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Christina19

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.09.2024

Ein eindrucksvolles Denkmal für eine Frauenrechtlerin

Earhart
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Als einer kleinen Wühlmaus eine besondere Briefmarke in die Pfötchen fällt, beschließt sie, mehr darüber herausfinden zu wollen. Gerne möchte sie erfahren, woher die Marke stammt und ob es die Großkatze, ...

Als einer kleinen Wühlmaus eine besondere Briefmarke in die Pfötchen fällt, beschließt sie, mehr darüber herausfinden zu wollen. Gerne möchte sie erfahren, woher die Marke stammt und ob es die Großkatze, die darauf abgebildet ist, tatsächlich irgendwo auf der Erde gibt. Mit der Hilfe einiger Weggefährten – und gegen den Widerstand ihrer Kolonie – macht sie sich schließlich auf den Weg nach Afrika und weiter um die ganze Welt.

Mit „Earhart“ hat Torben Kuhlmann im 10. Jahr seiner Mäuseabenteuer das nunmehr 5. Buch der Reihe herausgebracht. Er setzt damit Amelia Earhart ein Denkmal, die als erste Frau im frühen 20. Jahrhundert nonstop über den Atlantik flog und als Ikone der Frauenrechtsbewegung gilt.
In seiner Geschichte lässt Kuhlmann seine Maus vieles durchleben, was auch Amelia Earhart gefühlt haben muss: Beide tragen den unbändigen Wunsch in sich, das Fliegen zu erlernen und die Erde zu umrunden. Gleichzeitig bekommen sie den Widerstand der Gesellschaft zu spüren, die ihnen den Erfolg nicht zutraut und ihnen andere Aufgaben zuschreibt – Earhart, weil sie eine Frau war und der Maus, weil sie wühlen statt fliegen soll. Auch das Ende ihrer Reise weist einige Parallelen auf, ohne an dieser Stelle jedoch zu viel verraten zu wollen.
Sehr gelungen finde ich die Bezüge, die Torben Kuhlmann zwischen seinen Büchern der Reihe knüpft. So gibt es ein Wiedersehen mit dem Mausepiloten, der als Pionier in der Mäuseluftfahrt Geschichte geschrieben hat und damit Lindbergh ein Vorbild war. Ebendiese Maus hatte anschließend in „Armstrong“ ihren Auftritt als bereits betagtes Tier. Dank „Earhart“ wissen wir nun, wie er seine Tage nach seinen Erfolgen als Pilot bis zu seiner Zeit im Smithsonian Museum verbracht hat.
In Teilen der Geschichte arbeitet Torben Kuhlmann mit Leerstellen und lässt dafür seine beeindruckenden Illustrationen sprechen. Diese entführen uns in US-amerikanische Großstädte und in die unterirdischen Anlagen der Wühlmäuse, sie nehmen uns mit in ein kleines Cockpit über den Wolken und lassen uns bis nach Afrika reisen. Kuhlmanns fotorealistische Zeichnungen sind atmosphärisch, oft abenteuerlich und teils voller Humor. Der Autor und Illustrator beweist damit einmal mehr, dass er kindliche und erwachsene Leser gleichermaßen zu bezaubern weiß.
„Earhart“ lehrt uns, dass selbst für die Kleinsten nichts unmöglich ist und es sich allen Widerständen zum Trotz lohnt, an seine Träume zu glauben!

Veröffentlicht am 22.09.2024

Eine berührende Geschichte aus Japan über das Abschiednehmen

Die Glückslieferanten
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Nanahoshi arbeitet als Lieferantin bei den Himmelsboten. Ihre Auftraggeber sind Menschen, die angesichts ihres nahenden Todes Angehörigen, Freunden oder Bekannten noch eine letzte Botschaft hinterlassen ...

Nanahoshi arbeitet als Lieferantin bei den Himmelsboten. Ihre Auftraggeber sind Menschen, die angesichts ihres nahenden Todes Angehörigen, Freunden oder Bekannten noch eine letzte Botschaft hinterlassen möchten. Nach dem Ableben ihrer Kunden sucht Nanahoshi nacheinander die Empfänger dieser besonderen Lieferungen auf und überbringt ihnen Nachrichten, die deren Leben verändern werden.

