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Veröffentlicht am 24.02.2020

Kontemplation

Wenn der Winter vorbei ist
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(Klappentext:)

Verweilen, nachdenken, festhalten und loslassen. Wie viel Einfluss haben wir auf unser Leben? Was machen Erinnerungen mit uns? Und - reichen Erinnerungen allein aus? Wenn der Winter vorbei ...

(Klappentext:)

Verweilen, nachdenken, festhalten und loslassen. Wie viel Einfluss haben wir auf unser Leben? Was machen Erinnerungen mit uns? Und - reichen Erinnerungen allein aus? Wenn der Winter vorbei ist erzählt eine Geschichte, die um die Frage kreist, worauf es im Leben letztendlich ankommt: Realität oder Wahrheit?

Thomas, ein in die Jahre gekommenen Schriftsteller, zieht mit seiner neuen Lebensgefährtin Aimee zusammen. Der richtige Zeitpunkt, um sein Hab und Gut auszumisten, Sachen wegzuwerfen, anderes zu behalten und über sein bisheriges Leben nachzudenken.

In sehr kurzen Kapiteln erzählt Thomas Anekdoten seines Lebens. Einmal als kleiner Junge, dann als Halbwüchsiger, als erwachsener Mann. Diese kurzen Einblicke in sein Leben sind so unterschiedlicher Natur, dass man die Rahmenhandlung oft vergisst und erst wieder dazufindet, wenn Thomas etwas über seine Beziehung zu Aimee preisgibt.
Der Autor schreibt in einem sehr ruhigen, poetischen Stil. Einerseits finden sich wunderschöne Sätze, andererseits gibt es auch sehr verschachtelte, schwierige Sätze, deren Sinn sich erst nach mehrmaligen Lesen ergeben.
Es ist definitiv kein Buch, welches sich in einem Rutsch lesen lässt. Durch die vielen kleinen Kapitel fällt es jedoch auch nicht schwer, das Buch wegzulegen und über das Gelesene nachzudenken. Dies sollte man mit Musse tun, um die Tiefe der getroffenen Aussagen zu erfassen.
Obwohl das Buch als Roman deklariert wird, ist es kein Roman im herkömmlichen Sinn. Die Rahmenhandlung gerät in den Hintergrund und ist an sich kaum präsent. Zudem erscheinen die Konversationen unrealistisch. Sie transportieren zwar die bezweckte Aussage, doch es ist kaum vorstellbar, dass sich zwei Leute auf diese Weise miteinander unterhalten.


Mir persönlich gefiel "Wenn der Winter vorbei ist" nicht wirklich. Dies mag aber daran liegen, dass ich mit zwei Kleinkindern kaum Musse zum Lesen habe. Geschweige denn um über das Gelesene wie auch das eigene Leben nachzudenken. In zwanzig Jahren sieht es möglicherweise ganz anders aus und ich kann mich stärker mit dem Text und und dem Protagonisten identifizieren.

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Veröffentlicht am 09.04.2019

historischer Krimi

1793
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"1793" lautet der Titel des Debütromans von Niklas Natt och Dag. Das Genre wird wohl am besten mit historischen Krimi beschrieben. Die Handlung spielt in Schweden, genauer in Stockholm und der näheren ...

"1793" lautet der Titel des Debütromans von Niklas Natt och Dag. Das Genre wird wohl am besten mit historischen Krimi beschrieben. Die Handlung spielt in Schweden, genauer in Stockholm und der näheren Umgeben, im Jahr 1793. Jean Michael Cardell, ein verstümmelter Kriegsveteran, welcher sich nun als Stadtknecht vertut, zieht eine verstümmelte Leiche aus der Stadtkloake. Der an Tuberkulose erkrankte Jurist Cecil Winge nimmt sich dem Fall an und will den brutalen Mord aufdecken. Obwohl Cardell erst froh ist, nichts mehr mit der Leiche zu tun zu haben, weckt das Verbrechen und auch die Person Cecil Winge sein Interesse. Gemeinsam mit Winge macht er sich auf den Fall zu lösen.

Das Buch ist in vier Hauptteile unterteilt, welche wiederum in relativ kurze Kapitel aufgeteilt sind. Der erste Teil verfolgt Winge und Cardell bei ihren Ermittlungen. Der zweite Teil ist aus sich des Jünglings Christopher Blix geschrieben. Der dritte Teil handelt von Anna Stinas Schicksal. Im letzten Teil werden die Handlungsstränge final miteinander verwoben, wobei das Hauptaugenmerk wiederum auf Winge und Cardell zu liegen kommt.

