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Veröffentlicht am 15.12.2021

Turbulente „Schatzsuche“ im Sehnsuchtsland Kanada  

Das Flüstern des roten Ahorns
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Mit Hannah reisen wir in diesem Roman nach Kanada, in eine kleine Pension namens „Broken Heart“. Nun könnte man sich schon mal wundern, wie ein so trauriger Name zu einer Pension passt – aber das wäre ...

Mit Hannah reisen wir in diesem Roman nach Kanada, in eine kleine Pension namens „Broken Heart“. Nun könnte man sich schon mal wundern, wie ein so trauriger Name zu einer Pension passt – aber das wäre der Geschichte vorgegriffen, denn die Entstehungsgeschichte des Namens ist maßgeblich verbunden mit dem Familiengeheimnis, das hier im Laufe des Buches offenbart wird.

 

Die Sachlage stellt sich zunächst düster dar: Hannah reist zu ihrer Großmutter, um sie nach einem Unfall mit der Pension zu unterstützen – aber eigentlich hat sie sich mit ihr verstritten. Denn vor einigen Jahren wurden Hannah und ihre Mutter jäh aus ihrem Zuhause gedrängt, als der Vater (Sohn der besagten Großmutter) die Familie wegen einer anderen Frau verließ.

 

Schon auf den ersten Seiten des Buches heißt es „manchmal ist es nicht so, wie es auf den ersten Blick scheint, manchmal sind Taten, die man als böswillig auffasst, das ganze Gegenteil…“. Diese Ankündigung lässt die Leser schon sehr früh ahnen, dass die Ausgangssituation noch auf den Kopf gestellt wird. Mir war aber damit ein wenig die Spannung genommen, denn nun wusste ich schon nach wenigen Seiten, in welche Richtung sich die Geschichte bewegen würde.

 

Natürlich kommt auch die Liebe im Roman nicht zu kurz, denn Hannah kommt einem Gast der Pension, dem Engländer Nick, näher. Doch auch er trägt ein Geheimnis mit sich herum. Aufgrund dieses Geheimnisses ist Nick anfangs sehr launisch zu Hannah. Ich fand es zu überspitzt dargestellt, denn sein Verhalten hatte wirklich schon Züge von „manisch-depressiv“. Ich empfand das als einen Tick zu viel des Guten, auch wenn seine Beweggründe (die im Laufe der Geschichte ans Licht treten) nachvollziehbar sind.

 

Es ist wohl kein Geheimnis, wenn ich verrate, dass Hannah gegen Schluss des Buches noch einmal an der Liebe von Nick zweifelt (diese Wendung haben ja viele Romane in sich). Aber hier empfand ich es dramaturgisch nicht optimal umgesetzt, sondern sehr „gewollt“. Nick verwendet eine Formulierung, die Hannah sofort völlig missversteht. Nick stellt sich mit dieser Aussage aber betont tapsig an und Hannah stellt daraufhin sofort die Beziehung in Frage. Beide agieren hier aus meiner Sicht nicht besonders logisch. Es diente dem Spannungsaufbau vorm Happy End, war aber für mich wie gesagt nicht optimal gelöst.

 

Fazit:

Trotz meiner Ahnung, was es mit dem großen Geheimnis auf sich haben könnte, hat es die Autorin aber über das ganze Buch hinweg geschafft, dass ich neugierig und an der Geschichte dran geblieben bin – ein Beweis dafür, dass das Buch packend geschrieben ist. Für Kanada-Fans ist es sicherlich eine Bereicherung und wer auf wendungsreiche Liebesgeschichten steht, ist hier auch absolut richtig!

 

 

 

 

 

 

 

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Veröffentlicht am 13.12.2021

Diese Schwestern sind wie Pech und Schwefel

Der süße Himmel der Schwestern Lindholm
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Der „süße Himmel“ ist eine Institution in dem kleinen Ort in Schweden. Seit Jahrzehnten steht das Gartencafé für wunderbare Backtradition und schmackhafte Teilchen. So lernen wir das Café in der Gegenwart ...

Der „süße Himmel“ ist eine Institution in dem kleinen Ort in Schweden. Seit Jahrzehnten steht das Gartencafé für wunderbare Backtradition und schmackhafte Teilchen. So lernen wir das Café in der Gegenwart kennen und auch Britt und Elin, die es führen. Als plötzlich ein altes Buch mit Rezepten bei Britt auftaucht, öffnet sich das Tor in die Vergangenheit und die Geschichte des Cafés wird erzählt.

