Fesselnd, geheimnisvoll, skurril und schaurig-schön!
Die Polidoris und der Pakt mit der Finsternis (Bd. 1)Als ich zum ersten Mal von „Die Polidoris und der Pakt mit der Finsternis“ hörte, war ich sofort Feuer und Flamme. Von dem mysteriös anmutenden Cover habe ich mich wie magisch angezogen gefühlt und der ...
Als ich zum ersten Mal von „Die Polidoris und der Pakt mit der Finsternis“ hörte, war ich sofort Feuer und Flamme. Von dem mysteriös anmutenden Cover habe ich mich wie magisch angezogen gefühlt und der Klappentext klang nach einer richtig coolen Story. Für mich stand daher schnell fest, dass ich das Buch lesen möchte.
Als sich Dr. Stella und Dr. Oscar Polidori auf eine Tiefsee-Expedition in den Südatlantik begeben und plötzlich spurlos verschwinden, werden ihre drei Kinder Petronella, Pellegrino und Roberta in den Küstenort Tildrun zu den Großeltern geschickt und sollen fortan bei ihnen im „Polidorium“ wohnen. Die Begeisterung darüber hält sich bei den Geschwistern sehr in Grenzen. Ihr neues Zuhauses – eine große Villa am Meer – ist völlig heruntergekommen und wirkt ziemlich finster und unheimlich. Und die Großeltern, die die Kinder nie zuvor gesehen hatten, machen einen äußerst merkwürdigen Eindruck. Den dreien wird sehr schnell klar, dass es im Polidorium nicht mit rechten Dingen zugeht. Das Beerdigungsinstitut im Keller ist definitiv nicht das einzige Geheimnis des Polidoriums – lauter Rätselhaftigkeiten verbergen sich hinter dessen Mauern. Zudem irren eine Menge seltsame Gestalten auf dem Gelände herum, von denen nicht jeder den Polidoris wohlgesonnen ist. Ein aufregendes und gefährliches Abenteuer beginnt…
Auf „Die Polidoris und der Pakt mit der Finsternis“ war ich wirklich ungeheuer gespannt. Ein heruntergekommenes, spukhaftes Herrenhaus am Meer, lauter Rätsel und Familiengeheimnisse, ominöse Wesen und Erscheinungen, schrullige Charaktere – all das ist einfach genau mein Ding. Ich war mir daher sehr sicher, dass das Buch absolut meinen Nerv treffen wird und bin mit freudiger Erwartung darin eingetaucht.
Schon die ersten Seiten haben mich mitreißen und begeistern können. Diese dunkle Schauerstimmung, die von Beginn an geschaffen wird, hat mich direkt in ihren Bann gezogen und unsere drei Hauptpersonen – die Polidori-Geschwister – mochte ich auf Anhieb. Die Geschichte wird abwechselnd aus den Perspektiven der drei geschildert, jeweils als personale Erzähler, und es wird schnell deutlich, dass wir es hier mit einem äußerst ungleichen Trio zu tun haben.
Da hätten wir zum einen die 14-jährige Roberta, die mit einer blühenden Fantasie gesegnet ist und eines Tages eine große Schriftstellerin werden möchte. Der 12-jährige Pellegrino wiederum ist eher logisch veranlagt, er ist ein echter Nerd und Latein-Freak und besitzt ein bemerkenswertes Gedächtnis. Und dann wäre doch Petronella, Pellegrinos Zwillingsschwester, die ich als die eigentliche Hauptprotagonistin bezeichnen würde, da aus ihrer Sicht der größte Part erzählt wird. Petronella habe ich von den dreien am meisten in mein Herz geschlossen. Sie ist ein sehr ruhiger und schüchterner Typ, insbesondere zu Beginn wirkt sie recht unsicher. Im Verlauf des Buches wird sie aber zunehmend mutiger werden und sich ihrer Angst stellen, sie wird gemeinsam mit Roberta und Pellegrino alles daran setzen um die Villa Polidorium und dessen Bewohner zu beschützen.
Die Großeltern der drei Geschwister fand ich zunächst ziemlich sonderbar. Sie verhalten sich gegenüber ihren Enkel mehr als seltsam und haben eindeutig etwas zu verbergen. Die beiden sind schon relativ speziell und gewöhnungsbedürftig, allerdings zeigt sich noch, dass sie das Herz am rechten Fleck haben und nur das Beste für ihre Enkelkinder wollen. Ich mochte die Zwei sehr, trotz ihrer eigenwilligen Art, und auch die weiteren Figuren haben mir gefallen, auch wenn da nun nicht behaupten kann, dass sie mir alle sympathisch waren. Die gemeine und ungehobelte Marie-Hedwig zum Beispiel, eine Mitschülerin der Zwillinge, konnte ich anfangs überhaupt nicht leiden, da sie wirklich fies zu Petronella ist. Zum Ende hin aber hat sich meine Meinung über sie gewandelt, aber die Gründe dafür werde ich euch hier nicht nennen, ich möchte schließlich nicht zu viel verraten.
