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Veröffentlicht am 18.10.2021

Komplexes Zusammenspiel aus Magie, Politik, Wissenschaft und Geschlechtsidentität

Anarchie Déco
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„Babylon Berlin mit Magie“ – wer könnte da schon widerstehen? Ich war unheimlich gespannt auf das Buch des Autorenduos Judith und Christian Vogt. Ich bin eine begeisterte Fantasy-Lerserin und mochte Babylon ...

„Babylon Berlin mit Magie“ – wer könnte da schon widerstehen? Ich war unheimlich gespannt auf das Buch des Autorenduos Judith und Christian Vogt. Ich bin eine begeisterte Fantasy-Lerserin und mochte Babylon Berlin unheimlich gerne. Und dann klang der Klappentext – besonders die rätselhaften Phänomene - so verlockend, dass ich gleich meine Nase in das Buch stecken musste.

Ich merkte jedoch gleich, dass ich das Buch vollkommen falsch eingeschätzt hatte. Erwartet hatte ich einen spannungsgeladenen, schnellen Roman voller fantastischer Elemente im bewegten Berlin. Was ich nicht erwartet habe, war eine Bandbreite an Komplexität der Charaktere, eine wissenschaftliche Herangehensweise an die Magie, Feminismus, Gendergerechtigkeit, politische Verstrickungen und ein authentisches Berlin der 1920er.
Kurzum: Ich habe das Buch gnadenlos unterschätzt.

Die Atmosphäre hat mir unheimlich gut gefallen. Es fühlte sich wahrhaft an wie das Pulverfass, das Berlin zur damaligen Zeit gewesen sein muss. Während nachts ausgelassen gefeiert wurde, Hüllen fallen gelassen und Hemmschwellen überschritten wurden, drohte immer im Hintergrund die Ahnung einer dunklen Gefahr.
Einer der Kernelemente des Buches ist die politische Lage der damaligen Zeit und die Verstrickungen der Charaktere mit und in der Politik. Mir persönlich hat es wahnsinnig gut gefallen, dass die Autoren sich eben nicht nur an dieser Umbruchsatmosphäre bedient haben, sondern auch die Schreckensseiten, die sich ankündigten, mit in ihrem Buch verarbeitet wurden.
Ich interessiere mich persönlich sehr für Politik und fand die Verarbeitung und Verbindung mit der Magie sehr gelungen.

Das Magiesystem an sich habe ich leider noch nicht vollständig greifen können. Mir ist es bei Fanatsy-Büchern sehr wichtig, dass das Magiesystem logisch aufgebaut ist und dass ich dieses auch verstehe. Ersteres ist definitiv der Fall. Ich habe es sehr genossen, mit welcher wissenschaftlichen Akribie die Autoren an die Magie herangegangen sind. Den zweiten Punkt kann ich leider nicht ganz bestätigen, da mir das System nach wie vor etwas zu vage gehalten ist, als dass ich es verstanden hätte.

Normaler Weise lese ich in einem wirklich hohen Tempo, das war bei diesem Buch insofern nur in Grenzen möglich, da ich die Magie und Komplexität zu gut wie möglich verstehen wollte. Aus diesem Grund musste ich vor allem zu Beginn des Buches mein Lesetempo drastisch drosseln. Doch lag es nicht nur an der physikalischen Komponente, sondern auch an der gesellschaftlichen Note.
Neben Wissenschaft und Politik ist ein weiteres Kernelement des Buches die Gesellschaft und das eigene Selbstbild. Es geht um Feminismus, Sexismus, Geschlechteridentität und Akzeptanz.
Jeder Charakter setzt sich auf die eigene Art und Weise mit diesen Themen auseinander, was mir sehr gut gefallen hat.
Leider zieht sich dadurch ein klitzekleines bisschen die Handlung etwas in die Länge, aber ich finde es sehr wichtig, dass nicht nur heteronormative Charaktere vorkommen, die im Fantasy-Bereich einfach überrepräsentiert sind. Daher schweift die im Klappentext angedeutete Handlung zwar etwas ab, macht dabei jedoch Platz für ein unheimlich wichtiges Thema. Und das auf eine sehr natürliche und niemals aufdringliche Art und Weise. Ich habe das Gefühl, mit meinem Gestammel dem überhaupt nicht gerecht zu werden, deshalb hier in aller Kürze: Es hat mir unheimlich gut gefallen und ich finde es toll, dass im deutschsprachigen Raum endlich mehr Platz im Fantasybereich gemacht wird.

