Liebe.
Wie die Flüchtlinge in England behandelt werden, und speziell auf der kleinen Insel, steht eigentlich beispielhaft für die ganze EU. Ich sage nur die Flüchtlingslager Moria und Lipa auf dem Balkan. Ein Haufen von Bürokratie wird vorgeschoben, Papiere sind wichtiger als die Menschen, wenn man nicht in direkter Linie von der Insel stammt, wird man abgeschoben/hingerichtet. #wohin treibt unsere Gesellschaft?
Singer beschreibt dies in einem sehr eindringlichen und doch knappen Stil. Keine Gefühlsduselei und doch geht einem das Erzählte unter die Haut, lässt einen nicht mehr los, hallt noch nach.

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Veröffentlicht am 27.01.2021

Ach Ted, wirst Du wohl nie Ruhe finden?

Missing Boy
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In der Nähe von Crimson Lake verschwindet ein Kind aus einem Hotel. Für die örtliche Polizei gibt es nur einen Schuldigen. Auch wenn er nicht mal in der Nähe des Hotels war. Er wird brutal verhaftet, die ...

In der Nähe von Crimson Lake verschwindet ein Kind aus einem Hotel. Für die örtliche Polizei gibt es nur einen Schuldigen. Auch wenn er nicht mal in der Nähe des Hotels war. Er wird brutal verhaftet, die Polizisten fühlen sich absolut im Recht. Einmal ein Kinderschänder immer ein Kinderschänder. Auch wenn Ted Conkaffey aus Mangel an Beweisen frei gelassen worden war. Schrecklich solch ein Leben führen zu müssen, immer auf der Hut vor marodierenden Polizisten, immer in Angst von Mitbürgern erkannt zu werden die dann jeden Kontakt mit ihm ablehnen, auch wenn es nur um die Behandlung eines Haustieres geht.
Wie erschreckend gering der Personenkreis um Ted geworden ist, wie einsam er sich fühlen muss. Aber das Leben geht weiter. In diesem, (leider) abschließenden Buch um Ted Conkaffey erfahren wir endlich, wer der wahre Täter ist. Aber dank „gutmeinender“ Freunde kann der Täter vor der Polizei keine Aussage mehr machen, weil tot. Zumindest hinterlässt er ein ausführliches Tagebuch, so dass der Fall doch noch aufgeklärt werden kann. Der Fall des verschwundenen Kindes muss Amanda fast im Alleingang lösen, Ted ist viel zu sehr beschäftigt mit seiner Ex-Frau und Tochter und einem marktschreierischen Fernsehsender. Wie kann ein Kind aus einem Zimmer voll mit seinen Freunden verschwinden? Vor allem, da die anderen Kinder Stein und Bein schwören, er wäre immer bei Ihnen gewesen. Wie einfach es aber ist, Kindern Suggestionen einzuflüstern ist erschreckend. Nur gut dass Amanda ihnen nicht glaubt und ihre eigenen Beobachtungen und Überlegungen anwendet.
Candice Fox ist eine Meisterin ihres Fachs. Die Sprache ist geschliffen scharf und pointiert. Typisch für Candice Fox: der Mörder ist immer eine unerwartete Person, aber im Nachhinein betrachtet muss man der Auflösung des Falles zustimmen.

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Veröffentlicht am 16.01.2021

Spannender Krimi über einen kontroversen Autor

Der Fall Alice im Wunderland
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Was für ein faszinierendes Dreieck: Mathematiker - Fantastische Literatur - Oxford/Cambridge. Beweis? Lewis Carroll für Oxford und Alan Alexandre Milne (Puh der Bär) für Cambridge.
Zwar nicht Mathematik ...

Was für ein faszinierendes Dreieck: Mathematiker - Fantastische Literatur - Oxford/Cambridge. Beweis? Lewis Carroll für Oxford und Alan Alexandre Milne (Puh der Bär) für Cambridge.
Zwar nicht Mathematik sondern Sprachwissenschaftler war auch J.R.R .Tolkien, der durch sein Werk auch den Beweis erbrachte, dass exakte Wissenschaften und Elite Universität einen hervorragenden Urboden für unsterbliche Fantasy-Literatur abgeben.