 

Soweit zur Rahmenhandlung. Leider tauchen Britt und Elin im weiteren Buch nicht nochmal auf, insofern ist es nur ein „halber Rahmen“.

 

Inhaltlich nimmt den größten Raum der historische Teil ein, der die Geschichte der Bäckerei und des Cafés in den Jahren 1936 bis 1940 erzählt – und damit auch die Geschichte der 5 jungen Schwestern Hannah, Matilda, Ingrid und den Zwillingen Ebba und Ulla. Die Schwestern halten zusammen wie Pech und Schwefel – und auch handfeste Streitereien und Liebesrivalitäten enden schnell wieder in schwesterlichem Einklang. So gesehen eine richtige Wohlfühlstory, die auch einiges an schwedischem Charme mitbringt. Mir waren die Schwestern allesamt sympathisch, auch wenn ich ihr zwischenmenschliches Beziehungsgeflecht gern noch intensiver beleuchtet gesehen hätte. Etwas gestutzt habe ich, als Ebba und Ulla selbst im Alter von 16-17 Jahren immer noch als „die Kinder“ behandelt wurden – auch von den wenig älteren Schwestern. Das blitzte öfters durch und kam mir etwas überspitzt vor. Klar, sie waren die Nesthäkchen, aber man muss auch bedenken, dass zu dieser Zeit viele junge Frauen in dem Alter schon fast ans Heiraten dachten.

 

Sehr gut und wenig klischeehaft dargestellt fand ich das Ringen der Familie um Zusammenhalt, während der Vater im 600km entfernten Kiruna arbeitete und sich dort unabhängig von seiner Familie quasi ein zweites Leben aufbaute. Ein nachvollziehbarer Handlungsstrang, der betont, wie schwierig die Situation vieler Familien damals war.

 

Man kann in diesem Roman wunderbar schwelgen, man sieht die rauhe, aber wunderschöne Landschaft Schwedens vor sich, man riecht die Leckereien aus der Backstube und würde sich am liebsten selbst einen Platz im Gartencafé suchen. Also definitiv  ein Buch zum Wegträumen und Relaxen!

 

Mich hätte dennoch die gesellschaftliche und politische Situation in dieser Zeit in Schweden noch mehr interessiert. Sie kam erst im letzten Drittel ein wenig zum Tragen, als es am Rande auch um den „Winterkrieg“ Finnlands mit der Sowjetunion ging, in dem Schweden nicht neutral blieb. Mich hätte auch dieser „Volksheim“-Gedanke interessiert, der in den 1930er Jahren einen schwedischen „Wohlfahrtsstaat“ generieren sollte. Ich kenne das nur aus meinem Schweden-Urlaub vom Namen her und hätte darüber gern mehr erfahren, aber es war leider im Roman kaum Thema.

 

Das Ende des Romans lässt für mich ein paar Fragen offen, und ungewöhnlich war auch, dass die Handlung nicht wieder den Bogen zurückschlägt in die Gegenwart. Daher habe ich den Eindruck, dass es noch eine Fortsetzung geben wird. Auch da werde ich gern wieder mit dabei sein um zu erleben, wie es mit den „Schwestern Fürchterlich“ (so nennen sie sich scherzhaft) weitergeht.

 

Fazit:

Ein wahrhaft süßer Roman mit viel Gefühl, dessen Hauptthema die Familie und weniger der geschichtliche Hintergrund ist. Wer historische Familienromane liebt, wird auch an diesem viel Freude haben. Wie immer bei Andrea Russo runden einige Rezepte das Buch ab.  

 

 

 

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Veröffentlicht am 05.12.2021

Komplexer Krimi, der eine Vielzahl von Fällen verbindet  

NATRIUM CHLORID
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Carl Morck und sein Sonderdezernat Q haben es auch in diesem Krimi nicht einfach. Nachdem im letzten Teil eher das Privatleben von Assad neben dem eigentlichen Fall im Mittelpunkt des Geschehens stand, ...

