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Veröffentlicht am 29.11.2021

Diana – die zerrissene Prinzessin

Diana (Ikonen ihrer Zeit 5)
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Wenn das Wort Ikone auf einen Menschen zutrifft, dann ja wohl auf Prinzessin Diana. Noch immer streiten sich die Geister darüber, ob sie sich ihrer immensen Ausstrahlung gar nicht bewusst war oder ob sie ...

Wenn das Wort Ikone auf einen Menschen zutrifft, dann ja wohl auf Prinzessin Diana. Noch immer streiten sich die Geister darüber, ob sie sich ihrer immensen Ausstrahlung gar nicht bewusst war oder ob sie sie äußerst gezielt für ihr Image eingesetzt hat.

 

Dieses Buch versucht die Privatperson Diana darzustellen und ihr Wesen in einer fiktiven Romanbiografie einzufangen. Dass dies bei einer Frau mit einer so komplexen Geschichte nicht  vollumfänglich gelingen kann, überrascht dabei nicht (und das möchte ich hier auch ausdrücklich nicht kritisieren). Denn die Berichterstattung über Diana war schon immer äußerst ambivalent - von Schlammschlacht bis Vergötterung ist alles dabei und daher für Außenstehende äußerst schwierig zu recherchieren.

 

In diesem Roman ist Diana eine junge Frau, die – kaum den Kinderschuhen entwachsen – vor eine schier unlösbare Aufgabe gestellt wird: sie soll der strahlende Stern am Himmel der britischen Monarchie werden, allerdings bitteschön ohne ihren Mann in den Schatten zu stellen (einen Mann, wohlgemerkt, der vor ihren Augen eine Beziehung zu einer anderen, verheirateten Frau pflegt).

 

Diana hat also eine denkbar schlechte Ausgangsposition, aber die Naivität ihrer gerade mal 19 Jahre und der verlockende Glamour des Königshauses lassen sie ihre Zweifel hinten anstellen: sie heiratet Charles und meint, ihre Ehe trotzdem zu einer erfolgreichen und liebevollen machen zu können. Ob Diana das damals wirklich so empfand, kann ich nicht einschätzen. Es liegt aber angesichts ihres zarten Alters nahe – mit 19 hat man noch Träume…

 

Wie im Buch dargestellt, wird der Palast für die junge und lebenshungrige Prinzessin aber schnell zum goldenen Käfig. Diana scheitert an den strengen Protokollvorgaben, an der Unnahbarkeit ihrer „neuen“ Familie und ihrer eigenen Sensibilität – die, wenn man ihr späteres Tätigkeitsfeld im Wohltätigkeitsbereich betrachtet, eigentlich ihr größtes Potential ist.

 

Die Autorin lässt Diana sehr viel zweifeln und immer wieder Versuche der Emanzipation durchleben. Diese Darstellung hat mir allerdings nicht ganz so gut gefallen. Das Schema war immer das Gleiche. Der Ton war jeweils in etwa: Plötzlich wusste Diana, weshalb sie sich immer klein gefühlt hatte! Diese Erkenntnis gab ihr Kraft – und sie wusste, dass sie ab jetzt dieses/jenes anders machen musste. Aber - surprise, surprise – dann ist sie einige Monate/Jahre später wieder an genau dem gleichen Punkt. Mit denselben Zweifeln, denselben Klagen, denselben Problemen. Und wieder hat sie „DIE“ Erkenntnis, lebt fortan danach… und steht erneut vorm gleichen Problem. Das las sich ein bisschen wie „und täglich grüßt das Murmeltier“. Es mag sein, dass Diana die grundsätzlichen Probleme ihrer Ehe nie in den Griff bekommen hat. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie immer wieder meinte, DEN Knackpunkt gefunden zu haben und immer wieder so daneben lag.

 

Fakt ist: sie war in ihrer Ehe todunglücklich, war ja zu diesem Zeitpunkt erst in ihren Zwanzigern und sehnte sich nach einer erfüllten Beziehung. Daher war es kein Wunder, dass sie irgendwann ebenfalls eine Affäre begann – mit einem Offizier. Dass sie in dieser Zeit sehr glücklich gewesen sein muss und wirklich über beide Ohren in James Hewitt verliebt war, darin scheinen sich alle Quellen einig zu sein. Die Darstellung hier im Buch war mir persönlich allerdings zu schwülstig. Diana errötet bei jedem Blick von James und hat permanent sexualisierte Gedanken, derer sie kaum Herr wird. Das war mir zuviel. Hier wäre aus meiner Sicht weniger mehr gewesen.

