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Veröffentlicht am 02.05.2024

Phänomenale Charakterzeichnungen

Der Wind kennt meinen Namen
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Nach Lesen einer ersten Leseprobe war ich geflasht und wollte das Buch unbedingt zu Ende lesen. Als ich es dann wirklich vor mir hatte, habe ich leider an der ein oder anderen Stelle ein paar Längen gehabt, ...

Nach Lesen einer ersten Leseprobe war ich geflasht und wollte das Buch unbedingt zu Ende lesen. Als ich es dann wirklich vor mir hatte, habe ich leider an der ein oder anderen Stelle ein paar Längen gehabt, auch wenn ich die Geschichte an sich sehr gelungen erzählt finde und das Thema auch sehr wichtig.

Was Isabelle Allende wie immer sehr gut macht ist die Charakterzeichnung. Es gibt Stellen im Buch, die ich einfach so schön geschrieben fand, dass ich sie laut vorgelesen habe. Gerade wenn es darum geht, die Beziehung zwischen zwei Menschen zu beschreiben habe ich selten so gut gewählte Worte erlebt. In dieser Szene wird beschrieben, wie die Beziehung zwischen zwei Menschen einfach aufgrund der unterschiedlichen Charaktere schwieriger wird. Die Namen habe ich hier mal ersetzt, um nicht zu spoilern

(S. 151) "In kurzer Zeit veränderte [sie] sein Leben und machte ihn sanftmütiger. Er begriff, dass er sie nie würde festhalten können, sie glitt ihm durch die Finger wie Sand, deshalb wollte er wenigstens an ihrer Seite sein, was sich aber ebenfalls als undurchführbar erwies. Schließlich gab er es auf, ihrem Tempo zu folgen, und begnügte sich damit, die Höhenflüge ihres Lebens, das so anders war als seins, bewundernd mitanzusehen."

Interessant hierbei ist in meinen Augen, dass es in dem Buch gar nicht einmal ausschließlich um dieses Paar geht, es wird in mehreren Rahmengeschichten erzählt und thematisiert Flucht und Bewältigung - aus dem Nazibesetzten Deutschland, der Gewalt in El Salvador - und hat für mich die Frage in den Fokus gerückt, wie man "danach" weiterlebt.

Wie beschrieben ist das Buch ein wirklich gutes Buch, aber an einigen Stellen haben mich die Längen ein wenig am Lesen gehindert.

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Veröffentlicht am 25.03.2024

Ein Jahreshighlight für mich - wie bereits erwartet

Kantika
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Nach "Der Sommer der Porters" ist "Kantika" der zweite Roman aus der Feder der Autorin Elizabeth Graver für mich. Ich erwähne das hier so explizit, da ich eine sehr hohe Erwartungshaltung hatte, bevor ...

Nach "Der Sommer der Porters" ist "Kantika" der zweite Roman aus der Feder der Autorin Elizabeth Graver für mich. Ich erwähne das hier so explizit, da ich eine sehr hohe Erwartungshaltung hatte, bevor ich mit "Kantika" gestartet bin und schon die Leseprobe hatte mich wieder von der ersten Seite an in den Bann gezogen.

Besonders gereizt hatte mich an diesem Buch auch, dass die Autorin die Lebensgeschichte ihrer Großmutter wiedergibt, die auch Protagonistin in "Kantika" ist - Rebecca Cohen.

Beginnend in Konstantinopel zu Beginn des 20. Jahrhunderts führt uns die Geschichte über Spanien nach Kuba und in die USA. Als Tochter eines sephardischen Textilunternehmers wächst Rebecca in wohlhabenden Verhältnissen auf. Sie liebt Mode, näht gerne und ist selbstbewusst. Doch je älter sie wird, desto mehr wird ihr bewusst, dass ihre Herkunft und ihr jüdisches Erbe Probleme bereiten, egal wo sie mit ihrer Familie Wurzeln schlagen möchte.

Es gibt so viele Textpassagen, in denen die Autorin ihr Können beweist und damit der Dramatik der jeweiligen Stelle nochmals auch sprachlich Ausdruck verleiht. Ein Beispiel habe ich mir rausgesucht, bei dem der Protagonistin nahegelegt wird, ihren Namen anzupassen, damit er nicht jüdisch klingt.