Als Ur-Berlinerin haben mir in besonderem Maße die tollen Schilderungen Berlins gefallen. Ich freute mich nicht nur diebisch, wenn mir bekannte Orte auftauchten. Denn viele der Handlungsorte gehören zu meinem Leben dazu, wie zum Beispiel die HU oder der Ku’damm. Aber es gab so viele weitere schöne Anekdoten: Baden im Strandbadwannsee, Berliner Luft mit Mampe Halb & Halb, Gropius und andere namhafte Menschen.
Doch selbst ich konnte so viel Neues noch lernen über die Stadt, in der ich lebe und großgeworden bin, wie zum Beispiel über das Eldorado oder den Sozialen Wohnungsbau unter Taut.
Neben all den schönen Seiten hat Berlin natürlich noch eine weitere schreckliche, aber enorm wichtige Seite: die Zeit der Nationalsozialisten. Auch hier habe ich viel Neues lernen können oder habe bereits gelerntes bestätigt gesehen. Nicht nur einmal legte ich das Buch zur Seite, um mich mit bestimmten Personen auseinanderzusetzen.

Wissenschaft, Politik, Geschlechteridentität, Magie und Kriminalfall. Dieses Buch möchte auf knapp 500 Seiten all dies miteinander verbinden. Und schafft es überraschender Weise sehr gut.

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Veröffentlicht am 15.10.2021

Für junge (und junggebliebene) Detektiv:innen

Mord im Gewächshaus
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Eine junge Detektivin im viktorianischen London und ein Fall, für den sich scheinbar niemand zu interessieren scheint. Doch Myrtle Hardcastle lässt sich durch nichts und niemanden beirren – vor allem nicht ...

Eine junge Detektivin im viktorianischen London und ein Fall, für den sich scheinbar niemand zu interessieren scheint. Doch Myrtle Hardcastle lässt sich durch nichts und niemanden beirren – vor allem nicht von Erwachsenen! – und ermittelt weiter in dem Fall ihrer toten Nachbarin.

Myrtle ist eine wirklich sehr aufgeweckte Protagonistin mit einem sehr ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit und einer Spürnase für rätselhafte Begebenheiten. In Myrtle habe ich eine Buchheldin gefunden, die ich gerne meinen Kindern zeigen würde – sofern ich denn welche hätte. Aber sie ist die Protagonistin, die ich als junges Mädchen geliebt hätte. Von ihrer Art und Weise erinnerte sie mich stark an Calpurnia aus Calpurnias (r)evolutionäre Entdeckungen von Jacqueline Kelly. Beide sind sehr intelligente, wissbegierige Mädchen, die die Welt mit anderen Augen sehen. Myrtle ist neugierig, hungrig auf mehr und mehr Wissen und unerschrocken.
Und auch die anderen Charaktere haben mir sehr gut gefallen. Die Autorin hat die Nebencharaktere ebenso detailverliebt beschrieben, so dass alle sehr farbenfroh wirkten, mit Ecken und Kanten, nicht bloß blass und als reines Mittel zum Zweck geschrieben.
Allen voran natürlich Miss Judson, die Gouvernante von Myrtle, die doch so anders ist, als man sich klischeebehaftet eine Gouvernante vorstellt.
Auch die Diversität der Charaktere ist mir positiv aufgefallen.
Ein bisschen geschmälert wird meine sonst sehr positive Meinung von Myrtle nur dadurch, dass sie von der Autorin als „keines dieser Mädchen“ beschrieben wird. Die anderen Mädchen in Myrtles Alter und Umfeld sind blöd, gemein, interessieren sich nur für langweilige Sachen und wollen andauernd Tee trinken. Einen kleinen Hoffnungsschimmer gab es immerhin zum Ende hin, aber diese Form der „Einzigartigkeit“ von Myrtle ist mein wirklich kleiner Kritikpunkt an der Charakterisierung.