 

Erzählt wird Dianas Geschichte bis zu ihrer endgültigen Abnabelung vom Königshaus im Jahr 1996 durch ihre Scheidung. Dass sie danach leider nur noch ein Jahr zu leben hatte und die Umstände ihres Todes werden nur kurz im Nachwort erwähnt.

 

 

 

Fazit:

 

Dianas Entwicklung vom jungen, verschüchterten Mädchen zur Prinzessin, die bewusst die Medien für ihre Zwecke einsetzt und sich vom Königshaus abnabelt, ist auf jeden Fall lesenswert. Wer aber Staffel 4 von The Crown gesehen hat, wird zumindest in der ersten Hälfte dieses Buches wahrscheinlich keinen Mehrwert finden. Dennoch - wer sich für Dianas Leben interessiert, kann sich hier noch einmal einen guten Überblick in leicht zu lesender Romanform verschaffen.

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Veröffentlicht am 28.11.2021

Das Grand Hotel mit dem märchenhaften Charme

Willkommen im kleinen Grandhotel
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Es gibt Bücher, bei denen man nach 20 Seiten weiß: das ist genau meins. Oder bei denen man nach 20 Seiten weiß: ich leg es lieber beiseite. Und dann gibt es Bücher wie dieses – bei denen das Lesen einer ...

Es gibt Bücher, bei denen man nach 20 Seiten weiß: das ist genau meins. Oder bei denen man nach 20 Seiten weiß: ich leg es lieber beiseite. Und dann gibt es Bücher wie dieses – bei denen das Lesen einer Achterbahnfahrt gleicht.

 

Zu Beginn war ich völlig hingerissen von dem Setting, den Figuren und dem magischen Touch, den die Geschichte vermittelt. Die mysteriöse Einladung, die Charlotte in ihrem Briefkasten findet, macht neugierig und man möchte zusammen mit Charlotte dem Geheimnis dieser Einladung auf die Spur kommen.

 

Charlotte fährt schließlich trotz ihrer Skepsis nach Schottland in das besagte „24 Charming Street“. Das kleine, aber sehr feine Hotel, in dem sogar der Premierminister Großbritanniens seine Weihnachtstage verbringt, hat einen geradezu magischen Charme und als Leser hat man das Gefühl, dass hier am Ende eine faustdicke Überraschung auf einen warten wird. Die Bediensteten sind sympathische Charaktere, wie kleine Heinzelmännchen versuchen sie den Gästen unaufdringlich jeden Wunsch zu erfüllen. Und auch Charlotte ist gerührt von der Art, wie sie umsorgt wird – wohl wissend, dass sie sich einen solchen Aufenthalt ohne die mysteriöse Einladung nie hätte leisten können. Umso gespannter wird man im Laufe des Buches, was denn wohl dahintersteckt.

 

Der Schreibstil des Buches war sein großer Pluspunkt. Die wunderbar warmherzige, aber auch witzige Erzählweise lässt immer wieder an ein „Weihnachtsmärchen“ denken, allerdings eins aus der heutigen Zeit. Oft hatte ich beim Lesen ein Schmunzeln auf den Lippen und habe mich sehr wohl gefühlt.

 

Nun könnte man denken – was für ein fantastisches Weihnachtsbuch! Aber hier kommen wir zum absoluten Manko des Buches: liebe Leser – erwartet nicht zuviel von der Auflösung. Ich bin mir nicht sicher, ob man es in einer Rezension verraten sollte (grundsätzlich eher nicht). Aber hier möchte ich Leser davor bewahren, die gleiche kalte Dusche zu erhalten wie ich und dann enttäuscht zu sein: Die Auflösung der vielen kleinen Geheimnisse findet nicht statt. Null. Nada. Niente. Stattdessen wird im letzten Drittel eine gewagte Story um die englische Thronfolge aufgebaut (der ich allerdings leider nicht so recht folgen konnte, das war mir etwas zu verworren – zumal nie Namen genannt werden, sondern nur Titel oder Zahlen. Es geht oft nur um „Nummer 4“ oder „den Duke of Sussex“.)