Nach „Die Erinnerungsfotografen“ ist „Die Glückslieferanten“ nun das zweite Buch von Sanaka Hiiragi, das ich gelesen habe. Abermals befasst sie sich darin mit dem Sterben, Tod und Abschiednehmen. Diese ernsten wie auch traurigen Themen arbeitet die Autorin auf berührende Art auf: Mit Nanahoshi gibt sie Verstorbenen die Möglichkeit, ein letztes Mal Kontakt zu Menschen aufzunehmen, die ihnen besonders am Herzen liegen und die sie zu ihrem Bedauern teils vor Langem aus den Augen verloren haben.
Das Buch ist in vier Kapitel plus Epilog eingeteilt. Man liest somit fünf kurze Geschichten. Verbindendes Element in diesen ist jeweils Nanahoshi, die Himmelsbotin. Zwischen den einzelnen Erzählabschnitten gibt es ansonsten keine weiteren Zusammenhänge. Sanaka Hiiragi hat es an dieser Stelle meiner Auffassung nach verpasst, ihrer Geschichte dadurch den letzten Schliff zu geben. In „Die Erinnerungsfotografen“ nämlich waren gerade die zarten Berührungspunkte zwischen den Figuren und Kapiteln besonders gelungen, was mir gut gefallen hatte.
Sprachlich dagegen konnte mich die Autorin auch in diesem Roman wieder abholen. Mit ihrer sanften Erzählweise schafft Sanaka Hiiragi eine ruhige Stimmung, die gut zum Inhalt passt.
Trotz kleiner Schwächen habe ich „Die Glückslieferanten“ sehr gerne gelesen!

Veröffentlicht am 17.09.2024

Die Geschichte einer iranischen Familie in Deutschland - literarisch dicht und in poetischer Sprache

Als wir Schwäne waren
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Reza ist noch ein Kind, als seine Eltern mit ihm vom Iran nach Deutschland ziehen. Hier leben sie in einem Viertel in Bochum, in dem Menschen der unteren Unterschicht bis zur mittleren Mittelschicht zu ...

Reza ist noch ein Kind, als seine Eltern mit ihm vom Iran nach Deutschland ziehen. Hier leben sie in einem Viertel in Bochum, in dem Menschen der unteren Unterschicht bis zur mittleren Mittelschicht zu Hause sind. Der Familie fällt es nicht leicht, Anschluss zu finden. Sprache und Kultur sind ihnen fremd, ihre Nachbarn beäugen sie misstrauisch, ihre Abschlüsse werden nicht anerkannt. Auch nach Jahren in der neuen Heimat fühlt sich die Familie nicht zugehörig. Behzad Karim Khani erzählt davon, was es heißt, in einem Land anzukommen, ohne wirklich dort anzukommen.