Der Plot hat mir gut gefallen. Das Tempo ist an der ein oder anderen Stelle vielleicht etwas ins Stocken geraten. Aber dies fällt im Gesamten wenig ins Gewicht.
Zum Ende der Handlung hin gab es einen Plottwist, den ich so nicht habe kommen sehen. Darüber habe ich mich unheimlich gefreut, da ich in letzter Zeit viel zu viele sehr vorhersehbare Krimis gelesen habe. Auf Goodreads habe ich mir nach Beenden des Buches etliche Rezensionen durchgelesen und anderen Lesern scheint es eher anders gegangen zu sein. Ich für meinen Teil war über die Wendung und Überraschung jedoch begeistert.

Sehr gut gefallen haben mir die vielen Fußnoten, in denen die Autorin Wörter und Gegenstände näher erklärte. Mir ist wirklich sehr positiv aufgefallen, dass die Autorin in der Beschreibung der Welt um Myrtle sehr detailgetreu und zeitgemäß (für damalige Verhältnisse) geblieben ist und sich dazu entschlossen hat, die Begrifflichkeiten zu verwenden und an gegebener Stelle zu erklären. So habe auch ich noch lernen können, was Posamente (geknotete Verschlüsse aus Seide) sind.

Ich kann das Buch jungen Detektiv:innen nur empfehlen! Und auch für den ein oder anderen Erwachsenen wird dieser Cozy Crime Roman etwas sein.
Ich freue mich nun sehr auf die weiteren Bände rund um Myrtle und ihre Abenteuer.

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Veröffentlicht am 12.10.2021

Wird der Reihe als Abschluss leider nicht gerecht

Zerschmettert
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Das Ende der wirklich tollen Reihe rund um den Druiden Atticus wartet mit einem fulminanten Showdown auf. Leider jedoch auch mit einigen Enttäuschungen.

Die ersten Bände rund um Atticus habe ich regelrecht ...

Das Ende der wirklich tollen Reihe rund um den Druiden Atticus wartet mit einem fulminanten Showdown auf. Leider jedoch auch mit einigen Enttäuschungen.

Die ersten Bände rund um Atticus habe ich regelrecht verschlungen, doch schon ab Band sechs war ein deutliches Abfallen zu spüren. Es kamen mehr und mehr Charaktere und konstruierte Probleme ins Spiel, die meine Begeisterung für die Reihe etwas abschwächten.
Dennoch las ich immer weiter, hatte auch meinen Spaß an der Handlung, doch ist dieser abschließende Band wirklich nicht mehr in Einklang zu bringen mit der Freude, die diese Reihe anfangs machte.

Ich brauche kein Happy End, ganz im Gegenteil; ich finde es wirklich erfrischend und mutig, wenn sich Autoren dazu entschließen, ihre Helden nicht mit allem davonkommen zu lassen. Aber dieses Ende hatte Atticus auf keinen Fall verdient. Ähnlich wie bei dem unsäglichen „19 Jahre später“ in Harry Potter fühlte sich das Ende wie ein unumkehrbarer und endgültiger Schlussstrich an. Als wäre bei dem Autor jegliche Luft raus.
Da ich das Hörbuch gehört habe, saß ich wirklich ungläubig da, weil ich dachte, dass der Sprecher gleich wieder ansetzen würde. Und erst, als die Verabschiedung ertönte merkte ich, dass dies wirklich das Ende um diesen tollen Druiden sein soll.

Die verschiedenen Erzählstränge haben mir hingegen sehr gut gefallen. Ich mag Owen ganz gerne und fand etliche seiner Passagen ungemein unterhaltend. Von Granuaile war ich anfangs ein großer Fan, leider nahm die Sympathie ihr gegenüber von Buch zu Buch ein kleines bisschen ab und in diesem Band kann ich ihre Handlung leider gar nicht mehr nachvollziehen. Einige der Rezensionen auf Goodreads werden ihr in meinen Augen absolut nicht gerecht, aber die Art und Weise, wie der Autor sie am Ende hat handeln lassen, war wirklich drastisch.

