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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.06.2023

Ruhiger Krimi, bei dem sich nach und nach Risse in der Fasade aller handelnden Personen zeigen

Die Wahrheit
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Gleich zu Beginn wird der Leser mit dem Ausgang des Ganzen konfrontiert: Es werden zwei Leichen gefunden, die beide offensichtlich ermordet wurden. Von da aus springt man dann in der Zeit zurück und bekommt ...

Gleich zu Beginn wird der Leser mit dem Ausgang des Ganzen konfrontiert: Es werden zwei Leichen gefunden, die beide offensichtlich ermordet wurden. Von da aus springt man dann in der Zeit zurück und bekommt einen ersten Einblick in das Leben unterschiedlichster Personen, bei denen am Anfang noch nicht mal klar wird, wie sie mit den Leichen zusammenhängen könnten. Der interessanteste Aspekt diese Buches ist die Erzählperspektive: Ermittler treten gar nicht auf, die einzigen Einblicke in die Ermittlungen bekommt der Leser durch kurze Verhörprotokolle, die schon sehr früh zeigen, dass keiner der Personen das ist, was er/sie vorgibt zu sein.

Spannung kommt irgendwie nicht so richtig aus, die Plottwists werden auch nicht durch Handlungen oder Vorkommnisse erzeugt sondern durch ein sich ständig änderndes Bild der Protagonisten: Am Ende wusste ich nicht mehr, wen ich sympathisch finden sollte und wen nicht.

Eindeutiges Highlight war für mich der Schreibstil des Autors, dem es gelungen ist, mir die verschiedensten Personen vor Augen zu führen und die Entscheidungen, die zu diesem Ende geführt haben anschaulich beschrieben hat.

Schwachpunkt war für mich die etwas konstruierten Verknüpfungen der Personen untereinander und ein paar ungeklärte Fragen am Schluss. Zusammen mit der Tatsache, dass ich mir einen Krimi erwartet habe und "nur" eine Charakterstudie bekommen habe macht das für mich 3/5 Sternen

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Veröffentlicht am 03.05.2023

Interessantes Setting

Tödlicher Schlaf
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Als ein neuer Patient in dem Krankenhaus eingeliefert wird, in dem Bakteriologe Carl-Jakob Melcher arbeitet, ist dieser gleich in mehrfacher Hinsicht interessant für Carl: Der Patient zeigt Symptome der ...