Mit „Als wir Schwäne waren“ hat Behzad Karim Khani einen Roman verfasst, der deutliche autobiografische Züge aufweist. Er verleiht darin Reza seine Stimme. Reza ist der Sohn iranischer Einwanderer, der rückblickend seine und die Geschichte seiner Familie erzählt. Die Geschehnisse schildert er episodenhaft, sodass sich der Roman aus vielen Fragmenten in chronologischer Reihenfolge zusammensetzt. Der Autor bedient sich beim Schreiben einer höchst poetischen Sprache. Seiner Hauptfigur gibt er eine gewisse Distanz zu den Ereignissen, sodass Reza diese – obwohl er selbst Teil des Ganzen war – wie ein außenstehender, objektiver Beobachter recht emotionslos wiedergibt.
Khani schreibt über all die Probleme, die Menschen in Deutschland erwarten. Er weist auf kulturelle Unterschiede hin, erzählt von Sprachproblemen, der fehlenden Anerkennung von Abschlüssen und der Chancenlosigkeit. Er berichtet von Armut und Nachbarn, die deshalb ins kriminelle Milieu abstürzen. Er zeigt die Gewalt und Drogendelikte auf, die in Rezas Viertel vorherrschen. Und er erzählt, wie auch Reza selbst sich nicht gegen den Absturz schützen kann.
„Als wir Schwäne waren“ ist aber nicht nur eine Geschichte über die Perspektivlosigkeit einer emigrierten Familie, sondern es ist auch eine Geschichte von Vater und Sohn, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Auf der einen Seite der Vater, der in Deutschland nie Fuß fassen konnte, immer stiller wurde und vor allem über seine Gedanken und Gefühle nicht sprach. Über einen Vater, der Stolz und Würde besaß. Auf der anderen Seite der Sohn, der immer tiefer in die Kriminalität abrutschte und seinen Stolz noch heute sucht. Es ist die Geschichte zweier, die sich womöglich auch durch die Auswanderung voneinander entfernt und nie wieder so ganz zusammengefunden haben.
So viel uns der Autor über die Herausforderungen der Familie in Deutschland wissen lässt, so wenig gibt er an anderer Stelle preis. Das sorgt dafür, dass die Geschichte einerseits literarisch dicht erzählt ist, die Leerstellen andererseits aber einige Fragen aufwerfen: Wieso hatte die Familie den Iran überhaupt verlassen? Warum haben sie an ihrer Situation im Bochumer Viertel nicht früher etwas geändert, wenn sie nicht glücklich waren?
Obwohl „Als wir Schwäne waren“ in den 1980er und 1990er Jahren spielt, ist der Roman noch immer höchst aktuell und auf jeden Fall lesenswert.

Veröffentlicht am 14.09.2024

Eine Geschichte, auf der eine ungemeine Schwere liegt

Alte Sorten
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Nachdem Sally aus der Klinik geflohen ist, trifft sie auf einem Feldweg auf Liss. Die Frau auf dem Traktor scheint ein wenig eigenwillig zu sein, stellt aber glücklicherweise keine Fragen. Sie bietet Sally ...

Nachdem Sally aus der Klinik geflohen ist, trifft sie auf einem Feldweg auf Liss. Die Frau auf dem Traktor scheint ein wenig eigenwillig zu sein, stellt aber glücklicherweise keine Fragen. Sie bietet Sally ein Bett an – und die bleibt, nicht nur für diese eine Nacht. Sally beginnt, Liss auf dem großen Hof zu helfen. Zum ersten Mal fühlt sie sich bei einem anderen Menschen wohl. Die beiden Frauen freunden sich allmählich an und geben einander Halt.

Mit Sally und Liss hat Ewald Arenz zwei Figuren erschaffen, die eine bewegte Vergangenheit haben. In Rückblenden lernt man beide besser kennen und erfährt über die Gründe, weshalb die Frauen heute die sind, die sie nun einmal sind. So setzt sich mit Fortschreiten des Buches das Gesamtbild wie ein Puzzle Stück für Stück zusammen.
Sally habe ich als junge Frau kennengelernt, die sich von Niemandem verstanden fühlt und daher einen regelrechten Hass auf ihre Mitmenschen, deren Blicke und Fragen, aber auch auf Regeln und Vorschriften entwickelt hat. Entsprechend ist sie schnell genervt und tritt in meinen Augen teilweise sehr respektlos auf. Die mitunter beleidigende Art passt gut zu der Figur und dem, was sie bislang erlebt hat. Dennoch habe ich für ein solches Auftreten nur bedingt Verständnis, weshalb mir Sally nicht unbedingt sympathisch war.
Liss scheint zunächst eine sehr eigenwillige Person zu sein und erst allmählich erfährt man, was dazu geführt hat, dass sie am Rande der Dorfgemeinschaft steht. Anfangs fand ich ihre Art und ihr Verhalten sehr ungewöhnlich. Je mehr ich über sie erfahren habe, desto klarer und greifbarer wurde ihr Charakter für mich.
Beide Frauen haben also jeweils ihr Päckchen zu tragen und so liegt über der Geschichte, wie ich finde, eine gewisse Schwere. Die negative Grundstimmung wurde für mich einzig dadurch aufgehellt, dass sich Sally und Liss von Beginn an gut ergänzten und wie eine Einheit zusammenarbeiten. So entsteht ein zartes Band, aus dem allmählich ein tieferes Vertrauen erwächst. Die Verbundenheit zwischen Sally und Liss sorgt damit für einen Lichtblick und ein versöhnliches Ende.

