Berührend, tiefgründig, wunderschön!
Ein Lied für BlueAls ich das erste Mal von dem Buch „Ein Lied für Blue“ hörte, wusste ich sofort, dass ich es lesen muss. Der Klappentext klang einfach so gut und beim Cover war es bei mir Liebe auf den ersten Blick. ...
Als ich das erste Mal von dem Buch „Ein Lied für Blue“ hörte, wusste ich sofort, dass ich es lesen muss. Der Klappentext klang einfach so gut und beim Cover war es bei mir Liebe auf den ersten Blick. Ich ließ es also sehr gerne bei mir einziehen.w
Eine Welt ohne jegliche Geräusche – für die 12-jährige Iris ist das völlig normal. Sie ist schon gehörlos zur Welt gekommen, was sie allerdings nie von irgendetwas abgehalten hat. Manchmal fühlt sie sich jedoch ziemlich allein und unverstanden. Vor allem seit ihr Großvater verstorben ist, der wie die Großmutter ebenfalls taub war, überfällt Iris oft eine große Einsamkeit. Glücklich und zu Hause fühlt sie sich eigentlich nur noch in ihrer Elektronikwerkstatt, in welcher sie am liebsten an alten Radios herumschraubt.
Eines Tages erfährt Iris im Biologieunterricht von dem Wal Blue 55, der nicht mit anderen Walen kommunizieren kann, da er in einer höheren Tonlage singt. Iris fühlt sofort eine starke Verbundenheit mit dem einsamen Wal. Sie möchte ihm unbedingt zeigen, dass er nicht alleine ist und beginnt ein Lied für ihn zu komponieren. Blue 55 lebt allerdings viele Kilometer entfernt mitten im Ozean – wie soll sie ihm ihr Lied nur vorspielen? Ans Aufgeben denkt Iris aber in keiner Sekunde. Sie möchte den Wal finden und setzt sämtliche Hebel in Bewegung, damit dieses Vorhaben gelingt. Gemeinsam mit ihrer Großmutter macht sie sich zu einer abenteuerlichen und alles verändernden Kreuzfahrtreise über den Pazifik auf.
Es gibt diese Bücher, bei denen man einfach schon nach wenigen Seiten weiß, dass man sie lieben wird. „Ein Lied für Blue“ ist so ein Buch für mich. Für mich hat sich mein erstes Werk aus der Feder der US-amerikanischen Autorin Lynne Kelly zu einem echten Highlight und Herzensbuch entpuppt. Bei diesem Schätzchen hoffe ich sehr, dass es viel Aufmerksamkeit erhalten wird; es erzählt einfach eine so wundervolle und emotionale Geschichte über viele tiefgründige Themen und steckt voller wichtiger Botschaften. In meinen Augen hat es eine große Leserschaft mehr als verdient.
Familie, Freundschaft, Selbstfindung, Verlust, Trauer, Einsamkeit, die Vielfalt der Kommunikation und das Hinauswachsen über sich selbst – von all diesen Dingen handelt die Geschichte. Es lehrt uns zudem viel interessantes Wissen über Wale und Akustik und gibt uns einen einfühlsamen und authentischen Einblick in die Welt von Gehörlosen. Was letzteres angeht, kann ich nun natürlich nicht sicher sagen, ob alles wirklich realistisch dargestellt wird, da ich mich mit Gehörlosigkeit nie groß beschäftigt habe. Ich gehe aber fest davon aus, dass dem so ist, schließlich arbeitet die Autorin Lynne Kelly seit vielen Jahren als Gehörlosendolmetscherin und kennt sich dementsprechend sehr gut mit der Thematik aus.
Ich habe eine Menge aus diesem Buch mitnehmen können und viel Neues dazugelernt. Es hat mich nachdenklich gestimmt, tief berührt und öfters breit schmunzeln lassen und da mich die Handlung von der ersten bis zur Seiten mitgerissen und einfach nicht mehr losgelassen hat, habe ich die Geschichte innerhalb kurzer Zeit beendet. Mir hat „Ein Lied für Blue“ insgesamt ein Leseerlebnis beschert, welches ich so schnell ganz bestimmt nicht wieder vergessen werde.