Als ein neuer Patient in dem Krankenhaus eingeliefert wird, in dem Bakteriologe Carl-Jakob Melcher arbeitet, ist dieser gleich in mehrfacher Hinsicht interessant für Carl: Der Patient zeigt Symptome der Schlafkrankheit, mit der sich Carl Berufs wegen beschäftigt, hat sich vermutlich in Afrika angesteckt, wo er mit Robert Koch geforscht hat, den Carl sehr bewundert und ist darüber hinaus noch ein alter Schulkollege von ihm. In den wenigen, kurzen lichten Momenten, die ihm die Krankheit lässt, macht er Carl-Jakob gegenüber Andeutungen von Unregelmäßigkeiten, die er in Ostafrika beobachtet haben will. Als er dann kurz darauf stirbt und die Ärzte von einem Tod in Folge der Erkrankung ausgehen, führt Carls Wissen um den Verlauf der Krankheit dazu, dass er ein Tötungsdelikt vermutet und beginnt, auf eigene Faust Ermittlungen zu unternehmen.
Carl-Jakob lässt den Leser als Ich-Erzähler an seinen Ermittlungen und Erfahrungen teilhaben. Der Fall ist geschickt aufgebaut und durch einige Wendungen und falsche Fährten bis zum Ende spannend. Durch viele Kleinigkeiten und Details ergibt sich eine dichte Geschichte, in der auch die Arbeitsbedingungen der damaligen Zeit, der Stand der Frau und die Auflehnung dagegen und vor allem die Kolonialpolitik ihren Platz finden.
Mit Carl-Jakob als Hauptcharakter musste ich erst warm werden – er war mir leider zu Beginn nicht ganz sympathisch. Da es sich bei diesem Buch schon um den zweiten Band rund um den ermittelnden Bakteriologen handelt, kann es gut sein, dass mir einfach ein paar Infos aus dem Vorgängerband gefehlt haben. Für die eigentliche Geschichte sind aber keine Vorkenntnisse erforderlich und so lässt sich Band 2 gut schon von Band 1 lesen. Da in Band 2 aber viel aus Band 1 aufgegriffen (und aufgeklärt) wird, ist es vielleicht dennoch ratsam, die Reihenfolge einzuhalten, wenn man beide Bücher lesen möchte.
Auch die Nebencharaktere haben mich ein bisschen gespalten zurückgelassen: einige, wie zum Beispiel Carls Freundin, waren mir zu blass, und dass, obwohl ihre Backgroundstory sehr außergewöhnlich wäre, andere dagegen haben mir sehr gut gefallen, wie zB sein bester Freund Martin oder auch Wirbelwind Agatha.
In die Erzählung der Ermittlung sind viele Themen und Besonderheiten der Zeit und Hamburgs eingewebt, die ein abwechslungsreiches Bild der Lebenswirklichkeit von Carl-Jakob und der Gesellschaft zu dieser Zeit ergeben. Für mich waren es beinahe zu viele Themen, die da beleuchtet werden sollten, weil einige auch eher irrelevant für den Fall waren und daher ein bisschen „konstruiert“ wirkten. Das hat dann auch dazu geführt, dass mir an anderen Stellen die Details gefehlt haben.
Ich hätte mir ein bisschen mehr den Schwerpunkt auf Wissenschaftsgeschichte gewünscht, nicht umsonst ist Carl-Jakob zuallererst einmal Bakteriologe, und weniger vielleicht auf der Frauenbewegung – die natürlich für sich selbst genommen auch spannend ist, in diesem Roman aber ein bisschen den Rahmen sprengt.
Die Auflösung führt alle Fäden zusammen und klärt alle offenen Fragen auf, sodass ein logischer Schluss gefunden wird. Das Buch hat mich sehr gut unterhalten und sollte sich für Carl-Jakob mal wieder ein Fall ergeben, werde ich ihm vermutlich bei seinen Ermittlungen zusehen.

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Veröffentlicht am 23.04.2023

ein paar gute Ansätze und ist witzig geschrieben

Sieben Männer später
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Nachdem Esther beim Daten wieder nur Pech hatte und sie beim day-drinking mit Freundinnen einen alten Life-Style-Artikel findet, der sieben Arten von Beziehungen zusammenfasst, in denen Esther ihre Ex-Freunde ...

Nachdem Esther beim Daten wieder nur Pech hatte und sie beim day-drinking mit Freundinnen einen alten Life-Style-Artikel findet, der sieben Arten von Beziehungen zusammenfasst, in denen Esther ihre Ex-Freunde erkennt, ist sie sich sicher, dass bei diesen sieben Männern der richtige schon mit dabei gewesen sein muss und sie keine weitere Chance bekommt. Deshalb macht sie sich auf, diese ausfindig zu machen, um herauszufinden, welcher der 7 der Richtige für sie (gewesen) ist. Was als eine betrunkene Idee beginnt, entwickelt sich im Laufe des Buchs beinahe in eine Obsession.
Das Buch hat insgesamt ein paar gute Ansätze und ist witzig geschrieben, aber es gibt auch relativ viele Logikfehler, die die Geschichte etwas unrund machen. Da der Schreibstil sehr leicht verständlich ist, und es sich um eine locker-leichte Liebesgeschichte a-la „Bridget-Jones“ handelt, lässt sich der Roman gut nebenher lesen, gehört aber nicht unbedingt auf meine Highlight-Liste.
Die Protagonistin und ihre Freundinnen wirken etwas zu unreif für das Alter, in dem sie sein sollten, zumindest in Hinblick auf ihre Jobs und auch ihre Freundschaft, die eher ein bisschen teenie-haft wirkt, andererseits spürt gerade Esther den Druck „endlich“ einen Freund finden zu müssen. Das hätte ein bisschen konsistenter gehandhabt werden können. Auch das Frauenbild, dass der Roman zu vermittelten versucht, ist (was vielleicht auch dem Genre geschuldet ist) etwas ambivalent dargestellt: Auf der einen Seite moderne, selbstbewusste Frauen, die me-too-Überlegungen einbeziehen, auf der anderen Seite scheint nichts zu zählen als endlich den Richtigen zu finden – wenn auch darüber zumindest am Ende ein bisschen reflektiert wird.
Die Darstellung und der Umgang mit extensivem Alkoholgenuss waren für mich auch grenzwertig. Vielleicht bin ich da zu empfindlich und es ist ja auch kein Jugendbuch, aber die Implikation, dass die Protagonisten scheinbar nur mit Alkohol Spaß haben können und auch der Stellenwert, den das gemeinsame Trinken in der Freundschaft einnimmt, fand ich bedenklich.

