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Veröffentlicht am 23.05.2020

Ein ruhiger Held

Am Seil
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„Noch während des Abstiegs geriet Lucia in Sorge, dass sie die kostbare Zeit im Freien durch Unachtsamkeit verderben könnte. Wieder hätte sie alles, was um sie war, am liebsten aufgesogen oder eingewickelt, ...

„Noch während des Abstiegs geriet Lucia in Sorge, dass sie die kostbare Zeit im Freien durch Unachtsamkeit verderben könnte. Wieder hätte sie alles, was um sie war, am liebsten aufgesogen oder eingewickelt, um möglichst lang davon zerren zu können. Vogelgezwitscher, Wind in den Haaren, Duft von frisch gemähtem Gras.“ (Seite 58)
So wie der Schreibstil von Erich Hackl ist, so war auch Reinhold Duschka – ruhig, besonnen, manchmal etwas schwierig, kein Mann der großen Worte, aber Menschlichkeit und Mitgefühl sind das Wichtigste.
Und so beschreibt der Autor ebenso ruhig, manchmal etwas wirr, aber ohne große Worte verlierend, die Geschichte von Reinhold Duschka, der damals in Wien einer Frau und ihrer Tochter half, sich vor den Nationalsozialisten zu verstecken. Regina Steinig und ihre junge Tochter Lucia sind jüdisch und bevor sie in den Osten geschleppt werden, können sie bei Reinhold in der Werkstatt unterkommen.
Mit diesem manchmal „wirren“ Schreibstil der keinem roten Faden folgt beschreibt der Autor die Geschichte der 3 Menschen die sich aufeinander verlassen müssen. Ich hatte zu Beginn meine Probleme, aber doch konnte mich diese kleine Geschichte begeistern und für sich einnehmen.
Der Autor beschreibt nicht die ganzen Umstände, das Buch hat ca. 120 Seiten, die Umstände sind bekannt, was passierte als die Nationalsozialisten Europa überrannten. Wie schwer es war das Menschen die nicht in das „System“ passten um ihr Leben fürchten mussten.
Die Geschichte wird aus den Erinnerungen von Lucia erzählt, vieles kann sie nur vermuten, nicht mehr genau wiedergeben. Wie ging es mit diesen 3 Personen weiter? Welche Probleme ergaben sich durch das Verstecken? Wie konnten sie sich vor Gestapo, neugierigen Augen, dem Hunger und den Bomben schützen? Es wird kurz und minimalistisch von Erich Hackl erzählt.
Mir war der ruhige Reinhold Duschka sehr sympathisch, die Geschichte des Buches beruht auf wahren Begebenheiten. Er war kein Mann der sich ins Rampenlicht drängte, auch keiner der seine „Leistung“ für diese zwei Frauen in die Öffentlichkeit getragen hatte. „Reinhold, wie er auf der Straße auf die für ihn typische Art Nachbarinnen und Bekannte grüßt: mit halb erhobenem Arm, den Handrücken vor und zurück schwenkend, und mit einem meckernden, dabei ungemein einnehmenden Lachen.“ (Seite 112)
Durch Enkelkinder und weitere Kinder von Reinhold oder anderen Bekannten in seinem Umfeld erhält die Geschichte auch zum Ende hin nochmals weitere Blickpunkte, man kann sich noch mehr ein Bild von der Situation machen und merkt dass es keine leichte Zeit war, auch dass Erinnerungen sich gerne verstecken und zurückhalten wenn sie solch schlimme Zeiten erleben mussten.
Ich mochte das Buch, für mich ist Reinhold Duschka ein ruhiger aber unglaublich mutiger Mann ohne große Worte und Erich Hackl, in meinen Augen, genau der Richtige, um diese Geschichte zu Blatt zu bringen.

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Veröffentlicht am 23.05.2020

Extremismus ist kein Weg

Töchter des Todes
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Eigentlich könnte alles so einfach sein – Aylin hat ihr Abitur geschafft und überlegt was sie studieren oder arbeiten möchte. Ihre Schwester Semina arbeitet und studiert in Köln, auch wenn es in letzter ...