 

Um es kurz zusammenzufassen:

Die Autorin hat zu Beginn ihres Buches ein wunderschönes Setting erschaffen und einen Plot, der Lust auf das Entdecken der Geheimnisse rund um das zauberhafte kleine Hotel und seiner Angestellten macht. Doch das Ende, welches in den meisten Hinsichten sehr offen bleibt, ließ mich enttäuscht und ratlos zurück. 3 Sterne für einen Weihnachtsroman, der für meine Begriffe nicht rund war.

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Veröffentlicht am 21.11.2021

„Es kommt nicht darauf an, was man getan hat. Es kommt darauf an, was die Leute denken, was man getan hat.“

Wallis und Edward. Eine Liebe, stärker als die Krone
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Die Geschichte von Wallis Simpson, die die britische Monarchie in ihren bis dato wohl größten Skandal verwickelt hat, kennt in Großbritannien wohl jedes Kind. Bei uns im deutschsprachigen Raum könnte ich ...

Die Geschichte von Wallis Simpson, die die britische Monarchie in ihren bis dato wohl größten Skandal verwickelt hat, kennt in Großbritannien wohl jedes Kind. Bei uns im deutschsprachigen Raum könnte ich mir vorstellen, dass die jüngere Generation von ihr noch nie etwas gehört hat. Aber nach der Lektüre dieses Buches frage ich mich: stimmt die Geschichte wirklich so, wie sie von den Medien (oftmals einer Hetzjagd gleich) übermittelt wurde? War es wirklich die egoistische Wallis, die den britischen König dazu gebracht hat, sich zwischen ihr und der Krone zu entscheiden und letztlich abzudanken? Oder waren die wahren Beweggründe doch etwas andere?

 

Ich habe es nicht sofort gemerkt, aber im Laufe des Lesens wurde mir klar – dieses Buch bricht eine Lanze für Wallis Simpson, die von den Medien als rücksichtslose, selbstsüchtige, kaltherzige Frau dargestellt wird. Eine Frau, die den Prinzen manipuliert und für ihre Zwecke ausnutzt. Na, kommt euch daran irgendwas bekannt vor? 😉 Ich mein ja nur… (Sehr amüsant übrigens das Zitat am Ende des Buches, als Wallis dem jungen Prinz Charles gegenüber sinniert: „Das Letzte was diese Familie braucht, ist eine weitere geschiedene Frau. Und vor allem keine Amerikanerin.“) Ich musste schon sehr schmunzeln…

 

Das Buch beschäftigt sich sehr eingehend mit der Person Wallis und ihrem Lebensweg bis zu dem Tag, an dem König Edward abdankt. Dazwischen werden in kurzen, eingeschobenen Kapiteln Sequenzen vom Tag seiner Beerdigung eingeflochten. Ein Ereignis, bei dem Wallis – dann mit Ende 70 schon eine betagte Frau – anwesend sein will und doch immer noch Angst hat vor dem Echo, das ihre Anwesenheit in Windsor auslösen wird. Wie tief müssen die Kränkungen und Schmähungen gegangen sein!

 

Wallis‘ Geschichte ist wahrscheinlich voller Missverständnisse. Im Buch lässt die Autorin Lord Mountbatten Folgendes sagen: „So ist es nun mal mit der Geschichte, Wallis. Es kommt nicht darauf an, was Sie getan haben. Es kommt darauf an, was die Leute denken, was Sie getan haben.“

 

Wallis hatte kaum eine Chance, den monarchistisch verklärten Briten nahezubringen, was sie als Privatperson erkannt hatte: Edward wollte nicht König sein. Schon als Kronprinz machte er keinen Hehl daraus, dass er seinen Bruder Bertie und dessen Frau Elizabeth für das geeignetere Regentenpaar hielt. Er selbst war nicht verheiratet, wollte keine Kinder – ein No go in der Monarchie. Er hasste es, zu repräsentieren, wollte eigentlich die Monarchie reformieren – erkannte  aber gleichzeitig, dass das in der altehrwürdigen Institution ein hoffnungsloses Unterfangen war – zumal die Briten selbst es scheinbar nicht mittragen würden.