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Veröffentlicht am 03.04.2023

Nachdenklich, bedrückend, genial geschrieben

Dinge, die wir brennen sahen
3

Der Roman von Hayley Scrivenor beginnt schon mit dem Auffinden einer Leiche – und liest sich daher ganz zu Beginn fast wie ein Thriller. Aber sehr bald wird klar, dass es sich bei diesem Roman um so viel ...

Der Roman von Hayley Scrivenor beginnt schon mit dem Auffinden einer Leiche – und liest sich daher ganz zu Beginn fast wie ein Thriller. Aber sehr bald wird klar, dass es sich bei diesem Roman um so viel mehr handelt: Eine einfühlsame Studie der Gefühlswelt einer ganzen Stadt, die den Leser trotz feststehendem Ausgang mit den Menschen in der Stadt mitfiebern lässt als Esther verschwindet und die groß angelegte Suche zunächst nichts ergibt. Nach und nach kommen durch den Druck, den die Ermittlungen in der Gesellschaft auslösen, Risse in der Oberfläche zutage, die einen Einblick in die Geheimnisse und Probleme der Kleinstadt geben.
Hayley Scrivenor erzählt die Geschichte in einem unaufgeregten, poetischen Ton, der perfekt zu der bedrückten Atmosphäre passt, der es aber auf der anderen Seite auch schafft, dass die schrecklichen Ereignisse und Wendungen den Leser beinahe überraschend überfallen und für mich beim Lesen besonders eindrücklich waren.
Ab dem Mittelteil überwiegt eine eher melancholische Stimmung, die gut dazu passt, dass nach und nach immer mehr Menschen die Hoffnung auf einen guten Ausgang des Verschwindens verlieren und scheinbar nur auf die schlimmsten Nachrichten warten. In diesem Zusammenhang waren auch die „Wir“-Kapitel – Einschübe, die aus einer interessanten Gemeinschaftsperspektive heraus geschrieben sind – wunderschön geschrieben und ein bisschen verwirrend gleichzeitig. Lange hatte ich beim Lesen das Gefühl, wie vor einem Puzzle zu sitzen, bei dem mir immer noch ein paar Teilchen fehlen, um das Gesamtbild zu erkennen. Zwar kommen nach und nach viele „Randteile“ dazu, das Ende weiß dann aber trotzdem zu überraschen.
Die kleinstädtische Gemeinschaft ist absolut glaubwürdig dargestellt und dadurch, dass einige Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und erzählt werden, ergibt sich ein dichtes Bild der Stimmung in dieser Situation, die für die Bewohner der Stadt vieles für immer verändern wird.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung, auch wenn (oder gerade weil?) mich das Buch in einer melancholischen Stimmung zurückgelassen hat.