Eigentlich könnte alles so einfach sein – Aylin hat ihr Abitur geschafft und überlegt was sie studieren oder arbeiten möchte. Ihre Schwester Semina arbeitet und studiert in Köln, auch wenn es in letzter Zeit ruhig um Semina geworden ist. Doch dann erfährt Aylin durch die sozialen Medien dass ihre Schwester sich dem IS angeschlossen hat, die Familie stürzt ins Chaos. Und nicht nur das, sie werden in ihrer kleinen Stadt verurteilt, ausgeschlossen, angefeindet und als Bedrohung angesehen. Doch die Gefahr kommt aus einer ganz anderen Ecke… die ein leichtes Spiel hat weil sie niemand beachtet…

„Hab keine Angst, möchte ich ihr sagen. Wer etwas Böses vorhat, hält sich nicht damit auf, an Türen zu klingeln. Glaub mir, ich weiß es. Damals in Bosnien habe ich es selbst erlebt. Ich weiß, wie sie es machen. Sie treten die Türen ein oder werfen Brandsätze durch die Fenster. Sie kommen nachts. Sie…Entsetzen überrollt mich.“(Seite 122)

Ich möchte an dieser Stelle erstmal der Autorin meinen Respekt aussprechen für ihren Mut und ihre Weitsichtigkeit. Denn vieles was in diesem Buch behandelt wird, gerade in Punkto Anfeindungen, Drohungen per persönlich, per sozialen Medien ist der Autorin so widerfahren, samt Familie, sie hat sich aber nicht geschlagen gegeben sondern den Spieß umgedreht. Und in diesem Buch verarbeitet sie auch ihre Erlebnisse und Geschehnisse.

Der Schreibstil ist zu Beginn sehr ruhig und wir lernen die Schwester und Mutter von Semina kennen – Aylin und Kristina Hodzic´. Ebenso Jordan hat seinen Platz, er ist der Freund und Mitarbeiter von Aylin. Stefanie ist die gemeinsame Freundin der Familie von Kristina, Aylin hat immer auf den Sohn Tim von Stefanie aufgepasst. Und Star….die sich dem IS angeschlossen hat und nun ihre Geschichte in kurzen Kapiteln zur Sicht freigibt. Sie alle haben ihren Platz in der Geschichte, fügen immer wieder Puzzleteile der Geschichte zu. Die Kapitel sind kurz, knackig und leicht zu lesen.

Die Familie Hodzic´ hat den Hauptpart in diesem Buch. Jeder hat seine Geschichte in dieser Familie, auch die Eltern die hier erzählt und erwähnt wird. Zeigt auf was die Eltern auf sich nehmen mussten, was Politik und Religion mit ihnen gemacht hat, warum den Eltern die Religion nicht wichtig ist. Und dann Semina, die immer als intelligent, zurückhaltend und gesittet galt, die sich plötzlich dem IS zugewendet hat. Wieso, Weshalb, Warum bleibt ein Geheimnis, aber umso näher die Geschichte dem Ende kommt, umso mehr lichtet sich das WirrWarr und lässt den Leser mehr als einmal überrascht und schockiert zurück.

Jordan hat ebenso ein schlimmes Erlebnis hinter sich, aber auch noch andere Gemeinsamkeiten mit der Familie Hodzic´- sie sind in Deutschland geboren, haben ihren Schulabschluss, gehen arbeiten und sind integriert in der Gesellschaft. Doch wie sieht es die Gesellschaft? Kann man sagen dass Extremismus und Vorurteile nicht vorhanden sind? Wie weit haben sich die Gesellschaften entwickelt?

Stefanie ist Deutsche, steht aber für viele Menschen in Deutschland die sich nicht der Hetze hingeben wollen und werden. Die in der eigenen Familie, Freundeskreis oder Ehe Diskussionen führen über den Extremismus, die hohe Zahl der Flüchtlinge, wie der Weg weitergeführt werden soll. Diskussionen die in Streit, Bruch und eigenen Ansichten zerstören oder führen zusammen, sind aber nicht mehr wegzudenken.