Für mich war dies kein Ende, das der Reihe gerecht wird.

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Veröffentlicht am 11.10.2021

Fantasievoll und kreativ, aber auch hektisch und fast schon chaotisch

Fürimmerhaus
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Kai Meyer begleitet mich schon fast mein gesamtes Lese-Leben. Angefangen mit den Wellenreitern bis hin zu seinen neuesten Werken. Neben Cornelia Funke ist er einer der wenigen deutschen Kinder- und Jugendbuchautoren, ...

Kai Meyer begleitet mich schon fast mein gesamtes Lese-Leben. Angefangen mit den Wellenreitern bis hin zu seinen neuesten Werken. Neben Cornelia Funke ist er einer der wenigen deutschen Kinder- und Jugendbuchautoren, die ich so lange schon aktiv verfolge.
Deswegen habe ich mich sehr darüber gefreut, in „Fürimmerhaus“ endlich wieder in eine fantastische Geschichte abtauchen zu können.

Nach dem Lesen des Klappentextes hatte ich gleich die Welt von Piranesi, geschrieben von Susanna Clarke, vor Augen. Ein Gefühl, das sich im Laufe der Lektüre noch verstärkte. Ähnlich wie bei Piranesi ist auch das Fürimmerhaus ein Ort endloser Räume, Wege und Schauplätze. Während ich es bei Piranesi sehr genoss, dem sich langsam entfaltenden World Building zu folgen, kam es mir beim Fürimmerhaus so vor, als würde sich zu viel Fantasie und Ideenreichtum auf zu wenige Seiten quetschen wollen. Das Fürimmerhaus ist ein ganz zauberhafter Ort, dem ein wenig mehr Ruhe und Zeit, um sich in all seiner Kreativität gänzlich entfalten zu können, leider fehlte.
Eigentlich gibt es so viele fantastische und neuartige Dinge zu entdecken, aber jedes Mal, wenn ich meine Aufmerksamkeit diesen Dingen zuwenden wollte, raste die Handlung in einem Tempo weiter, dass es schlicht unmöglich war. Als würde man bei einer Zugfahrt aus dem Fenster blicken, aber sobald man ein Detail ins Auge fasst, ist der Zug auch schon wieder vorbeigerast und es ist unmöglich, dieses Detail noch einmal sehen zu können.

Ich bedaure es sehr, aber leider hat mir das Buch nicht so außerordentlich gut gefallen, wie ich es zu Beginn erwartet hatte. Wie ein wirklich ferner Beobachter fühlte ich mich die gesamte Handlung hindurch, nicht wie ein Leser, der unmittelbar beim Geschehen dabei ist. Da man als Leser mit Carter zusammen unmittelbar in die Handlung geworfen wird und es kaum Zeit gibt, sich zu orientieren und zurecht zu finden, habe ich leider nie eine richtige Bindung zu den Charakteren aufbauen können.
Sehr viele Fragen werden zu Beginn der Handlung aufgeworfen und erst zum Ende hin lösen sich die Knoten auf.
Die Charaktere bleiben dadurch fremd, was sehr schade ist, da die Geschichten rund um sie eigentlich so viel versprechend sind. An sich bin ich überhaupt kein Fan davon, wenn Handlungen künstlich in die Länge gezogen werden, um unbedingt mehrere Bände publizieren zu können. Doch bei Fürimmerhaus wirkt es wie das genaue Gegenteil – eine für mehrere Bücher geplante Geschichte wird so zurechtgestutzt, dass ein Werk entsteht. Dazu muss jedoch angemerkt werden, dass ich mir nicht sicher bin, ob Fürimmerhaus ein Einzelband ist. Leider habe ich dazu keine weiteren Informationen gefunden.

Bis auf das zu hektische, fast schon chaotische Tempo hat mir der Plot relativ gut gefallen. Die Auflösung am Ende war zwar sehr vorhersehbar und dadurch wenig spannend, aber das restliche Buch über bin in den Charakteren gerne gefolgt und habe mir meine Gedanken zur Handlung gemacht.