 

Und dann verliebte er sich unsterblich in Wallis Simpson, die bereits einmal geschieden und zu dem Zeitpunkt erneut verheiratet war. Wallis selbst hegte ebenfalls große Gefühle für den Prinzen. Aber ihr war auch bewusst, dass sie nicht standesgemäß für ihn war. Sie versuchte, die Dinge so zu arrangieren, dass sie und Edward ihre Liebe ausleben und gleichzeitig eine gewisse Diskretion wahren konnten. Doch Edward war wild entschlossen, sie zu heiraten. Sein Vater starb und pro forma war er nun König, wenn auch noch nicht offiziell gekrönt. Und da sah er plötzlich, dass Wallis ihm einen perfekten Ausweg aus seiner hoffnungslosen Situation bot: einen Grund, abzudanken.

 

Die Autorin Wendy Holden verklärt in ihrer Darstellung der Liebesgeschichte die Beziehung zwischen Edward und Wallis nicht. Edward ist nicht nur der liebeskranke Mann, der schlichtweg alles für die Frau seines Lebens tun würde. Ohne Frage – sie WAR die Liebe seines Lebens. Doch er war auch nicht dumm und hat sie vielleicht doch an einer Stelle instrumentalisiert und ihr damit wissentlich einen irreparablen Imageschaden zugefügt. Dass sie ihm das verziehen hat und ihr Leben lang an seiner Seite geblieben ist, dürfte zeigen, dass auch Wallis Edward über alle Maßen geliebt haben muss.

 

 

Fazit:

Wendy Holden erzählt facettenreich, vielschichtig und mitreißend eine der größten Liebesgeschichten des 20. Jahrhunderts – und stellt eine These auf, die Wallis Simpson zu großen Teilen von ihrer „Schuld“ an Edwards Abdankung rehabilitiert. Ein emotionales Statement dafür, dass nicht immer alles so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Unbedingt lesen!

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Veröffentlicht am 18.11.2021

Lady Hardcastle und das verstaubte Leben der anderen

Lady Hardcastle und der Tote im Wald
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Emily Hardcastle ist eine richtige englische Lady, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts, genauer gesagt im Jahr 1908, ihren Wohnsitz in ein beschauliches englisches Örtchen verlegt und dort vermeintlich ...

Emily Hardcastle ist eine richtige englische Lady, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts, genauer gesagt im Jahr 1908, ihren Wohnsitz in ein beschauliches englisches Örtchen verlegt und dort vermeintlich das gute Landleben genießt. Doch schnell wird beim Lesen/Hören klar: diese Lady und vor allem ihre Zofe Florence Armstrong sind anders.

 

Erzählt wird diese Cosy-crime-Geschichte aus der Sicht von Florence. Florence ist nur nach außen hin die Zofe, vielmehr jedoch eine ebenbürtige Gesellschafterin für Lady Hardcastle. So lässt sie in ihrer Erzählung durchaus die eine oder andere Spitze gegen ihre „Herrin“ los, wohl wissend, dass sie es sich erlauben kann. Sie ist von erstaunlicher Selbstsicherheit („ohne mich wäre Lady Hardcastle schon lange verhungert oder hätte sich versehentlich an ihrem Korsett erhängt“).

Die Beziehung zwischen Florence und Emily ist durchaus spannend, allerdings wird sie so dermaßen mit dem Holzhammer darauf getrimmt, die „Andersartigkeit“ ihres Verhältnisses zu betonen, dass es mich ein wenig genervt hat.

 

Dazu kam, dass der Titel des Buches (zumindest der deutsche) die Leser/Hörer ganz schön in die Irre führt meiner Meinung nach. Um den Toten im Wald geht es am Anfang mal und dann stirbt plötzlich während einer Gesellschaft im Ort ein Musiker und plötzlich hat man das Gefühl, das ganze Buch drehe sich nur um diesen Toten und die Aufklärung dieses Todesfalls. Der Tote im Wald wird erst kurz vor Ende des Buches wieder zum Thema. Für mich daher kein gelungener Titel für diesen Krimi. Ich hätte etwas gewählt, was näher am Orginaltitel ist, z. B. ein ironisches „Lady Hardcastle und das beschauliche Landleben“. Denn beschaulich ist, wie man schnell merkt, bei Lady Hardcastle so gar nichts…

 

Auch nicht ihre Vorgeschichte, die ab und zu kurz erwähnt wird und die – für meine Begriffe – noch viel interessanter schien als die Todesfälle im neuen Wohnort. Mehr als einmal habe ich mich bei der Erwähnung gefragt, wieso man das nur so kurz anreißt. Soll heißen: ich hätte viel lieber etwas über Lady Hardcastles Zeit in China gehört als über ihre „Ermittlungen“ in den jüngsten Todesfällen.