Wie reagiert die Gesellschaft wenn sich jemand dem IS angeschlossen hat? Die Gesellschaft? Die sozialen Medien, die Presse im Allgemeinen? Was macht die Politik wenn IS Kämpfer geläutet zurückkehren möchten? Wie sind ihre Chancen? Wem kann man vertrauen?

Die Autorin hat sich auch mit Familien getroffen die davon betroffen sind/waren – ihre Kinder haben sich dem IS angeschlossen und was nun? Wie geht es für sie weiter? Wie geht es mit den Kindern weiter? Wie kommt man an Informationen? Was kann man selbst machen um die Kinder wieder zurückzubekommen? Und wie sicher ist das? Gibt es ihr den „goldenen“ Weg.

Doch es ist kein Buch welches Stimmung macht, ob jetzt für oder gegen den IS. Nein, in diesem Buch geht es um mehr. Es geht um jegliche Art von Extremismus, dass dieser nie unterschätzt werden darf, aber gerne unterschätzt wird. Dass diese Seiten, egal wo man hinschaut, mit den gleichen Lockmitteln und Argumenten arbeitet. Und vor allem – das wir hier in Deutschland an unserem Ton arbeiten müssen, an was wir meinen vorverurteilen zu können und dürfen und dass wir gerade auf dem rechten Auge sehr blind erscheinen, nach wie vor.

Mich hat dieses Buch sehr beschäftigt, schockiert und erneut aufgerüttelt. Und ich empfehle es daher dringend und an jeden weiter!

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Veröffentlicht am 23.05.2020

Für alle Fans des hohen Nordens

Hamburg und andere Gelegenheiten
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„Was Mona sagt, ist schön“, so das Hamburger Abendblatt zu diesem Buch. Und ja, ich kann dieser Aussage im Ganzen auf jeden Fall zustimmen.
Mona Harry ist Poetry Slammerin, Autorin & Bühnenpoetin und das ...

„Was Mona sagt, ist schön“, so das Hamburger Abendblatt zu diesem Buch. Und ja, ich kann dieser Aussage im Ganzen auf jeden Fall zustimmen.
Mona Harry ist Poetry Slammerin, Autorin & Bühnenpoetin und das mit einer absolut tollen und mitreissenden Leidenschaft. Diese Leidenschaft merkt man in ihrem Buch „Hamburg und andere Gelegenheiten“ auf jeden Fall an!
Nicht nur die Worte bestechen, lassen einen schmunzeln, träumen, wagen aber auch innehalten und nachdenken, sondern auch die schönen, oft in Blau gehaltenen Zeichnungen und Bilder der Autorin runden dieses kleine Buch perfekt ab. Als Geschenk für alle die Hamburg lieben, es durch Worte und Bilder kennenlernen wollen, Hamburg im Bücherschrank halten möchten.
Die Autorin schreibt nicht nur über die Stadt selbst, sondern auch über das Wetter, die Kühle die man dem Norden nachsagt, dem Seemannsgarn, den Schiffen und Schafen, den Städten und Kulturgütern, aber auch was eine Großstadt wie Hamburg es ist bedeutet, wie einsam man sich fühlen kann, wie kalt und unwohl, aber dann wieder mit der Heimat und den Menschen verbunden.
Und doch auch Dinge die man in jeder Schicht der Gesellschaft findet, in jeder großen und jeder kleinen Stadt oder Dorf. Dass man manchmal gar nicht so verschieden ist, egal woher man kommt, gewisse Denkweisen gut und manche nicht von Vorteil sind.
Ein Buch welches mir viel Spass gemacht hat es zu lesen. Poetry Slam folgt nicht immer einer direkten Linie, schweift manchmal ab, legt den Finger direkt in die Wunde und bringt einen doch zum Lachen, das sollte man mögen und sich auch darauf einlassen können. Ich liebe den Norden, und ich habe auch Hamburg schon ein paar Mal besucht, finde es einer der schönsten Städte Deutschlands. Auch wenn man mit dieser Stadt keine Gefühle und Bilder verbindet, so ist das Buch über Hamburg und andere Gelegenheiten doch eine sehr gute Gelegenheit dies zu ändern und sich sinnlich nach Hamburg zu begeben.
Ich bin von diesem kleinen Büchlein sehr angetan und empfehle es gerne weiter!