Ich war in Oxford. Zwar viel zu kurz für meinen Geschmack, aber ich habe in diesem Hörbuch die Atmosphäre dieses bezaubernden Ortes wiedergefunden. Die geschäftigen Studenten, die ehrwürdigen Professoren, teilweise in ihren Dogmen, Talaren und Dünkel erstarrt, die Debatierkreise und Gesellschaften, die sich zur Lebensaufgabe einen einzigen Autor oder Thema gemacht haben, sie sind alle da. Hinzu kommen noch Verleger, Polizei. Ach ja, die Polizei: wer Endeavor oder Inspector Lewis kennt, die „Krimi in Oxford“ Serien, wird auch hier Parallelen zwischen dem ermittelnden Inspector Petersen im Hörbuch und den Inspektoren aus den geliebten Serien finden.
Was mir wieder einmal bewusst geworden ist: jede Epoche hat seine eigene Einstellung zur Sexualität. Wenn im alten Griechenland noch die Knabenliebe ein vollkommen öffentliches Phänomen war, sollte sich das im Christentum ändern. Im 19 Jahrhundert in England, vor allem im viktorianischen Zeitalter, hatte sich die Sexualität gewandelt. Zu keiner Zeit gab es mehr Prostituierte in England als zur Zeit Königin Victorias. Und so prüde und ehrzüchtig die ehrwürdige Gesellschaft auch tat, galten Mädchen mit 12 Jahren als voll heiratsfähig. Nackte Mädchen zu fotografieren galt nicht als anrüchig, höchstens als schwierig, sie so lange zum Stillhalten zu bringen, bis die Platte korrekt beleuchtet war. Die Eltern dieser Mädchen dachten sich nichts Böses dabei und der Fotograf meistens auch nicht. Ja, im 20. Jahrhundert trat ein erneuter Wandel ein, aber seht mal nach in den Fotoalben eurer Kindheit: ganz bestimmt liegt da irgendwo ein nacktes Baby auf dem Bärenfell. Heutzutage, im 21. Jahrhundert würden wir solche Fotos nicht mehr machen, oder wenn doch, sie niemals ins Internet setzen. Aber das zeigt auch, wie pervers die Gesellschaft geworden ist, dass Babyfotos eine Gefahr für die Babys bedeuten könnten. Doch zurück zum 19. Jahrhundert und Lewis Carroll. Er war nicht pervers, er war ein Kind seiner Zeit. Da hat der Verleger Hinch im Roman hingegen richtig Kerbholz am Stecken. Denn was er tut, ist weder unschuldig noch uneigennützig. Ganz im Gegenteil. Aber ja, auch Hinch ist ein Kind seiner Zeit, oder eben unserer Zeit.
Das Ende ist unerwartet, aber was macht einen guten Krimi aus? Eben die unerwartete Auflösung, der Mörder ist wieder einmal nicht der Gärtner, und in diesem Fall ist auch der Täter der drei Morde und des Mordversuches an Kristin nicht der gleiche. Schade auch, dass der argentinische Student am Ende so abrupt zurück nach Argentinien aufbrechen muss. Aber manche Herren der ehrenwerten High Society sind eben nicht ganz so ehrenwert, wie sie sich gerne geben. Und bevor G., der junge Doktorand ebenfalls in einen Unfall mit tödlichem Ausgang verwickelt wird, muss er fluchtartig das Vereinigte Königreich verlassen. Schade eigentlich.
Denn ich habe nachgesehen: Dies ist nicht die erste kriminalistische Zusammenarbeit zwischen Professor Arthur Seldom und dem jungen Doktoranden in Oxford. Schon vor einigen Jahren erschien das Buch „Die Oxford Morde“, „Der Fall Alice im Wunderland“ war also die zweite gelungene Kooperation. Ob Martinez wohl doch noch ein drittes Buch plant? Wenn nicht in Oxford, dann vielleicht tatsächlich irgendwo in der Welt auf einem gemeinsam besuchten Kongress oder Tagung. Uns, die Leser und Hörer würde es freuen.
Ein paar Worte noch zu Sascha Tschorn: Er hat eine angenehme, tiefe Stimme. Sein Vorlese-Stil ist zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, weil fast eintönig und mit wenig Modulationen. Doch sobald Dialoge auftauchen, vermag er jeder Person im Detail einen eigenen stimmlichen Charakter zu verleihen und das Eintönig-Einschläfernde verschwindet vollkommen, der Hörer ist ihm nun mit Haut und Haaren verfallen.

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