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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.02.2019

Wo beginnt Schuld? Wo endet Menschlichkeit?

Deutsches Haus
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Dieser Roman thematisiert eins der dunkelsten Kapitel deutsch-polnischer Geschichte: das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Die junge Dolmetscherin Eva kommt mehr oder weniger durch ...

Dieser Roman thematisiert eins der dunkelsten Kapitel deutsch-polnischer Geschichte: das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Die junge Dolmetscherin Eva kommt mehr oder weniger durch Zufall dazu, beim Prozess gegen ehemalige Kommandanten und Angestellte des Lagers zu übersetzen. Was sie dort erfährt, geht ihr nahe und bringt sie um den Schlaf. Noch ahnt sie nicht, dass auch ihr eigenes Leben eine Verbindung nach Auschwitz hat.

Eva wird als eher zurückhaltende junge Frau dargestellt, die zunächst leicht zu beeindrucken und leicht zu führen ist. Ihr Verlobter, ein reicher Versandhauserbe, schätzt genau das: eine Frau, die ihm zu Willen ist. Im Laufe des Buches entwickelt Eva aber Selbstbewusstsein, was zu großen Konflikten führt. Nicht nur ihr Verlobter, auch ihre Eltern und ihre Schwester lernen neue Seiten an ihr kennen.
Seinen Höhepunkt erreicht die Geschichte, als Eva das Geheimnis ihrer Familie herausfindet und sämtliche Wert- und Moralvorstellungen in Frage stellt. Das ist der Dreh-und Angelpunkt dieser Geschichte: Wo beginnt Schuld? Und wo endet Menschlichkeit? Das Buch liefert einen Ausgangspunkt für eigene Gedanken – wie hätte man selbst sich verhalten? Welchen Weg wäre man gegangen in einer Gesellschaft, die von blindem Gehorsam und Aktionismus lebte? Ein schwieriges Thema, das sich aber lohnt zu hinterfragen .
Auch wenn ich Evas Bestrebungen und ihre Moralvorstellungen absolut unterstreichen kann, habe ich doch beim Lesen leider keine richtige Verbindung zu ihr aufbauen können. Das ist der Grund, weshalb ich das Buch nicht mit 5, sondern „nur“ mit 4 Sternen bewerte – Eva war beim Lesen eine spannende Figur, aber keine Freundin für mich.

Davon aber ganz abgesehen – mit diesem Buch sollte sich einfach jeder einmal beschäftigt haben.

Veröffentlicht am 24.02.2019

Das Beste kommt zum Schluss!

Gut Greifenau - Morgenröte
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Dieser Spruch bewahrheitet sich beim Abschlussband der Gut-Greifenau-Saga. Das Buch ist für mich das Beste der drei Romane, denn es beinhaltet eine unheimlich dichte und spannende Geschichte vor einem ...

Dieser Spruch bewahrheitet sich beim Abschlussband der Gut-Greifenau-Saga. Das Buch ist für mich das Beste der drei Romane, denn es beinhaltet eine unheimlich dichte und spannende Geschichte vor einem sehr gut recherchierten historischen Hintergrund (Ende des 1. Weltkriegs / Beginn der Weimarer Republik). In diesem Band machen einige der Figuren erstaunliche persönliche Entwicklungen durch und man fiebert mit ihnen und hofft, dass sie ihr persönliches Glück finden werden.

Man muss natürlich auch bedenken, dass bei zwei Vorgängerbänden (wo die Geschichten ja schon ausführlich vorbereitet werden können) der Abschlussband viel komplexer daherkommen kann als ein einzelner Roman. Aber hier muss ich wirklich sagen: es lohnt sich, die Romane nacheinander zu lesen und immer tiefer in die Welt um Gut Greifenau einzutauchen. Mir hat es jedenfalls sehr viel Spaß gemacht und ich kann die Romane jedem empfehlen, der sowohl unterhalten werden als auch sein Wissen über die Zeit des 1. Weltkriegs vertiefen möchte.