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Veröffentlicht am 23.05.2020

Home Girl sucht Zuhause

Home Girl
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Naomi ist erst 14, hat aber schon einiges mitgemacht. Nachdem ihre Mutter verstorben ist kümmerte sie sich alleine um den Haushalt und ihren alkoholkranken Vater…bis das Jugendamt sie in Obhut nahm. Seitdem ...

Naomi ist erst 14, hat aber schon einiges mitgemacht. Nachdem ihre Mutter verstorben ist kümmerte sie sich alleine um den Haushalt und ihren alkoholkranken Vater…bis das Jugendamt sie in Obhut nahm. Seitdem hat Naomi schon viele Heime und Pflegefamilien erlebt, mit Enttäuschungen und viel Wut. Doch mit der neuen Pflegefamilie, den Goldings, läuft es anders, besser…wäre da nicht ihre Freundin Kim die sie ständig vor den Pflegefamilien warnte und dass die Goldings schwarz sind..
„Ich steh auf der Adoptionsliste, seit ich zwölf bin. Genauso gut hätten sie mich auf die Warteliste für den ersten Flug zum Mars setzen können. Jetzt will ich gar nicht mehr adoptiert werden.“ (Seite 116)
Alex Wheatle ist, größtenteils, in Kinderheimen aufgewachsen. Man kann also sehr gut annehmen dass vieles was der Autor hier in diesem Buch be – und aufschreibt, der Wahrheit entspricht, das Innenleben eines Kindes widergibt welches eigentlich nur einen sicheren Hafen sucht.
Der Schreibstil ist cool, locker, manchmal frech, zum schmunzeln, zum aufregen, mitfühlen und hier und da möchte man das Buch einfach an die Wand werfen, man erlebt als Leser auch einiges an Gefühlsfacetten.
Naomi. Mit ihren 14 Jahren. Schon viel erlebt, was genau wird im Laufe der Geschichte deutlich, ihre Kindheit endete sehr abrupt als ihre Mutter verstarb und sie die Verantwortung des Erwachsenen in der Familie übernehmen musste. Man fühlt mit ihr mit und gleichzeitig ist es schwer Naomi von Beginn an zu mögen denn sie mault, meckert, zetert und jammert an allem und jedem, manchmal möchte man sie schütteln und doch in den Arm nehmen und ihr die gewünschte Sicherheit geben.
Die Goldings fand ich im Gesamtbild sehr interessant dargestellt, alleine weil auch die Eltern Golding einiges in ihrer Kindheit mitgemacht haben, also sich in viele Situationen von ihren Pflegekindern hineinversetzen können. Auch die Vergleiche mit anderen Familien die Naomi aufgesucht hat waren interessant, liebevoll und hier und da erschreckend aus welchen eigennützigen Gründen Menschen Pflegekinder aufnehmen möchten.
Es ist kein Buch welches Sympathien wecken wird, schon gar nicht von Beginn an. Man hat nicht nur mit Naomi zu kämpfen sondern auch mit ihren zwei Freundinnen Kim und Nats die ihr viele Ohrwürmer ins Ohr setzen nur damit sie die Oberhand behalten, die Macht der Freundschaft, auch in die falsche Richtung, wenn auch gut gemeint, wird hier sehr klar. Eben Kinder in allen Altersklassen die einfach nur eine Familie suchen wie es selbstverständlich in der Gesellschaft sein sollte.
Das System ist kaputt, es ist marode, hat seine Lücken und Fehler, seine Vorurteile und zu wenig Hilfe, Geld, Mitarbeiter und den offenen Blick für das oft Offensichtliche. Dies prangert der Autor nicht direkt an, nein, es fließt mit in die Geschichte und lässt einen den Kopf sehr oft schütteln. Gerade diese Kinder, egal in welchem Alter sie sich befinden, brauchen Sicherheiten und keine warmen Worte und Taten die erst folgen wenn zig Formulare ausgefüllt und genehmigt wurden. Wie wichtig und verletzlich dieses System ist wird von Alex Wheatle sehr einfühlsam, doch mit aller Wucht und der kalten Realität in seinem Buch „Home Girl“ umgesetzt.
Äusserst Lesenswert!
„ In dem Ganzen müssen solche wie wir aufeinander aufpassen. Zu viele Pflegeeltern interessiert nur, wie sie selbst dabei aussehen, nicht das Wohl der Kinder, um die sie sich ja angeblich kümmern wollen.“ (Seite 117)