So heißt es (S. 99):
"Woher kommst du? Zwischen Leichtigkeit und Dunkelheit, zwischen Israel und den Nationen, zwischen dem siebten Ruhetag und den sechs Arbeitstagen. Wenn sie die Augen schließt, kann sie eingehen in den Klang und eins werde mit der unermesslichen Weite - ein Staubkorn, ein Nadelstich, reiner Atem. Ich komme von blanko, dem Nichts, das Selbst ausradiert, alle Spuren verwischt."

Jetzt nach Auslesen des Buches kann ich eigentlich nur sagen - ich habe es geliebt und meine Erwartungen wurden vollends erfüllt. Die Geschichte ist sehr flüssig geschrieben, größere Kapitel sind mit Original-Fotografien gekrönt, was die Geschichte für mich noch einmal abgerundet hat, da ich nun Gesichter zu den handelnden Personen hatte. Für mich ist "Kantika" ein absolutes Jahreshighlight.

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Veröffentlicht am 13.03.2024

Ein Jahreshighlight - sprachlich herausranged

Krummes Holz
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Bei "Krummes Holz" hatte mich irgendwie alles gereizt - vom Cover, dem Titel als auch dem Klappentext. Eine erste Leseprobe hatte mich dann restlos überzeugt, dass ich dieses Buch einfach lesen muss.

Zum ...

Bei "Krummes Holz" hatte mich irgendwie alles gereizt - vom Cover, dem Titel als auch dem Klappentext. Eine erste Leseprobe hatte mich dann restlos überzeugt, dass ich dieses Buch einfach lesen muss.

Zum Inhalt:
Jirka ist 14 Jahre alt, als er weggeschickt wird. Nun ist er 5 Jahre älter und kehrt zurück auf den elterlichen Hof, den seine Schwester inzwischen übernommen hat. Eine Woge der Erinnerungen übermannt ihn schon auf den ersten Metern zu seinem ehemaligen Zuhause und im Grunde weiß er nicht, warum er überhaupt zurück kehrt.

Fazit:
Jetzt, nachdem ich die letzten Kapitel in einem Atemzug gelesen habe, bestätigt sich der erste Eindruck: Es ist kein Buch, das ich einfach so lesen konnte, während ich frühstücke, während ich in der S-Bahn fahre oder während neben mir noch irgendeine andere Ablenkung um Aufmerksamkeit buhlt. Oft hatte ich das Gefühl, dass ich vor allem zwischen den Zeilen lesen musste und dass das Ungesagte mehr Gewicht hatte als das Gesagte. Die Welt, in die Jirka nach fünfjähriger Abwesenheit zurückkehrt scheint vor allem dadurch geprägt zu sein, dass niemand über Gefühle reden kann. Mein Buch ist voller Post-its, da ich die wortgewaltige Sprache, das Spiel zwischen bloßen Andeutungen und brachialen Gefühlsausbrüchen einfach großartig fand. Generell hat mir vor allem die Sprache sehr gut gefallen. Anbei zwei Zitate, die mir im Kopf geblieben sind:

Die Zeichnungen an den Wänden entblößen einmal mehr, was ich versuche, vor ihm zu verbergen. Ein Teil von mir wünscht sich, dass er es erkennt. Dass ich nichts mehr sagen muss. (S. 233)

Ich suche Auswege. Irre in Gedanken durch ein Geflecht aus Möglichkeiten, die keine sind. (S. 162)

Auf alle Fälle wird dieses Buch zu meinen Jahreshighlights gehören und der Name der Autorin Julja Linhof auf meine Liste der Schreibenden, die ich im Auge behalten werde.

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Veröffentlicht am 21.02.2024

Auf den Spuren einer Ikone

Die Königin
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Sebastian Conrad schafft in seinem Buch "Die Königin. Nofretetes globale Karriere" einen Geniestreich, in dem er nicht nur einen historischen Abriss der Geschichte der berühmten Büste der ägyptischen Pharaonin ...

