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Veröffentlicht am 06.06.2022

Das perfekte Sommerbuch, wenn es zwischendurch auch melancholisch und nicht zu seicht sein darf

Ein unendlich kurzer Sommer
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Ein ziemlich heruntergekommener Campingplatz irgendwo in Deutschland an einem See. Die perfekte Kulisse für einen tollen Sommerroman mit interessanten Charakteren, ein wenig Liebesgeschichte ...

Ein ziemlich heruntergekommener Campingplatz irgendwo in Deutschland an einem See. Die perfekte Kulisse für einen tollen Sommerroman mit interessanten Charakteren, ein wenig Liebesgeschichte und der Erzählung über Neuanfänge im Leben.

Gustav ist ein alter Mann und krank. Er ist an den Ort seiner jungen Jahre zurückgekehrt, an dem er seine große Liebe kennengelernt - und wieder verloren hat. Er leitet jetzt den Campingplatz, mehr schlecht als recht. Als die junge Lale bei ihm landet, die einfach nur weg musste aus ihrem alten Leben, wird es besser mit der Platzführung. Lale repariert, hilft und lockt Gustav ein wenig aus seinem Schneckenhaus. Dann erscheint Christophe aus La Reunion auf dem Platz. Und bei Lale melden sich zarte Gefühle. Aber eigentlich will sie das nicht. Und frei ist sie auch nicht..... und Christophe ist eigentlich auch nicht ganz zufällig genau auf diesem Campingplatz gelandet...

Sehr atmosphärisch, mit einer melancholischen Grundstimmung und trotzdem viel Gefühl und in einer wunderschönen Sprache, die nie seicht oder kitschig wird, erzählt die Autorin von einem besonderen Sommer, an dem sich Schicksale kreuzen und Raum schaffen für Neuanfänge.

Das perfekte Buch für den Sommer, wenn man als Leser nicht nur gut unterhalten werden will, sondern auch tiefsinnige Gedankengänge mag. Und gleichzeitig die Leichtigkeit spüren möchte, wenn alles im Leben wieder offen zu sein scheint.

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Veröffentlicht am 27.05.2022

Historischer Roman über Südtirol

Das Land, von dem wir träumen
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Da ich schon einige Male in Südtirol in Urlaub war und von früher weiß, dass das Zusammenleben zwischen deutschsprechenden Südtirolern und Italienern nicht immer einfach war, wollte ich diesen Roman unbedingt ...

Da ich schon einige Male in Südtirol in Urlaub war und von früher weiß, dass das Zusammenleben zwischen deutschsprechenden Südtirolern und Italienern nicht immer einfach war, wollte ich diesen Roman unbedingt lesen. Die Geschichte beginnt in den 1920er Jahren. Südtirol gehört nun zu Italien und alles Deutsche soll ausgemerzt werden, es soll nur noch italienisch gesprochen und alle Namen sollen italienisch werden.

So bekommt die junge Franziska von einem Bauernhof in der Nähe von Meran nicht die Erlaubnis, als Lehrerin zu arbeiten. Weil sie eben Deutsch ist. Aber das ist nicht das einzige Problem. Der Hof der Eltern steht wirtschaftlich längst nicht mehr so richtig gut dar, zwei Söhne der Familie sind gefallen und der älteste Sohn und Hoferbe ist traumatisiert aus dem 1. Weltkrieg zurückgekommen. Er trinkt mehr, als ihm und dem Hof guttut. Franziska sucht nun nach einem Weg, den Hof zu retten und gleichzeitig will sie Lehrerin werden. Letzteres geht nur heimlich und Hilfe bekommt sie nicht vom Bruder, sondern von einem Knecht, den der Krieg aus Bayern in die Gegend gespült hat.

Die historischen Gegebenheiten wurden sehr verständlich anhand der verschiedenen Charaktere im Buch dargestellt. Die Liebesgeschichte, die sich (sehr langsam) entwickelt, allerdings nicht. Hier fehlten mir eine Menge Emotionen und die Tatsache, dass Franziska zwischenzeitlich an einen reichen Italiener verheiratet werden soll war auch nicht gerade hilfreich. Weil sie eben nichts dagegen unternahm. Vielleicht auch nicht viel unternehmen konnte. Frauenschicksal Anfang des letztes Jahrhunderts eben. Aber irgendwie hat sich mir nicht ganz erschlossen, warum die Hauptperson einerseits so tatkräftig war und andererseits so wenig zielgerichtet für ihr eigenes Leben war. Die Lösung am Ende kam dann wie von Zauberhand.