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Veröffentlicht am 23.05.2020

Europa 1952... in den Fängen von Hitler

Feindesland
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Winter 1952 in England. Seit 12 Jahren herrscht „Einigkeit“ zwischen Hitler – Deutschland und England. Seit 12 Jahren führt Hitler einen erbitterten Kampf in Russland um mehr „Lebensraum“ für seine Bevölkerung ...

Winter 1952 in England. Seit 12 Jahren herrscht „Einigkeit“ zwischen Hitler – Deutschland und England. Seit 12 Jahren führt Hitler einen erbitterten Kampf in Russland um mehr „Lebensraum“ für seine Bevölkerung zu schaffen, die Wirtschaft liegt fast am Boden. Auch England hat mit seinen Kolonialländern Indien und Afrika zu kämpfen, der Widerstand nimmt zu, die Aufstände mehren sich. Und Churchill lässt England keine Ruhe, Demokratie, Freiheit in jeglichen Lebensbereichen wurde abgeschafft, die Juden systematisch verfolgt und fortgeschafft. Der junge David Fitzgerald, der in einer Dominionverwaltung arbeitet hat ein Geheimnis, er hat von den Zuständen genug und tritt der Resistance bei um das Blatt zu wenden…. Er soll seinen alten Freund Frank Muncaster befreien und ihn und sein Geheimnis aus England schaffen….
Sarah fragte sie, wie jemand, der Frieden wollte, den Faschismus gutheißen konnte. Irenes Antwort lautete:“ Hitler ist ein Mann mit Visionen, der den Frieden will, du darfst der Propaganda nicht alles glauben. Er will nichts weiter als Gerechtigkeit für Deutschland und Freundschaft mit Großbritannien“. (Seite 120)
Ein sehr düsterer Roman, der einen gewissen Spannungsbogen aufbaut, der sich wie ein Eisner Ring um die Brust legt und man dankbar ist dass man heute in einer freien Demokratie leben darf, man merkt nach solchen Büchern immer wie hoch dieses Gut ist und wie schwer dieser Kampf dafür war und immer noch ist.
Der Autor verbindet einen dystoptischen Grundgedanken verbunden mit historischen Fakten. Der Schreibstil konnte mich schnell für sich gewinnen, er ist interessant, packend und der Spannungsbogen wird unheimlich gut gespannt und lässt einen nur so durch die Seiten fliegen.
Bildhaft nimmt der Autor uns mit in ein England, in ein Europa dass von Hitler beherrscht/bekämpft wird, es zeigt verschiedene Zweige auf wie dieses System, mehr oder weniger funktioniert. Und doch schwelgt immer Hoffnung mit denn Großbritannien hat seine Grundsätze, seine kleine Einstellung zur Demokratie nicht ganz aufgegeben. Gleichzeitig wird klar welcher Druck hier im Allgemeinen auf der Gesellschaft lastet. Den Menschen ergeht es alles andere als gut.
Die Protagonisten sind nicht zu zahlreich und im Überblick zu behalten, sind aber in verschiedenen Lagern „zu Hause“ und ergeben das Grundgerüst der Geschichte, in diesem düsteren Roman.
David und seine Frau Sarah Fitzgerald haben einen Schicksalsschlag hinter sich, David ein Geheimnis von dem keiner weiß und wissen darf und er hat genug von diesen Zuständen in Europa, in seinem Heimatland Großbritannien. Da er an der Quelle für geheime Informationen sitzt schließt er sich der Resistance an. Hier ist sein Freund Geoff Drax mit von der Partie und einige Agenten die die Leitung der Gruppe besitzen.