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Veröffentlicht am 22.03.2023

Düstere, ruhige Mordermittlung in einer isländischen Kleinstadt

Verschwiegen
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Als Elma nach dem Ende ihrer Beziehung wieder in ihr Heimatstädtchen zurückkehrt, ist sie sehr zwiegespalten darüber. Zumindest ihre Arbeit als Ermittlerin kann sie direkt wieder aufnehmen und findet in ...

Als Elma nach dem Ende ihrer Beziehung wieder in ihr Heimatstädtchen zurückkehrt, ist sie sehr zwiegespalten darüber. Zumindest ihre Arbeit als Ermittlerin kann sie direkt wieder aufnehmen und findet in den Kollegen im Präsidium auch direkt Anschluss. Als dann aber eine weibliche Leiche am Leuchtturm der Stadt auftaucht, wird sie direkt in einen schwierigen Fall hineingezogen, der auch in der Gesellschaft der Stadt hohe Wellen schlagen wird.

Der Fall wird aus Elmas Sicht erzählt, die Haupthandlung ist aber immer wieder unterbrochen von Rückblenden. Dadurch wird beim Lesen recht schnell klar, worum sich das Motiv des Mordes drehen wird und man hat als Leser einen gewissen Kenntnisvorsprung vor den Ermittlern. Einerseits sind diese Rückblicke spannend gestaltet und erzeugen eine Art Sog, andererseits sorgen sie aber auch dafür, dass die Ermittlungsarbeit gefühlt etwas zu langsam vorwärts geht. Bis Elma und ihr Team endlich auf die richtige Spur kommen, möchte man ihnen beim Lesen am liebsten den entscheidenden Hinweis selber geben.

Man merkt dem Buch auch an, dass es als Reihe konzipiert ist, dem Privatleben von sowohl Elma als auch einem ihrer Kollegen wird viel Platz eingeräumt. Diese Nebenerzählung konnte mich nicht so richtig überzeugen, da hat mir ein bisschen die Verbindung dazu gefehlt. Nicht, dass die Charaktere nicht ausführlich angelegt sind, aber die Zeitschiene passt nicht ganz und es wirkt einfach ein bisschen so, als wäre auf Teufel komm raus versucht worden, da noch ein Privatdrama unterzubringen, weil das jetzt scheinbar zu jedem Krimi dazugehört. Dabei hätten die Menschen in der Stadt und ihre verschiedenen Verwicklungen mit dem Fall genug Stoff für Drama geboten.

Am Anfang ist es etwas überfordernd, die vielen Namen und Personen auseinander zu halten, vor allem auch, weil es sich um isländische Namen handelt, die für uns ja doch sehr fremd sind, das wird aber mit der Zeit etwas besser. Ein kleinen Kritikpunkt für mich war auch, dass hin und wieder Leute kurz in die Handlung eingeführt wurden, die dann für den weiteren Verlauf überhaupt keine Rolle mehr gespielt haben, die hätte man auch einfach etwas weniger ausführlich behandeln können und dadurch das Auseinanderhalten der Personen etwas zu vereinfachen.

Schön fand ich den eher nachdenklichen, ruhigen und düsteren Erzählstil, der ganz ohne Schießerei, wilder Verfolgungsjagd und übermäßiges Blutvergießen auskommt ohne der Spannung Abbruch zu tun.

Am Ende werden zwar fast alle falsch gelegten Spuren und Nebenschauplätze aufgelöst, aber ein kleines bisschen mehr Aufklärung hat mir doch gefehlt. Ich bin gespannt, ob sich das im zweiten Band noch komplett auflöst, was ich vermute, aber ich bin einfach kein großer Fan von Cliffhangern am Ende von Band 1 der nur dazu dienen soll dass man sich Band 2 kaufen muss. In diesem Fall werde ich es wahrscheinlich trotzdem tun, da mich die Autorin trotz einiger Schwächen durch ihre ruhige und durchdachte Atmosphäre überzeugen konnte und von mir 3.5 Sterne bekommt

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