Simon Jäger, Sprecher des Hörbuchs, passt ganz fantastisch zu der Geschichte. Ich mag seine Art und Weise der Ver- und Betonung sehr und er schaffte durch seine Stimme eine wirklich spannende Atmosphäre.

Es ist wirklich schade, denn sowohl das Setting als auch der Plot gefallen mir an sich unheimlich gut. Leider ergeben sich mit Handlung und Charakteren einfach kein stimmiges Gesamtbild. Für mich ist eine 3-Sterne-Bewertung keine schlechte Bewertung, aber ich hatte so sehr gehofft, in Fürimmerhaus ein Jahreshighlight zu finden.

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Veröffentlicht am 08.10.2021

Leider mit einigen Schwachstellen, aber trotzdem mit Sogwirkung

Vergissmeinnicht - Was man bei Licht nicht sehen kann
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Kerstin Gier konnte mich wie viele andere auch mit der „Edelstein“-Trilogie sehr begeistern, doch meine hohen Erwartungen an die „Silber“-Reihe konnten damals nicht ganz erfüllt werden. Aus diesem Grund ...

Kerstin Gier konnte mich wie viele andere auch mit der „Edelstein“-Trilogie sehr begeistern, doch meine hohen Erwartungen an die „Silber“-Reihe konnten damals nicht ganz erfüllt werden. Aus diesem Grund habe ich es vermieden, mir zu „Vergissmeinnicht“ andere Rezensionen oder gar den Klappentext durchzulesen, um bloß keine Erwartungen zu wecken und vollkommen überrascht zu werden von dem Buch. Und das hat sich absolut gelohnt!
Leider hatte ich jedoch auch meine persönlichen Probleme mit der Geschichte. Diese lassen sich in diesem Fall nur durch Spoiler erklären, weshalb ich in dieser Rezension leider dazu gezwungen bin, mich detailliert auf Handlungen zu beziehen. Die Spoiler habe ich ans Ende der Rezension gesetzt und im Text gekennzeichnet, da hier leider keine Spoilerfunktion vorhanden ist.

Der Einstieg in die Geschichte gefiel mir sehr gut. Gleich zu Beginn werden Matilda und Quinn als Hauptcharaktere toll eingeführt und die Handlung beginnt sehr spannend und rasant. Auch wenn das anfängliche Tempo etwas abflaut, so wurden schon in den ersten Kapiteln so viele interessante Fragen aufgeworfen, dass ich immer weiter lesen musste. Kerstin Gier erzeugt mit ihren Geschichten immer eine solche Sogwirkung, dass ich einfach nicht aufhören konnte zu lesen und unvernünftiger Weise bis spät in die Nacht hinein am Buch festklebte. Früher wäre dies ein Buch gewesen, dass ich unerlaubter Weise mit der Taschenlampe heimlich unter der Bettdecke gelesen hätte, da ich vor Spannung nicht hätte einschlafen können. Dieses besondere Gefühl fehlt mir vor allem bei Jugendbüchern immer mehr und ich habe die Lesestunden unheimlich genossen.

Ein kleines bisschen zu konstruiert wirkte die Handlung leider, vor allem zum Ende des Buches hin. Da war mir schon ab der Mitte des Buches klar, welches Mittel genutzt werden würde, um den Spannungsbogen zum Ende hin in die Höhe treiben zu können.
Auch die Liebesgeschichte ging mir ein wenig zu schnell und einfach voran. Es ist zwar keine reine Form von Insta Love, aber doch schon sehr nahe dran. Mir hätte eine echte Freundschaft im ersten Band deutlich besser gefallen, die sich dann im Verlauf der nächsten zwei Bände zu einer Liebesgeschichte entwickelt.