Geschildert wird alles größtenteils aus der Sicht der 12-jährigen Iris in der Ich-Perspektive. Iris war mir auf Anhieb sympathisch, sie ist clever, mutig, witzig und aufgeweckt und wirkt jederzeit vollkommen lebensecht. Mit ihr hat die Autorin eine starke Hauptprotagonistin erschaffen, die man als Leserin einfach sofort gernhaben muss und in die man sich dank der empathischen Darstellungsweise ihrer Empfindungen und Gedanken mühelos hineinversetzen kann. Bei mir zumindest war es so. Ich habe Iris ganz fest in mein Herz geschlossen, mich jederzeit in sie hineindenken können und richtig mit ihr mitgefühlt, mitgelitten und mitgefiebert.
Iris hat es oft nicht leicht im Leben. Sie ist gehörlos auf die Welt gekommen, hat aber bis auf ihre Großeltern und ihren besten Freund, die ebenfalls taub sind, und ihren Gehörlosendolmetscher in der Schule kaum Kontakt zu anderen gehörlosen Menschen. In ihrem näheren Umfeld beherrscht kaum jemand die Gebärdensprache, selbst ihr Vater hat sie nie flüssig gelernt. Iris fühlt sich daher ziemlich oft missverstanden, allein und verloren, allen voran in ihrer Schule, die keine spezielle für hörbehinderte Schülerinnen ist.
Iris äußert aber nie den Wunsch, hören zu können; sie akzeptiert ihre Taubheit. Das Einzige, was sie möchte, ist gehört zu werden und dazuzugehören. Als sie von Blue 55 erfährt, fühlt sie sofort eine tiefe Verbundenheit mit diesem Wal, der aufgrund seines anderes Gesangs nicht mit seinen Artgenossen kommunizieren kann und daher ebenfalls sehr einsam ist. Sie beginnt ein Lied für ihn zu komponieren und setzt schließlich alles daran, es ihm vorzuspielen.
Mich hat es unheimlich beeindruckt und fasziniert zu sehen, mit was für einer großen Entschlossenheit Iris an ihrem Vorhaben festhält und was sie sich alles einfallen lässt, damit es gelingt. Für ihre Willensstärke, Tapferkeit und Klugheit kann man dieses Mädchen wahrlich nur bewundern.
Neben Iris haben mir auch die Nebenfiguren ausgesprochen gut gefallen, allesamt wurden sie vielschichtig und glaubhaft ausgearbeitet. Besonders liebgewonnen habe ich Iris‘ Grandma, die seit dem Tod des Großvaters ebenfalls ein sehr isoliertes und trauriges Leben führt. Auf der Kreuzfahrtreise, die sie gemeinsam mit Iris machen wird, wird die Großmutter aber endlich wieder lebensfroher werden. Mitzuerleben, wie Iris‘ Grandma aufblühen wird, hat mich richtig glücklich gemacht, mir ist da ganz warm ums Herz geworden.
Tief bewegt haben mich auch die wenigen und sehr kurz gehaltenen Kapitel, die aus dem Blickwinkel von Blue 55 geschrieben sind. Von der Idee, uns Leser*innen auch Einblicke in die Gefühlswelt des Wales zu geben, war ich sofort völlig begeistert, ich finde sie großartig und rundum gelungen umgesetzt.
Richtig klasse finde ich auch den Anhang, der im Anschluss an die Erzählung folgt. In diesem befinden sich unter anderem einige Zeichnungen, die uns die Gebärdensprache näherbringen, sowie ein etwas längeres Nachwort der Autorin, in welchem sie uns mehr über ihre Erfahrungen mit Gehörlosen erzählt und von dem real existierenden Wal 52 Blue berichtet, der sie zu dieser Geschichte inspiriert hat.
Fazit: Eine wunderschöne Geschichte, die sensibilisiert, berührt und nachwirkt.
„Ein Lied für Blue“ ist so ein Buch, welches ich am liebsten vielen Menschen in die Hand drücken möchte, damit sie es lesen. Es erzählt eine so tolle, wichtige und ergreifende Geschichte über ein ganz besonderes gehörloses Mädchen und ihre außergewöhnliche Freundschaft zu einem einsamen Wal. Die Erzählung ist herzzerreißend und unterhaltsam zugleich, sie ist mitreißend, wertvoll und lehrreich und steckt voller Tiefgang und Wärme. Ich habe mich von den Seiten an in dieses Buch verliebt, ich kann es jedem wirklich nur ans Herz legen. Von mir gibt es 5 von 5 Sternen!