Carl Morck und sein Sonderdezernat Q haben es auch in diesem Krimi nicht einfach. Nachdem im letzten Teil eher das Privatleben von Assad neben dem eigentlichen Fall im Mittelpunkt des Geschehens stand, ist es diesmal Carl, dessen Leben auf den Kopf gestellt wird.

 

Nicht nur, dass er und sein Team einem Serienmörder auf die Spur kommen, der offenbar seit Jahrzehnten sein Unwesen treibt und dem zahlreiche bisher ungelöste Fälle zugeordnet werden können – plötzlich rückt Carl selbst ins Visier von Ermittlern, als auf seinem Dachboden ein Koffer mit Drogen und sehr viel Geld gefunden wird. Das alles schlägt den Bogen zurück zum ersten Fall des Sonderdezernats Q.

 

Man sollte dieses Buch also nicht gerade ohne Vorkenntnisse der Reihe lesen, aber ich denke, die wenigsten Leser werden „Neulinge“ sein. Dennoch muss man die Gedanken zusammenhalten und vielleicht gelegentlich sogar ein Blatt Papier und einen Stift zur Hand haben. Denn das Team führt in kurzer Zeit so viele Fälle zusammen, dass man leicht den Überblick darüber verlieren kann, welche Person wann mit welchem Fall zu tun hatte. Natürlich ist die Geschichte dadurch äußerst komplex und man merkt Jussi Adler-Olsen an, wie routiniert er mittlerweile solche vielschichtigen Plots beherrscht. Dennoch frage ich mich, ob dieser Fall, der sich zu einer riesigen Fall-Serie entwickelt, unbedingt parallel zu Carls Verstrickung in den alten „Druckluftnagler-Fall“ erzählt werden musste. Das verlangt den Lesern schon einiges ab.

 

Darüber hinaus habe ich mich gefragt, ob die wenigen Bruchstücke, die die Ermittler am Anfang zur Verfügung haben, sie wirklich auf die Spur dieser jahrzehntelangen Mordserie (und deren Zusammenhänge) bringen konnten. Teilweise empfand ich es schon als etwas weit hergeholt.

 

Positiv ist mir aber aufgefallen, dass der Autor die jüngsten Geschehnisse auf diesem Planeten nicht ignoriert (wie so viele seiner Berufskollegen). In vielen Büchern herrscht nach wie vor eitel Sonnenschein, was das Vorkommen diverser Viren betrifft… kaum ein Autor macht sich die Mühe, die aktuelle Corona-Situation einzubinden. Nicht so Jussi Adler-Olsen. Er lässt seine Protagonisten im Dezember 2020 Mund-Nasen-Schutz tragen und fluchen, weil so viele Kollegen wie möglich ins Homeoffice „ausgelagert“ sind. Genau so, wie sich die Situation nun mal darstellte. Es hat mich positiv überrascht, dass der Autor nicht versucht hat, einen Kniff zu finden, um die ganze Corona-Situation außen vor lassen zu können, sondern dies einbezogen hat, auch wenn es das Schreiben des Romans sicherlich nicht einfacher gemacht hat.

 

Neben dem Showdown, den jeder gute Krimi bzw. Thriller in Bezug auf den dargestellten Fall hat, spitzt sich die Lage diesmal auch für Carl dramatisch zu. Jussi Adler-Olsen lässt seine Fans diesbezüglich mit einem ordentlichen Cliffhanger zurück, so dass klar sein dürfte: mindestens ein neues Buch wird es noch geben zum Sonderdezernat Q. Und die große Frage ist: wie geht es mit Carl weiter?

 

Alles in allem hat mich dieser 9. Fall für das Sonderdezernat Q wieder gut unterhalten, auch wenn die Handlung(en) diesmal nah an der Grenze zu „too much“ lagen. Dennoch – nach dem bösen Cliffhanger am Ende muss ich wissen, wie es weitergeht und warte gespannt auf den nächsten Band!


 

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Veröffentlicht am 29.11.2021

Diana – die zerrissene Prinzessin

Diana (Ikonen ihrer Zeit 5)
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Wenn das Wort Ikone auf einen Menschen zutrifft, dann ja wohl auf Prinzessin Diana. Noch immer streiten sich die Geister darüber, ob sie sich ihrer immensen Ausstrahlung gar nicht bewusst war oder ob sie ...

