Unglaubliches Buch
Gespräche auf dem MeeresgrundAbsolut faszinierend, was sich Root Leeb da ausgedacht hat. Dialoge zwischen ja was?
Toten? Geistern? Irrealen Entitäten? Jede dieser drei Wesen verkörpert eine andere Art von
Existenz. Ein Flüchtling, ...
Absolut faszinierend, was sich Root Leeb da ausgedacht hat. Dialoge zwischen ja was?
Toten? Geistern? Irrealen Entitäten? Jede dieser drei Wesen verkörpert eine andere Art von
Existenz. Ein Flüchtling, ein Mann, der hier Urlaub machen wollte und eine Frau, die sich
offensichtlich vor Männern fürchtet. Da treffen Welten aufeinander. Sie sind zuerst
namenlos, die Gespräche finden statt zwischen “der Eine”, der "Andere'' und die “Dritte”.
Erst später, wenn sie sich besser kennenlernen und Vertrauen zueinander fassen, lernen,
sich zu akzeptieren, werden sie ihre Namen preisgeben, als Zeichen ihrer Aufrichtigkeit. Sie
heißen Alasan Jobe, Arno und Amma. Ihre Gespräche werden immer wieder unterbrochen,
entweder durch den Lärm großer vorbeifahrender Schiffe oder durch vorbei schwimmende
Nereiden oder durch Poseidon, den Meeresgott, der sie zwar wahrnimmt, aber nicht mit
ihnen spricht.
Am Meeresgrund sprechen alle, die dort landen, eine Sprache, “vielleicht weil wir am
Ursprung angelangt sind, und der ist für uns alle wohl derselbe” (S. 20). Und es gibt so
etwas wie ein geheimes allgemeines Verständnis, die Verunglückten aller Meere, ob im
chinesischen Meer oder vor der Küste Libyens oder näher an Europa, sie erfahren
voneinander, können sich verständigen. Bei den drei Menschen im Buch tauchen
Erinnerungen auf, die jeder von ihnen individuell durchgemacht hat, die aber von allen
verstanden und gesehen werden. So erinnert sich der Andere an eine traurige Begebenheit
aus seiner Kindheit, als er von seinem Vater mit der Dunkelkammer bedroht wurde. Die
Dritte erinnert sich voll Grauen, wie sie von Männern gefoltert wurde, wir wissen nicht aus
welchem Grund, vielleicht politisch, vielleicht von anderen Verbrechern. Diese Erinnerungen
kommen “manchmal wie ein Traum, manchmal wie aus der Warte eines anderen. Immer ein
bisschen verzerrt, aber mit dem Wichtigsten im Zentrum. Meist ist es Belastendes” (S. 54)
Ab und zu webt Leeb feine und verhaltene Ironie in den Text ein, so etwa, wenn sich die
Gestalten das Wasser reichen, geht ja auch nicht anders, sie sind ja am Meeresgrund. Oder
wenn die Nereiden sich über Männer lustig machen.
Das Titelbild und die Meeresbilder im Buch sind von Root Leeb persönlich gestaltet worden.
Sie sind wunderschön und sehr stimmungsvoll.