Ich bin schon etwas traurig, dass dies nun der Abschluss der Trilogie war und ich mich von den lieb gewonnenen Figuren verabschieden muss. Ich kann nur hoffen, dass Hanna Caspian bald wieder eine Idee für eine ähnlich fulminante Geschichte hat – auch gern wieder als mehrbändige Saga angelegt. Oder vielleicht gibt es doch noch mehr über Gut Greifenau zu erzählen, zum Beispiel in der Zeit des Nationalsozialismus? Ich jedenfalls würde mich sehr drüber freuen….

Veröffentlicht am 07.02.2019

Die Melancholie des hohen Nordens

Die Glocke im See
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Für diesen Roman sollte man sich etwas Zeit lassen. Es ist definitiv kein Buch, das man einfach so „wegschnurbsen“ kann. Schon am Anfang, als mit einer Legende aus dem Tal um Butangen in die Geschichte ...

Für diesen Roman sollte man sich etwas Zeit lassen. Es ist definitiv kein Buch, das man einfach so „wegschnurbsen“ kann. Schon am Anfang, als mit einer Legende aus dem Tal um Butangen in die Geschichte eingeführt wurde, wusste ich: dieses Buch ist „anders“. Und so war es dann auch.

Ich gebe zu, der Einstieg war für mich etwas zäh, ich musste mich an den Schreibstil des Autors gewöhnen und bin zunächst nicht ganz warm geworden damit. Aber als es dann in die eigentliche Story ging und die Hauptpersonen auftraten, wurde alles plötzlich verständlicher und greifbarer. Über die fast 500 Seiten mauserte sich das Buch sogar zu einem mitreißenden Pageturner.

Der Autor bleibt mit der Geschichte und seiner Erzählweise dem treu, was ich als typisch skandinavisch bezeichnen würde: ehrlich, manchmal etwas spröde und dann manchmal auch wieder sehr poetisch. Für mich fängt er diese immer mitschwingende Melancholie des hohen Nordens sehr gut ein. Die eiskalten Winter, die langen dunklen Nächte, aber auch die überbordende Freude, wenn im April der Frühling ins Tal zieht. Die Natur und das Leben mit der Natur spielen hier eine große Rolle und wer mehr darüber erfahren will, wie es im Norwegen des späten 19. Jahrhunderts zuging, wird hier fündig.

Besonders faszinierend fand ich die Geschichte und Mystik der norwegischen Stabkirchen, die hier auch ausführlich behandelt werden. Damit hatte ich mich bisher noch nie beschäftigt und so war der Roman für mich auch ein kleines Lehrbuch in Geschichte und Architektur. Und dass meine Wahlheimat Dresden eine große Rolle spielt, war das Schmankerl, das noch obendrauf kam.

Wer sich nicht vor der etwas schwermütigen Grundstimmung scheut, könnte mit diesem Buch eine kleine Leseperle entdecken.

Veröffentlicht am 04.02.2019

Mitreißender 2. Teil der Gutshof-Saga

Gut Greifenau - Nachtfeuer
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Der zweite Teil dieser Familiensaga beleuchtet die Zeit des 1. Weltkriegs von 1914 bis 1918. Während die beiden ältesten Söhne im Krieg kämpfen, ist der jüngste (Alexander) aufgrund einer Beinverletzung ...

Der zweite Teil dieser Familiensaga beleuchtet die Zeit des 1. Weltkriegs von 1914 bis 1918. Während die beiden ältesten Söhne im Krieg kämpfen, ist der jüngste (Alexander) aufgrund einer Beinverletzung zunächst kriegsuntauglich. Doch irgendwann bricht der Wahnsinn des Krieges auch über ihn herein… Katharina, die jüngste Tochter des Gutes, soll nach wie vor mit dem kaiserlichen Vewandten Ludwig verheiratet werden, um gesellschaftlich aufzusteigen. Sie selbst jedoch kennt Ludwig bereits von seiner schlechtesten Seite und schmiedet Pläne, um dieser Hochzeit zu entgehen…