Wenn das Wort Ikone auf einen Menschen zutrifft, dann ja wohl auf Prinzessin Diana. Noch immer streiten sich die Geister darüber, ob sie sich ihrer immensen Ausstrahlung gar nicht bewusst war oder ob sie sie äußerst gezielt für ihr Image eingesetzt hat.

 

Dieses Buch versucht die Privatperson Diana darzustellen und ihr Wesen in einer fiktiven Romanbiografie einzufangen. Dass dies bei einer Frau mit einer so komplexen Geschichte nicht  vollumfänglich gelingen kann, überrascht dabei nicht (und das möchte ich hier auch ausdrücklich nicht kritisieren). Denn die Berichterstattung über Diana war schon immer äußerst ambivalent - von Schlammschlacht bis Vergötterung ist alles dabei und daher für Außenstehende äußerst schwierig zu recherchieren.

 

In diesem Roman ist Diana eine junge Frau, die – kaum den Kinderschuhen entwachsen – vor eine schier unlösbare Aufgabe gestellt wird: sie soll der strahlende Stern am Himmel der britischen Monarchie werden, allerdings bitteschön ohne ihren Mann in den Schatten zu stellen (einen Mann, wohlgemerkt, der vor ihren Augen eine Beziehung zu einer anderen, verheirateten Frau pflegt).

 

Diana hat also eine denkbar schlechte Ausgangsposition, aber die Naivität ihrer gerade mal 19 Jahre und der verlockende Glamour des Königshauses lassen sie ihre Zweifel hinten anstellen: sie heiratet Charles und meint, ihre Ehe trotzdem zu einer erfolgreichen und liebevollen machen zu können. Ob Diana das damals wirklich so empfand, kann ich nicht einschätzen. Es liegt aber angesichts ihres zarten Alters nahe – mit 19 hat man noch Träume…

 

Wie im Buch dargestellt, wird der Palast für die junge und lebenshungrige Prinzessin aber schnell zum goldenen Käfig. Diana scheitert an den strengen Protokollvorgaben, an der Unnahbarkeit ihrer „neuen“ Familie und ihrer eigenen Sensibilität – die, wenn man ihr späteres Tätigkeitsfeld im Wohltätigkeitsbereich betrachtet, eigentlich ihr größtes Potential ist.

 

Die Autorin lässt Diana sehr viel zweifeln und immer wieder Versuche der Emanzipation durchleben. Diese Darstellung hat mir allerdings nicht ganz so gut gefallen. Das Schema war immer das Gleiche. Der Ton war jeweils in etwa: Plötzlich wusste Diana, weshalb sie sich immer klein gefühlt hatte! Diese Erkenntnis gab ihr Kraft – und sie wusste, dass sie ab jetzt dieses/jenes anders machen musste. Aber - surprise, surprise – dann ist sie einige Monate/Jahre später wieder an genau dem gleichen Punkt. Mit denselben Zweifeln, denselben Klagen, denselben Problemen. Und wieder hat sie „DIE“ Erkenntnis, lebt fortan danach… und steht erneut vorm gleichen Problem. Das las sich ein bisschen wie „und täglich grüßt das Murmeltier“. Es mag sein, dass Diana die grundsätzlichen Probleme ihrer Ehe nie in den Griff bekommen hat. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie immer wieder meinte, DEN Knackpunkt gefunden zu haben und immer wieder so daneben lag.

 

Fakt ist: sie war in ihrer Ehe todunglücklich, war ja zu diesem Zeitpunkt erst in ihren Zwanzigern und sehnte sich nach einer erfüllten Beziehung. Daher war es kein Wunder, dass sie irgendwann ebenfalls eine Affäre begann – mit einem Offizier. Dass sie in dieser Zeit sehr glücklich gewesen sein muss und wirklich über beide Ohren in James Hewitt verliebt war, darin scheinen sich alle Quellen einig zu sein. Die Darstellung hier im Buch war mir persönlich allerdings zu schwülstig. Diana errötet bei jedem Blick von James und hat permanent sexualisierte Gedanken, derer sie kaum Herr wird. Das war mir zuviel. Hier wäre aus meiner Sicht weniger mehr gewesen.

 

Erzählt wird Dianas Geschichte bis zu ihrer endgültigen Abnabelung vom Königshaus im Jahr 1996 durch ihre Scheidung. Dass sie danach leider nur noch ein Jahr zu leben hatte und die Umstände ihres Todes werden nur kurz im Nachwort erwähnt.