Es wird noch Folgebände geben, dann wird die Geschichte komplett. Ich bin allerdings mehr als unsicher, ob ich weiterlesen soll, da mich das Buch emotional nicht so richtig erreichen konnte.

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Veröffentlicht am 02.05.2022

Eindringlicher und bewegender Roman über Heimat, Wurzeln & Familie

Auf der Straße heißen wir anders
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Dieser Roman hat mich sehr positiv überrascht. Ein sehr gut geschriebener und durch seinen Stil sehr eindringlicher Roman über eine armenische Familie in Deutschland, die sich mit Fragen zu Identität, ...

Dieser Roman hat mich sehr positiv überrascht. Ein sehr gut geschriebener und durch seinen Stil sehr eindringlicher Roman über eine armenische Familie in Deutschland, die sich mit Fragen zu Identität, Wurzeln und Heimat auseinandersetzt. Gleichzeitig tragisch und hoffnungsvoll, leise und doch prägnant. Der Roman besticht für mich vor allem durch seine Auslassungen, durch die Dinge, die nicht direkt, sondern indirekt erzählt werden. Dadurch entfaltete das Buch für mich mehr Kraft, als wenn Genozid, Ausgrenzung und Heimatverlust direkt angeprangert werden. Ich hatte vorher von Fatma Aydemir "Dschinns" gelesen, was ich als eine einzige Anklage gegen Rassismus, fehlende Integration und fehlende Anerkennung in der deutschen Gesellschaft empfunden habe. Laura Cwiertnia geht literarisch einen komplett anderen Weg. Sie erzählt leise und ruhig von den Menschen und auch vom Genozid. Oft indirekt und sehr subtil und manches wird auch nur angedeutet, die Auswirkungen auf das Leben der Menschen werden dadurch aber umso deutlicher. Ein sehr gelungenes und literarisch sehr geschickt geschriebener Roman, der multiperspektivisch geschrieben weit in die Vergangenheit zurückgeht und die Lebenswege von Vater, Großeltern, und Urgroßeltern erzählt.

Zentrale Figur ist Klara, Tochter einer Deutschen und eines Armeniers, der in Istanbul aufgewachsen ist. Klara ist der tristen Siedlung in Bremen Nord entkommen, in der sie wiederum aufgewachsen ist. Durch Bildung. Zur Beerdigung ihrer Großmutter kehrt sie zurück und ist mehr als überrascht, dass es ein typisch armenisches Beerdigungsritual gibt. Und ein dezidiert aufgeschlüsseltes Vermächtnis. Dazu gehört ein goldener Armreif mit dem Namen einer Frau in Armenien. Klara überredet ihren Vater zu einer Reise nach Armenien. Und bei dieser Reise kommt Klara ihrem Vater viel näher als bisher. Und sie erfährt sehr viel über ihre Herkunftsfamilie, die zwar aus der Türkei als Gastarbeiter kamen, jedoch keine richtigen Türken, sondern Armenier waren. Und so merkt Klara auch, dass sie mit ihrer Entscheidung, sich Klara und nicht mehr Karlotta zu nennen unbewusst eine Familientradition fortgesetzt hat. Denn "Auf der Straße heißen wir anders". Der Roman erklärt. warum es so war.

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Veröffentlicht am 14.04.2022

Wohlfühlroman vor der wunderschönen Kulisse von Korsika

Sterne über Korsika
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Als Korsika-Liebhaberin musste ich bei diesem Titel natürlich zugreifen! Und ich wurde nicht enttäuscht. Die Landschaft rund um Calvi wurde wunderschön beschrieben, das Wilde, Natürliche und der besondere ...

Als Korsika-Liebhaberin musste ich bei diesem Titel natürlich zugreifen! Und ich wurde nicht enttäuscht. Die Landschaft rund um Calvi wurde wunderschön beschrieben, das Wilde, Natürliche und der besondere Reiz der korsischen Landschaft & der Bewohner wurden gut herausgestellt. Darüber hinaus gab es eine Liebesgeschichte mit Hindernissen und eine treffsichere Beschreibung von Lebenskrisen und davon, wie man im Laufe seines Lebens wachsen kann.

Aber von vorne: Viki ist Ende 30, eigentlich sehr glücklich ihrem Beruf als Grundschullehrerin und die WG mit ihrem schwulen Cousin klappt seit 20 Jahren hervorragend. Aber nun kommt Viki ins Grübeln: Was ist eigentlich mit Kindern? Will sie welche? Alleine? Denn ihre Beziehungen waren bisher eher von kurzer Dauer und sind immer gescheitert.

Viki beschließt, ein Sabbatical zu nehmen. Und durch Zufall gerät sie auf die Insel Korsika, um hier künstlerisch tätig zu werden. Dabei begegnet sie Jakob, mit dem sie sich mehr als gut versteht.... kann daraus mehr werden?