Der Schreibstil ist sehr flüssig und läst sich gut lesen. Ab und an stolpert man als Nicht-Schwede über die Orts- und Strassennamen. Da ist die Karte besonders hilfreich um sich einen Überblick zu verschaffen. Ansonsten kann man der Handlung gut folgen und die einzelnen Schritte der Ermittler auch nachvollziehen.
Einige der Charaktere sind gut ausgearbeitet und vielschichtig. Andere entsprechen eher Stereotypen und wenig interessant.

"1793" thematisiert verschiedene menschliche Abgründe, ist voller Gewalt und Exzesse. Dennoch finden sich auch lichte Punkte, in welchen Menschlichkeit, Zuneigung und Zärtlichkeit ihren Platz haben.

Ich persönlich fand die Geschichte spannend und habe das Buch mit Vergnügen gelesen. Ich kann es zwar als kurzweilige Lektüre empfehlen, es haute mich aber nicht vom Hocker. Daher würde ich es nicht als ein unbedingtes Muss bezeichnen.

Veröffentlicht am 20.02.2019

modernen Holmes

Tödlicher Stoff
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Mit "Tödlicher Stoff" erschien bereits der zweite moderne Sherlock Holmes Krimi der deutschen Journalistin und Schriftstellerin Beate Baum.
Dabei greift sie die Figuren von Sherlock Holmes und seines Assistenten ...

Mit "Tödlicher Stoff" erschien bereits der zweite moderne Sherlock Holmes Krimi der deutschen Journalistin und Schriftstellerin Beate Baum.
Dabei greift sie die Figuren von Sherlock Holmes und seines Assistenten Dr. John Watson auf und transportiert diese in die moderne, gegenwärtige Zeit. Holmes Genie und die unglaubliche Kombinationsgabe bleiben dabei erhalten, die Art der Ermittlung ändert sich jedoch. In der Gegenwart spürt Holmes nicht mit Lupe, Kontrastpulver und Pinsel auf, sondern mithilfe von Facebook und Co.
In "Tödlicher Stoff" nimmt sich Holmes der unerklärlichen Todesfälle mehrerer Obdachlosen an. Dabei stösst er nicht nur auf einen Skandal im Bereich der Medikamententests, sondern unterstützt auch seinen Bruder Mycroft, welcher sich mit den Folgen des Brexit-Entscheids herumplagt.
Die relative kurze Geschichte (191 Seiten) liest sich flüssig und ist gut verständlich. Die Figuren entsprechen in vielen Punkten der Originalvorlage, wobei sie meines Erachtens hier schlechter wegkommen. Watson ist meist etwas übel gelaunt und ärgert sich fast ständig über Holmes. Dieses hingegen erscheint mehr als unhöflich und unsympathisch.
Der Plot wird zügig und linear vorangetrieben, unerwartete Wendungen sucht man vergebens.
Das Buch verspricht etwas Unterhaltung für 2-3 Stunden, der moderne Holmes kommt aber bei Weitem nicht an das Original heran.

Veröffentlicht am 04.07.2018

poetisch, fantasievoll, anregend

Das Haus der Geschichten
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Thomas Franke ist ausgebildeter Sozialpädagoge und nur nebenberuflich als Autor tätig. 2010 erschien sein erster Roman „Das Haus der Geschichten“. Seither folgten „Das Tagebuch“ (2013), „Der Spiegel des ...

Thomas Franke ist ausgebildeter Sozialpädagoge und nur nebenberuflich als Autor tätig. 2010 erschien sein erster Roman „Das Haus der Geschichten“. Seither folgten „Das Tagebuch“ (2013), „Der Spiegel des Schöpfers“ (2014) sowie „Der Geschichtensammler“ (2015).
Marvin Heider lebt in Berlin und träumt von einer Karriere als Autor. In seiner Altbauwohnung stapeln sich Bücher um Bücher und auch er selbst hat schon einiges zu Papier gebracht. Leider war bisher kein Verlag von seinen schriftstellerischen Fähigkeiten überzeugt, sodass Marvin sich mit immer wechselnden Jobs über Wasser hält. Ein Stellenangebot sollte sein Leben jedoch grundlegend verändern. Ein Buchhändler und Antiquar sucht einen Gehilfen. Für den Bücherliebhaber also ein idealer Job. Doch der rätselhafte alte Mann betreibt im Keller seines Buchladens eine narratorische Apotheke. Was es damit auf sich hat und wer die hübsche junge Frau ist, welche immer wieder in der Buchhandlung auftaucht, wird Marvin schon bald erfahren.