 

 

 

Fazit:

 

Dianas Entwicklung vom jungen, verschüchterten Mädchen zur Prinzessin, die bewusst die Medien für ihre Zwecke einsetzt und sich vom Königshaus abnabelt, ist auf jeden Fall lesenswert. Wer aber Staffel 4 von The Crown gesehen hat, wird zumindest in der ersten Hälfte dieses Buches wahrscheinlich keinen Mehrwert finden. Dennoch - wer sich für Dianas Leben interessiert, kann sich hier noch einmal einen guten Überblick in leicht zu lesender Romanform verschaffen.

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Veröffentlicht am 05.11.2021

Das Lesen, ein großes Vergnügen

Polizeiärztin Magda Fuchs – Das Leben, ein großer Rausch
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Oje, ich hatte ganz vergessen, wie viele Figuren es in dieser Reihe gibt… Es hat ne Weile gedauert, bis ich wieder „drin“ war in der Geschichte, aber dann war es (wieder) ein großes Lesevergnügen. Hier ...

Oje, ich hatte ganz vergessen, wie viele Figuren es in dieser Reihe gibt… Es hat ne Weile gedauert, bis ich wieder „drin“ war in der Geschichte, aber dann war es (wieder) ein großes Lesevergnügen. Hier meine Gedanken zum Buch:

 

·        Ich fürchte, für „Neueinsteiger“ ist Band 2 nix. Durch die Flut an Charakteren, die selbst für mich (die Band 1 gelesen hat) schwierig zu sortieren waren, kommt man da nicht ganz mit. Also lieber wirklich die Reihe von Anfang an lesen.

 

·        Magda ist insofern für mich ein außergewöhnlicher Charakter, weil sie so fest zu ihrer Meinung steht. In solchen historischen Schmökern wird die Ärztin gern zur Abtreibungsbefürworterin (und führt dann selbst Eingriffe durch), weil sie „die Frauen selbst über sich bestimmen lassen möchte“ – Stichwort Emanzipation. Nicht so Magda. Magda ist trotz fortschrittlicher Denkweise ein Kind ihrer Zeit und Abtreibungsgegnerin. Sie steht dazu und lässt sich nicht durch Geld und gute Worte umstimmen. Selbst als die Frauen danach andere Auswege suchen und das mehrmals ordentlich schief geht, bleibt Magda konsequent und sagt von sich sie habe das Richtige getan. Einerseits faszinierend, andererseits würden viele dann von Schuldgefühlen übermannt werden. An dieser Stelle war ich mir nicht so sicher, ob ich Magda mag oder nicht. Aber: das ist mal keine 0815-Protagonistin! Sehr gut!

 

·        Dafür fand ich Doris ein wenig nah an der Klischeefalle. Das Stummfilmsternchen, das immer ein wenig zu naiv und zu überdreht daherkommt – quasi die Evelyn Burdecki der 1920er – wirkte auf mich leider etwas stereotyp. Es scheint zwar so, als sei sie hinter ihrer Maskerade ein anderer Mensch, aber die Autoren lassen die Leser kaum dahinter schauen. Aber vielleicht wird das ja im dritten Band noch anders? Ich würde mich freuen.

 

·        Ansonsten kommen die „typischen“ Themen der 1920er Jahre auf den Tisch. Hyperinflation, Rechtsruck, Judenverfolgung, Kokainsucht im „Babylon Berlin“… das ist, wenn man schon ein paar Bücher dieser Art gelesen oder Serien über die Zeit gesehen hat, nichts Neues. Aber es ist fesselnd erzählt und gibt ein nachvollziehbares Bild der Stadt und ihrer Bewohner. Auch die Lebensumstände im Scheunenviertel sind wieder präsent, wenn auch nicht so vordergründig wie im ersten Teil.

 

Du solltest das Buch lesen, wenn

 

·        du schöne, historische Schmöker magst, die gern auch mal etwas umfangreicher sein dürfen.

·        du Protagonistinnen  mit Charakter magst, die nicht immer die „typischen“ Meinungen vertreten.

·        du dich für die Lebensverhältnisse der 1920er Jahre interessierst.

 

 

 

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