Mit dem deutschen SS und Gestapomitarbeiter Gunther Hoth war jahrelang in England, dient gerne unter Hitler und ist darauf spezialisiert Menschen zu finden, oft Juden, die sich verstecken, dem System der Verfolgung versuchen zu entkommen. Er ist kühl und wenig gefühlvoll dargestellt, ein sehr passendes Bild zu der Ideologie der Nationalsozialisten.
Und dann ist noch Frank Muncaster, der seinen Bruder aus dem Fenster geschmissen hat, weil dieser ihm ein sehr grausames Geheimnis anvertraute… eines welches den Deutschen nicht in die Hände gelangen darf…es wäre kriegsentscheidend. Er sitzt in einer Anstalt für Geisteskranke und ist eigentlich in höchster Gefahr.
Das Buch umfasst gute 750 Seiten, der Autor nimmt sich also viel Zeit und baut die Geschichte sehr gekonnt aus, trotzdem gab es die ein oder andere Überlänge die nicht hätte sein müssen. Ein paar Seiten weniger, die dann den Spannungsbogen weiterhin spannend hoch halten, wären vielleicht sinnvoller gewesen.
Auch sind die ersten 250 Seiten ohne roten Faden und ein kleines Durcheinander an den Protagonisten. Man lernt sie nicht nur in ihrer aktuellen Situation kennen sondern kehrt auch in die Vergangenheit zurück, was ihnen widerfahren ist. Das ist perfekt und tut der Geschichte keinen Abbruch, aber man ist erst mit der ganzen Situation in England beschäftigt und plötzlich hat ein Protagonist einen „Flashback“ in die Vergangenheit, man muss sehr schnell „umswitchen“ und mit diesen neuen Erkenntnissen klar kommen, dann wirft einen der Autor wieder zurück in das aktuelle Geschehen und der Leser ist etwas verwirrt dass es mit der Geschichte weitergeht. Erst nach diesen 250 Seiten nimmt die Geschichte dann Fahrt auf und der rote Faden der Geschichte zeigt sich.
Etwas schade ist ebenso dass Frank mit seinem Geheimnis und seinen Verwirrungen viel Raum einnimmt. Wenn man sich geschichtlich etwas auskennt dann kann man sich einen kleinen Reim auf das Geheimnis machen, es bleibt auch etwas Verwirrung weil Frank sich sehr lange zurückhält und keinem vertraut. Oft ist Frank in Situationen die auch mit der aktuellen Politik in England zusammenhängen, aber das ganze gesellschaftliche Geschehen geht, leider, etwas unter Frank seiner Geschichte unter. Ich hätte mir hier ein besseres und mehr Raum für das Bild der Politik und Gesellschaft gewünscht.
Trotzdem hat mich das Buch fesseln und in seinen Grundsätzen begeistern können und für alle die sich für diese Art Buch und die Geschichte interessieren ist es kein Fehler „Feindesland“ kennenzulernen.
„Wenn eine Partei dir weismachen will, dass in der Politik nationale Identität wichtiger ist als alles andere, dass der Nationalismus alle Probleme lösen kann, dann musst du aufpassen, denn dann findest du zügig den Weg in den Faschismus. Und selbst wenn das nicht der Fall ist: Alleine die Vorstellung, dass Nationalität eine Art Zauber ausübt, der alle anderen Probleme zum Verschwinden bringen kann, ist ebenso logisch wie der Glaube an den Weihnachtsmann. Und natürlich brauchen Nationalisten immer ein Feindbild, die Engländer oder die Franzosen oder die Juden, es muss immer einen Bösewicht geben, der an allen Problemen schuld ist“. (Seite 499)

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