Ein großes Familienepos, das unheimlich fesselt
Die Hafenschwester (3)Der dritte Teil der „Hafenschwester“-Reihe führt die Familiensaga zu einem fulminanten Abschluss. Wir begleiten Martha, Paul sowie ihre Kinder und Enkel in der Zeit zwischen 1920 und dem Ende des Zweiten ...
Der dritte Teil der „Hafenschwester“-Reihe führt die Familiensaga zu einem fulminanten Abschluss. Wir begleiten Martha, Paul sowie ihre Kinder und Enkel in der Zeit zwischen 1920 und dem Ende des Zweiten Weltkriegs. In dieser Zeit ist die Geschichte der Familie Studt von großen Einschnitten und von vielen Veränderungen geprägt, von Verlusten, aber auch von glücklichen Zeiten zwischendurch.
Dieser letzte umfangreiche Band erzählt einen großen Zeitabschnitt, was die Geschichte abwechslungsreich und dynamisch macht. Im Mittelpunkt steht nun nicht mehr nur Martha, sondern vor allem sind es ihre Kinder Rudi, Alfred und Ella, die in den Fokus rücken. Und die Autorin hat die Werdegänge der Kinder so gestrickt, dass man als Leser die gesellschaftlichen Umstände und z. T. auch Zwänge hautnah miterlebt. Deshalb muss ich hier vor allem Melanie Metzenthin ein großes Lob dafür aussprechen, wie sie die Geschichte konstruiert hat. Nichts wirkt unglaubwürdig und trotzdem entwickelt sich eine äußerst komplexe Geschichte, in der viele kleine Rädchen ineinander greifen und zu einem großen Ganzen werden.
Am meisten beeindruckt hat mich der Lebensweg von Alfred, genannt Fredi, der als Kriminalkommissar bei der Hamburger Polizei im aufkommenden Nationalsozialismus bald keine klare Position mehr beziehen kann. Dass er das NS-Regime verabscheut, kann er nicht offen sagen und so verstrickt er sich in eine Lügengeschichte, bei der er immer mit einem Bein im KZ steht. Nach außen hin gibt er das linientreue Parteimitglied, während er hinter den Kulissen ein Netzwerk aufbaut, das politisch Verfolgte rettet. Die Entscheidungen, die er treffen muss um seine Familie zu schützen, sind oft zweischneidig. Dennoch gelingt es der Autorin, seine Figur als charakterstark und sympathisch darzustellen. Natürlich klingt das ein wenig nach Klischee, der starke Widerstandskämpfer, der am Schluss sogar seine Karriere opfert, um andere nicht zu verraten… aber seine Figur hat trotzdem Facetten und wirkt nicht einfach nur glatt oder stereotyp.
Neben den Geschehnissen, in die die Familie verstrickt ist, spielt natürlich insbesondere das politische und gesellschaftliche Umfeld eine große Rolle und hier entfaltet sich ein weiteres großes Talent der Autorin: sie stellt diese Zusammenhänge eingebettet in ihre Geschichte so nachvollziehbar dar, dass man das Gefühl hat, Geschichte mitzuerleben und mittendrin zu sein in dem jeweiligen Zeitgefühl. Seien es die Ängste der Figuren bei der Bombardierung Hamburgs oder die wirtschaftliche Situation weit vorher in der Weltwirtschaftskrise – überall ist man mittendrin und erlebt die Zeit authentisch mit.
Für mich persönlich ist die „Hafenschwester“-Trilogie eine der besten historischen Reihen, die der deutsche Unterhaltungs-Buchmarkt zu bieten hat. Nirgendwo sonst wird Geschichte so lebendig dargestellt, nirgendwo sonst werden politische Zusammenhänge so nachvollziehbar vermittelt. Ich kann an dieser Stelle nur sagen: scheut euch nicht vor den dicken „Wälzern“! Ihr werdet diese Bücher lieben!