 

Für mich ein eher durchwachsener Start in eine neue Cosy-Crime-Reihe. Deshalb bin ich mir auch noch nicht sicher, ob sie weiterverfolgen werde.

 

 

 

 

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Veröffentlicht am 16.11.2021

Hulda vor einer großen Entscheidung

Fräulein Gold: Die Stunde der Frauen
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Wer die ersten Bände von Fräulein Gold kennt, der weiß: Hulda kann sich nicht raushalten. Sie ist Hebamme mit Leidenschaft, hat eine Meinung und verteidigt sie auch. Sie ist eine der wenigen Frauen, die ...

Wer die ersten Bände von Fräulein Gold kennt, der weiß: Hulda kann sich nicht raushalten. Sie ist Hebamme mit Leidenschaft, hat eine Meinung und verteidigt sie auch. Sie ist eine der wenigen Frauen, die 1925 in Berlin mit 30 immer noch unverheiratet sind und einem Beruf nachgehen. Doch ihr Gerechtigkeitssinn und ihr Bedürfnis zu helfen bringen sie immer wieder in schwierige, manchmal auch gefährliche, Situationen.

 

So auch diesmal. Hulda kann sich noch nicht recht dazu durchringen, den Weg für eine gemeinsame Zukunft mit dem Arzt Johann freizumachen. Zu sehr ängstigt sie die noble Herkunft ihres Liebsten und sie weiß, dass in diesen Kreisen eine Ehefrau nur schmückendes Beiwerk zu sein hat. Und obwohl Johann immer wieder betont sie nicht einschränken zu wollen, zweifelt Hulda. So wie sie schon immer gehadert hat, wenn es um ihre Liebesbeziehungen ging.

 

Auf einem Empfang bei Freunden von Johanns betuchter Familie kommt Hulda einem Skandal auf die Spur – ein Dienstmädchen wurde schwanger aus dem Haus gejagt. Was steckt dahinter und wieso ist sie im Besitz eines Gemäldes, das sie als ihre „Lebensversicherung“ bezeichnet? Hulda kann es wie immer nicht lassen und fängt an zu recherchieren…

 

Auch in diesem Band spielen wieder die Rolle der Frau in der Gesellschaft der 1920er Jahre und die Doppelmoral des § 218 eine entscheidende Rolle. An mehreren Beispielen aus den unterschiedlichsten Bereichen zeigt Anne Stern die Situation der Frauen in dieser Zeit auf und beschreibt, wie sich vereinzelt Widerstand regt. Doch wer auf Selbstbestimmung pocht, hat es schwer im Berlin des Jahres 1925.

 

Besonders gefesselt hat mich die Geschichte mal wieder durch die wunderbare Erzählkunst von Anne Stern. Sie beschreibt Alltagssituationen so plastisch und detailliert, dass man immer das Gefühl hat, an Huldas Seite durch Berlin zu gehen und die Stadt mit ihren Augen zu sehen. Das liebe ich an den Büchern der Reihe.

 

Während es Hulda erwartungsgemäß gelingt, das Geheimnis um das Dienstmädchen und ihr Gemälde aufzuklären, spitzt sich Huldas private Situation aber immer mehr zu. Es scheint unausweichlich, dass sie sich entscheiden muss – für oder gegen ein Leben (und eine Ehe) mit Johann Wenckow. Die letzten 100 Seiten halten hierzu einen Plottwist bereit, mit dem ich nicht gerechnet hatte – und der Huldas Situation völlig auf den Kopf stellt. Und nun warte ich sehnsüchtig darauf zu erfahren, wie es mit Hulda weitergeht – doch das wird leider erst im September 2022 aufgeklärt, wenn der 5. Band von Fräulein Gold erscheint.

 

Fazit:

Für mich neben dem Auftaktband das bisher beste Buch der Reihe, das vor allem durch seine bildhaften Schilderungen des Berliner Alltags im Jahr 1925 besticht. Anne Stern ist einfach eine großartige Erzählerin!

 

 

 

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