Veröffentlicht am 13.09.2024

Ein solides Nachschlagewerk für die Auswahl von Möbeln

Das Möbel-Handbuch
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Auf über 300 Seiten stellt die schwedische Innendesignerin und Bloggerin Frida Ramstedt Hinweise zusammen, auf welche Kriterien man bei der Auswahl seiner Möbel Acht geben sollte.
Sie befasst sich dabei ...

Auf über 300 Seiten stellt die schwedische Innendesignerin und Bloggerin Frida Ramstedt Hinweise zusammen, auf welche Kriterien man bei der Auswahl seiner Möbel Acht geben sollte.
Sie befasst sich dabei mit Sitzmöbeln und Tischen ebenso wie mit Stauraummöglichkeiten und Betten. In jeder dieser Kategorien gibt es zahlreiche Unterscheidungen: So geht die Autorin beispielsweise bei den Sitzmöbeln separat auf Stühle, Hocker, Barhocker, Bänke, Schreibtischstühle, Sofas, Sessel und Schaukelstühle ein. Hierzu erteilt sie spezifische Tipps, da z. B. für den Kauf eines Stuhles auf andere Dinge zu achten ist als bei der Anschaffung eines Sofas. Ich finde es klasse, wie differenziert Frida Ramstedt die einzelnen Möbelarten betrachtet. Ihre Tipps sind entsprechend sehr umfangreich, enthalten für mich jedoch wenig neue Informationen (wobei ich mich seit einigen Jahren schon intensiv mit Möbeln befasse).
Interessanter finde ich ein weiteres Kapitel, das sich Materialien widmet. Hier werden unterschiedliche Arten an Holz, Stein, Leder, Textilien und Glas ausführlich beschrieben und miteinander verglichen. So erhält man u. a. einen Überblick über die Unterschiede zwischen Nubuk-, Anilin- und oberflächengefärbtem Leder sowie Kunstleder und erfährt über deren jeweilige Vor- und Nachteile. Die umfangreiche Übersicht inkl. der Beschreibungen erspart somit langes und mühseliges Recherchieren bei der Materialauswahl.
Eine dann folgende Zeitleiste gibt Einblick in die Designgeschichte Schwedens, ehe das Buch mit einem Kapitel zu Planungsgrößen und Konzepten endet. Diesen Abschnitt finde ich besonders hilfreich, da er Einblicke zur Einrichtung von Räumen bietet. Gerne hätte ich dazu noch mehr gelesen: Denkbar wäre für mich z. B. die Vorstellung von Wohnstilen und ein Abriss zur Farbenlehre, also kurzum, wie man Möbel hinsichtlich Form und Farbe geschmackvoll in Räumen mit Tapeten, Teppichen, Leuchten und Vorhängen kombiniert. Vermutlich hätte das an dieser Stelle aber zu weit geführt und womöglich wurde das Thema bereits im ersten Buch „Innendesign“ der Autorin abgehandelt (dieses kenne ich nicht, daher kann ich das nicht einschätzen).
Zuletzt einige Sätze zur Aufmachung des Buches: Der Einband aus Leinen lässt das Werk sehr hochwertig erscheinen, wenngleich mir das Cover der schwedischen Originalausgabe in seiner schlichten Gestaltung noch besser gefällt. Der Inhalt ist klar gegliedert, was die Orientierung in den einzelnen Kapiteln erleichtert. Einige Passagen sind um Darstellungen von Möbeln ergänzt, wobei diese durchgängig schwarz-weiß und somit recht schlicht gehalten sind.
Alles in allem ist dieses Buch ein solides Nachschlagewerk, wenn man die Anschaffung neuer Möbel in Betracht zieht.