Der Roman bietet viele Verwicklungen, Liebeswirrungen und interessante Gedankenspiele, wie Beziehungen funktionieren können, wie eher nicht - und wie wichtig gute Freunde sind. Das alles vor einer wundervollen Kulisse.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und kann es als Wohlfühlroman mit ein paar ernsthaften Einschüben sehr empfehlen.

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Veröffentlicht am 06.04.2022

Wichtiges Buch über Arbeitsmigration in Deutschland

Dschinns
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Die Arbeitsmigranten, die seit den 60er Jahren aus Südeuropa und der Türkei nach Deutschland kamen, hier nur begrenzt bleiben sollten, werden erst langsam ein Thema für die deutsche Literatur.

Ein wichtiges ...

Die Arbeitsmigranten, die seit den 60er Jahren aus Südeuropa und der Türkei nach Deutschland kamen, hier nur begrenzt bleiben sollten, werden erst langsam ein Thema für die deutsche Literatur.

Ein wichtiges Werk dazu hat jetzt Fatma Aydemir geschrieben. "Gastarbeiterkind" der Folgegenerationen. Ja, denn Gastarbeiter wurden die Türken genannt, die aufgrund eines bilateralen Abkommens mit der Türkei nach Deutschland kamen, um hier das Wirtschaftswunder mit zu gestalten, Geld zu verdienen ... und dann wieder zu gehen. Es kam anders. So auch bei Hüseyin, dem Vater der Familie, der als erstes beschrieben wird. Aber nur kurz. Denn er stirbt in Istanbul. Gerade, als er in Rente gegangen ist und sich seinen Lebenstraum einer Eigentumswohnung in Istanbul erfüllt hat. Das dieser Traum nicht der Traum seiner Familie war, zeigt sich, als die Familienmitglieder nach und nach in der Wohnung ankommen. Jedem Familienmitglied wird ein eigenes Kapitel gewidmet. Und jeder hat sein eigenes Päckchen zu tragen. Da ist Sevda, die älteste Tochter, noch in der Türkei aufgewachsen und erst spät und ohne Schulbildung nach Deutschland gekommen. Mit einem Ausweis, der eigentlich für das erste Kind der Familie ausgestellt wurde, das ein Jahr vor ihr geboren wurde. Welche Bedeutung der Verlust dieses Kindes für das fragile Familienkonstrukt hatte, wird im Laufe des Romans dann noch sehr deutlich. Es gibt aber noch andere Probleme: Ümit, der Jüngste, hat sich in einen Fußballkumpel verliebt, Peri, die jüngste Tochter hadert mit dem Tod eines Geliebten und fühlt sich fremd an der Uni, als erste aus der Familie, die Abitur gemacht und studiert hat. Sevda wiederum musste sich ohne Schulbildung aus einer unglücklichen Ehe befreien und hat sich zu einer erfolgreichen Restaurantleiterin hochgearbeitet. Und Hakan, der älteste Sohn, ist so ein typisches Beispiel für einen jungen Deutsch-Türken, der Autos verkauft und auch ein paar dubiose andere Dinge und nur weiß, dass er mehr Geld verdienen will und, dass er auf keinen Fall in eine Fabrik will.

Und Emine, die Mutter? Sie ist nie angekommen in Deutschland, spricht kaum die Sprache und hat vor allem Sevda nie eine Chance zur Ausbildung gegeben.

Ein wenig ist jeder der Protagonisten somit auch ein wenig ein Klischee. Die Autorin beschreibt die Personen mit all ihren Stärken und Schwächen jedoch so individuell, dass dies weniger negativ auffällt. Trotzdem waren es mir im Endeffekt ein wenig zu viele Klischees, Stereotypen und Probleme zu viel. Ich kann ja verstehen, dass ein Brandanschlag auf Migranten ein wichtiges Thema ist. Allerdings muss diese Familien doch von Homosexualität, Transgender, mangelnder Bildung oder wahlweise Aufstieg durch Bildung über Kurdenproblematik und dem typischen Bild eines jungen türkischen Mannes ohne Perspektiven nicht alle Probleme dieser Welt abbekommen. Das war mir persönlich etwas zu viel. Weniger hätte hier eindrücklicher gewirkt.

Trotzdem bewerte ich diesen Roman sehr hoch. Er zeigt nämlich ein wichtiges Thema und einen wichtigen Teil der Geschichte der Bundesrepublik auf. Die Auswirkungen der Arbeitsimmigration müssen noch prägnanter benannt werden, um richtig verarbeitet werden zu können.

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