Sebastian Conrad schafft in seinem Buch "Die Königin. Nofretetes globale Karriere" einen Geniestreich, in dem er nicht nur einen historischen Abriss der Geschichte der berühmten Büste der ägyptischen Pharaonin Nofretete von deren Fund zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis heute zu schlagen, ohne sich dabei in bloßen Fakten zu verlieren, er gibt uns auch einen wirklich spannenden und interessanten Einblick auf die Welt, die sich seit deren Fund um die Büste dreht wie um kein anderes historisches Exponat.

Meiner Meinung nach stimmt bei diesem Buch wirklich alles - von der Covergestaltung, der Bebilderung innerhalb des Buches bis hin zu einem Abriss der Diskussionen, die die Büste seit inzwischen über 100 Jahre in der ganzen Welt auslöst. Für mich waren vor allem zwei Themen besonders interessant - zum Einen die Frage, ob die Statue weiterhin in Berlin ausgestellt werden dürfe, oder nach Ägypten zurück gegeben werden müsste und zum Anderen der Grund für ihre globale Berühmtheit. Beiden Themen widmet sich der Autor ausführlich und rundet damit für mich das Buch zu einem absolut perfekten Sachbuch ab. Doch im Grunde sind dies nur zwei von sehr vielen anderen Themen - doch im Grunde steht diese Frage im Zentrum: Wie wird aus einer kleinen Büste ein Bild, zu dem wahrscheinlich jeder Mensch eine Verbindung knüpfen kann?

Was mir auch sehr gut gefallen hat, war die flüssige Schreibe des Autors. Gerade bei Sachbüchern verlieren sich Experten gerne in Aneinanderreihungen historischer Fakten - Sebastian Conrad hingegen hat einen geradezu erfrischenden Stil, der mich da Buch in relativ kurzer Zeit lesen lassen hat.

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Veröffentlicht am 14.12.2023

Ein wirklich gutes Buch - starke Protagonistin

Bevor die Welt sich weiterdreht
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Es war für mich ein Eye-Catcher - die Kombination der Covergestaltung mit einem prägnanten, ansprechenden Titel - und so war ich nach einer absolut überzeugenden Leseprobe mit hohen Erwartungen in das ...

Es war für mich ein Eye-Catcher - die Kombination der Covergestaltung mit einem prägnanten, ansprechenden Titel - und so war ich nach einer absolut überzeugenden Leseprobe mit hohen Erwartungen in das Buch "Bevor die Welt sich weiterdreht" gestartet.

Was in meinen Augen für mich absolut im Vordergrund steht ist die Charakterzeichnung der Protagonistin Johanna. Der Autor Luca Brosch lässt sie einfach menschlich, mit allen Gefühlen, die ein Mensch haben kann. Sie ist keine Superheldin, ist nicht zur Spionin geboren - nein, sie hat eine Geschichte, die von dem Autor mit im Grunde einfachen Mitteln dargestellt wird und die jedoch exemplarisch für das Schicksal vieler junger Frauen zu sehen ist, zumindest was den Ursprung der Geschichte angeht.

Johanna ist Krankenschwester und als sie aus dem Krieg in ihre Heimat Davos zurückkehrt, ist sie hochschwanger. Sie ist froh, wieder zu Hause zu sein, hofft, auf die familiäre Unterstützung, um die Geburt und vielleicht auch die Erfahrungen aus dem Krieg verarbeiten zu können. Doch spätestens in der Reaktion ihrer Schwester und auch ihres Vaters sieht man als Leserin deutlich, wie sich die Realität von den Träumen unterscheiden können. Die Fassade muss stimmen - das ist das einzig Wichtige.

Und auf im darauf Folgenden beweist diese Protagonistin alles, was ich mir bei einer Geschichte wünsche. Sie kämpft, mit sich selbst, aber auch um ihr Kind und lernt dadurch Seiten an sich kennen, die ich nicht nur realistisch dargestellt finde, sondern auch sehr spannend sind.

Es gibt nur einen Punkt, weswegen ich dem Buch keine volle Punktzahl gebe - gerade zum Ende habe ich der Geschichte manchmal nicht ganz folgen können - sie war sehr spannend und gut, aber sie hatte mich nicht mehr so, wie zu Beginn des Buches. Das mag jedoch eine subjektive Empfindung sein.

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