Auch diesmal ist Gut Greifenau wieder Schauplatz vieler Intrigen, Irrungen & Wirrungen. Mit ihrer bildlichen Sprache schafft es die Autorin, den Leser sofort mitten ins Geschehen zu ziehen. Sie weckt Sympathien und Antipathien – allerdings werden bei einigen Figuren auch Klischees gut bedient. Nicht bei allen der recht vielen Haupt- und Nebenfiguren gelingt es ihr, eine Differenzierung im Charakter zu schaffen. Denn gerade in Kriegszeiten ist kaum jemand nur gut oder nur böse, nur Opfer oder nur Täter.

Wie immer hat mich die Geschichte mitgerissen und ich habe jede Minute der gut 17 Stunden Hörbuch genossen. Nun freue ich mich auf den Abschlussband, der ja bereits für Anfang März angekündigt und meines Wissens als Kindle-Edition bei Amazon bereits erhältlich ist, und bin gespannt, ob die jungen Leute von Gut Greifenau ihr Glück finden werden.

Veröffentlicht am 02.02.2019

Wer vertraut, verliert...

Roter Rabe
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Mit dem 4. Teil der Max-Heller-Reihe sind wir in den 1950er Jahren angekommen. Die DDR steckt in den Kinderschuhen, die Mächte drum herum versuchen nach wie vor, ihren Einfluss geltend zu machen. Kriminalkommissar ...

Mit dem 4. Teil der Max-Heller-Reihe sind wir in den 1950er Jahren angekommen. Die DDR steckt in den Kinderschuhen, die Mächte drum herum versuchen nach wie vor, ihren Einfluss geltend zu machen. Kriminalkommissar Max Heller hat es nicht leicht zwischen den Geheimdienstspitzeln verschiedener Länder. Und mit dem (angeblichen) Selbstmord zweier Zeugen Jehovas im Gefängnis beginnt für ihn ein Katz-und-Maus-Spiel, in dessen Mittelpunkt „der Rabe“ rückt, ein berüchtigter Agent, von dem nur Gerüchte im Umlauf sind und dessen wahre Identität und Nationalität niemand kennt.

Man sieht also – es ist keine einfache Krimikost, die dem Leser hier geboten wird, sondern eher ein Agententhriller. Man muss schon mitdenken und wird hineingerissen in einen Strudel aus Lügen, Intrigen und Machtspielen. Frank Goldammer ist es gelungen, den Leser nicht nur als Beobachter in den Kalten Krieg zu führen, sondern ihn quasi mitten hinein zu schubsen. Irgendwann wusste auch ich beim Lesen nicht mehr – wem kann man vertrauen? Kann man überhaupt jemandem vertrauen im Dresden des Jahres 1951?
In einer Nebenhandlung wird die private Geschichte der Familie Heller weitererzählt – diesmal allerdings sehr fokussiert auf Heller und seine Frau. Es geht vorrangig darum, dass sie ein Besuchervisum für den Westen bekommen hat und den ausgereisten Sohn besucht, während Heller Zweifel kommen, ob seine Frau überhaupt wieder in den Osten zurückkehrt.

Leider wird in diesem Teil kaum auf Hellers anderen Sohn eingegangen, der sich zum systemtreuen SED’ler gemausert hat und wohl eine große Karriere beim MfS anstrebt. Im letzten Band waren da Konflikte zwischen Vater und Sohn offenbar geworden und ich hatte mich darauf gefreut zu lesen, wie es zwischen den beiden weitergeht. Schade, dass das diesmal so gar kein Thema war… jetzt hoffe ich, dass es im nächsten Band wieder mehr in den Mittelpunkt rückt.

Insgesamt habe ich auch diesen Band wieder sehr genossen – wenn auch nicht ganz so sehr, wie das Vorgängerbuch. Ich werde aber auf jeden Fall die Reihe weiterverfolgen und freue mich schon auf ein neues Krimiabenteuer mit Max Heller.