Kerstin Giers Schreibstil mag ich einfach gerne. Er passt toll zu den jungen Charakteren, ist schon arg umgangssprachlich und wird dem Genre gerecht. Leider habe ich immer mehr das Gefühl, dass Kerstin Gier ihren Fokus auf immer jüngere Leser legt. Die Edelstein-Reihe habe ich auch recht spät erst angefangen zu lesen, fand die Charaktere und Handlung aber auch als Erwachsene toll. Diese Leichtigkeit hat mir leider bei Vergissmeinnicht gefehlt, da das Buch spürbar für ein eher jugendliches Publikum geschrieben worden ist.
Die Perspektivwechsel von Quinn und Matilda haben mir sehr gut gefallen. Ich finde es wirklich toll, dass sich Kerstin Gier dazu entschieden hat, beide Seiten ihrer Charaktere zu erzählen. Bei Gideon hätte es damals natürlich viel von der Spannung und vom Plot verraten und vorgegriffen, aber auf die Art und Weise wie bei diesem Buch konstruiert gefällt es mir richtig gut.

Ich werde nun ein paar Dinge aufführen, die spoilern werden. Da ich es hier leider nicht richtig kennzeichnen kann, warne ich schon mal vor. Das Ende des Spoilers werde ich am Ende dieses Absatzes deswegen im Text hervorheben!

Was mir etwas sauer aufgestoßen ist, ist das gezeichnete Bild von Psychotherapie. Ich fand es ganz am Anfang toll, dass Quinn nach seinem Unfall Psychotherapie Sitzungen in Anspruch nimmt und war mit fortschreitender Handlung immer entsetzter über das gezeichnete Bild. Ich verstehe, wie und warum Kerstin Gier diese Stunden so herausstellte, da somit ein anderer Charakter deutlich angenehmer und wärmer dargestellt wurde, aber ich finde es um ehrlich zu sein etwas unmöglich, dass dann nicht weiter eingegriffen wurde, um das Bild von Psychotherapie wieder normalisiert darzustellen. Es hat überhaupt nichts mit Schwäche zu tun, zur Psychotherapie zu gehen. Ganz im Gegenteil! In meinen Augen wurde es so dargestellt, dass Psychotherapie etwas Furchtbares ist, das einem als Patient auch nicht nützt. Ich finde es absolut enttäuschend, dass die Autorin dies so dastehen lässt.
Quinn kann außerdem sein mobbendes Verhalten nicht reflektieren, findet die Erzählungen von Matilda sogar im Gespräch nur mit ihr unglaublich lustig und versteht viel zu spät erst, dass sein Verhalten nicht in Ordnung war. Doch Konsequenzen ergeben sich aus dem Verhalten überhaupt nicht.
Matilda ist schon fast besessen von einem Jungen, der sie wiederholt gemobbt hat, konfrontiert ihn zwar mit vereinzelten Taten, entschuldigt jedoch auch viel zu schnell wieder alles damit, wie gut er doch aussieht. Puh, schwierig.
Auch den Umgang innerhalb der Familie von Matilda miteinander fand ich sehr befremdlich. Ich verstehe noch nicht ganz, warum diese Probleme innerhalb der Familie in einem solchen Ausmaß dargestellt wurden, aber hier kann es natürlich auch nur eine Vorbereitung für die Handlungen der nächsten beiden Bücher gewesen sein. Damit der Leser bereits auf Probleme mit der Familie eingestellt ist.
Eigentlich fehlt es überall und an jeder Ecke an vernünftiger Kommunikation. Bei Quinn und seinem besten Freund, Matildas gesamter Familie und natürlich bei Quinn und Matilda.

[SPOILER ENDE]

Die Handlung war etwas zu konstruiert und bei den Charakteren gab es etliche Punkte, die mich schon fast sauer gemacht haben.
Wären die im Spoiler angeführten Punkte nicht gewesen oder anders ausgearbeitet worden, hätte das Buch 4 - 4.5 Sterne bekommen, ich finde vor allem einen Punkt so gravierend, dass ich 3 Sterne vergebe.
Empfehlen kann ich das Buch trotzdem allen Kerstin Gier Fans und ich hoffe sehr, dass im zweiten Band ein paar Punkte aufgearbeitet werden, so dass ich meine Meinung über diesen ersten Band hoffentlich noch verändern kann.

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