Für wen ich mich aber sofort erwärmt habe, ist Hein, die gute Seele des Polidoriums. Etwas komisch ist er manchmal zwar schon irgendwie, gleichzeitig aber auch überaus freundlich und hilfsbereit.
Insgesamt treffen wir zwischen diesen Seiten auf viele interessante und schräge Persönlichkeiten, die alle ihre Eigenarten und Heimlichkeiten besitzen. Vor allem in dem großen Anwesen der Großeltern, in dem wir uns vorwiegend aufhalten, treiben eine Menge kuriose und teils auch gruselige Gestalten ihr Unwesen.
Das Polidorium war definitiv mein Lieblingsschauplatz. Die Villa strahlt so etwas wunderbar Geheimnisvolles und Finsteres aus, was für ein angenehmes Gänsehaut-Feeling sorgt, zugleich verströmt es aber auch ein gewisses Wohlfühlambiente, da sich zwischen den alten Gemäuern durchaus auch einige heimelige Ecken verbergen. Mit dem Polidorium hat Anja Fislage einfach die ideale Kulisse für einen Gruselschmöker geschaffen, mich hat dieser Ort wirklich vom ersten Augenblick an verzaubern können.
Also für mich kam beim Lesen an keiner Stelle Langeweile auf. Mich haben die Nachforschungen und Erlebnisse von Petronella, Pellegrino und Roberta durchgehend fesseln und des öfteren auch sehr überraschen können. Ich habe ordentlich mit den Geschwistern mitgefiebert und mitgerätselt und wollte einfach unbedingt wissen, was es mit den ganzen Mysterien und Merkwürdigkeiten auf sich hat.
Spannungstechnisch bin ich auf jeden Fall auf meine Kosten gekommen, aber auch was den Humor angeht wurde ich nicht enttäuscht. Jedermanns Sache wird er nur vermutlich nicht sein. Die Geschichte ist insgesamt schon sehr eigentümlich und ausgefallen. Man muss sich auf die ganzen Skurrilitäten einfach einlassen können und wenn einem dies gelingt, wird einem ein wirklich tolles, unterhaltsames und einzigartiges Leseerlebnis geboten. So wie mir. Ein Aspekt hat mich persönlich dann nur doch ein wenig gestört: Der Großvater benutzt gerne mal falsche Wörter und die Großmutter hat die Angewohnheit, ihren Gatten ständig zu korrigieren. Anfangs fand ich diese Verbesserungen noch lustig, aber irgendwann haben sie mich irgendwie ein bisschen genervt. Was mir dafür aber sehr zugesagt hat, waren die Werte und Botschaften, die uns altersgerecht nähergebracht werden wie Trauer, Mobbing, Mut, Zusammenhalt und Vertrauen. Ich fand es total schön zu sehen, wie Geschwister an ihre eigenen Stärken und die der anderen glauben, wie sie zusammenhalten und über sich selbst hinauswachsen.
Neben der Story hat mich auch die Gestaltung begeistern können. Verena Wugeditsch, der wir auch dieses bezaubernde Cover zu verdanken haben, hat die Erzählung mit zahlreichen stimmungsvollen schwarz-weiß Illustrationen versehen, die das Geschehen im Text perfekt in Szene setzen und die mystische Gruselatmosphäre der Handlung hervorragend einfangen. Auf den Vorsatzpapieren befinden sich zudem noch kleine Portraits, die die wichtigsten Figuren zeigen. Die Aufmachung des Buches ist einfach rundum gelungen und ergibt zusammen mit der Geschichte ein stimmiges Gesamtpaket.
Fazit: Anja Fislage ist mit ihrem Kinderbuchdebüt ein vielversprechender Reihenauftakt geglückt, mit welchem sie Jung und Alt ein schaurig-schönes, atmosphärisches Lesevergnügen beschert. Ich kann „Die Polidoris und der Pakt mit der Finsternis“ nur wärmstens empfehlen! Die Geschichte ist so herrlich düster und skurril und steckt voller Überraschungen, Geheimnisse und Fantasie, sie ist spannend und außergewöhnlich und wird von vielen großartigen Bildern begleitet. Ich habe die Polidoris-Geschwister nur zu gerne auf ihrem ersten Abenteuer begleitet und freue mich schon sehr auf ihr nächstes. Von mir gibt es 4,5 von 5 Sternen!