„Das Haus der Geschichten“ erzählt in einer Rahmenhandlung die Geschichte von Marvin Heider. In mehreren voneinander unabhängigen Kurzgeschichten werden immer wieder Fragen zum Glauben und dem Sinn des Lebens aufgeworfen. Die Geschichten sind dabei sehr unterschiedlich, fantasievoll, tragisch, unterhaltsam, zum Nachdenken anregend. Dabei steht, wie zu erwarten war, der christliche Glaube im Vordergrund. Das Buch ist aber weder moralisierend noch missionierend und auch nicht nur für Menschen gedacht, welche dem christlichen Glauben angehören. Vielmehr werden auch allgemeinere Fragen gestellt resp. solche, die nicht zwingend mit dem Christentum in Verbindung gebracht werden müssen. Eindrücklich schafft es der Autor, dass man als Leser immer wieder neu in eine Geschichte eintauchen kann und so zeitweise sogar die Haupthandlung vergisst. Der Schreibstil ist flüssig und gut verständlich und dennoch hat er etwas Poetisches. Franke erzählt sowohl die Kurzgeschichten wie auch die Rahmenhandlung auf eine unaufgeregte, langsame und bedächtige Art und Weise. Dennoch lässt einem das Buch nicht los und Seite um Seite will gelesen werden. Dieses Zitat aus dem Buch beschreibt sehr schön wie es zumindest mir beim Lesen ergangen ist: "Die Zeit verging so rasch, als hätte jemand ein Loch in die Uhr gebohrt, sodass die Minuten reihenweise herauspurzelten."

Veröffentlicht am 04.07.2018

spannend bis zum Schluss

Libori-Lüge
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Mit einer Kinderbuchreihe startete Ludgera Vogt ihre Autorenkarriere. „Libori-Lüge“ ist ihr erster Ausflug ins Krimi-Genre, welcher unbestritten geglückt ist.
Bela Assmann und sein Partner Dominik Gerke ...

Mit einer Kinderbuchreihe startete Ludgera Vogt ihre Autorenkarriere. „Libori-Lüge“ ist ihr erster Ausflug ins Krimi-Genre, welcher unbestritten geglückt ist.
Bela Assmann und sein Partner Dominik Gerke ermitteln im Fall der jungen Louisa, welche beim Sturz von einem Hochhaus ums Leben gekommen ist. War es Selbstmord oder vielleicht doch ein Mord? Doch wie sieht es mit einem Motiv aus? Louisa hat sich so auf die Rückkehr ihres Freundes aus den USA gefreut, warum sollte sie also kurz vor seiner Ankunft Selbstmord begehen? Irgendwie passt das Ganze nicht zusammen und es braucht einiges an Ermittlungsarbeit bis Assmann und Gerke auf die richtige Spur kommen.

„Trocken-launiges Ermittlerteam trifft auf grotesken Todesfall – eine perfekte Mischung aus Drama, Liebe und Humor“ (Klappentext). Dieser kurze Satz trifft es sehr genau. Bei „Libori-Lüge“ handelt es sich um eine wundervolle Mischung aus Drama, Liebe und Humor. Vogt versteht es verschiedene Alltagssituation mit einer gehörigen Portion Situationskomik auszustatten, sodass der Leser seine helle Freude daran hat.
Die Figuren, allen voran die beiden Ermittler Assmann und Gerke, sind liebevoll und realitätsnah porträtiert. Beide schliesst man sofort ins Herz. Dies liegt bestimmt auch daran, dass sie so bodenständig, imperfekt und herrlich menschlich sind. Das Buch liest sich flüssig, die Sprache ist gut verständlich und der Erzählstil passt gut zu dieser Art von humorvollem Krimi. Obwohl wie erwähnt Situationskomik und Humor massgebend zur Geltung kommen, bleibt aber auch die Spannung eines Krimis nicht auf der Strecke. Der Leser selbst tappt wie die Ermittler lange Zeit im Dunkeln. Die Geschichte ist alles andere als vorhersehbar und somit spannend bis zum Schluss. Immer wieder kommt man ins Grübeln und Rätsel, ohne einen schlüssigen Ablauf konstruieren zu können. Perfekt also für Leser, welche selber als Schnüffler agieren und mitraten wollen. Was die Spannung und Neugierde zusätzlich verstärkt, sind Auszüge aus einem Tagebuch, welche zwischen den Kapiteln eingefügt sind. Ist es das Tagebuch von Louisa? Oder vom Täter, wenn es den einen gibt? Gerade diese tiefen Einblicke in eine unbekannte Psyche lassen das Leserherz höher schlagen.

Meiner Meinung nach handelt es sich bei „Libori-Lüge“ um einen tollen Kriminalroman und ein gelungenes Krimi-Debüt von Ludgera Vogt. Die Auflösung des Falles bleibt bis zum Schluss verborgen. Zahlreiche Spekulationen seitens des Leser sind möglich, doch die Chance, dass man ins Schwarze trifft ist bei diesem Krimi eher gering.